Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2003
Aktenzeichen: 26 W (pat) 99/02
(BPatG: Beschluss v. 22.01.2003, Az.: 26 W (pat) 99/02)
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Kostenantrag der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die noch für die Waren
"Biermischgetränke, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Limonaden, Fruchtgetränke, Fruchtsaftgetränke, Nektare und Fruchtsäfte; sämtliche voranstehenden Waren ausgenommen alkoholfreie Getränke auf Malzbasis, insbesondere Malztrunk"
unter der Nummer 397 01 275 eingetragene Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Marke DD 624 672 Vita-Cola, die für die Ware "Brauselimonade" geschützt ist.
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zwar wiesen die Warenverzeichnisse beider Marken übereinstimmend die Waren "Limonaden" bzw "Brauselimonaden" auf. Es stünden sich daher zumindest teilweise identische Waren gegenüber, so daß bei unterstellter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke an den Abstand der Kennzeichnungen erhöhte Anforderungen zu stellen seien, um eine Verwechslungsgefahr für den Verkehr ausschließen zu können. Den danach erforderlichen weiten Abstand halte die angegriffene Marke jedoch von der Widerspruchsmarke ein. Bei dem Bildbestandteil der jüngeren Kennzeichnung handele es sich um eine gängige graphische Verzierung, die nicht zur Prägung des Gesamteindrucks der Marke beitrage. Das nicht beschreibende, durchschnittlich kennzeichnungskräftige und allein prägende Phantasiewort "wita" unterscheide sich hinreichend von der rangälteren Marke, die den zusätzlichen Bestandteil "Cola" enthalte. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, der Verkehr werde die Widerspruchsmarke "Vita-Cola" auf den Begriff "Vita" reduzieren. Der Wortbestandteil "Cola" trete bei der Beurteilung des Gesamteindrucks hier nicht hinter "Vita" zurück, denn er stehe gleichberechtigt neben dem Bestandteil "Cola" und bilde mit diesem auch wegen des Bindestrichs einen Gesamtbegriff.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach besteht zwischen den beiderseitigen Kennzeichnungen eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr. Da es sich bei dem Bestandteil "Cola" jedenfalls bei Colagetränken um eine beschreibende Angabe für ein spezielles Getränk handele, sei nicht nachvollziehbar, weshalb ein weiterer, im Verhältnis zu diesem Begriff an sich mit normaler Kennzeichnungskraft versehener Begriff wie "Vita" nicht prägend sein solle. Auf dem Markt gebe es viele Colagetränke wie "Pepsi-Cola", "Coca-Cola", "Afri-Cola" und eben auch "Vita-Cola". Bei all diesen Marken werde der Begriff "Cola" als rein beschreibende Angabe angesehen und dementsprechend eine "Pepsi" und nicht eine "Pepsi-Cola" oder eine "Coke" und nicht eine "Coca-Cola" bestellt. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daher daran gewöhnt, den Begriff "Cola" in Marken zu vernachlässigen und würden daher den weiteren Bestandteil "Vita" als das prägende Element ansehen. Bei dieser Sachlage sei von einer klanglichen Übereinstimmung der sich gegenüberstehenden Marken auszugehen, zumal die Widerspruchsmarke umfangreich benutzt werde.
Demgemäß beantragt die Widersprechende sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Ihrer Ansicht nach ist eine Reduzierung der Widerspruchsmarke auf den Begriff "Vita" nicht zulässig, weil der weitere Wortbestandteil "Cola" in keiner Weise gegenüber "Vita" zurücktrete. Vielmehr bildeten beide Wortbestandteile den Gesamtbegriff "Vita-Cola", was insbesondere durch die Verbindung mit dem Bindestrich deutlich werde. Infolge dessen sei eine zur Verwechslungsgefahr führende klangliche Ähnlichkeit der beiden Marken zu verneinen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin sei prägender Bestandteil der Widerspruchsmarke der Wortbestandteil "Cola" und gerade nicht der Anfangsbestandteil "Vita", denn diesem Zeichenelement komme nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft zu. Zum einen habe "Vita" mit der Bedeutung "Leben" bzw "Lebenskraft" einen rein beschreibenden Aussaggehalt. Des weiteren komme "Vita" in zahlreichen Drittmarken vor. Dieser Umstand bewirke, daß dieser Zeichenteil rein beschreibender Natur sei.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der jüngeren Marke "wita" und der Widerspruchsmarke "Vita-Cola" keine Gefahr von Verwechslungen iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216 - Oxygenol II).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist im vorliegenden Fall von Identität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind ua für "Limonaden" bzw "Brauselimonaden" bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Vita-Cola" wird zu Gunsten der Widersprechenden als durchschnittlich angenommen. Zum einen ist die Widerspruchsmarke aus den kennzeichnungsschwachen Begriffen "Vita" und "Cola" zusammengesetzt, was für einen eher geminderten Schutzumfang spricht, andererseits sprechen die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung vom 17. März 1999 für eine Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls im Jahre 1998 in einem erheblichen Umfang, was den eher geringen Schutzumfang wiederum erhöhen mag. Selbst wenn danach an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND mwNachw). Insoweit weichen die Kennzeichnungen - "wita" und "Vita-Cola" - in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen offensichtlich ausgeschlossen sind.
Ebenso besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile. Zwar kann ausnahmsweise einem einzelnen Markenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Mithin setzt die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil voraus, daß die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (vgl BGH WRP 2000, 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Bei dieser Beurteilung ist vor allem auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734 - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND).
Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Zeichenteil "Vita" in der älteren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Zum einen weist der Zeichenbestandteil "Vita" einen deutlichen Begriffsanklang an (lat.) "Leben; vital, Vitalität, Vitamin" usw. auf. Auch wenn dieser Bestandteil in Bezug auf "(Brause-)Limonade" nicht glatt beschreibend sein mag, ist der Verkehr angesichts der - worauf auch die Markeninhaberin zutreffend hingewiesen hat - Fülle der auf dem vorliegenden Warensektor existierenden "Vita"-Zeichen trotz der Geringwertigkeit der betreffenden Waren gezwungen, auf die Unterschiede zu achten und sich die Marken vor allem daran einzuprägen. Selbst wenn der weitere Zeichenteil "Cola" der älteren Marke als Hinweis auf ein Colahaltiges Getränk verstanden werden kann, wird sich der angesprochene Verkehr wegen des Begriffsanklangs in dem Zeichenteil "Vita" nicht ausschließlich an diesem Zeichenanfang, sondern regelmäßig an dem Gesamtzeichen "Vita-Cola" orientieren. Entgegen der Annahme der Widersprechenden kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr den Bestandteil "Cola" in Marken in der Regel vernachlässigt, weil ihm "Cola"-Getränkebezeichnungen wie "Pepsi-Cola", "Coca-Cola" oder "Afri-Cola" bekannt sind, die er bei der Bestellung zB auf "Pepsi" oder "Coke" verkürzt, wobei "Coke" eigentlich eine andere Marke darstellt und nicht als Verkürzung von "Coca-Cola" angesehen werden kann, was im übrigen, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung aufmerksam gemacht hat viel häufiger auf "Cola" verkürzt wird. Eine solche bei wenigen sehr bekannten Marken zu beobachtende Übung rechtfertigt es jedenfalls nicht, den kennzeichnungsschwachen Begriff "Vita-" als das die Widerspruchsmarke prägende Element anzusehen. Dagegen spricht vielmehr, daß der Verkehr Cola-Marken nur dann verkürzt verwendet, wenn ihm Limonaden wie "Pepsi" oder "Coke" so bekannt sind, daß er weiß, daß es sich dabei um Cola-Getränke handelt, Im übrigen kann der kennzeichnungsschwache Begriff "Vita" nicht mit wesentlich kennzeichnungsstärkeren Elementen wie "Pepsi" oder "Afri" gleichgestellt werden.
Der Kostenantrag der Inhaberin der angegriffenen Marke war zurückzuweisen, denn für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlaß. Auszugehen ist von dem Grundsatz, daß jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt. Ein Abweichen von diesem Grundsatz wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn ein Verhalten vorliegen würde, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Hierfür liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor.
Albert Eder Kraft Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D1584.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 22.01.2003
Az: 26 W (pat) 99/02
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