Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 395/99

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2001, Az.: 32 W (pat) 395/99)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin und die Anschlußbeschwerde der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten;

Bildschirmschoner; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Unterhaltung durch Hörfunk und Fernsehsendungen/ -programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen sowie von Sportwettbewerben; Betrieb einer Diskothek; Veranstaltung von Sportwettbewerbenam 27. Juli 1996 angemeldete und am 15. Oktober 1997 eingetragene Wort-/Bildmarke Grafik der Marke 39632929.2 ist Widerspruch erhoben aus der seit 2. Oktober 1995 angemeldeten und seit 16. September 1996 für Elektronische Netzwerk- und InternetzwerkÜbertragungsdienstleistungen; Dienstleistungen im Zusammenhang mit Übertragungen über elektronische Netzwerke und/oder Zwischennetzwerke und/oder zwischen Netzwerken; Übertragungsdienstleistungen über elektronische Netzwerke und/oder zwischen Netzwerken und/oder über Zwischennetzwerke; Kabelfernsehübertragungsdienstleistungen; Dienstleistungen im Zusammenhang mit Übertragungen über Kabelfernsehnetze; Übertragungsdienstleistungen über Kabelfernsehnetzeeingetragene Wort-/Bildmarke 395 40 212 Grafik der Marke 39540212.3 Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs teilweise und zwar für die Dienstleistungen Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendienstengelöscht und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß sich die Dienstleistungen, soweit die angegriffene Marke gelöscht wurde, ähnlich seien. Auch eine klangliche Ähnlichkeit der Marken sei gegeben, da beide mit "home" benannt werden würden. Die Gefahr von Verwechslungen könne demzufolge nicht ausgeschlossen werden.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Beschwerden der Beteiligten.

Die Markeninhaberin ist der Auffassung, daß wegen des beschreibenden Charakters von "home" und der Bekanntheit des ZDF-Symbols bei der angegriffenen Marke der Bildbestandteil prägend sei und diese folglich mit "ZDF" benannt werden würde.

Sie beantragt, den Beschluß vom 16. Juni 1999 insoweit aufzuheben, als die Teillöschung angeordnet worden ist.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und die angegriffene Marke insgesamt zu löschen.

Sie trägt vor, auch die übrigen Waren und Dienstleistungen seien den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke ähnlich, so daß die angegriffene Marke insgesamt zu löschen sei.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind nicht begründet.

Nach § 9 Absatz 1 Nr 2, 42 Absatz 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 - Bayer/BeiChem).

Die Dienstleistung der "Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfrei und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten" der angegriffenen Marke ist mit den durch die Widerspruchsmarke geschützten "elektronischen Netzwerk- und InternetwerkÜbertragungsdienstleistungen" identisch. Beide umfassen die Übertragung von Signalen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich. Auch dem Wortbestandteil "home" der Widerspruchsmarke können keine im Vordergrund stehenden beschreibenden Inhalte entnommen werden. Eine Deutung des Zeichens, daß es sich um eine Übertragung der entsprechenden Informationssignale "nach Hause" handelt, ist weder naheliegend, noch ohne ernsthafte Analyse des Zeichens zu erreichen, wobei letzteres dem Erfahrungssatz, daß der Verkehr ein Zeichen, das ihm entgegentritt, als solches aufnimmt und keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht, widerspricht, und damit dem Verbraucher nicht unterstellt werden kann.

Die Zeichen sind klanglich hochgradig ähnlich. Die angegriffene Marke wird mit "home" benannt werden. Dies ergibt sich aus dem Erfahrungssatz, daß sich der Verkehr bei kombinierten Wort-/Bildzeichen jedenfalls bei - wie vorliegend - normaler Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils eher an dem Wort- als an den Bildbestandteilen orientiert, weil das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, die Ware zu bezeichnen (BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND). Der Senat kann keine diesem Erfahrungssatz widersprechenden Feststellungen treffen. Selbst wenn das ZDF-Symbol erkannt werden würde, führt dies nicht dazu, daß die angegriffene Marke mit "ZDF-Home" benannt werden würde. Dies läßt außer acht, daß, sofern in einer Marke auch ein bekanntes Unternehmenskennzeichen enthalten ist, der Verkehr regelmäßig nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheidet, sondern seine Aufmerksamkeit zur Individualisierung der Ware oder Dienstleistungen auf die sonstigen Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richtet (BGH GRUR 2001, 164, 166 - Wintergarten). Auch dies würde dazu führen, daß die angegriffene Marke mit "home" benannt werden wird.

Ob die Widerspruchsmarke mit "at home" oder "home" allein benannt werden wird, kann letztlich dahinstehen, da auch "at home" der angegriffenen Marke hochgradig ähnlich ist, da jedenfalls der Präposition "at" keine kennzeichnende Funktion beizumessen ist, was jedenfalls zur Prägung der Widerspruchsmarke durch "home" führt. Die Gefahr von Verwechslungen kann somit nicht ausgeschlossen werden, soweit die "Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offlinebetrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten" betroffen ist.

2. Die übrigen von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen sind den durch die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen nicht ähnlich. Eine Ähnlichkeit von Waren bzw Dienstleistungen liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren diese so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl § 9 Rdn 40 mwNachw). Die Widersprechende hat keine Tatsachen vorgetragen, und auch der Senat konnte keine Feststellungen treffen, daß elektronische Netzwerkübertragungsdienstleister auch Nachrichten sammeln und liefern, durch Hörfunk- und Fernsehsendungen unterhalten, Filme, Tonstücke und Videos produzieren, Druckereierzeugnisse veröffentlichen und herausgeben, Konzert-, Theater-, Unterhaltungs- und Sportveranstaltungen durchführen oder veranstalten oder etwa Diskotheken betreiben, so daß eine Dienstleistungsähnlichkeit insoweit nicht angenommen werden kann. Bei der Prüfung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind besondere Umstände festzustellen, die eine Ähnlichkeit von Ware und Dienstleistung nahelegen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck aufkommen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, daß das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig auch mit der Herstellung bzw dem Vertrieb der Ware befaßt, sei es, daß der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch auf dem entsprechenden Dienstleistungsbereich selbständig gewerblich betätigt. Nur wenn der Verkehr zu der Auffassung gelangt, die miteinander in Berührung kommenden Waren und Dienstleistungen könnten auf einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens beruhen, kann er einer unzutreffenden Vorstellung über deren betriebliche Zuordnung unterliegen (Althammer/Ströbele/Klaka, aaO, Rdn 67). Auch insoweit hat die Widersprechende nichts vorgetragen, noch konnte der Senat selbst Feststellungen in der Richtung treffen, daß Netzwerkübertragungsdienstleister auch bespielte Ton-, Bild- oder Datenträger bzw codierte Telefonkarten oder Bildschirmschoner herausgeben bzw vertreiben. Für eine Feststellung der Ähnlichkeit fehlt somit jede tatsächliche Grundlage.

Eine Kostenauferlegung ist nicht veranlaßt.

Winkler Dr. Fuchs-Wissemann Sekretarukbr/Wf






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2001
Az: 32 W (pat) 395/99


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