Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. August 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 202/04

(BPatG: Beschluss v. 02.08.2005, Az.: 27 W (pat) 202/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 27. Mai 2004 die Anmeldung der u.a. für

"Elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), insbesondere Schalt-, Steuer-, Regel-, Mess-, Kontroll-, Melde- und Signalgeräte, Passiv-Infrarotbewegungsmelder, Infrarotsensoren, Infrarotdetektoren; Wechsel- und Gegensprechanlagen"

beanspruchten Kennzeichnung Cam-Wächterteilweise für die vorgenannten Waren nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Bei dem Bestandteil "Cam" handele es sich um die zum allgemeinen Sprachschatz gehörende Kurzbezeichnung für "Kameras"; soweit die Anmelderin geltend gemacht habe, dass er auch andere Bedeutungen haben könne, stünden diese mit den vorliegend versagten Waren in keinem konkreten Verhältnis, so dass diese Bedeutungen fernlägen. Der weitere Bestandteil "Wächter" werde insbesondere in Bezug zu elektronischen Geräten verwendet, die eine Wächterfunktion besäßen. In ihrer Gesamtheit weise die Anmeldemarke daher den Sinngehalt "Kamera-Wächter" auf. Da die Kurzbezeichnung "Cam" bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe, stelle sich die Gesamtmarke entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht als eine gemischtsprachige Wortschöpfung dar; darüber hinaus seien solche gemischtsprachigen Wortverbindungen auch nicht ungewöhnlich, so dass dies ohnehin nicht eine Schutzfähigkeit begründen könne. In der Bedeutung "Cam-Wächter" stelle die angemeldete Marke eine die zurückgewiesenen Waren glatt beschreibende Sachangabe dar, da der Verkehr ihr in bezug auf diese Prdoukte allein den Hinweis entnehme, dass es sich hierbei um Kameras bzw. kameraähnliche Geräte handele, die Wächterfunktionen wahrnähmen bzw. dass sie mit einer solchen Kamera ausgestattet seien. Da unter den beanspruchten weiten Oberbegriff auch solche Geräte fielen, spiele es keine Rolle, ob die Produkte, welche die Anmelderin nach ihren Angaben tatsächlich unter den angemeldeten Bezeichnung anbieten wolle, Kameras enthielten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach ist die Anmeldemarke unterscheidungskräftig. Die Ansicht der Markenstelle gehe schon deshalb fehl, weil das Warenverzeichnis keine Kameras enthalte; auch die beanspruchten elektrotechnischen Geräte enthielten eine Bildaufnahmevorrichtung. Darüber hinaus handele es sich bei dem von der Markenstelle der Anmeldemarke zugeordneten Sinngehalt "Kamera-Wächter" um kein in der deutschen Sprache geläufiges Wort. Zudem bezeichne der Begriff "Wächter" eine Person; der Verkehr werde den Begriff "Kamera-Wächter" daher nur in dem Sinne "Wächter-Person mit einer Kamera" oder eine "Wächter-Person für eine Kamera", nicht aber als beschreibende Bezeichnung für eine Sache in Verbindung mit den beanspruchten Waren verstehen. Da allein schon dem Bestandteil "Wächter" die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne, sei die Gesmatmarke schutzfähig, selbst wenn der weitere Bestandteil "Cam" als beschreibend erachtet würde, was allerdings nicht zuträfe, da unter das Warenverzeichnis keine Kameras fielen.

Die Anmelderin beantragt, den Zurückweisungbeschluss aufzuheben und die Marke "Cam-Wächter" wie beantragt einzutragen; hilfsweise schränkt sie das Warenverzeichnis in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren in der Weise ein, dass das Wort "insbesondere" durch "nämlich" ersetzt wird.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II Die nach den §§ 64, 66 MarkenG sowie nach § 165 Abs. 4 und 5 MarkenG in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung teilweise mangels der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Unterscheidungskraft versagt. Das Beschwerdevorbringen bietet für eine abweichende Beurteilung keine Veranlassung.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m.w.N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist. Werden rein beschreibende Angaben zu einem Gesamtbegriff zusammengesetzt, ohne dass sich durch die Wortkombination ein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt, so bleibt dieser auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es sich bei ihm um eine Wortneuschöpfung oder einen bislang nicht verwendeten Begriff handelt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD). Nach diesen Grundsätzen ist der angemeldeten Wortverbindung die Unterscheidungskraft für die zurückgewiesenen Waren abzusprechen.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin wird die Anmeldemarke von den angesprochenen Verkehrskreisen - dies sind hier wegen der Art der zurückgewiesenen Waren alle inländischen Verbraucher - nur in dem von der Markenstelle mitgeteilten Sinngehalt "Kamera-Wächter" verstanden werden. Denn bei dem Bestandteil "Cam" handelt es sich - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und dem die Anmelderin nicht entgegengetreten ist - um die übliche, zwar aus dem englischen Sprachkreis stammende, aber mittlerweile in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangenen Kurzform für Kamera. So ist der aus den englischen Wörtern camera und recorder gebildete Begriff Camcorder mittlerweile Bestandteil der deutschen Sprache (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl., S. 330) und wird ein digitaler Fotoapparat allgemein als Digicam bezeichnet (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Digicam; http://www.wissen.de/xt/ default.do€MENUNAME=Suche&SEARCHTYPE=topic&query=digicam). Dass der Verkehr diese Buchstabenfolge im allgemeinen als Kurzform von "camera" für "Kamera" versteht, wurde im übrigen auch bereits mehrfach gerichtlich festgestellt (vgl. BPatG 29 W (pat) 137/02 - cam24; 29 W (pat) 124/02 - cam24.de; 30 W (pat) 205/01 - ECOCAM; 30 W (pat) 181/07 - Handycam; 30 W (pat) 108/94 - NANOCAM; HABM R 289/00-2 - DVCAM; R 12/04-4 - SecureCam; R 192/04-1 - MASTERCAM; sämtliche Entscheidungen veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).

Die somit ohne weiteres im Sinne von "Cam(era)-Wächter" verständliche Anmeldemarke wird der Verkehr in bezug auf die zurückgewiesenen Waren nur als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen. Dem steht nicht entgegen, dass das deutsche Wort "Wächter" in erster Linie eine Person bezeichnet, denn dieser Begriff ist auch in Zusammenhang mit Sachen geläufig. In bezug auf die in Rede stehenden Waren wird der Verkehr diesen Begriff daher ohne weiteres als - personifizierende - Sachangabe ansehen, zumal eine solche Bezeichnung auf dem Gebiet der Gebäudesicherheit, welcher die zurückgewiesenen Waren dienen können, häufig anzutreffen ist, ohne dass es hierzu, wie die Anmelderin gemeint hat, einer "adjektivischen Ergänzung" bedürfte, wie sich insbesondere redaktionellen Beiträgen entnehmen lässt (vgl. http://www.eurosecurity.de/News%20Letter/Hotel_6-05Kende.pdf; www.personalmagzin.de/ edition-Content €topicItem=Inhaltsverzeichnis&editionID=1093356169.11).

In bezug auf die zurückgewiesenen Waren wird der Verkehr die Anmeldemarke daher allein als Sachhinweis darauf verstehen, dass diese ein mit VideoÜberwachung arbeitendes Sicherheitssystem darstellen oder hierfür gedacht und geeignet sind. Da auch der mögliche Verwendungs- und Bestimmungszweck eine beschreibende Angabe darstellt, kommt es dabei entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht darauf an, ob der im Warenverzeichnis enthaltene allgemeine Oberbegriff tatsächlich Geräte mit Kameras enthält; denn selbst wenn dies - was hier keiner abschließenden Entscheidung bedarf - nicht zuträfe, fallen unter den Begriff "Elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente" jedenfalls auch elektronische Komponenten, die Teil einer modernen Film- oder Digitalkamera sind. Zu diesen Komponenten gehören insbesondere die einzelnen Waren, welche beispielhaft im Warenverzeichnis genannt sind; aus diesem Grund führt auch die von der Anmelderin hilfsweise beantragte Beschränkung des Warenverzeichnisses auf diese Produkte zu keiner anderen Beurteilung, da gerade diese Einzelwaren Bestandteile eines Überwachungssystems sein können, so dass die Anmeldemarke nach den vorstehenden Ausführungen auch für sie beschreibend ist.

Da die Markenstelle der Anmeldemarke daher zu Recht teilweise die Eintagung versagt hatte, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin als unbegründet zurückzuweisen.

van Raden Richterin Prietzel-Funk ist wegen Urlaubs an der Beifügung ihrer Unter-

schrift gehindert.

van Raden Schwarz Ju






BPatG:
Beschluss v. 02.08.2005
Az: 27 W (pat) 202/04


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