Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 287/00

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2002, Az.: 29 W (pat) 287/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnungisdn mobilsoll als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluß vom 29. Mai 2000 teilweise zurückgewiesen und zwar für die Waren und Dienstleistungen

"Elektrische, elektronische, Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk- und Fernsehen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation".

Die angemeldete Marke bestehe neben dem Wort "mobil" aus der allgemein benutzten Fachabkürzung "ISDN", die im digitalen Telefonnetz und für zusätzliche Dienste immer stärkere Verbreitung fände. Bei dem zweiten Bestandteil "mobil" der angemeldeten Marke handele es sich ebenfalls um einen zentralen Begriff der Datenverarbeitung und der Kommunikationssysteme im Sinne von "nicht an einen festen Standort gebunden, beweglich", der auch Laien aus Begriffen wie "mobil telefonieren, Mobiltelefon, Mobilstation" auf dem in Rede stehenden Gebiet allgemein bekannt sei. Beide Begriffe seien eingedeutscht und auch in der konkreten Zusammenstellung noch sprachüblich wie etwa "Natur pur", "Ski total" gebildet. Insgesamt bezeichne "isdn mobil" ein mobiles digitales Telefon- bzw Kommunikationsnetz (= mobiles ISDN-Netz). Damit enthalte das angemeldete Zeichen eine die jeweiligen Waren und Dienstleistungen der Teilzurückweisung in der einen oder anderen Weise unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Ihr fehle auch jegliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt im wesentlichen vor, daß außer den einzelnen Bestandteilen vor allem die Gesamtbezeichnung unterscheidungskräftig sei. Die Abkürzung "isdn" sei den wenigsten Verkehrsbeteiligten als Beschreibung für "Integrated services digital network" bekannt und das Wort "mobil" habe eine Mehrzahl von Bedeutungen. Der Gesamtbezeichnung könnten diverse deutsche Begrifflichkeiten zugeordnet werden. Sie existiere weder im Deutschen noch in einer gebräuchlichen Fremdsprache und sei in der angemeldeten Form völlig unbekannt sowie lexikalisch nicht nachweisbar.

Darüber hinaus habe der Bestandteil "ISDN" Hinweischarakter für die Anmelderin. ISDN habe sich in den letzten 10 Jahren als eine der wichtigsten Wachstumsgrößen der D... AG entwickelt. So sei die Zahl der ISDN-Kanäle bis Ende 1999 auf über 13 Millionen angewachsen. Laut Geschäftsbericht 1999 habe die Anmelderin das stark wachsende T-ISDN Geschäft mit der Vermarktung attraktiver ISDN-Endgeräte wie den bereits 1998 eingeführten Produktlinien "T-Easy" und "T-Concept" gefördert und erweitert, so daß zum Jahresende 1999 5,5 Millionen ISDN-Anschlüsse mit mehr als 13,3 Millionen Kanälen von den Kunden der Anmelderin genutzt wurden, was einem Anstieg von 35,8% entspreche. Während "T-ISDN" für viele geschäftliche Nutzer in Deutschland seit langem der Standard der Telekommunikation sei, mache der Anteil der privaten Haushalte mittlerweile 54,8% der T-ISDN Anschlüsse aus. Mit einer Rate von 28% aller ihrer Telefonkanäle sei die Anmelderin mit großem Abstand weiterhin der weltweit führende ISDN-Netzbetreiber. Zur Untermauerung werde die Durchführung einer Meinungsbefragung angeboten.

Der Senat hat eine Recherche zur Verwendung der Begriffe "ISDN" und "mobil" durchgeführt, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

II Die zulässige Beschwerde ist nach den Feststellungen des Senats unbegründet. Der angemeldeten Marke stehen die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen. Für eine Schutzbegründung nach § 8 Abs 3 MarkenG fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung zur Durchführung der behaupteten Verkehrsdurchsetzung.

Die angemeldete Marke "isdn mobil" hat für die Waren und Dienstleistungen der Teilzurückweisung den im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt eines mobilen ISDN-Anschlusses, nämlich "ISDN jetzt auch mobil ohne Bindung an einen Festanschluß". Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, ist "ISDN" die allgemein verwendete Fachbezeichnung für ein digitales Telefonnetz, das sowohl für gewöhnliche Telefongespräche als auch für zusätzliche Dienste genutzt werden kann. Der Begriff ist als solcher in die deutsche Sprache eingegangen, so daß es - ebenso wie etwa bei den vergleichbaren Begriffen "UMTS" oder "WAP "- nicht darauf ankommt, ob die angesprochenen Verkehrskreise im einzelnen wissen, daß "ISDN" die Abkürzung für "Integrated Services Digital Network" ist, was wörtlich "Dienste integriertes Digitalnetz" bedeutet (vgl Thomas Irlbeck Computer Lexikon, 3. Aufl 1998, 428, DUDEN, Fremdwörterbuch, 6. Aufl 1997, 381).

In gleicher Weise handelt es sich bei dem Bestandteil "mobil" um einen dem Fachbegriff "online" entsprechenden zentralen Begriff, der auf dem Gebiet der Telekommunikation, der Elektronik und der Datenübertragung als Synonym für einen kabellosen, von einem Festanschluß unabhängigen Zugang zum Internet oder zu einem sonstigen Online-Dienst, Datenempfang oder einer mobilen Datenübertragung üblich geworden ist. So ist in Berichten über Innovationen auf dem Gebiet der Telekommunikation und der kabellosen Computernetzwerke allenthalben die Rede vom mobilen Internet, mobilen Geräten", mobilen PCs sowie dem schnellen mobilen Funknetz UMTS, das eine mobile Datenübertragung von bisher nicht gekannter Schnelligkeit ermöglichen soll (vgl Cebit-Spezial Multimedia: "Das Internet wird mobil" in Der Spiegel 11/2002 S 100 f.; S 104. "Wo Daten tatsächlich mobil verfügbar sein müssen, sind lokale Funknetze längst Alltag ("W-Lans"). In immer mehr Flughäfen, Hotels und Bahnhöfen bieten Funk-"Hotspots" den Reisenden die Möglichkeit, sich mit ihrem Notebook mobil ins Internet einzuklinken ... mobile Kleinstgeräte, mobiles Netzgerät ... oder "der Aufbruch ins mobile Netz"; S 106 UMTS-Handys: Mobiler Alleskönner; Notebooks: Jederzeit und überall mobil ins Internet; S 129: Heute geht es um mobile Kommunikation: E-Mail-Verbindung, Zugang zum Web und natürlich will man auch telefonieren können; SZ v. 6.3.2002, Seite V2/6 - Mobiles Internet - völlig losgelöst; FAZ v. 9.3.2002, S 23 - Gedämpfte Hoffnung für Telekommunikationsaktien und "Gute Aussichten für Aktien der Handy-Hersteller: Mit UMTS kann man noch kein Geld verdienen, mit mobilen Multimedia-Anwendungen, die auf GPRS basieren, sollte das hingegen möglich sein ..."; SZ v. 6.3.2002 "UMTS-Studie: Die UMTS- Mobilfunknetzbetreiber können mit einer hohen Nachfrage nach mobilen Unterhaltungsdiensten rechnen"). Die Anmelderin wirbt in Verbindung mit ihrem Bereich T-Mobile/Mobilfunk/GSM/UMTS/Handy auf deutschen Seiten im Internet selbst damit "Jetzt günstiger mobil ins Internet. Mobil im Urlaub mit T-D1 xtra... rund um den Globus mobil telefonieren ..." sowie in der SZ vom 24.6.00 (A 694 - T D1 GPR): "die Revolution: jetzt mit ISDN-Tempo mobil ins Internet" und in der Broschüre "Im Dialog mit dem Kunden" heißt es auf Seite 50: Multimedia wird mobil. T-Mobil will Deutschland zur mobilen Online-Nation machen (vgl auch Beschluß v. 14.8.2002 - 29 W (pat) 94/00 -Online Mobil).

Für die angesprochenen Verkehrskreise steht bei den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen mit der Bezeichnung "isdn mobil" somit die Bedeutung des mobilen digitalen Netzanschlusses über mobile Geräte im Vordergrund. Demgegenüber treten die weiteren Bedeutungen des Wortes "Mobil" zurück.

Die angemeldete Wortverbindung ist auch sprachüblich gebildet, wie die von der Markenstelle genannten Beispiele sowie Begriffe wie "Urlaub total; Online global = online weltumspannend" zeigen (vgl auch 29 W (pat) 380/00 - Global online). Die beiden Fachbegriffe "ISDN" und "mobil" sind mit Ausnahme der gängigen Kleinschreibung unverändert aneinandergereiht, so daß ihr beschreibender Sinngehalt vollständig erhalten bleibt. Die neue Gesamtaussage beschreibt damit lediglich, daß die Waren und Dienstleistungen einen mobilen ISDN-Anschluß besitzen, ermöglichen, zum Gegenstand haben oder mittels eines solchen erbracht werden. Die Verbindung der beiden geläufigen Begriffe ohne jede grafische oder inhaltliche Änderung weist wie in dem vom EuGH entschiedenen Fall "Companyline" keinerlei zusätzliches Merkmal auf, das die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit geeignet erscheinen läßt, die Waren und Dienstleistungen der Anmelderin insoweit von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl EuGH GRUR 2003, 58, 60 zu EuG GRUR Int. 2000, 429 - Companyline). Damit entbehrt sie jeglicher Unterscheidungskraft und ist auch geeignet, als Sachangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG für die Waren und Dienstleistungen der Teilzurückweisung zu dienen.

Die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG, die der angemeldeten Bezeichnung entgegenstehen, sind durch den Vortrag der Anmelderin, wonach der Bestandteil "ISDN" für die Anmelderin verkehrsbekannt sei und für sie Hinweischarakter habe, nicht überwunden. Voraussetzung für die Durchführung eines Verfahrens zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG ist, daß nach dem schlüssigen Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen eine Verkehrsdurchsetzung als möglich erscheint (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl, §8 Rdn 211 aE und vgl dazu auch Richtlinie Markenanmeldungen BlfPMZ 1995, 378, 389).

Diese Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung ist hier nicht gegeben. Die Angaben zu der großen Zahl von ISDN-Kanälen, ISDN-Basis- und sonstigen ISDN-Anschlüssen beziehen sich hauptsächlich auf die Kennzeichnungen "T-ISDN", "T-Easy" und "T-Concept". Bei diesen beruht die Zurechnung in erster Linie auf dem Bestandteil des "T-", der vom Verkehr auf dem Gebiet der Telekommunikation als Kennzeichen der Deutschen Telekom AG aufgefaßt und verstanden wird, und nicht auf den weiteren, rein beschreibenden Bestandteilen "ISDN", "Easy" oder "Concept" (vgl hierzu auch 28 W (pat) 129/00 - Schriftzug "Team Telekom" auf Sportartikeln in magenta/grau). Anhaltspunkte für die Annahme, daß ISDN allein auf die Anmelderin hinweise, sind nicht erkennbar und umso weniger ersichtlich, als der Fachbegriff "ISDN" ganz allgemein als Bezeichnung für ein digitales Telefonnetz üblich geworden und nachweisbar ist, der von den verschiedensten Herstellern, Netzbetreibern und Zulieferern als Sachangabe verwendet wird (vgl zB funkschau 8/2002 vom 19.4.2002, Deckblatt und S 24 Bericht-Praxistest von Mobile Solutions "ISDN per Bluetooth. Um ISDN-Funktion mit dem Computer zu nutzen, benötigt der Anwender ein ISDN-Kabel....; ISDN-Leistungsmerkmale, ISDN-Klienten, ISDN-Access-Points etc; Siemens Gigaset 2060isdn-Basisstation, schnurlose digitale DECT-ISDN Systemanlage Euro-ISDN-Informationsübertragung; EURO-ISDN Telekommunikationsanlage von tiptel, Swisscom "Installieren Sie ihren ISDN-Anschluss selbst" in News and Tips 9.2002; funkschau 19/2002, S 330 "ISDN/DSL-Router Integrierte Systeme versus Einzelgeräte"). Dem steht nicht entgegen, daß das ISDN Netzwerk von der Vorgängerin der Anmelderin entwickelt und 1998 offiziell eingeführt worden ist. Denn die Deutsche Bundespost hat "ISDN" als Fachbezeichnung nicht aber als Marke verwendet oder verwenden können (vgl Th Irlbeck Computer Lexikon 3. Aufl 1998, 428 Stichwort "ISDN", DUDEN Bd 5 Fremdwörterbuch, 6. Aufl 1997, S 381).

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Beschluss v. 21.08.2002
Az: 29 W (pat) 287/00


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