Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2001
Aktenzeichen: 27 W (pat) 275/00

(BPatG: Beschluss v. 13.11.2001, Az.: 27 W (pat) 275/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür

"Magnetaufzeichnungsträger, insbesondere Compact Discs (CD) mit juristischer Ausbildungsliteratur zur Vorbereitung auf die juristischen Staatsexamen; Druckerei-Erzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmittel, insbesondere mit juristischer Ausbildungsliteratur zur Vorbereitung auf die juristischen Staatsexamen; Ausbildung im juristischen Bereich, insbesondere juristische Lehrgänge, Repetitorien und Veranstaltungen von Fortbildungsseminaren zur Vorbereitung auf die juristischen Staatsexamen"

ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke JurComSulteingetragen unter der Nr 396 39 152 für

"Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Installationsarbeiten, Telekommunikation, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, EDV-Systemberatung".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, den Widerspruch zurückgewiesen und hierzu ausgeführt: Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil die beiden Marken trotz eines nicht unbeachtlichen Grades der Warenähnlichkeit den erforderlichen Abstand einhielten. Von ihrem Gesamteindruck seien die Zeichen verschieden. Der (mehr oder minder beschreibend auf "Consult") hinweisende Wortbestandteil "-sult" in der Widerspruchsmarke könne - anders als etwa bei Arzneimittelmarken - nicht als eine branchenübliche glatt beschreibende Wirk- und Beschaffenheitsangabe angesehen und unter dem Gesichtspunkt der sog. Abspaltung ausnahmsweise außer Betracht bleiben, da der einen beschreibenden Charakter eines Wortelements lediglich andeutenden Bestandteil für eine Abspaltung nicht ausreiche; in Verbindung mit den weiteren (wenn auch kennzeichnungsschwachen) Bestandteilen "JurCom" nehme dieser Wortbestandteil an der Kennzeichnungswirkung des Gesamtwortes teil. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben; denn der hierfür zu fordernde Hinweischarakter des gemeinsamen (identischen oder wesensgleichen) Stammbestandteils sei insbesondere kennzeichnungsschwachen Markenteilen wie hier "JurCom" als terminologischverknapptem Hinweis auf "Juristische Communication" abzusprechen.

Gegen den Erinnerungsbeschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie weiter die Löschung der angegriffenen Marke begehrt. Ihrer Auffassung nach besteht zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Bis auf den Buchstaben "a" sei der Wortbestandteil der Marke "JuraCom" in der Widerspruchsmarke enthalten; der Bildbestandteil der jüngeren Marke stelle kein Unterscheidungsmerkmal dar, da "Jur" und "Jura" von den angesprochenen Verkehrskreisen mit oder ohne bildliche Angabe von Paragraphen als Abkürzungen für "Recht/Rechtswissenschaften" verstanden würden. Die ältere Marke werde von den Bestandteilen "Jur" und "Com" als dominierenden Elementen geprägt, da sie im Vordergrund stünden, die nachfolgende Silbe im allgemeinen bei der Aussprache verschluckt werde und die jüngere Marke mit diesen Teilen nahezu identisch sei; daher halte sie den wegen der Warenidentität bzw hochgradigen Warenähnlichkeit zu fordernden deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

Die Beschwerdegegnerin hat bislang zur Beschwerde keine Stellungnahme abgegeben und keinen Antrag gestellt.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, hat die Markenstelle den Widerspruch zurückgewiesen, weil die Gefahr von Verwechslungen beider Zeichen im Sinne des § 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht besteht. Das Beschwerdevorbringen bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlaß.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO). Ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann dabei durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz 23 f - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz 16 f - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243; st Rspr).

Dabei kommt schon eine Warenähnlichkeit nur hinsichtlich der von der jüngeren Marke beanspruchten Waren der Klassen 9 und 16 in Betracht, während die Dienstleistungen der Klasse 41, für welche die jüngere Marke ebenfalls geschützt ist, zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke wohl nicht ähnlich sind. Hinsichtlich dieser Dienstleistungen konnte der Widerspruch daher schon ungeachtet der darüber hinaus fehlenden Markenähnlichkeit keinen Erfolg haben.

Die Markenstelle hat zutreffend eine Markenähnlichkeit verneint.

Die Anforderungen an den Abstand der jüngeren Marke zur Widerspruchsmarke sind dabei auch hinsichtlich der ähnlichen Waren nicht zu hoch anzusetzen. Die Widerspruchsmarke besitzt nämlich von Haus aus nur eine eher geringe Kennzeichnungskraft, da sie lediglich aus der Kombination jeweils für sich genommen nur schwach kennzeichnungskräftiger Elemente gebildet ist und auch in ihrer Gesamtheit unübersehbare beschreibende Anklänge aufweist (vgl hierzu Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rn 146 ff). Denn "Jur" deutet - wie auch die Beschwerdeführerin selbst anführt - ohne weiteres auf Recht(swissenschaften) hin; "Com" ist zwar mehrdeutig, alle denkbaren Möglichkeiten (Communication; Computer; Commercial [als Internet-Abkürzung ".com" allgemein bekannt]) werden vom Verkehr jedoch als gleichermaßen deutliche, wenn auch jeweils verschieden akzentuierte Hinweise auf die jeweiligen Waren aufgefaßt; und schließlich ist "-sult" in der Widerspruchsmarke ohne weiteres als abgekürzter Hinweis auf "(Con-)Sult" verständlich.

Angesichts der Kennzeichnungsschwäche der Bestandteile "Jur" und "Com" besteht kein Anlaß zu der Annahme, gerade diese Silben könnten für sich genommen die - als einheitliches Wort erscheinende - Widerspruchsmarke prägen. Eine Verwechslungsgefahr käme daher nur auf der Grundlage des Gesamteindrucks beider Zeichen, dh aufgrund der jeweiligen Kombination sämtlicher einzelner Elemente in Betracht, da auch nicht ersichtlich ist, weshalb die letzte Silbe der Marke "im allgemeinen verschluckt" werden sollte. Der jeweilige Gesamteindruck beider Marken ist aber deutlich verschieden, da sich der Bestandteil "Sult" in der angegriffenen Marke nicht findet, die Silbenzahl beider Zeichen unterschiedlich ist, das "a" in der jüngeren Marke zu einer deutlichen Akzentverschiebung führt und schließlich schriftbildlich der Bildbestandteil der angegriffenen Marke (der klanglich keine Rolle spielt) ebenfalls nicht außer Betracht bleiben kann.

Schließlich bestehen - wie von der Markenstelle zu Recht ausgeführt - keine Anhaltspunkte für eine assoziative Verwechslungsgefahr.

Da somit das Patentamt zu Recht den Widerspruch zurückgewiesen hat, war der hiergegen eingelegten Beschwerde der Erfolg zu versagen.

Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.

Albert Friehe-Wich Schwarz Pü

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)275-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 13.11.2001
Az: 27 W (pat) 275/00


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