Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 17. Dezember 2015
Aktenzeichen: I-2 U 33/10
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 17.12.2015, Az.: I-2 U 33/10)
Tenor
A.
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 21. Januar 2010 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag erledigt ist.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 26. April 2008
in der Bundesrepublik Deutschland
analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, in trockenem Zustand in einer Zone stromaufwärts von der Nachweizone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, bei denen der poröse Träger und das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses enthalten sind, das Gehäuse aus feuchtigkeitsundurchlässigem festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf dem porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, die beiden Zonen derart angeordnet sind, dass eine auf dem porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst,
angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
b) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der bezahlten Preise,
wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat
und die Verkaufsstellen, Einkaufs- und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30. April 2006 anzugeben sind.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu Ziffer II. bezeichneten Handlungen in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 26. April 2008 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen,-zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,-zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu (a) und (b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat
und der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der C N. V. durch die zu II. bezeichneten, in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 20. Mai 2002 begangenen Handlungen und der der Klägerin durch die zu II. bezeichneten, in der Zeit vom 21. Mai 2002 bis zum 26. April 2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch künftig entstehen wird.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Beklagten auferlegt.
C.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
D.
Die Revision wird nicht zugelassen.
E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 375.000,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die vormals als B GmbH firmierende Klägerin ist seit dem 21. Juni 2002 als Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 291 AAA (nachfolgend: Klagepatent) eingetragen, das auf einer am 26. April 1988 unter Inanspruchnahme zweier britischer Prioritäten vom 27. April 1987 und vom 30. Oktober 1987 eingereichten Anmeldung beruht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 16. Februar 1994. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 38 87 AAB geführt. Vormalige eingetragene Inhaberin des Klagepatents war die C N.V. (nachfolgend: C). Das Klagepatent ist - während des erstinstanzlichen Verfahrens - am 26. April 2008 durch Zeitablauf erloschen.
Das Klagepatent betrifft ein analytisches Testgerät. Es war Gegenstand eines Einspruchsbeschwerdeverfahrens, in dem es vom Europäischen Patentamt in beschränkter Fassung aufrechterhalten wurde. Auf eine von dritter Seite erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht das Klagepatent durch Urteil vom 7. Juni 2005 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Auf die Berufung hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung durch Urteil vom 4. November 2008 (X ZR 154/05) abgeändert und das Klagepatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende - einer Selbstbeschränkung entsprechende - Fassung erhalten hat:
"Analytisches Testgerät, umfassend einen trockenen porösen Träger (10), unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone (14) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, und in trockenem Zustand in einer Zone (12) stromaufwärts von der Nachweiszone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, dadurch gekennzeichnet, dass der poröse Träger und das markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses (30) enthalten sind, das aus feuchtigkeitsundurchlässigem, festem Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf den porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel (32) zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, wobei die beiden Zonen derartig angeordnet sind, dass eine auf den porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann, und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst."
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung nach dem Klagepatent.
Zu sehen ist ein Teststreifen (10). Angrenzend an das untere Ende (11) des Teststreifens (10) ist eine Zone (12) mit einem ersten Antikörper beladen, der einen sichtbaren Markierungsstoff (Latexteilchen, Farbsol oder Goldsol) trägt. Dieses Reagenz kann in Gegenwart einer Flüssigkeitsprobe frei durch den Streifen wandern. In der Zone (14) ist der Streifen mit einem zweiten Antikörper mit Spezifität für unterschiedliche Epitope auf der gleichen Nachweissubstanz wie der erste Antikörper imprägniert. Der zweite Antikörper ist fest auf dem Streifen immobilisiert. Bei der Verwendung des Teststreifens in einem analytischen Verfahren wird das untere Ende (11) des trockenen Streifens mit einer (nicht gezeigten) Flüssigkeitsprobe in Kontakt gebracht, welche die zu bestimmende Nachweisubstanz enthalten kann. Die Kapillarwirkung verursacht ein Aufsteigen der Flüssigkeit durch den Streifen, worauf schließlich das Kissen (18) erreicht wird. Dabei durchquert die Probe die Zone (12), der markierte Antikörper dispergiert sich in der Probe und wandert mit dieser durch den Streifen. Während der Wanderung in Richtung zur Zone (14) kann der markierte Antikörper an jeder in der Probe vorliegenden Nachweissubstanz binden. Nach Erreichen der Zone (14) sollte jedes Molekül der Nachweissubstanz an den zweiten Antikörper gebunden werden, wodurch das so gebildete markierte "Sandwich" immobilisiert wird. Wenn eine signifikante Konzentration der zu bestimmenden Nachweissubstanz in der Flüssigkeitsprobe vorliegt, erscheint in kurzer Zeit eine Akkukumulierung des sichtbaren Markierungsstoffs in der Zone (14).
Die Beklagte hat unter der Bezeichnung "D Diagnostik" von der E GmbH (nachfolgend: E) hergestellte Schwangerschaftsfrühtestgeräte angeboten und vertrieben, wie sie aus dem als Anlage MBP 16 überreichten Muster und den als Anlagen MBP 16a und MBP 16b vorgelegten Gebrauchsinformationen ersichtlich sind (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Die Beklagte ist gesellschaftsrechtlich eng mit der F GmbH & Co. KG verbunden, die unter der Bezeichnung "G" ebenfalls einen Schwangerschaftsfrühest vertrieben hat, der Gegenstand eines parallelen Berufungsverfahrens vor dem Senat (I-2 U 53/04) ist. Der im vorliegenden Rechtsstreit angegriffene Schwangerschaftsfrühtest entspricht in seinem Aufbau und seiner Ausgestaltung demjenigen Schwangerschaftsfrühtest, der Gegenstand des vorgenannten Parallelverfahrens ist.
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist eine trockene poröse Membran auf einem Träger aus Polyethylen aufgebracht. Auf der porösen Membran befindet sich ein Glasfaserkissen mit einem goldmarkierten Antikörper, der an ein Epitop des hCG-Schwangerschaftshormons bindet. Darüber hinaus weist die angegriffene Ausführungsform eine stromabwärts vom Glasfaserkissen gelegene Detektionszone auf. In dieser Detektionszone findet sich ein immobilisierter Antikörper, der ebenfalls an eine Kette des Schwangerschaftshormons hCG bindet. Stromabwärts der Detektionszone befindet sich eine Kontrollzone, in der ein weiterer Antikörper vorliegt. Außer dem goldmarkierten hCG-Antikörper liegen auf dem Glasfaserkissen weitere unmarkierte Antikörper vor, die spezifisch für das hCG-verwandte Hormon LH sind und von der Beklagten als "Abfangantikörper" bezeichnet werden. Die Anordnung aus Polyethylenträger, Membran und Glasfaserkissen ist in eine Umhüllung aus Pappe eingebettet. Die äußere Umhüllung auf Seiten der Anwendungsoberfläche ist mit einer Kunststoffbeschichtung versehen, wobei die Seitenkanten allerdings nicht mit Kunststofffolie überzogen sind.
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung des Klagepatents. Sie hat die Beklagte deshalb nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt in erster Instanz auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung sowie Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vom 16. März 1994 bis zum 26. April 2008 in Anspruch genommen und die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in Bezug auf den bis zum Ablauf des Klagepatents zudem geltend gemachten Unterlassungsanspruch begehrt. Sie - die Klägerin - sei insgesamt aktivlegitimiert. C habe ihr neben dem Klagepatent und dem dazugehörigen Geschäftsbetrieb auch die ihr - der C - zustehenden Schadensersatzansprüche übertragen.
Die Beklagte, die um Klageabweisung gebeten hat, hat erstinstanzlich sowohl eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform als auch die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt. Sie hat geltend gemacht:
Bei dem angegriffenen Schwangerschaftstest werde ein goldmarkierter Antikörper eingesetzt, der an ein für das Schwangerschaftshormon hCG charakteristisches Epitop der €-Kette des hCG binde. In der Detektionszone liege hingegen ein immobilisierter Antikörper vor, der an die €-Kette des hCG, aber auch an die €-Ketten von LH, FSH und TSH binden könne. Der goldmarkierte Antikörper des angegriffenen Schwangerschaftstests sei somit spezifisch für den Analyten, also das Schwangerschaftshormon hCG. Der in dem angegriffenen Schwangerschaftstest in der Detektionszone vorliegende immobilisierte Antikörper hingegen könne an die Hormone hCG, LH, FSH und TSH binden und sei somit nicht spezifisch für den Analyten, also das Schwangerschaftshormon hCG. Des Weiteren weise die angegriffene Ausführungsform auch kein Gehäuse im Sinne des Klagepatents, sondern lediglich eine faserige Umhüllung aus Pappe auf, wobei die äußere Oberfläche kunststoffbeschichtet sei. Dieses "Gehäuse" sei auch nicht "hohl", da das "Gehäuse" tatsächlich eine bündige Umhüllung des Teststreifens sei, der zwischen zwei faserigen Papplagen als integraler Bestandteil mit der Vorrichtung fest verbunden und nur unter Zerstörung trennbar angeordnet sei. Schließlich sei das markierte Reagenz bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht "in einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten". Vielmehr sei das Reagenz in einem gesonderten Glasfaserkissen angebracht, das an die Trägermembran lediglich angrenze und damit nicht Teil derselben sei.
Mit Urteil vom 21. Januar 2010 hat das Landgericht Düsseldorf wie folgt erkannt:
"I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag (Antrag zu I. 1. der Klageschrift vom 5. August 2003) erledigt ist.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg in der Zeit vom 16. März 1994 bis zum 26. April 2008 zu erteilen über
analytische Testgeräte, umfassend einen trockenen porösen Träger, ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten, welches unmarkierte Reagenz auf dem porösen Träger in einer Nachweiszone permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich ist, in trockenem Zustand nicht beweglich ist, in trockenem Zustand in einer Zone stromaufwärts von der Nachweizone ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz, welches markierte spezifische Bindungsreagenz innerhalb des porösen Trägers in feuchtem Zustand frei beweglich ist, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Gerät zugeführt ist, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone eindringen kann, bei denen der poröse Träger und das markierte spezifische Markierungsreagenz innerhalb eines hohlen Gehäuses enthalten sind, das Gehäuse aus flüssigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut ist, der poröse Träger direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses derart in Verbindung steht, dass flüssige Testprobe auf dem porösen Träger aufgebracht werden kann, das Gehäuse Mittel zum Feststellen des Ausmaßes (sofern gegeben) beinhaltet, bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone gebunden ist, der Markierungsstoff in Form eines Farbsol, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen ist, das markierte Reagenz in einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten ist und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone immobilisiert ist, die beiden Zonen derart angeordnet sind, dass eine auf dem porösen Träger aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone in die Nachweiszone dringen kann und der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material umfasst,
und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
wobei die Beklagte zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Der zulässige Antrag auf Feststellung der Erledigung sei begründet. Mit Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents sei Erledigung eingetreten. Die Klage auf Unterlassung sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen, da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch gemacht habe. Bei den von der Beklagten in dem streitgegenständlichen Schwangerschaftstestgerät verwendeten Antikörpern handele es sich um spezifische Bindungsreagenzien im Sinne des Klagepatents. Der Begriff "spezifisch" lasse sich bei verständiger Würdigung des Klagepatents nicht einheitlich bestimmen, so dass auch Antikörper, wie sie von der Beklagten in dem angegriffenen Testgerät verwendet würden, d.h. solche, die zum einen an das €-Epitop des hCG und zum anderen an das €-Epitop des hCG bindeten, von der durch das Klagepatent geschützten Erfindung erfasst seien. Des Weiteren weise der angegriffene Schwangerschaftsfrühtest auch ein anspruchsgemäßes Gehäuse auf. Das Klagepatent verlange hierfür eine Anordnung, die einerseits einen Innenraum schaffe, in welchem erfindungsgemäß der poröse Träger aufgenommen werden könne, und die andererseits (aufgrund ihrer Festigkeit) Gewähr dafür biete, dass das Gehäuse eine Schutzfunktion für die in seinem Inneren angeordneten Bauteile erfüllen könne und dem Testgerät einer Ausgestaltung gebe, die seine Handhabung durch den Benutzer erlaube. Darüber hinausgehende Anforderungen stelle das Klagepatent an das Gehäuse nicht, so dass auch eine Pappumhüllung ein Gehäuse bilden könne. Schließlich weise die angegriffene Ausführungsform auch einen porösen Träger im Sinne des Klagepatents auf.
Soweit die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie damit im Zusammenhang Rechnungslegung begehre, sei die Klage unbegründet. Insoweit könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin über die hierfür notwendige Berechtigung der genannten Ansprüche verfüge. Die Kammer vermöge nicht festzustellen, dass die Klägerin materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents gewesen sei. Es sei nicht zu erkennen, dass die die Patentübertragungsvereinbarung unterzeichnenden Personen vertretungsbefugt gewesen seien. Da die Klägerin damit eine materiellrechtliche Berechtigung an dem Klagepatent nicht nachgewiesen habe, sei die auf Schadensersatz und Rechnungslegung gerichtete Klage abzuweisen gewesen. Zuzusprechen gewesen sei demgegenüber der Anspruch auf Auskunft gemä€ 140b PatG, da insoweit für die Legitimation die Eintragung im Register nach§ 30 PatG genüge.
Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. März 2010 Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Schadensersatz- und Rechnungslegungsbegehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht im Wesentlichen geltend: Zu Unrecht habe das Landgericht ihre Klage in Bezug auf das Schadensersatz- und Rechnungslegungsbegehren mit der Begründung abgewiesen, es sei nicht feststellbar, dass sie - die Klägerin - materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents gewesen sei. Zum einen komme es für die Zeit ab ihrer Eintragung als neue Patentinhaberin im Patentregister
maßgeblich auf den Registerstand an. Zum anderen sei ihr das Klagepatent - wozu die Klägerin näher vorträgt - von C auch mit Wirkung für die Vergangenheit rechtswirksam übertragen worden. Dabei seien ihr auch sämtliche Schadenersatzansprüche abgetreten worden.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen wie geschehen, jedoch ohne die Einschränkung, dass die Verkaufsstellen, Einkaufs- und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30. April 2006 anzugeben sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage bereits wegen mangelnder Parteifähigkeit unzulässig ist.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, wobei sie geltend macht:
Zu Recht habe das Landgericht Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung mangels Aktivlegitimation der Klägerin verneint.
Unabhängig davon bestünden die von der Klägerin mit der Berufung weiter verfolgten Ansprüche auch deshalb nicht, weil es an einer Verletzung des Klagepatents fehle.
Bislang sei sie aufgrund der Informationen des Herstellers E davon ausgegangen, dass die goldmarkierten Sondenantikörper bei dem angegriffenen Produkt an die €-Kette von hCG bindeten. Nun habe E in dem gegen sich selbst gerichteten Verfahren vor dem Landgericht (Az. 4b O 405/04; nunmehr OLG Düsseldorf,Az.: I-2 U 31/10) in der mündlichen Verhandlung am 26. November 2009 im Widerspruch zu ihrem bisherigen Vortrag eine völlig abweichende Funktionalität des von ihr vertriebenen Tests dargestellt. Danach bindeten die goldmarkierten Sondenantikörper an die €-Kette von hCG. Sie - die Beklagte - sei über diesen Vortrag von E höchst überrascht gewesen und habe unverzüglich Aufklärung verlangt. Diese sei ihr jedoch nicht gewährt worden. Sie habe deshalb durch ihre Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht in dem genannten Verfahren nehmen lassen und sich mit einer entsprechenden dringlichen Anfrage per E-Mail an E gewandt, welche Antikörper tatsächlich in dem hier angegriffenen Produkt verwendet worden seien. Der Geschäftsführer von E, Herr Dr. H, habe daraufhin noch am selben Tag per E-Mail geantwortet und wörtlich erklärt:
"Der G- und der D Schwangerschaftstest funktionieren bzw. funktionierten (!!) in der auch von ihnen bisher vorgetragenen Weise."
Damit habe der Geschäftsführer von E nunmehr das glatte Gegenteil von dem behauptet, was E im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 26. November 2009 vorgetragen habe. In Anbetracht dessen könne sie selbst, da sie nicht in der Lage sei, die angegriffene Ausführungsform zu untersuchen, eine von der Klägerin behauptete Funktionalität des angegriffenen Produktes nur mit Nichtwissen bestreiten. Sollten bei der angegriffenen Ausführungsform, wie von E im Verhandlungstermin vor dem Landgericht vorgetragen, die goldmarkierten Sondenantikörper an die €-Kette von hCG binden, seien die die "Spezifität" betreffenden Anspruchsmerkmale auch nach der durch das Landgericht vorgenommenen Interpretationen des Patentanspruchs nicht verwirklicht. Dementsprechend habe das Landgericht in dem das EP 560 AAC betreffenden Parallelverfahren gegen E (4b O 399/04, nunmehr OLG Düsseldorf, Az.: I-2 U 30/10) auch eine Verletzung des dortigen Klagepatents verneint.
Abgesehen davon habe das Landgericht den Begriff "spezifisch" aber auch falsch ausgelegt.
Des Weiteren stünde der Klägerin selbst dann, wenn die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletze, jedenfalls für die Zeit seit der Nichtigerklärung des Klagepatents durch das Bundespatentgericht am 7. Juni 2005 bis zum Ablauf der Schutzdauer am 26. April 2008 kein Anspruch auf Schadenersatz zu, weil ihr für die Zeit ab der erstinstanzlichen Vernichtung des Klagepatents kein Verschulden vorgeworfen werden könne.
Die Klägerin tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen. Sie bestreitet, dass die Beklagte nicht hätte überprüfen können, welche Eigenschaften das von ihr vertriebene Produkt aufweist. Soweit sich die Beklagte auf den Vortrag von E im Parallelverfahren beziehe, spiele dieser im vorliegenden Verfahren keine Rolle. Insbesondere könne die Beklagte den Sachvortrag im hiesigen Verfahren nicht plötzlich unter Verweis auf den Vortrag einer anderen Partei in einem anderen Verfahren mit Nichtwissen bestreiten.
Im Übrigen liege sowohl unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten als auch unter Zugrundelegung der nunmehr von E behaupteten Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform eine Patentverletzung vor. Das Landgericht habe den Begriff "spezifisch" zutreffend ausgelegt und davon ausgehend eine Verletzung des Klagepatents zu Recht bejaht. Selbst wenn der goldmarkierte Sondenantikörper - wie nunmehr behauptet - an die €-Kette von hCG binde, sei die technische Lehre des Klagepatents verwirklicht. Der Maßstab für die Erfüllung des Merkmals "spezifisch" sei nicht das Ausmaß der Spezifität in Bezug auf einen isoliert betrachteten Antikörper, sondern die Spezifität der immunologischen "Gesamtreaktion", bei der es durch mehrere nacheinander ablaufende immunologische Bindungsvorgänge zur Ausbildung eines "Sandwichkomplexes" in der Nachweiszone komme. Der Fachmann werde daher den Begriff "spezifisch" dahingehend verstehen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der immunologischen Bindungsvorgänge innerhalb des Testgerätes die Spezifität der einzelnen Bindungsvorgänge so einzustellen sei, dass im Ergebnis ein spezifischer Nachweis des Analyten erfolge. Vor diesem Hintergrund sei klar, dass auch eine Testvorrichtung, in der sowohl das markierte als auch das immobilisierte Bindungsreagenz anti-€-hCG sei, von der Lehre des Klagepatents Gebrauch mache, solange durch das Zusammenwirken der Bindungsreagenzien in der Testvorrichtung im Sinne der funktionsorientierten Auslegung ein spezifischer Nachweis des Analyten in einer Probe gewährleistet werde.
Auf ein fehlendes Verschulden könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.
Sie - die Klägerin - sei parteifähig. Sie sei nach schweizerischem Recht rechtsfähig. Ihr tatsächlicher Verwaltungssitz befinde sich in der Schweiz.
Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 19. Juli 2011 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Prof. Dr. rer. nat. I. Der gerichtliche Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2015 erläutert und ergänzt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten von Prof. Dr. I vom 22. Mai 2014 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12. November 2015 verwiesen.
Die Akten der beim Senat gegen die Beklagte anhängigen Parallelverfahren I-2 U 25/10 und I-2 U 34/10, die Akten der beim Senat gegen E anhängigen Verfahren I-2 U 29/10, I-2 U 30/10 und I-2 U 31/10 sowie die Akten der beim Senat gegen F anhängigen Verfahren I-2 U 53/04, I-2 U 54/04 und I-2 U 87/04 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Beklagte hat mit ihrem unter der Bezeichnung "D Diagnostik" in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen und vertriebenen Schwangerschaftsfrühtestgerät von der technischen Lehre des Klagepatents, auch in dem mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 4. November 2008 aufrecht erhaltenen Umfang, wortsinngemäß Gebrauch gemacht. Der Klägerin, die insgesamt aktivlegitimiert ist, stehen deshalb im tenorierten Umfang die noch geltend gemachten Ansprüche auf Schadenersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung zu (Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 9 Nr. 1, 139 Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB).
1.
Die Berufung ist zulässig.
Dem steht die durch die Beklagte behauptete fehlende Parteifähigkeit der Klägerin nicht entgegen. Unabhängig davon, ob die Klägerin tatsächlich parteifähig ist, führt selbst eine mangelnde Parteifähigkeit nicht zur Unzulässigkeit der von ihr eingelegten Berufung gegen das landgerichtliche Urteil (BGH, Beschl. v. 31.05.2010,Az.: II ZB 9/09 = NJW 2010, 3100).
Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigkeit jeder an einem Rechtsstreit beteiligten Partei ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in den Rechtsmittelinstanzen, von Amts wegen zu prüfen ist (§ 56 Abs. 1 ZPO) und ohne die ein Sachurteil nicht ergehen darf (BGHZ 159, 94, 98; 134, 116, 118). Legt eine parteiunfähige Partei gegen ein vorinstanzlich ergangenes Sachurteil Rechtsmittel ein, stellt sich für das Rechtsmittelgericht die Frage der Parteifähigkeit gleichviel, ob der Rechtsmittelführer seine Parteiunfähigkeit geltend macht oder eine andere für ihn günstigere Sachentscheidung erstrebt. Dem mit dem Rechtsmittel verfolgten Rechtsschutzziel kommt insoweit keine Bedeutung zu, weil die Parteifähigkeit als Prozessvoraussetzung der Parteidisposition entzogen ist, die rechtsmittelführende Partei mithin den Erlass eines Sachurteils nicht mit rechtlicher Bindungswirkung hinnehmen kann. Ergeben sich in der Rechtsmittelinstanz Zweifel an der Parteifähigkeit, ist die Partei nach den allgemein anerkannten Grundsätzen für die Klärung der Zweifel als parteifähig zu behandeln, was die Zulässigkeit des Rechtsmittels zur Folge hat. Die Zuordnung der Entscheidung über die Parteifähigkeit zur Begründetheit des Rechtsmittels trägt dem Charakter der Parteifähigkeit als für den gesamten Rechtsstreit bedeutsamen Sachurteilsvoraussetzung Rechnung und eröffnet einen prozessual einfachen Weg zur Korrektur des in der Vorinstanz fehlerhaft ergangenen Sachurteils. Hierfür besteht auch dann ein Bedürfnis, wenn das Sachurteil für und gegen eine nicht existente Partei ergeht und deshalb keine Rechtswirkungen entfaltet. Aus diesem Grund ist anerkannt, dass auch solche wirkungslosen Urteile durch Rechtsmittel beseitigt werden können (BGH, WM 1994, 1212, 1213; OLG Hamburg, MDR 1976, 845; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., vor § 50 Rz. 11 und § 56 Rz. 14; MünchKommZPO/Lindacher, 4. Aufl., § 50 Rz. 6).
Im Übrigen ist die Klägerin - wie sogleich noch ausgeführt wird - auch parteifähig.
2.
Die Klage ist zulässig.
a)
Klägerin ist nach wie vor diejenige Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach schweizerischem Recht, die ursprünglich unter der Firma "B GmbH" im Handelsregister eingetragen war. Mit der Änderung in "J GmbH" hat sie nur ihren Namen geändert, ohne dass an ihre Stelle eine andere Rechtspersönlichkeit getreten ist. Der von der Klägerin vorgelegte Handelsregisterauszug (Anlage LS 48) gibt die neue und die bisherige Firma der Klägerin und darüber hinaus dieselbe Firmennummer an, unter der auch die B GmbH im Handelsregister geführt worden ist. Hinweise auf eine Änderung der Rechtsperson finden sich nicht. Es gibt auch keine anderen Anzeichen dafür, dass die Klägerin als Rechtspersönlichkeit nicht (mehr) existiert. Im Handelsregisterauszug (vgl. Anlage LS 48) werden an verschiedenen Stellen Statuten, die Konzernmutter als Gesellschafterin, ehemalige Gesellschafter und die Gesellschaftszwecke erwähnt; dies alles setzt voraus, dass die Gesellschaft als solche errichtet worden ist und noch besteht, solange ihre Auflösung nicht im Handelsregister vermerkt ist. Überdies hat die Klägerin als Anlage LS 50 u.a. Steuerrechnungen des Kantons Zug vorgelegt, die voraussetzen, dass sie als Rechtssubjekt und Gesellschaft des Schweizer Kantons Zug registriert ist. Auch die Patentbehörden sind von der Existenz der Klägerin als Rechtsperson ausgegangen, anderenfalls hätten sie das Klageschutzrecht nicht im Patentregister auf sie umgeschrieben. Dass sich - wovon der Senat in seinem Zwischenurteil vom 20. Dezember 2012, mit dem er der Klägerin die Leistung einer Prozesskostensicherheit aufgegeben hat - an der im Handelsregister angegebenen Adresse weder der Verwaltungssitz der Klägerin noch eine zustellungsfähige Anschrift befinden mag, zwingt nicht zu dem Schluss, dass das Handelsregister dann auch den Status der Klägerin als existierende Rechtspersönlichkeit nicht belegt. Konkrete Umstände, aus denen das gefolgert werden müsste, legen auch die Beklagten nicht dar. Davon, dass die Klägerin auch heute noch im Handelsregister eingetragen ist, hat sich der Senat im Übrigen durch einen Blick in das elektronische Handelsregister des Kantons Zug überzeugt. Dies bestätigt im Übrigen auch der vom Klägervertreter im letzten Verhandlungstermin vorgelegte Handelsregisterauszug.
b)
Die Klägerin ist parteifähig.
(a)
Die Parteifähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Verfahrenslage, auch in der Berufungsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist (§ 56 Abs. 1 ZPO) und ohne die ein Sachurteil nicht ergehen darf (BGH, NJW 1997, 557, 568).
(b)Die Parteifähigkeit beurteilt sich nach der lex fori, also nach deutschem Prozessrecht. Gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist.
(c)
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH nach schweizerischem Recht, die im Handelsregister des Kantons Zug eingetragen ist.
(d)
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer in der Schweiz gegründeten Gesellschaft sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem Recht des Ortes zu beurteilen, an dem die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat (BGH, NJW 2009, 289 - Trabrennbahn; NJW-RR 2010, 1364; Bamberger/Roth, BeckOK EGBGB, Art. 12 Rz. 58). Es gilt insoweit also weiterhin die sog. Sitztheorie, der das deutsche IPR im Grundsatz folgt. Nach ihr beurteilt sich der Sitz einer juristischen Person nach dem Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes (BGH, NJW 1986, 2194, 2195; NJW 2009, 289, 290; NJW-RR 2010, 1364). Maßgebend dafür ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGH, NJW 1986, 2194, 2195; NJW 2009, 1610, 1611; NJW-RR 2010, 1364).
(e)
Im Streitfall liegt dieser Ort entweder in der Schweiz, wo der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. K, wohn- und geschäftsansässig ist, oder er liegt in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo die Muttergesellschaft der Klägerin geschäftsansässig ist. Ein in Betracht kommender dritter Ort ist weder dargetan noch ersichtlich. Ob die Klägerin ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Schweiz oder in den Vereinigten Staaten von Amerika hat, kann hier allerdings offen bleiben.
Hat die Klägerin nicht nur ihren statuarischen Sitz, sondern auch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Schweiz, sind die Rechts- und Parteifähigkeit der in der Schweiz gegründeten Klägerin nach schweizerischem Recht zu beurteilen.
Liegt der effektive Verwaltungssitz der Klägerin in den USA, ist das Ergebnis kein anderes. In diesem Fall ist gemäß der Sitztheorie das US-amerikanische Recht für die Beurteilung der Rechts- und Parteifähigkeit der Klägerin maßgeblich. Wegen des Grundsatzes der Gesamtverweisung, Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, ist zunächst das US-amerikanische internationale Privatrecht anzuwenden. Dieses folgt der Gründungstheorie. Denn die USA folgt der - im angloamerikanischen Rechtskreis vorherrschenden - Gründungstheorie (MünchKommBGB/Kindler, 6. Aufl., IntGesR,Rz. 360 und 510 m. w. Nachw.), wobei das Gründungs-Konzept auch im autonomen Kollisionsrecht der US-Bundesstaaten gilt (Bamberger/Roth, BeckOK EGBGB, Art. 12 Rz. 45). Das US-amerikanische Kollisionsrecht nimmt daher den Verweis nicht an, sondern verweist seinerseits weiter auf das Gründungsrecht der Schweiz. Die Schweiz folgt im Grundsatz der Gründungstheorie (Bamberger/Roth, a.a.O., Art. 12 Rz. 58a; MünchKommBGB/Kindler, a.a.O., Rz. 510 m. w. Nachw.). Denn gemä€ 154 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) unterstehen Gesellschaften dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebenen Publizitäts- oder Registervorschriften dieses Rechts erfüllen oder, falls solche Vorschriften nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt, NJW 1990, 2204, 2205). Da somit auch die Schweiz der Gründungstheorie folgt, nimmt das dortige Recht den Verweis an. Damit ist diese Weiterverweisung auch für das deutsche internationale Privatrecht verbindlich. Rück- oder Weiterverweisungen des aus deutscher Sicht berufenen ausländischen Rechts sind im Bereich der Sitztheorie nach herrschender Meinung, der der Senat folgt, gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu beachten (vgl. BGH, NJW 2004, 3706, 3707; NVwZ-RR 2006, 28, 29; NZG 2010, 909, 911; OLG Frankfurt, NJW 1990, 2204, 2205; OLG Hamm, NJW 2001, 2183; OLG Hamburg, BeckRS 2007, 07023; MünchKommBGB/Kindler, a.a.O., Rz. 507; Palandt/Thorn, 74. Aufl., Anh. zu Art. 12 EGBGB Rz. 12; Bamberger/Roth, a.a.O., Art. 12 Rz. 51). Das gilt auch und gerade dann, wenn sich der Verwaltungssitz außerhalb des Gründungsstaates befindet und der Staat des Verwaltungssitzes seinerseits an das Gründungsrecht anknüpft (Bamberger/Roth, a.a.O., Art. 12 Rz. 51; MünchKommBGB/Kindler, a.a.O., Rz. 507; vgl. auch MünchKommZPO/Lindacher,4. Aufl., § 50 Rz. 61). Somit richtet sich die Rechtsfähigkeit der Klägerin in jedem Fall nach schweizerischem Recht.
Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, dass die Rechtsfähigkeit der Klägerin nach dem Recht der Schweiz gegeben ist. Bei der Klägerin handelt es sich um eine nach schweizerischem Recht als GmbH gegründete Gesellschaft, die nach dem Recht der Schweiz organisiert ist. Die Statuten der Klägerin vom 10. Dezember 2001, wonach die Klägerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der Art. 772 ff. des schweizerischen Obligationenrechts besteht, hat die Klägerin in dem Parallelverfahren I-2 U 87/04 als Anlage LS-C 32 vorgelegt. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin sei nur eine Briefkastenfirma und ihr in der Schweiz ansässiger Geschäftsführer, Herr Dr. K, sei nur aus formalen Gründen als Geschäftsführer bestellt worden, greift nicht durch. Die Klägerin ist nach schweizerischem Recht wirksam gegründet, hat ihren satzungsmäßigen Sitz in der Schweiz und ist dort rechtsfähig (vgl. auch OLG Hamm, ZIP 2006, 1822, 1823 = BeckRS 2006, 09857). Dafür, dass die Klägerin sich zwischenzeitlich einem anderen Recht unterstellt hat, ist nichts dargetan und auch nichts ersichtlich. Es gibt - wie ausgeführt - auch keine Anzeichen dafür, dass die Klägerin als Rechtspersönlichkeit nicht (mehr) existiert.
3.
Die (verbliebene) Klage ist auch begründet. Mit dem angegriffenen Schwangerschaftstest "D Diagnostik" hat die Beklagte von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch gemacht.
a)
Das Klagepatent betrifft Assays, insbesondere Immunoassays und analytische Testgeräte dafür. Es umfasst analytische Schwangerschaftstestgeräte, die zur Verwendung zuhause, in der Klinik oder in der Arztpraxis geeignet sind und in kurzer Zeit ein Analyseergebnis liefern sollen, wobei nur ein Minimum an Geschicklichkeit und Aufwand seitens der Benutzerinnen gefordert wird (vgl. DE 38 87 AAB T3, Abs. [0002]).
Bei Immunoassays handelt es sich um bioanalytische Verfahren, welche sich die spezifische Bindungsfähigkeit von Liganden und Liganden-Bindungspartnern (auch: spezifische Bindungspaare), insbesondere die von Antikörpern und Antigenen, zunutze machen, um das Vorhandensein von Analyten in flüssigen Proben feststellen zu können. Zum Nachweis der oft nicht direkt sichtbaren Bindungsreaktionen wurden im Stand der Technik Verfahren zur indirekten Beobachtung eingesetzt, die die Markierung eines der Glieder des spezifischen Bindungspaares mit einem Radioisotop, einem Chromophor, einem Fluorophor oder die eine enzymatische Markierung vorsahen. Radiomarkierungen, Chromophore bzw. Fluorophore können mittels Strahlungsdetektoren, Spektrophotometern oder mit dem bloßen Auge nachgewiesen werden; bei Enzymmarkierungen wird ein nachweisbares Signal durch die Aktivierung einer Verbindung wie etwa eines Farbstoffs im Rahmen eines Reaktionssystems erzeugt (vgl. BGH, Urt. v. 04.11.2008 - X ZR 154/05 [nachfolgend: NU], S. 11, Rz. 9).
Ursprünglich in Vorrichtungen wie Reagenzgläsern mittels Zentrifugierung und Ausfällung durchgeführt (so genannte Flüssigphasenassays), ist der Beschreibung des Klagepatents zufolge bei spezifischen Bindungsassays wie Immunoassays auch die Verwendung von mit Reagenzien imprägnierten Teststreifen vorgeschlagen worden (so genannte Festphasenassays). Dabei bewegt sich die auf einen Teil des Teststreifens aufgetragene Probe mit Hilfe eines eluierenden Lösungsmittels, wie Wasser, durch das Material des Teststreifens in oder durch eine dort vorgesehene Nachweiszone, in der ein für die in der Probe vermutete Nachweissubstanz spezifisches Bindungsreagenz immobilisiert ist, um die Nachweissubstanz gegebenenfalls zu binden. Das Maß dieser Bindung kann mit markierten Reagenzien bestimmt werden, die ebenfalls im Teststreifen enthalten sind oder anschließend darauf aufgebracht werden (vgl. DE 38 87 AAB T3, Abs. [0004]; BGH, NU, Seite 12 erster Abs., Rz. 10). Der Klagepatentschrift zufolge erfordern alle kommerziell erhältlichen Geräte die Durchführung einer Reihe von aufeinander folgenden Arbeitsschritten, bevor das Testergebnis ablesbar ist, was notwendigerweise Zeit erfordere und Fehlerquellen einführe (vgl. DE 38 87 AAB T3, Abs. [0002]; BGH, NU, Seite 12 erster Abs., Rz. 10).
Als Aufgabe der Erfindung bezeichnet die Klagepatentschrift die Anpassung und Verbesserung der bekannten Techniken zur Bereitstellung diagnostischer Testgeräte insbesondere für den privaten Gebrauch, die auch von einer ungeübten Person schnell und bequem zu handhaben sind, vom Benutzer möglichst wenige Arbeitsschritte erfordern und bei denen das Analyseergebnis innerhalb von Minuten nach dem Probenauftrag - beispielsweise Urin im Fall eines Schwangerschafts- oderOvulationstests - vorliegt (vgl. DE 38 87 AAB T3, Abs. [0003] und [0005]; vgl. a. BGH, NU, Seite 12 zweiter Abs., Rz. 11).
Dazu schlägt Anspruchs 1 des Klagepatents in der Fassung des Nichtigkeitsurteils des Bundesgerichtshofs vom 4. November 2008 ein analytisches Testgerät mit folgenden Merkmalen vor:
(1) Analytisches Testgerät, welches umfasst:
(a) einen trockenen porösen Träger (10),
(b) ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für einen Analyten (Nachweissubstanz),
(c) ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz und
(d) ein hohles Gehäuse (30).
(2) Der Markierungsstoff ist ein Direktmarkierungsstoff in Form eines Farbsols, Goldsols oder gefärbter Latexteilchen.
(3) Das unmarkierte Reagenz ist auf dem porösen Träger (10) in einer Nachweiszone (14) permanent immobilisiert und daher in feuchtem Zustand nicht beweglich.
(4) Das markierte Bindungsreagenz
(a) ist in einer ersten Zone (12) des trockenen porösen Trägers (10) enthalten und
(b) befindet sich in trockenem Zustand in einer Zone (12) stromaufwärts von der Nachweiszone (14).
(5) Die Nachweiszone (14) ist von der ersten Zone (12) räumlich getrennt.
(6) Die beiden Zonen (12, 14) sind derart angeordnet, dass eine auf den porösen Träger (10) aufgebrachte Flüssigkeitsprobe über die erste Zone (12) in die Nachweiszone (14) dringen kann.
(7) Das markierte spezifische Bindungsreagenz ist innerhalb des porösen Trägers (10) in feuchtem Zustand frei beweglich, so dass die Flüssigkeitsprobe, die dem Testgerät zugeführt wird, das markierte Reagenz aufnehmen und danach in die Nachweiszone (14) eindringen kann.
(8) Der poröse Träger (10) und das markierte spezifische Bindungsreagenz sind innerhalb des hohlen Gehäuses (30) enthalten.
(9) Das Gehäuse (30)
(a) ist aus feuchtigkeitsundurchlässigem festen Material aufgebaut und
(b) beinhaltet Mittel (32) zum Festhalten des Ausmaßes (sofern gegeben), bis zu dem das markierte Reagenz in der Nachweiszone (14) gebunden ist.
(10) Der poröse Träger (10)
(a) steht direkt oder indirekt mit dem Äußeren des Gehäuses (30) derart in Verbindung, dass eine flüssige Testprobe auf den porösen Träger (10) aufgebracht werden kann,
(b) umfasst einen Streifen oder eine Folie von porösem Material.
Angesichts des Streits der Parteien bedürfen der Begriff "spezifisches Bindungsreagens" sowie die das "Gehäuse" und den "porösen Träger" betreffenden Merkmale näherer Erläuterung.
(a)
Was die Forderung nach einem für den Analyten "spezifischen Bindungsreagenz" (Merkmale (1) (b), (1) (c), (7) und (8)) anbelangt, kommt es - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht entscheidend darauf an, was der Fachmann allgemein unter einem "spezifischen" Bindungsreagenz versteht. Selbst wenn insoweit ein bestimmter Begriffsinhalt feststellbar sein sollte, was dahinstehen kann, ist dieser hier nicht ausschlaggebend. Handelt es sich nämlich bei dem auslegungsbedürftigen Begriff (hier: "spezifisch") um einen Ausdruck, der in dem betreffenden Fachgebiet gebräuchlich und mit einem bestimmten Inhalt versehen ist, so darf nicht unbesehen dieser nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gegebene Inhalt zugrunde gelegt werden. Denn es ist stets die Möglichkeit in Rechnung zu stellen, dass das Patent den Ausdruck gerade nicht in diesem geläufigen, sondern in einem davon abweichenden (z.B. weitergehenden oder engeren) Sinne verwendet. Die Merkmale eines Patentanspruchs dürfen deswegen nicht anhand der Definition in Fachbüchern, sondern sie müssen aus der Patentschrift selbst ausgelegt werden. Die Patentschrift bildet gewissermaßen ihr eigenes Lexikon; maßgeblich ist nur der sich aus der Patentschrift ersichtliche Begriffsinhalt. Dieser methodische Ansatz kann sowohl zu einem weiteren Begriffsinhalt führen, als ihn eine dem allgemeinen Sprachgebrauch folgende Betrachtung ergeben würde. Er kann, weil der übliche Wortsinn nicht den Mindestinhalt eines Merkmals vorgibt, aber ebenso zu einem engeren Verständnis führen. Unter Heranziehung des Beschreibungstextes ist deshalb in jedem Fall eine Auslegung vorzunehmen. Sie hat nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ vom Inhalt der Patentansprüche auszugehen, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Die Auslegung der Patentansprüche dient dabei nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung (vgl. BGHZ 98, 12, 18 f. = GRUR 1986, 803 - Formstein; BGHZ 105, 1, 10 = GRUR 1988, 896 - Ionenanalyse; BGHZ 125, 303, 309 = GRUR 1994, 597 - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; BGH, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung; GRUR 2002, 515, 516 f. - Schneidmesser I; GRUR 2002, 519, 521 - Schneidmesser II; GRUR 2002, 527, 528 f. - Custodiol II).
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, entnimmt der Durchschnittsfachmann vorliegend der Klagepatentbeschreibung, dass es eine bevorzugte Ausführungsvariante der Erfindung darstellt, als markiertes Reagenz einen "hochspezifischen Anti-(hCG, TSH, LH)-Antikörper" und als immobilisiertes Bindungsreagenz einen "hochspezifischen unmarkierten Anti-(hCG, TSH, LH)-Antikörper" zu verwenden. In Absatz [0027] der deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift (DE 38 87 AAB T3) heißt es nämlich (Hervorhebungen hinzugefügt):
"Das immobilisierte spezifische Bindungsreagenz in der zweiten Zone ist bevorzugt ein hochspezifischer Antikörper, insbesondere ein monoklonaler Antikörper. In der die Sandwich-Reaktion beinhaltenden Ausführungsform der Erfindung ist das markierte Reagenz auch vorzugsweise ein hochspezifischer Antikörper, und insbesondere ein monoklonaler Antikörper."
Dass diese Begriffsbildung für Schwangerschaftstests nicht gelten soll, vermag auch der Senat der Klagepatentschrift nicht zu entnehmen. Insbesondere gibt die Beschreibungsstelle in Absatz [0019] der deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift hierfür nichts her.
Der Klagepatentschrift ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht zu entnehmen, dass sich die Angabe "hochspezifisch" auf eine "Ensemble-Ebene" bezieht und ein "Ensemble von Antikörpern mit besonders geringem Anteil an fehlerhaften Einzelmolekülen" bezeichnet. Für eine entsprechende Interpretation des Begriffes findet sich in der Patentbeschreibung nicht der geringste Anhalt.
Zwar enthält der poröse Träger des in Absatz [0027] beschriebenen Schwangerschaftstestgerätes sowohl in der ersten Zone als auch in der Nachweiszone einen "hochspezifischen AntihCG-Antikörper". Besagter Beschreibungsstelle lässt sich aber nicht entnehmen, dass bei der Umsetzung der patentierten Lehre in Form eines Schwangerschaftstestgerätes zwingend sowohl in der ersten Zone als auch in der zweiten Zone ein "hochspezifischer" AntihCG-Antikörper enthalten sein muss. Vielmehr lässt sich die Textstelle mit dem Landgericht zwanglos dahin begreifen, dass nicht nur die Umsetzung der patentierten Lehre in Form eines Schwangerschaftstestgerätes als solche eine bevorzugte Variante der Erfindung darstellt, sondern dass es gleichermaßen bevorzugt (und damit keinesfalls zwingend) ist, hierbei hochspezifische AntihCG-Antikörper zu verwenden.
Wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, wird der Fachmann bei Lektüre der Klagepatentschrift aufgrund seines allgemeinen Fachwissens zur Antigen-Antikörper-Reaktion annehmen, dass der in der Klagepatentbeschreibung verwendete Begriff eines "hochspezifischen Antikörpers" eine ganz spezielle Ausführungsform der Erfindung betrifft, nämlich diejenige, bei der der als Markierungsreagenz oder Fängersubstanz eingesetzte Antikörper eine besonders ausgeprägte Spezifität für die in Rede stehende Nachweissubstanz besitzt, indem der Antikörper (praktisch) nur an den nachzuweisenden Analyten, aber an kein anderes Antigen binden kann. Bereits anhand der der Klagepatentschrift eigenen Begrifflichkeit "hochspezifischer Antikörper" wird ihm deutlich, dass die von Patentanspruch 1 vorausgesetzte "Spezifität für den Analyten" ein Weniger beinhaltet und nicht dahin verstanden werden kann, dass als "spezifisch" nur ein solcher Antikörper anzusehen ist, der praktisch ausschließlich an die eine bestimmte Nachweissubstanz (z.B. hCG) binden kann.
Auch aus technischer Sicht hat der Fachmann keine Veranlassung, das Wort "spezifisch" im Sinne von "hochspezifisch" zu verstehen. Der Fachmann erkennt, dass es für die Erfindung wesentlich ist, zunächst in einer ersten Zone einen markierten Antikörper vorzusehen, der eine Bindungsreaktion mit dem zu detektierenden Analyten (z.B. hCG) eingehen kann. Die Hormone hCG, LH, FSH und TSH bestehen jeweils aus zwei Polypeptid-Ketten, einer so genannten €-Kette und einer so genannten ß-Kette. Die €-Ketten der Hormone sind identisch. Auf die Strukturhomologie zwischen den €-Untereinheiten von hCG und LH wird auch in der Klagepatentschrift hingewiesen (DE 38 87 AAB T3, Abs. [0092]). Demgegenüber ist die ß-Kette des Schwangerschaftshormons hCG nur bei hCG, nicht jedoch bei den anderen, im Test-Urin vorkommenden Hormonen LH, FSH, TSH vorhanden. Vor diesem Hintergrund ist dem Fachmann klar, dass sich bei einem Schwangerschaftstest in besonderer Weise ein Epitop auf der ß-Kette des hCG-Hormons eignet und anbietet. Verwendet der Fachmann einen solchen (hoch-)spezifischen Antikörper, kann er deshalb sicher sein, dass praktisch ausschließlich hCG-Hormone eingefärbt werden. Um diese in der Testanordnung sichtbar zu machen, sieht die Erfindung vor, in der stromabwärts gelegenen zweiten Zone, der so genannten Nachweiszone (Detektionszone), einen weiteren Antikörper als "Fänger" zu immobilisieren, der spezifisch für den betreffenden Analyten (z.B. hCG) ist. Sinn dieser Anweisung ist es, eine Antigen-Antikörper-Reaktion herbeizuführen, in der sich das (zuvor eingefärbte) Hormon an den in der Nachweiszone permanent immobilisierten Antikörper anlagert, infolgedessen in der Nachweiszone fixiert wird und durch die dort eintretende Färbung das Vorhandensein des Hormons anzeigt. Vergegenwärtigt sich der Fachmann diesen erfindungsgemäßen Ablauf, erkennt er, dass als Antikörper in der Nachweiszone prinzipiell jedes Reagenz in Betracht kommt, welches das zuvor eingefärbte Hormon binden und damit fixieren kann. Die Möglichkeit zur Bindung und Fixierung besteht dabei gleichermaßen im Hinblick auf die hochspezifischen ß-Ketten-Epitope wie auch im Hinblick auf die bei anderen Substanzen im Test-Urin identisch vorkommende €-Kette der Hormone. Vorausgesetzt ist lediglich, dass der als "Fänger" eingesetzte Antikörper eine Spezifität für ein anderes Epitop der Nachweissubstanz besitzt als dasjenige, welches bereits für das markierte Bindungsreagenz "verbraucht" ist. Demgemäß wird in der Patentbeschreibung auch betont, dass die beiden Bindungsreagenzien Spezifitäten für unterschiedliche Epitope auf der Nachweissubstanz haben müssen (vgl. DE 38 87 AAB T3, Abs. [0012] und [0043]). Entgegen der von der Beklagten in diesem Zusammenhang geäußerten Auffassung geht hierbei aus der Beschreibungsstelle in Abs. [0012] der Patentbeschreibung nicht hervor, dass es sich zwingend jeweils um eine Spezifität für ein Epitop auf der ß-Kette handeln muss.
Entscheidet sich der Fachmann für einen Antikörper in der Nachweiszone, der räumlich komplementär zur €-Kette ist (z.B. Anti-€-hCG-Antikörper), so besteht lediglich das Problem, dass die betreffenden Antikörper von anderen Hormonen im Test-Urin mit identischer €-Kette (z.B. LH, FSH, TSH) blockiert werden können. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wird der Fachmann hieraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass ein für die €-Kette des Hormons spezifischer Antikörper(z.B. Anti-€-hCG-Antikörper) für die Zwecke der Erfindung nicht geeignet ist. Aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ist der Fachmann sich vielmehr darüber im Klaren, dass er z.B. durch einen hinreichenden Überschuss an Antikörpern in der Nachweiszone dafür sorgen kann, dass trotz des Vorhandenseins von LH, FSH und TSH ausreichend Bindungspartner für hCG verbleiben. Hierdurch lässt sich bei einer Konstellation, bei der eine Schwangerschaft gegeben ist, hCG und LH im Test-Urin enthalten sind und sich Anti-ß-hCG-Antikörper in der ersten sowie Anti-€-hCG-Antikörper in der zweiten Zone finden, verhindern, dass ein falsches Negativergebnis angezeigt wird. Weshalb dies nicht zutreffen sollte, zeigt die Beklagte nicht auf.
Umgekehrt gilt - für den Fachmann erkennbar - dasselbe. Wird in der ersten Zone ein markierter Antikörper (z.B. Anti-€-hCG-Antikörper) verwendet, der nicht nur an die fragliche Nachweissubstanz (z.B. hCG), sondern auch an andere Substanzen(z.B. LH, FSH) binden kann, so ist zwar voraussehbar, dass nicht allein der nachzuweisende Analyt (hCG) eingefärbt wird, sondern gleichermaßen die mit derselben, räumlich komplementären €-Kette versehenen Hormone LH, FSH und TSH. Die vorhandene Spezifität reicht jedoch für die Zwecke der Erfindung aus, wenn in der Nachweiszone ein hochspezifischer Antikörper (z.B. Anti-ß-hCG-Antikörper) verwandt wird, der praktisch ausschließlich die Nachweissubstanz (z.B. hCG) einfangen kann, die übrigen, ebenfalls eingefärbten Substanzen (z.B. LH, FSH) hingegen nicht. Auch in diesem Fall ist nämlich gewährleistet, dass es in der Nachweiszone nur dann zu einem Farbsignal kommen kann, wenn in der Probe diejenige Substanz (z.B. hCG) vorhanden ist, deren Nachweis der Test dienen soll.
Der Inhalt des Begriffs "spezifisch" lässt sich bei dem dargelegten Verständnis zwar nicht einheitlich bestimmen. Er hängt vielmehr maßgeblich davon ab, welchen Grad an Spezifität der Antikörper in der jeweils anderen Zone besitzt (Wechselwirkung). Wird in der ersten Zone (Reaktionszone) ein hochspezifischer markierter Antikörper verwendet, so verlangt die Spezifität des in der Nachweiszone immobilisierten Antikörpers lediglich, dass er auch, wenn auch nicht ausschließlich, an die Nachweissubstanz binden kann. Umgekehrt gilt dasselbe. Wird die Nachweiszone mit einem für die Nachweissubstanz hochspezifischen Antikörper versehen, genügt für die erste Zone (Reaktionszone) eine Spezifität in dem Sinne, dass der markierte Antikörper auch, wenn auch nicht ausschließlich, an die Nachweissubstanz binden kann. Eine derartige - wechselwirkende - Interpretation des Begriffs "spezifisch" ist mit dem Landgericht aber als ohne weiteres möglich anzusehen.
Für die Richtigkeit des vorstehenden Verständnisses spricht, dass die Klagepatentschrift unter der Überschrift "Markierungsstoff/Herstellung der Markierungsstoffe" in Bezug auf die "Goldsolherstellung" (DE 38 87 AAB T3, Abs. [0080]), betreffend die Verwendung "gefärbter Teilchen" (DE 38 87 AAB T3, Abs. [0089] und [0090]) sowie in Bezug auf die Herstellung des "AntihCG-Farbsols" (DE 38 87 AAB T3, Abs. [0091]) ausdrücklich "antialpha-Humanchoriongonadotropin" als Antikörperpräparat vorschlägt. In den angegebenen Beschreibungsstellen wird die Herstellung eines markierten Bindungsreagenz auf Grundlage des Antikörpers €-hCG, d. h. eines nicht allein für das hCG-Antigen spezifischen Antikörpers beschrieben. Die Beschreibung dieser Herstellungsbeispiele auf Basis eines Antikörpers gegen €-hCG zeigt, dass unter den Begriff des "spezifischen Bindungsreagenz" auch durchaus Antikörper fallen können, welche nicht ausschließlich spezifisch für das hCG-Hormon sind. Dass die beschriebenen Ausführungsformen nicht unter den Patentanspruch fallen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits, dass es einleitend in Absatz [0075] ausdrücklich heißt, dass nachfolgend "als Beispiel" "bestimmte bevorzugte Teststreifenmaterialien, Reagenzien und Verfahren zu ihrer Herstellung beschrieben" werden.
Dementsprechend ist auch die fachkundige Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes in ihrer das - aus derselben Patentfamilie stammende, von der Klägerin im Parallelverfahren I-2 U 34/10 geltend gemachte - europäische Patent 0 560 AAC betreffenden Einspruchsentscheidung im Hinblick auf die entsprechende Beschreibung dieses Patents davon ausgegangen, dass es erfindungsgemäß ausreicht, in der ersten Zone einen Anti-€-Antikörper einzusetzen, wenn in der Nachweiszone ein Anti-ß-Antikörper verwendet wird. Sie hat in der genannten Entscheidung nämlich ausgeführt (vgl. Einspruchsentscheidung, Seite 11 zweiter Abs., Tz. 4.1; Unterstreichungen hinzugefügt):
"Die Beschreibung der Patentschrift (Seite 10, Zeile 33, bis Seite 12, Zeile 36) erläutert ein hCG-Sandwich-Assay. Der Antikörper, der nur für hCG spezifisch ist (d. h. antibeta) ist in der Detektionszone mobilisiert worden. Der andere Antikörper (antialpha, der mit LH, FSH, TSH und hCG reagieren kann) ist mit der partikelförmigen Direktmarkierung markiert worden, um das trockene markierte Reagenz in der Aufbringzone der Testvorrichtung zu bilden. Nach Aufbringen der Probe auf die Testvorrichtung kann das markierte Reagenz mit LH, FSH, TSH und hCG reagieren und die jeweiligen Komplexe bilden. Es ist jedoch nur der markierte Komplex "an hCG gebundener Anti-Alpha-Antikörper" zu einer spezifischen Bindung an die Detektionszone imstande, da der Antikörper in der Detektionszone nur für hCG und nicht für die anderen Hormone spezifisch ist. Somit gibt es nur dann ein Signal der Detektionszone, wenn hCG in der Probe anwesend ist, was in einem spezifischen Bindungsessay für hCG ohne jede kreuzende Aktivitäten mit LH, FSH und/oder TSH resultiert."
Dem ist zu entnehmen, dass das von der Klägerin im Parallelverfahren geltend gemachte EP 0 560 AAC auch nach Auffassung der fachkundigen Einspruchsabteilung nicht verlangt, dass in der ersten Zone und in der zweiten Zone jeweils ein Anti-ß-Antikörper eingesetzt wird, sondern dass es vielmehr ausreicht, wenn in der ersten Zone ein Anti-€-Antikörper und in der Nachweiszone (Detektionszone) ein Anti-ß-Antikörper verwendet wird. Die Stellungnahme der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes ist als (erhebliche) sachverständige Äußerung zu würdigen (vgl. BGH, GRUR 1996, 757, 759 - Zahnkranzfräse; GRUR 1998, 895 - Regenbecken; BGH, GRUR 2010, 950, 951/952 - Walzenformgebungsmaschine). Sie betrifft zwar unmittelbar nur das EP 0 560 AAC. Was die in Rede stehende "Spezifität" anbelangt, unterscheidet sich dieses Patent jedoch nicht vom hiesigen Klagepatent.
Wenn es danach erfindungsgemäß ausreicht, in der ersten Zone einenAnti-€-Antikörper und in der Nachweiszone einen Anti-ß-Antikörper zu verwenden, muss gleiches - womit sich die Einspruchsabteilung nicht befasst hat - auch für die umgekehrte Konstellation (Verwendung eines Anti-ß-Antikörpers in der ersten Zone und Einsatz eines Anti-€-Antikörpers in der Nachweiszone) gelten. Jede andere Auslegung wäre nicht konsistent.
Der Auffassung der Beklagten, das Klagepatent setze in beiden Zonen - in der ersten Zone und in der Nachweiszone - einen hochspezifischen Antikörper (z.B. Anti-ß-hCG-Antikörper) für die Nachweissubstanz (z.B. hCG) voraus, kann auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit von Kreuzreaktionen nicht gefolgt werden. Ein hochspezifischer Antikörper kann in einem gewissen, nicht vermeidbaren Umfang eine Bindung mit anderen Substanzen eingehen, für die er an sich nicht spezifisch ist, weil er zu Kreuzreaktionen mit diesen Substanzen in der Lage ist. Auch ein für ein singuläres ß-Ketten-Epitop des hCG-Hormons spezifischer Antikörper kann deshalb in einzelnen Fällen und unvermeidlich mit in der Testprobe enthaltenem LH, FSH und TSH binden, so dass in der Reaktionszone - trotz Verwendung eines für hCG hochspezifischen Antikörpers - die Hormone LH, FSH und/oder TSH markiert werden können. Liegt keine Schwangerschaft vor und enthält die Probe deshalb kein hCG, kann es infolge dessen trotz Einsatz eines Anti-€-hCG-Antikörpers in der Nachweiszone zu einem falschen positiven Signal kommen, weil das zuvor markierte LH, FSH und/oder TSH in der Nachweiszone gebunden wird. Befindet sich dagegen auch in der Nachweiszone ein für hCG hochspezifischer Antikörper (z.B. Anti-ß-hCG-Antikörper), wird einem solchen falsch positiven Testergebnis zwar entgegengewirkt. Da auch der in der Nachweiszone vorgesehene Anti-ß-hCG-Antikörper Kreuzreaktivität aufweist, kann es allerdings auch in diesem Fall sein, dass das in der ersten Zone gebundene und dadurch markierte LH oder FSH in der Nachweiszone gebunden wird und dadurch - trotz der Verwendung eines Anti-ß-hCG-Antikörper auch in der Nachweiszone - ein falsch positives Ergebnis erzeugt wird. Diese Möglichkeit wird bei der Verwendung eines für hCG hochspezifischen Antikörpers in beiden Zonen nur stark reduziert. Wenn aufgrund der naturgesetzlich gegebenen Kreuzreaktivität aber selbst bei einem hochsensibel eingestellten Test die Gefahr eines positiven Fehlsignals existiert, kann der Fachmann die technische Lehre des Klagepatents sinnvollerweise nur dahin verstehen, dass dieses Risiko aus der Sicht des Klagepatents eben hinzunehmen ist, weil ihm selbst mit der Verwendung eines für hCG hochspezifischen Antikörpers in der Nachweiszone nicht vollständig begegnet werden kann. Für alle anderen Fälle geringerer Sensibilität entsteht die von den Beklagten aufgezeigte Problematik eines positiven Fehlsignals von vornherein nicht, weil die Kreuzreaktivität nur zahlenmäßig selten zu einer falschmarkierenden Bindung mit LH, FSH oder TSH führt und eine derart geringe Menge falschmarkierter LH-, FSH- oder TSH-Hormone bei entsprechend eingestellter Sensibilität des Tests noch nicht zu einem sichtbaren (Fehl-)Signal in der Nachweiszone führt.
Dem vorstehenden Verständnis steht schließlich auch nicht die Entscheidung "Okklusionsvorrichtung" des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 189, 330 = GRUR 2011, 701) entgegen. Denn der Senat interpretiert den Begriff "spezifisch" nicht in verschiedenen Merkmalen des streitgegenständlichen Patentanspruchs unterschiedlich, sondern stellt lediglich eine Beziehung zwischen den einzelnen Merkmalen des Patentanspruchs her. Der erforderliche Grad der Spezifität in der Nachweiszone kann nicht unabhängig vom Grad der Spezifität in der ersten Zone bestimmt werden und umgekehrt. Mithin hat der Senat im Rahmen seiner Auslegung lediglich berücksichtigt, dass die Patentansprüche und der sie erläuternde Beschreibungstext eine zusammengehörige Einheit bilden, die der Durchschnittsfachmann demzufolge als Ganzes so zu interpretieren sucht, dass sich Widersprüche nicht ergeben (BGH, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II; BGHZ 180, 215 = GRUR 2009, 653 - Straßenbaumaschine).
(b)
Soweit das Klagepatent ein "hohles Gehäuse" (Merkmal (1) (d)), welches aus festem flüssigkeitsundurchlässigem Material aufgebaut sein soll (Merkmal (9) (a)), verlangt, genügt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - eine Anordnung, die einerseits einen Innenraum schafft, in welchem der poröse Träger aufgenommen werden kann, und die andererseits (aufgrund ihrer Festigkeit) Gewähr dafür bietet, dass das Gehäuse eine gewisse Schutzfunktion für die in seinem Inneren angeordneten Bauteile erfüllen kann und dem Testgerät eine Ausgestaltung gibt, die seine Handhabung durch den Benutzer erlaubt. Darüber hinausgehende konstruktive Anforderungen stellt das Klagepatent an das Gehäuse nicht. Hinsichtlich dessen konkreter Ausgestaltung und Form macht Patentanspruch 1 keine Vorgaben. Als Gehäuse im Sinne des Klagepatents kommt deshalb jedwedes Gehäuse in Betracht, das den porösen Träger aufnehmen kann, wobei es keine Notwendigkeit ist, dass der poröse Träger lose und auswechselbar im Gehäuse aufgenommen werden muss.
Anspruchsgemäß muss das Gehäuse - wie bereits erwähnt - außerdem aus einem "feuchtigkeitsundurchlässigen Material" aufgebaut sein. Dadurch soll zum einen verhindert werden, dass während der Testdurchführung von außen Störungen eintreten, namentlich dadurch, dass die flüssige Probe in einer solchen Weise in das Testgerät bzw. auf den porösen Träger gelangt, dass die vorgesehenen physikalischen und immunologischen Abläufe nicht stattfinden, also z.B. die flüssige Probe unmittelbar in die Nachweiszone des porösen Trägers gelangt (Gefahr einer Fehlbenetzung). Zum anderen soll - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - durch diese Vorgabe verhindert werden, dass von dem den porösen Träger umgebenden Gehäuse selbst ein Saug- und Kapitaleffekt ausgeht, der die erfindungsgemäßen, auf den Prinzipien des Chromatographie-Verfahrens beruhenden Vorgänge in dem porösen Träger stört oder nachteilig beeinflusst. Vor dem Hintergrund dieser patentgemäßen Funktion ist es ersichtlich ohne Belang, ob das Gehäuse aus einem an sich feuchtigkeitsundurchlässigen Material (z.B. Kunststoff) besteht oder ob die Feuchtigkeitsundurchlässigkeit durch eine Kunststoffbeschichtung oder dergleichen herbeigeführt wird. Für die Zwecke der Erfindung kommt es nur darauf an, dass das Gehäuse die Eigenschaft besitzt, flüssigkeitsundurchlässig zu sein. Unteranspruch 5 beansprucht zwar Schutz für eine besondere Ausgestaltung nach Patentanspruch 1, bei der das Gehäuse aus Kunststoffmaterial geformt ist. Der allgemeiner gefasste Patentanspruch 1 macht jedoch keine dahingehenden Vorgaben. Weil es darum geht, die ordnungsgemäße Durchführung des Tests zu gewährleisten und die Chromatographie-Vorgänge auf dem porösen Träger unbeeinflusst zu lassen, kommt es des Weiteren nur darauf an, dass derjenige Teil des Gehäuses, der bei der Handhabung des Testgerätes mit der flüssigen Probe in Kontakt kommen kann, flüssigkeitsundurchlässig ist.
Dass die Feuchtigkeitsundurchlässigkeit nicht zwingend auf dem Material des Gehäuses beruhen muss, sondern diese auch durch weitere Maßnahmen, wie etwa den Einsatz von Kunststofffolien oder Dichtungen beruhen kann, bestätigt dem Fachmann auch die Patentbeschreibung, in der es in Absatz [0073] u.a. heißt:
"Die durchsichtige Verstärkungsfolie 607 steht in festem Kontakt mit der unteren inneren Oberfläche 608 des Gehäuses 600 und ergibt eine Dichtung gegen die Öffnungen 603 und 604, um den Eintritt von Feuchtigkeit oder Probe in das Gehäuse zu verhindern."
Auch durch solche Maßnahmen, wie etwa eine Kunststoffbeschichtung oder dergleichen, kann ein für sich genommen flüssigkeitsdurchlässiges Material (z.B. Pappe) flüssigkeitsundurchlässig gemacht werden.
(c)Was den "porösen Träger" anbelangt, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass sich der streitgegenständliche Patentanspruch nicht dazu verhält, dass der poröse Träger, der die Reaktions- und die Nachweiszone beherbergen soll, "einteilig" zu sein hat. Von einer "Einteiligkeit" oder "Einstückigkeit" ist im Anspruch nirgends die Rede; dieser lässt vielmehr offen, ob der poröse Träger als einteiliges oder mehrteiliges Bauteil konzipiert wird (vgl. Senat, Urt. v. 29.07.2000 -I-2 U 76/99).
Dass der poröse Träger nicht zwingend einteilig ausgeführt sein muss, ergibt sich für den Fachmann auch aus der Klagepatentbeschreibung, in der es in Absatz [0029]) der deutschen Übersetzung heißt (Unterstreichungen hinzugefügt):
"Falls gewünscht, kann das Gerät gemäß der Erfindung zwei oder mehrere diskrete Körper von porösem Festphasenphasenmaterial, z.B. getrennte Streifen oder Folien, beinhalten, die jeweils bewegliche und immobilisierte Reagenzien tragen. ..."
Dementsprechend hat auch die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes in ihrer Entscheidung vom 4. Juli 2002 (Az.: T 694/01) festgestellt, dass sich das Klagepatent in der Fassung des Einspruchsbeschwerdeverfahrens nicht auf einen einstückigen porösen Träger beschränkt, sondern gleichermaßen mehrteilige Ausführungsformen umfasst. Patentanspruch 1 enthalte keine Angaben darüber, ob der poröse Träger aus einem oder mehreren Teilen bestehe. Keines der Merkmale besage, dass der poröse Träger zwingend einteilig ausgeführt sein müsse. Aus der Patentbeschreibung (siehe oben) gehe vielmehr hervor, dass der Träger in dem hohlen Gehäuse auch aus verschiedenen Teilen bestehen könne, solange die Anordnung ein Eindringen der Flüssigkeit von einem Teil des porösen Trägers in den nächsten zulasse. Der Wortlaut des Anspruchs 1 decke solche unterschiedlichen Ausführungsformen ab (vgl. Einspruchsbeschwerdeentscheidung, S. 25 f.). Wie die Technische Beschwerdekammer in der vorgenannten Entscheidung ferner ausgeführt hat (vgl. Einspruchsbeschwerdeentscheidung, S. 26 f.), lässt sich aus ihrer vorangegangenen Beschwerdeentscheidung nichts Gegenteiliges herleiten. Danach war es für die Zuerkennung erfinderischen Charakters unerheblich, ob der poröse Träger in dem hohlen Gehäuse aus einem oder mehreren miteinander in Verbindung stehenden Teilen besteht.
Dass Merkmal (3) betreffend die Nachweiszone dahin formuliert ist, dass das unmarkierte Reagenz "auf" dem porösen Träger permanent immobilisiert ist, wohingegen es für die erste Zone in Merkmale (4) (a) heißt, dass das markierte Reagenz "in" einer ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten sein soll, rechtfertigt keine andere Bewertung. Die unterschiedliche Wortwahl ("auf"/"in") ist ersichtlich zufällig; sie hat keinen technischen Grund. Beide Merkmale betreffen die Platzierung des jeweiligen Reagenzes. Das unmarkierte Reagenz soll in einer Nachweiszone des porösen Trägers enthalten sein, und zwar so, dass es dort permanent immobilisiert ist, und das markierte Bindungsreagenz soll in einer - von der Nachweiszone räumlich getrennten - ersten Zone des trockenen porösen Trägers enthalten sein, wobei es aber - anders als das unmarkierte Reagenz - in feuchtem Zustand beweglich sein soll. Es geht insoweit einzig und allein um die Platzierung der Reagenzien. Mit der Ausgestaltung des Trägers (Einteiligkeit oder Mehrteiligkeit) haben diese Anweisungen nichts zu tun. Der Fachmann versteht die Merkmale (3) und (4) (a) deshalb so, dass das markierte Reagenz in einer ersten Zone des porösen Trägers und das unmarkierte Reagenz in einer von der ersten Zone räumlich getrennten Nachweiszone des porösen Trägers enthalten sein soll. Dagegen besagen weder das Merkmal (3) noch das Merkmal (4), dass der poröse Träger einteilig ausgeführt sein muss.
Dadurch, dass das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren durch die Aufnahme des Merkmals (10) (b) in den Patentanspruch 1 beschränkt worden ist, hat sich daran, dass das Klagepatent nicht zwingend eine einteilige Ausbildung des porösen Trägers verlangt, prinzipiell nichts geändert. Das neu hinzugekommene Merkmal (10) (b), das die Ausgestaltung des porösen Trägers betrifft, besagt nur, dass der poröse Träger einen Streifen oder eine Folie "umfassen" soll. Das bedeutet nicht, dass der poröse Träger zwingend aus einem einstückigen bzw. einteiligen Streifen bestehen muss. Dabei kann vorliegend mit Blick auf die angegriffene Ausführungsform dahinstehen, ob es angesichts der eher weiten Formulierung des Merkmals ("umfassen") ausreicht, dass der Träger - neben einem weiteren Teil - auch aus einem Streifen oder einer Folie besteht. Jedenfalls schließt es Merkmal (10) (b) nicht aus, den porösen Träger aus zwei oder mehreren Streifen zu konzipieren. Erforderlich ist bei einer solchen Ausgestaltung nur, dass die einzelnen (nämlich jeder) Streifen aus porösem Material bestehen und so zueinander positioniert werden, dass die Flüssigkeitsprobe ihren Weg von der ersten Zone zu der Nachweiszone nehmen kann. Erreicht werden kann dies z.B. dadurch, dass die einzelnen Streifen hintereinander angeordnet sind, wobei sie an ihren zugewandten Enden verbunden sind bzw. sich an ihren Enden berühren. Unter das Merkmal (10) (b) fällt dementsprechend ohne weiteres auch eine Ausgestaltung, bei der auf einem Trägermedium in Gestalt eines Streifens zusätzlich ein als kurzer Streifen oder Streifenstück ausgebildetes Glasfaserkissen angeordnet ist, wenn dieses zusammen mit dem Trägermedium einen porösen Träger bildet, der insgesamt als Teststreifen angesehen werden kann.
Davon, dass das Klagepatent eine einteilige Ausbildung des porösen Trägers nicht verlangt, ist offenbar auch der Bundesgerichtshof in seinem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsurteil ausgegangen. Denn er hat dort hinsichtlich der Zulässigkeit der im Nichtigkeitsverfahren erfolgten Beschränkung von Patentanspruch 1 ausgeführt (NU, S. 16 letzter Absatz bis S. 17 erster Absatz, Rz. 17; Unterstreichungen hinzugefügt):
"Mit der Beschränkung, dass der trockene poröse Träger einen Streifen oder eine Folie von porösem Material "umfasst" (Merkmale 2, 2.1), geht die von Anspruch 1 in der verteidigten Fassung beschriebene Ausgestaltung des porösen Trägers nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung oder das erteilte Patent hinaus. Danach sollte das Trägermaterial vorzugsweise in Form eines Streifens oder einer Folie bestehen. Das Gerät konnte gemäß der Erfindung daher auch, falls gewünscht, zwei oder mehrere diskrete Körper von porösem Festphasenmaterial, z.B. getrennte Streifen oder Folien für die Aufnahme von Reagenzien, vereinigen, und zwar, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht ausschließlich parallel nebeneinander angeordnet (NK 1 S. 5 Z. 20 ff.). Demnach blieb es dem Fachmann überlassen, den porösen Träger den jeweiligen Erfordernissen entsprechend unterschiedlich auszugestalten. Diesen Rahmen überschreitet das Streitpatent in der verteidigten Fassung nicht; insbesondere wird durch die Aufnahme der Merkmale des früheren Anspruchs 6 in den Hauptanspruch entgegen der Ansicht der Klägerin keine von der Ursprungsoffenbarung nicht erfasste "Zwischenebene" geschaffen."
Auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs musste der poröse Träger nach der Lehre des erteilten Anspruchs 1 danach keineswegs zwingend einteilig konzipiert sein. Dass sich durch die im Nichtigkeitsverfahren vorgenommene Beschränkung des Patentanspruchs 1 hieran etwas geändert hat, lässt sich den Ausführungen des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen. Vielmehr sprechen diese gerade dafür, dass eine Einteiligkeit - nach wie vor - nicht verlangt wird.
Soweit es in der Patentbeschreibung (DE 38 87 AAB T3, Abs. [0094]) heißt, ein wichtiger Aspekt der Erfindung sei die Wahl technischer Merkmale, die die Verwendung eines direktmarkierten spezifischen Bindungsreagenzes in einem analytischen Testgerät auf Trägerbasis erlaube, "z.B. einem Gerät in Form eines Streifens, um ein schnelles und klares Ergebnis zu liefern", lässt sich schließlich auch hieraus nicht herleiten, dass der poröse Träger zwingend aus einem einteiligen Streifen bestehen muss. Denn "schnelle und klare Ergebnisse" lassen sich durchaus auch bei einer zwei- oder mehrteiligen Ausbildung des porösen Trägers erzielen. Erforderlich ist nur, dass die einzelnen Elemente jeweils porös sind und so zueinander positioniert werden, dass die Flüssigkeitsprobe ihren Weg - ohne Hindernisse - von der ersten Zone zur Nachweiszone nehmen kann.
b)
Von der so umschriebenen technischen Lehre des Klagepatents macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß Gebrauch.
(a)
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Senat bei der Beurteilung der Verletzungsfrage allerdings nicht an die der Feststellung der Erledigung und der Verurteilung zur Auskunftserteilung zu Grunde liegenden Erwägungen des Landgerichts und damit insbesondere nicht an die dort erfolgte Bejahung des Benutzungstatbestandes gebunden.
Zwar hat die Beklagte in Bezug auf die Feststellung der Erledigung und die Verurteilung zur Auskunftserteilung weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt, so dass das landgerichtliche Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Nach § 322 Abs. 1 ZPO reicht die Rechtskraft eines Urteils jedoch nur so weit, als über den erhobenen prozessualen Anspruch entschieden ist. Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre (BGHZ 42, 340, 344 = NJW 1965, 688; BGHZ 117, 1, 5 f = NJW 1992, 1172; BGH, NJW 2003, 585, 586). Deshalb reicht die Rechtskraft nicht weiter als der Streitgegenstand des Prozesses. In Rechtskraft erwachsen gemäß § 322 ZPO lediglich die im Hinblick auf den Streitgegenstand ausgesprochenen Rechtsfolgen, nicht jedoch die einzelnen Tatsachen, präjudiziellen Rechtsverhältnisse und sonstigen Vorfragen, aus welchen das Gericht diese Rechtsfolge abgeleitet hat (BGHZ 13, 265, 279; BGHZ 43, 144, 145 = NJW 1965, 365; BGHZ 94, 29, 33 = NJW 1985, 2481; 123; 137, 140 = NJW 1993, 2684; BGHZ 124, 86, 95 = NJW 1994, 453; BGH, NJW 2003, 3058, 3059; 2008, 2922 Rz. 22; MünchKommZPO/Gottwald, 30. Aufl., § 322 Rz. 101 ff; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., Vor § 322 Rz. 31; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 322 Rz. 17, 26 f). Am Streitgegenstand, welcher sich durch die mit dem Klageantrag begehrte Rechtsfolge sowie den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt bestimmt (BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172; BGHZ 124, 164, 166 = NJW 1994, 453; 157, 47, 50 = NJW 2004, 1252), nehmen Vorfragen und präjudizielle Rechtsverhältnisse nur bei Erhebung einer gesonderten Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO teil (BGHZ 183, 77 = NJW 2010, 2210, 2211).
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass zwar rechtskräftig und damit für den Senat bindend feststeht, dass sich der Rechtsstreit in Bezug auf den durch die Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch erledigt hat und dass die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, nicht aber die dieser Feststellung und Verurteilung zugrunde liegende Beurteilung der Verletzungsfrage. Bei der Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits handelt es sich schließlich ebenso wenig wie beim Bestehen des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs um eine Tatbestandsvoraussetzung der in zweiter Instanz noch streitgegenständlichen Ansprüche auf (umfassende) Rechnungslegung und Schadenersatz, so dass eine Bindungswirkung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität in Betracht kommt (vgl. dazu MünchKommZPO/Gottwald, a.a.O., § 322 Rz. 51).
(b)
Die Beklagte stellte eine Benutzung des Klagepatents auch in der Berufungsinstanz nur mit dem Argument in Abrede, dass es an einem anspruchsgemäßen "Gehäuse", an einem "porösen Träger" sowie an der geforderten "Spezifität" des Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG fehlt. Die betreffenden Anspruchsmerkmale hat das Landgericht jedoch zu Recht als durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht angesehen.
(1)
Die angegriffene Ausführungsform weist in Gestalt des Glasfaserkissens in Verbindung mit der Chromatographiematrix (poröse Membran) einen - zweiteilig ausgestalteten - porösen Träger im Sinne des Klagepatents auf. Das erste Trägerelement in Gestalt des Glasfaserkissens weist eine erste Zone (Reaktionszone) auf, in der - wie noch ausgeführt wird - ein nicht immobilisiertes, spezifisches Bindungsreagenz enthalten ist. Die auf dem Träger aus Polyethylen vorgesehene Chromatographiematrix bzw. Membran weist als zweites Trägerelement eine Nachweiszone auf, in der ein unmarkiertes Bindungsreagenz immobilisiert ist. Das Glasfaserkissen liegt auf der Chromatographiematrix auf und überdeckt diese teilweise. Die beiden porösen Trägerelemente stehen somit in Kontakt, so dass die Anordnung ein Eindringen der Testprobe von dem einen porösen Träger in den anderen porösen Träger erlaubt (vgl. Gutachten, S. 6). Entsprechend der Lehre des Klagepatents kann eine aufgebrachte Testprobe damit durch Kapillarwirkung durch das poröse Trägermaterial von der ersten Zone auf dem Glasfaserkissen zur zweiten, auf dem sich anschließenden Trägermedium vorgesehenen Nachweiszone wandern, um das markierte Reagenz von der ersten Zone zur zweiten Zone zu verbringen. Dass der poröse Träger der angegriffenen Ausführungsform zweiteilig ausgebildet ist, steht einer Verwirklichung des Merkmals (1) (a) wie auch der Merkmale (3) und (4) von Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht entgegen.
Die angegriffene Ausführungsform entspricht auch den Vorgaben des aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren neu hinzugekommenen Merkmals (10) (b) wortsinngemäß. Bei dem Trägermaterial der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich - wie sich anhand des zur Akte gereichten Musters nachvollziehen lässt - ersichtlich um einen Streifen. Die auf dem PE-Träger aufgebrachte Chromatographiematrix hat die Form eines Streifens. Ebenso kann das Glasfaserkissen als kurzer Streifen qualifiziert werden. Das Glasfaserkissen und die Chromatographiematrix miteinander in Kontakt und bilden zusammen einen porösen Träger, der ohne Weiteres als ein Teststreifen angesehen werden kann.
(2)
Soweit das Klagepatent ein "hohles Gehäuse" (Merkmal (1) (d)), welches aus festem Material aufgebaut sein soll (Merkmal (9) (a)), verlangt, genügt - wie bereits ausgeführt - eine Anordnung, die einerseits einen Innenraum schafft, in welchem der poröse Träger aufgenommen werden kann, und die andererseits (aufgrund ihrer Festigkeit) Gewähr dafür bietet, dass das Gehäuse eine gewisse Schutzfunktion für die in seinem Inneren angeordneten Bauteile erfüllen kann und dem Testgerät eine Ausgestaltung gibt, die seine Handhabung durch den Benutzer erlaubt. Es kommt jedwedes Gehäuse in Betracht, das den porösen Träger aufnehmen kann, wobei es keine Notwendigkeit ist, dass der poröse Träger lose und auswechselbar im Gehäuse aufgenommen werden muss. Daran, dass die angegriffene Ausführungsform ein solches "Gehäuse" aufweist, kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Wie die Beklagte selbst vorträgt, verfügt die angegriffene Ausführungsform über eine "Umhüllung" aus zwei verbundenen Papplagen, deren Oberfläche kunststoffbeschichtet ist. Die von den Papplagen gebildete Umhüllung stellt vor dem Hintergrund der vorstehenden Auslegung des Klagepatents ersichtlich ein Gehäuse aus festem Material dar, in welchem der poröse Träger angeordnet ist. Demgemäß ist in der EP 0 716 305, aus der sich nach dem Vorbringen der Beklagten die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt, in Bezug auf die Pappumhüllung auch ausdrücklich von einem (flachen) "Gehäuse (2)" die Rede (vgl. Patentanspruch 1 sowie Abs. [0008] ff.), wobei dort auch betont wird, dass die Verwendung von Pappe für das Gehäuse ähnliche Schutzfunktionen gewährleistet, wie ein Gehäuse aus Kunststoff (Abs. [0009]).
Das Gehäuse ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - in wortsinngemäßer Verwirklichung des Merkmals (9) (a) auch aus einem feuchtigkeitsundurchlässigen Material aufgebaut. Das angegriffene Testgerät ist auf seiner Außenseite mit einer flüssigkeitsabweisenden Kunststoffschicht beschichtet, wodurch verhindert wird, dass über die Außenseite Testflüssigkeit in die Pappumhüllung durchdringt. Störungen von außen während der Testdurchführungen werden so verhindert. Gleichzeitig wird verhindert, dass von dem den porösen Träger umgebenden Gehäuse selbst ein nachteiliger Saug- und Kapitaleffekt ausgeht. Denn bezogen auf die Gebrauchslage bei Benutzung des Testgerätes ist derjenige Innenbereich, der den porösen Träger umgibt, ebenfalls feuchtigkeitsundurchlässig gemacht. Die in der Testumhüllung aufgenommene Chromatographiematrix (Membran) und das mit ihr in Kontakt stehende Glasfaserkissen sind auf einem feuchtigkeitsundurchlässigen Trägermaterial, nämlich einem Träger aus Polyethylen (PE-Träger), angeordnet. Ferner ist auf dem Glasfaserkissen eine beschriftete Kunststofffolie (Schutzfolie) mit einer Linie und zwei Pfeilen aufgebracht, die das gesamte Glasfaserkissen bedeckt und dieses zugleich zur Pappumhüllung hin abdeckt, damit die Testflüssigkeit nicht in die Pappe aufgesaugt wird (vgl. Gutachten, S. 6). In dem sich daran stromabwärts anschließenden Trägerbereich findet sich eine solche Beschichtung zwar nicht. Die dem Trägerstreifen gegenüberliegende Innenwand der Pappumhüllung weist dort jedoch einen Ausschnitt für das Sichtfenster auf, der nach außen durch die auf der Außenseite der Pappumhüllung aufgebrachte Kunststofffolie versehen ist. Aufgrund der Folienbeschichtung und der Dimensionierung des Fensterausschnitts ist auch in diesem Bereich ein Kontakt mit der Pappumhüllung ausgeschlossen. Etwas anderes gilt zwar für das stromabwärts der Nachweiszone vorgesehene Glasfaserkissen, welches dazu dient, den Saugeffekt zu verstärken. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dieser Bereich für die Lehre der Erfindung und deren Verwirklichung jedoch von vornherein unerheblich, weil sich das Klagepatent mit einer derartigen zusätzlichen Maßnahme innerhalb des Gehäuses nicht befasst. Sie ist möglich, um die Chromatographievorgänge auf dem porösen Träger zu unterstützen und zu beschleunigen, und sie ist auch zulässig. Denn für sie gilt die Forderung des Klagepatents nach einem flüssigkeitsundurchlässigen Gehäuse nicht, weil sie sich jenseits der erfindungsrelevanten Zonen befindet und deshalb ein dort eintretender Saugeffekt durch das Gehäuse, diejenigen Abläufe, die bis zur Nachweiszone stattfinden, nicht nachteilig beeinflussen kann. Im Gegenteil würde ein zusätzlicher Kontakt des stromabwärts von der Nachweiszone vorgesehenen Glasfaserkissens mit der Pappumhüllung den Chromatographieeffekt auf dem porösen Träger bis zur Nachweiszone allenfalls verstärken. Damit wird bei der angegriffenen Ausführungsform auch verhindert, dass von dem den porösen Träger umgebenden Gehäuse selbst ein Saugeffekt ausgeht, der die erfindungsgemäßen, auf den Prinzipien des Chromatographie-Verfahrens beruhenden Vorgänge in dem porösen Träger stört oder nachteilig beeinflusst. Zwar sind bei der angegriffenen Ausführungsform darüber hinaus die Seitenkanten der Umhüllung nicht ebenfalls mit Kunststofffolie überzogen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass beim bestimmungsgemäßen Gebrauch des angegriffenen Testgerätes, bei dem die Testspitze in den Urinstrahl bzw. die in einem Behälter aufgefangene Urinprobe gehalten wird und bei der das Sichtfenster nach oben bzw. vorne zeigt, über die schmalen Seitenanten in einem nennenswerten Umfang während der Testdurchführung Testflüssigkeit in das Testgerät gelangen und dort zu einer Fehlbenetzung führen und/oder die Abläufe auf dem porösen Träger nachteilig beeinflussen kann.
(3)
Schließlich weist die angegriffene Ausführungsform nicht nur ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG in einer ersten Zone (Reaktionszone, Merkmale (1), (c) und (4)), sondern in der Nachweiszone auch ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz auf (Merkmale (1), (b) und (3)).
(aa)
Die Beklagte ist dem gegen sie insoweit erhobenen Vorwurf der Patentverletzung nicht erheblich entgegen.
(aaa)
An einem Bestreiten mit Nichtwissen ist die Beklagte allerdings nicht bereits deshalb gehindert, weil sie die konstruktive Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform erstmals in der Berufungsinstanz bestritten bzw. sie erstmals in zweiter Instanz eine abweichende Ausgestaltung behauptet hat. Zwar handelt es sich damit um neues Vorbringen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, das gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nur noch bei einer Rechtfertigung durch besondere Gründe zulässig ist. Jedoch beruht das fehlende Bestreiten mit Nichtwissen in erster Instanz hier nicht auf Nachlässigkeit und ist damit nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zulässig.
Auch wenn jede Prozesspartei grundsätzlich gehalten ist, schon in erster Instanz die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande war (vgl. BGH, NJW 2004, 2825, 2827 m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.10.2010 - VI-U (Kart) 43/06), hatte die Beklagte hier zunächst keinen Grund, an den ihr durch E übermittelten Informationen zur technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform zu zweifeln. Hat ein Beklagter vertrauenswürdige Informationen von seinem Vorlieferanten oder Hersteller erhalten, darf er bereits auf ihrer Grundlage bestreiten (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rz. 1605). Dementsprechend ist die Beklagte vorgegangen und hat erstinstanzlich zur technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform auf der Grundlage der ihr durch E übermittelten Informationen vorgetragen. Unstreitig hat die Beklagte erst im Rahmen des Verhandlungstermins vor dem Landgericht von der durch E nunmehr behaupteten abweichenden technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform erfahren. Erst ab diesem Zeitpunkt bestand für die Beklagte somit überhaupt Veranlassung, an der Richtigkeit der von E erhaltenen Informationen zu zweifeln und davon ausgehend weitere Erkundigungen bei E einzuholen.
Angesichts dessen war die Beklagte unter Berücksichtigung der prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) auch nicht gehalten, direkt in der mündlichen Verhandlung den konstruktiven Aufbau der angegriffenen Ausführungsform zu bestreiten oder sich dem Vortrag von E anzuschließen, sofern dies nach dem Gang der mündlichen Verhandlung überhaupt möglich war. Keine Partei ist verpflichtet, in erster Instanz Behauptungen "ins Blaue hinein" aufzustellen (BGH, NJW 2009, 1209, 1211; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl., § 531 Rz. 28). Vielmehr war die Beklagte sogar gehalten, nachdem sich ihre bisherigen, von E als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform erhaltenen Informationen als wenig verlässlich herausgestellt hatten, eigene Ermittlungen zu den konstrutiven Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform anzustellen (vgl. Kühnen, a.a.O., Rz. 1605 a. E.). Da der Geschäftsführer von E mit einer E-Mail vom 10. Dezember 2009 und damit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht behauptet hat, der hier streitgegenständliche Schwangerschaftstest funktioniere doch wie bisher vorgetragen, sah sich die Beklagte erst daraufhin veranlasst, die Funktionalität der angegriffenen Ausführungsform mit Nichtwissen zu bestreiten, so dass zu diesem Zeitpunkt auch keine Möglichkeit mehr bestand, das Landgericht um einen Schriftsatznachlass zu ersuchen.
(bbb)
Gleichwohl hat die Beklagte die dem landgerichtlichen Urteil zugrunde liegende konstruktive Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform - Glasfaserkissen mit goldmarkiertem Maus-AntihCG-Antikörper, welcher an das €-Epitop des hCG-Schwangerschaftshormons bindet; Detektionszone mit einem immobilisierten monoklonalen Anti-Maus-Antikörper, der an die €-Kette des Schwangerschaftshormons bindet und weitere "Abfangantikörper" - nicht erheblich bestritten.
(€)
Will der Beklagte in einem Patentverletzungsprozess geltend machen, die angegriffene Ausführungsform sei in ihren konstruktiven Einzelheiten oder ihrer Zusammensetzung unzutreffend beschrieben, darf er sich nicht darauf beschränken, den Sachvortrag des Klägers zur Ausgestaltung des vermeintlichen Verletzungsgegenstandes lediglich pauschal zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, zu den einzelnen relevanten Behauptungen in der Klageschrift Stellung zu nehmen und sich über die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären (§ 138 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet zwar nicht, dass der Beklagte von sich aus das Gericht und den Kläger über den wirklichen Verletzungstatbestand zu unterrichten hätte. Der Beklagte kann sich im Gegenteil auf das Bestreiten bestimmter vom Kläger behaupteter technischer Merkmale beschränken. Allerdings darf dieses Bestreiten nicht pauschal bleiben, sondern muss konkret und substantiiert sein (Kühnen, a.a.O., Rz. 1598). Kein erhebliches Bestreiten stellt es dar, wenn sich der Beklagte darauf beschränkt, am Sachvortrag des Klägers lediglich zu bemängeln, dessen Ausführungen zum Verletzungstatbestand seien unsubstantiiert. Ein derartiges Bestreiten geschieht in der Praxis - so auch hier - vor allem im Hinblick auf solche Merkmale, die im Wege des bloßen Augenscheins nicht feststellbar sind, sondern sich erst aufgrund von Analysen oder Messungen erschließen. Seiner Darlegungslast kommt der Kläger hier zunächst dadurch nach, dass er die konkrete Behauptung aufstellt, die angegriffene Ausführungsform mache von jedem Merkmal des Patentanspruchs Gebrauch. Irgendeines Nachweises hierzu bedarf es zunächst noch nicht. Die Notwendigkeit ergänzenden, weiter substantiierten Vortrages ergibt sich für den Kläger erst dann, wenn der Beklagte die Verwirklichung eines oder mehrerer Merkmale bestritten hat. Dem Beklagten obliegt es deshalb, sich - und zwar der Wahrheit gemäß (§ 138 Abs. 1 ZPO) - darüber zu erklären, ob und ggf. welches Anspruchsmerkmal von der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht werden soll. Dies kann zunächst zwar ebenfalls pauschal erfolgen und braucht nicht weiter substantiiert zu werden als die gegenteilige (pauschale) Behauptung des Klägers. Nur wenn der Beklagte sich im genannten Sinne konkret geäußert hat, ist der betreffende Sachvortrag streitig, so dass der Kläger jetzt seine Verletzungsbehauptung weiter ausführen muss (Kühnen, a.a.O., Rz. 1600).
Eine Erklärung mit Nichtwissen sieht § 138 Abs. 4 ZPO nur für solche Tatsachen vor, die nicht eigene Handlungen der Partei betreffen oder Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind (hierzu Kühnen, a.a.O., Rz. 1601). Solches ist prinzipiell zu bejahen, wenn der Beklagte z.B. ein patentgeschütztes Verfahren nicht selbst anwendet oder als Spediteur naturgemäß keine Kenntnis von der konstruktiven Beschaffenheit der beförderten Ware hat. Auch wenn die Einzelheiten der Verfahrensführung bzw. des Transportgutes keine "eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen" des Beklagten sind, scheidet eine Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO selbst in einem solchen Fall allerdings aus, wenn seine Unkenntnis darauf beruht, dass er bestehende Erkundigungspflichten verletzt hat. Solche Erkundigungspflichten werden in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BB 2001, 2187; NJW 1999, 1965; GRUR 2010, 1107, 1108 - JOOP!; vgl. a. OLG Köln, NZG 2002, 870) angenommen, wenn es sich bei dem entgegnungsbedürftigen Sachverhalt um Vorgänge im Bereich von Personen - nicht nur der eigenen, sondern auch einer fremden Firma - handelt, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung derjenigen Partei tätig geworden sind, die sich im Prozess zu den Behauptungen des Gegners zu erklären hat (BGH, GRUR 2009, 1142 - MP3-Player-Import; vgl. auch Senat, GRUR-RR 2011, 121, 122 - Vorrichtung zum Streckblasformen). Auch in Bezug auf solche Tatsachen ist ein Bestreiten mit Nichtwissen erst zulässig, wenn die Partei ihrer bestehenden Pflicht zur Informationsbeschaffung nachgekommen ist (BGHZ 109, 205, 210 = NJW 1990, 453; BGH, GRUR 2010, 1107, 1108 - JOOP!). Eine Erkundigungs-Konstellation kann z.B. vorliegen, wenn der Beklagte auf die Vorarbeit eines Dritten - der z.B. das patentierte Verfahren anwendet - zurückgreift (LG Düsseldorf, InstGE 7, 70 - Videosignal-Codierung I). Solche Erkundigungspflichten bestehen demgegenüber nicht für einen Spediteur (BGH, GRUR 2009, 1142, 1143 - MP3-Player-Import) oder Lagerhalter. Hingegen hat die Rechtsprechung ein Bestreiten mit Nichtwissen seitens eines Computerhändlers für unzulässig angesehen, wenn es um die Verletzung eines (Standard-) Patents durch von ihm vertriebene PC mit aufgespielter oder auf Datenträger beigefügter Software geht, da der Computerhändler in seinen Erkenntnismöglichkeiten gerade nicht wie etwa ein bloßer Spediteur beschränkt ist (LG Mannheim, InstGE 12, 136, 141 - zusätzliche Anwendungssoftware).
(€)
Hiervon ausgehend kann die Beklagte im Streitfall die technische Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform nicht mit Nichtwissen bestreiten.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie. Die von ihr angebotenen und vertriebenen Schwangerschaftstests befanden sich in ihren Händen. Sie waren damit Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO. Zwar ist die technische Gestaltung der Schwangerschaftstests und insbesondere das Vorhandensein bestimmter Antikörper auf dem Teststreifen nicht unmittelbar im Wege des bloßen Augenscheins erkennbar. Allerdings ist im Hinblick auf die im Rahmen von § 138 Abs. 4 ZPO geltenden Informations- und Erkundigungspflichten auch das als Gegenstand der eigenen Wahrnehmung anzusehen, was erst durch die zumutbare Verwendung weiterer Hilfsmittel wie beispielsweise chemischen oder physikalischen Analysemethoden und/oder Messungen etc. offenbar wird. Diese prozessuale Obliegenheit beruht auf dem Gedanken, dass sich grundsätzlich keine Partei auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen können soll, die die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Kenntnisnahme der relevanten Tatsachen nicht nutzt, obwohl ihr dies in zumutbarer Weise möglich wäre. Dies gilt auch und gerade für den Beklagten in einem Patentverletzungsrechtsstreit. Denn umgekehrt ist auch der Patentinhaber im Falle eines erheblichen Bestreitens seitens des Beklagten gehalten, seinen Sachvortrag weiter zu substantiieren, was es in Fällen wie dem vorliegenden in der Regel erforderlich macht, dass er eigene Untersuchungen vornimmt oder durch Dritte vornehmen lässt. Ein Unternehmen mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung, das selbst den erforderlichen Sachverstand und die fachlichen Mittel zur Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform auf ihre im Rahmen der geltend gemachten Patentverletzung relevanten Eigenschaften hat, ist deshalb ohne weiteres verpflichtet, solche Untersuchungen durchzuführen. Aber auch einer Partei, die - wie nach ihrem Vortrag die Beklagte - nicht über die erforderliche fachliche Ausstattung und/oder den erforderlichen Sachverstand zu einer eigenen Untersuchung des potentiellen Verletzungsgegenstands verfügt, kann grundsätzlich zugemutet werden, Untersuchungen durch fachkundige Dritte vornehmen zu lassen. Dies gilt erst recht, wenn die Beklagte - wie hier - zunächst selbst eine bestimmte, durch die Klägerin auch nicht in Abrede gestellte Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform vorträgt, sich dann aber von ihrem bisherigen Vorbringen lösen und die bisher vorgetragene technische Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform in Abrede stellen will.
Ob im Einzelfall unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten von einer Untersuchung abgesehen werden und ein Bestreiten mit Nichtwissen zulässig sein kann, wenn die Partei nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel zur Beauftragung eines Dritten verfügt, kann im Streitfall dahinstehen. Derartige Umstände liegen hier nämlich nicht vor. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Fachunternehmen, das auf den Handel mit Diagnostika spezialisiert ist. Dass sie aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage sei, die angegriffenen Schwangerschaftstests durch Dritte untersuchen zu lassen, behauptet die Beklagte nicht. Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass eine solche Untersuchung mit völlig unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.
Dass sich die Beklagte erstmals im Juni 2012 - und damit 2 1/2 Jahre nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht - darauf berufen hat, sie sei nicht mehr im Besitz von Teststreifen, welche der angegriffenen Ausführungsform entsprechen, rechtfertigt keine andere Bewertung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des "Nichtwissens" ist derjenige, zu dem sich die Partei im Prozess zu erklären hat (vgl. BGH, GRUR 2002, 190 - Die Profis; Kühnen, a.a.O., Rz. 1606). Dementsprechend kommt es hier allein darauf an, ob sich die Beklagte im Zeitpunkt der Berufungsbegründung, d. h. im September 2010, noch im Besitz entsprechender Teststreifen befand. Dass dem nicht so war, behauptet die Beklagte nicht. Letztlich kann dies aber sogar dahinstehen. Denn Teil der der Beklagten obliegenden Erkundigungspflicht ist es, sich den angegriffenen Gegenstand, von dem sie aktuell kein Muster mehr in ihrem Besitz hat, von ihrem Lieferanten zu besorgen, um alsdann die notwendigen Untersuchungen anstellen zu können (Kühnen, a.a.O., Rz. 1604). Dass die Beklagte dem nachgekommen wäre und zumindest versucht hätte, entsprechende Teststreifen von E zu erlangen, ist nicht ersichtlich. Zwar bedarf es der Beschaffung nicht, wenn die technische Konstruktion inzwischen in patentgemäßer Weise verändert worden ist, so dass der nachgelieferte Gegenstand ohne Aussagewert ist und dem Beklagten dies verlässlich mitgeteilt wird (Kühnen, a.a.O.,Rz. 1605). Konkrete Anhaltspunkte dafür sind vorliegend jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
(bb)
Wollte man dies anders sehen, ist der Senat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme(§ 286 Abs. 1 S. 1 ZPO) jedenfalls davon überzeugt, dass die angegriffene Ausführungsform nicht nur ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG in einer ersten Zone (Reaktionszone, Merkmale (1), (c) und (4)), sondern in der Nachweiszone auch ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz aufweist (Merkmale (1), (b) und (3)).
(aaa)
Grundlage der Beweiswürdigung ist der gesamte Inhalt der Verhandlungen. Dabei ergibt sich aus § 286 Abs. 1 ZPO, dass das Gericht seiner Würdigung der tatsächlichen Grundlagen des Rechtsstreits alle Informationen zugrunde legen darf und muss, von denen es prozessordnungsgemäß Kenntnis erlangt hat (MünchKommZPO/Prütting, 4. Aufl., § 286 Rz. 7). Damit umfasst die Beweiswürdigung jede prozessordnungsgemäße Wahrnehmung aus der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme, also das gesamte Parteivorbringen, alle Handlungen und Unterlassungen der Parteien, den persönlichen Eindruck der Parteien und ihrer Vertreter, insbesondere auch das Schweigen auf Fragen und die Verweigerung bestimmter Antworten sowie die fehlende Befreiung von bestehenden Schweigepflichten oder die Vorenthaltung von Beweismitteln. Auch die - nicht durch die Prozessentwicklung erklärbare - Änderung der Sachvortrages im Lauf des Verfahrens kann der Richter würdigend bewerten (BGH, NJW 2002, 1276, 1277; NJW-RR 1995, 1340 f.; MünchKommZPO/Prütting, a.a.O., § 286 Rz. 7; Zöller/Greger, a.a.O., § 286 Rz. 14; Musielak/Voit/Foerste, a.a.O., § 286 Rz. 2; BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 17. Edition, Stand: 01.06.2015, § 286 Rz. 7). Zwar ist eine Partei nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern. Soweit nicht die Voraussetzungen eines Geständnisses im Sinne von § 288 ZPO vorliegen, besteht auch in der Berufungsinstanz keine Bindung an das erstinstanzliche Vorbringen (§ 525 ZPO). Allerdings kann der Umstand, dass eine Partei ihr Vorbringen im Laufe des Prozesses modifiziert, im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (BGH, GRUR 1995, 700, 701 - Sesamstraßen-Aufnäher; NJW 2000, 3212 = GRUR 2000, 866 - Programmfehlerbeseitigung; NJW 2002, 1276, 1277).
(bbb)
Dies vorausgeschickt ist der Senat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) davon überzeugt, dass die angegriffene Ausführungsform nicht nur ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG in einer ersten Zone (Reaktionszone, Merkmale (1), (c) und (4)), sondern in der Nachweiszone auch ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz aufweist (Merkmale (1) (b), (3)).
In diesem Zusammenhang hat der Senat zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte erstinstanzlich - ebenso wie E als Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform im Parallelverfahren - zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform vorgetragen hat, bei dem angegriffenen Schwangerschaftstest werde ein goldmarkierter Antikörper eingesetzt, der an ein für das Schwangerschaftshormon charakteristisches Epitop der €-Kette des hCG binde. Zudem fänden sich auf dem Glasfaserkissen weitere unmarkierte Antikörper, die spezifisch für das hCG-verwandte Hormon LH seien ("Abfangantikörper"). In der Detektionszone des angegriffenen Schwangerschaftstests liege hingegen ein immobilisierter Antikörper vor, der an die €-Kette des hCG, aber auch an die Ketten von LH, FSH und TSH binden könne.
Diese Funktionsweise zugrundelegend hat das Landgericht zu Recht eine wortsinngemäße Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre bejaht. Unstreitig ist die €-Kette des Schwangerschaftshormons hCG identisch mit den €-Ketten von LH, FSH und TSH. Demgegenüber tritt die €-Kette des Schwangerschafthormons hCG nur bei hCG auf, nicht jedoch bei den zuvor genannten anderen Hormonen. Da sich in der Reaktionszone somit ein hochspezifischer, weil nur an hCG, nicht aber an die Hormone LH, FSH und TSH bindender Antikörper findet, ist sichergestellt, dass praktisch ausschließlich hCG-Hormone eingefärbt werden. Zwar bindet der in der Detektionszone befindliche Antikörper an die €-Kette, so dass neben hCG auch LH, FSH und TSH gebunden werden können. Jedoch führt dies - wie bereits im Einzelnen ausgeführt worden ist - nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus. Kommt in der ersten Zone ein für hCG hochspezifischer Antikörper zum Einsatz, kommt als Antikörper in der Detektionszone grundsätzlich jedes Reagenz in Betracht, welches das zuvor eingefärbte Hormon binden und fixieren kann, solange der als "Fänger" eingesetzte Antikörper eine Spezifität für ein anderes Epitop der Nachweissubstanz besitzt als dasjenige, welches bereits für das markierte Bindungsreagenz verbraucht ist. Da die erste Zone des porösen Trägers einen hochspezifischen, ausschließlich an die Nachweissubstanz hCG bindenden Antikörper aufweist, ist der Forderung des Klagepatents nach einem spezifischen Bindungsreagenz für den Analyten in der Detektionszone dadurch genügt, dass der in der Testregion immobilisierte Antikörper auch, wenn auch nicht ausschließlich, mit dem hCG-Hormon reagieren kann. Soweit sich bei der angegriffenen Ausführungsform demgegenüber weitere "Abfangantikörper" finden, stehen diese einer Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre bereits deshalb nicht entgegen, weil der Fachmann dem streitgegenständlichen Patentanspruch keine dahingehende Vorgabe entnimmt, dass das analytische Testgerät lediglich die im Anspruch genannten zwei Bindungsreagenzien aufweisen darf. Dass die durch die Beklagte zunächst behauptete Funktionsweise, bei welcher der Fänger-Antikörper nur die €-Untereinheit von hCG erkennt und der Nachweis dann anti-€-spezifisch erfolgt, technisch auch realisierbar ist, hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. I in seinem Gutachten ausdrücklich bestätigt (vgl. Gutachten S. 13 oben).
Davon ausgehend ist der Senat davon überzeugt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG in der Reaktionszone und ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz in der Nachweiszone zum Einsatz kommt. Soweit E demgegenüber nunmehr in dem gegen sie geführten Parallelverfahren (Az.: I-2 U 31/10) vorträgt, bei den dort streitgegenständlichen Schwangerschaftstests würden nicht nur die Antikörper in der Nachweiszone, sondern auch die goldmarkierten Sondenantikörper an die €-Kette von hCG binden, ist ihr zwar dahingehend zuzustimmen, dass es in einem solchen Fall unter Zugrundelegung der vorstehenden Auslegung des streitgegenständlichen Patentanspruchs an der Spezifität im Sinne des Klagepatents fehlen würde. Allerdings ist der Senat auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die vorstehende Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform nicht deren tatsächliche technische Gestaltung zutreffend wiedergibt.
Gegen eine solche Gestaltung spricht bereits, dass der Geschäftsführer von E, der Herstellerin der angegriffenen Ausführungsform, in seiner E-Mail vom 10. Dezember 2009 gegenüber der Beklagten klarstellt:
"Der G- und der D Schwangerschaftstest funktionieren bzw. funktionierten (!!) in der auch von Ihnen bisher vorgetragenen Weise."
Soweit E in dem vorgenannten Parallelverfahren in diesem Zusammenhang ausführt, die Angaben in der vorstehend genannten E-Mail seien, was die hier streitgegenständlichen Tests betrifft, unzutreffend, ihr Geschäftsführer habe nur das geschrieben, was die Bevollmächtigten der hiesigen Beklagten hätten hören wollen, erscheint dies für den Senat selbst dann nicht nachvollziehbar, wenn die hiesige Beklagte, wie von E im vorgenannten Parallelverfahren behauptet, bereits vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht auf den geänderten Vortrag hingewiesen worden wäre, ihren Vortrag aber nicht angepasst hätte. Dies gilt umso mehr, da es in der vorgenannten E-Mail weiter heißt:
"E® hCG-Tests funktionieren aber in der jetzt vorgetragenen und patentierten Weise."
Obwohl auch in den gegen E geführten Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unstreitig war und nach wie vor ist, dass deren Testgeräte baugleich zu den durch die hiesige Beklagte vertriebenen Tests sind - die Klage gegen E wurde gerade damit begründet, dass die hiesige Beklagte erklärte, die streitgegenständlichen Schwangerschaftstests würden durch E hergestellt - behauptet der Geschäftsführer von E nunmehr außergerichtlich und ohne nähere Erläuterung eine unterschiedliche Funktionsweise der "E"- Schwangerschaftstests.
Des Weiteren mag E - ebenso wie die hiesige Beklagte - zwar mangels eines Geständnisses im Sinne von § 288 ZPO berechtigt sein, ihren Vortrag jederzeit umzustellen und abweichend zur Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform vorzutragen. Jedoch hat der Senat im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass weder E noch die Beklagte nachvollziehbare Gründe für ihren geänderten Vortrag zur technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform genannt haben. Der lediglich pauschale Hinweis, die Umstellung sei notwendig geworden, nachdem E den bisherigen Vortrag noch einmal im Einzelnen studiert und vom Leiter der wissenschaftlichen Abteilung von E intensiv auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit habe überprüfen lassen, wobei E festgestellt habe, dass der bisherige Sachvortrag auf Beklagtenseite defizitär bzw. in Einzelheiten unzutreffend sei (vgl. Az.: I-2 U 31/10, Schriftsatz vom 30. September 2010, S. 8), vermag ohne nähere Erläuterung schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich insoweit nicht um ein unbedeutendes Detail, sondern um die grundsätzliche Funktionsweise der durch E selbst hergestellten Schwangerschaftstests handelt, deren technische Gestaltung E als Hersteller der angegriffenen Testgeräte in allen Einzelheiten kennen musste.
Dies gilt umso mehr, da die nunmehr durch E behauptete technische Gestaltung der Schwangerschaftstests in der DE 103 41 AAD B4 beschrieben wird, deren eingetragene Inhaberin E ist und die auf eine am 8. September 2003 getätigte Anmeldung zurückgeht. Dass die angegriffene Ausführungsform im Zeitpunkt der Anmeldung des vorgenannten Patents bereits im Handel war, begründet E damit, dass der tatsächliche Aufbau der angegriffenen Testvorrichtung höchstens unter hohem, gezielten Aufwand nachweisbar gewesen sei, weshalb es E zum Zeitpunkt der Erfindung vorgezogen habe, das Funktionsprinzip geheim zu halten (vgl. Az.: I-2 U 31/10, Schriftsatz vom 10. Juli 2009, S. 11). Ist dem so, erschließt sich nicht, weshalb E gleichwohl zunächst eine, gegenüber der durch sie zum Patent angemeldeten Lösung abweichende technische Gestaltung behauptet hat. Da E zugleich vorträgt, erst die gegen sie erhobenen Klagen hätten zu dem Entschluss geführt, ein Patent anzumelden (vgl.: Az.: I-2 U 31/10, a.a.O.: "Als sie jedoch mit der vorliegenden Klage überzogen wurden, entschlossen sie sich zur Patentanmeldung"), spricht vielmehr alles dafür, dass der nunmehrige Vortrag zur technischen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform lediglich den Inhalt der vorgenannten Patentschrift, nicht aber die tatsächliche technische Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform wiedergibt. Denn die Klagen gegen E wurden erst mit Schriftsatz vom 6. August 2004 und damit fast ein Jahr nach der Anmeldung des betreffenden Patents erhoben. Das Vorbringen von E erscheint insoweit im Übrigen selbst dann nicht schlüssig, wenn mit der "Klageerhebung" die gegen die Abnehmer von E erhobenen Klagen gemeint sein sollten. Denn nach der E-Mail des Geschäftsführers von E vom 10. September 2009 funktionierten nur die Tests von E, nicht aber die D- und die G-Tests nach der zugunsten von E patentierten Lösung.
Dafür, dass die angegriffene Ausführungsform nicht wie von E nunmehr behauptet gestaltet ist, sprechen auch die Ausführungen des SachverständigenProf. Dr. I. Zwar konnte dieser aufgrund der geringen Anzahl noch vorhandener Tests nicht überprüfen, ob die Antikörper in der Reaktionszone nur an die €-Kette von hCG binden (vgl. Gutachten, S. 10). Allerdings führt der Sachverständige umgekehrt in Bezug auf die nunmehr von E behauptete Verwendung eines €-Untereinheitenspezifischen Fängerantikörpers in Gegenwart von Abfangantikörpern spezifisch für FSH, LH und TSH und eines €-Untereinheitenspezifischen Nachweis-Antikörpers aus, eine solche Lösung sei zwar mit viel Aufwand machbar, würde aber die Vorteile der hohen Spezifität eines Antikörperbasierten Nachweises nicht nutzen, wäre störanfällig und nicht "state of the art" (vgl. hierzu auch Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 4). Deshalb würde eine solche Lösung nur gewählt werden, wenn keine Antikörper zur Verfügung stünden, die spezifisch für die €-Untereinheit des hCG oder einem gemeinsamen Epitop, gebildet aus €- und €-Untereinheiten von hCG, wären. Berücksichtige man, seit wann es Schwangerschaftstests gebe, sei eine solche Lösung daher nur "theoretischer Natur" (vgl. Gutachten, S. 2). Abfangantikörper würden in der Reaktionszone zudem u.U. zu Komplikationen führen. Je nachdem, wo der Abfangantikörper binde, könne er, auch in Abhängigkeit von der Konzentration, zu sterischen Behinderungen bei der Bindung des antihCG-spezifischen Antikörpers führen. Zudem sei ein solches Verfahren auch schwierig zu kontrollieren und eventuell unzuverlässig (vgl. Gutachten, S. 12). Schließlich würde die Verwendung zusätzlicher Antikörper die Störanfälligkeit des Nachweisverfahrens nur unnötig erhöhen und zu einem Anstieg der Kosten führen (vgl. Gutachten, S. 10 unten). Die bei einer Lösung über zusätzliche "Abfangantikörper" auftretenden Schwierigkeiten hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2015 noch einmal näher erläutert (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 5 oben). Mit den durch den Sachverständigen aufgezeigten Risiken der durch E behaupteten Lösung haben sich gleichwohl weder E selbst noch die Beklagte argumentativ auseinandergesetzt. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, weshalb diese Risiken bei der angegriffenen Ausführungsform nicht bestehen sollen und welche Vorkehrungen E ggf. getroffen hat, um die vorgenannten Risiken, insbesondere die mit einem solchen Vorgehen verbundene Gefahr der Unzuverlässigkeit, zu beseitigen oder zumindest abzumildern. Demgegenüber hat sich der Sachverständige bei seiner Anhörung ausführlich und nachvollziehbar mit den durch die Parteien gegen sein schriftliches Gutachten erhobenen Einwänden auseinandergesetzt und ist gleichwohl bei seiner Auffassung geblieben, er halte es für die wahrscheinlichste Variante, dass der angegriffene Schwangerschaftstest Fängerantikörper verwendet, die entweder ein gemeinsames Epitop von €- und €-Untereinheit des hCG oder ein Epitop in der €-Untereinheit erkennen, das so nur im Heterodimer mit der €-Untereinheit existiert (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 15). Schwangerschaftstests, die nach dem Prinzip "anti-€-anti-€" arbeiten, seien ihm demgegenüber nicht bekannt (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 4 unten).
Auch wenn der Sachverständige wiederholt betont hat, dass ihm aufgrund der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden Teststreifen eine wissenschaftliche, statistisch abgesicherte Beweisführung nicht möglich gewesen sei (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 5 und S. 15), ist der Senat vor dem Hintergrund der durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausführlich und nachvollziehbar dargelegten, seinen Feststellungen zugrunde liegenden Erwägungen unter Berücksichtigung der bereits im Einzelnen dargelegten Gesamtumstände davon überzeugt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform ein markiertes spezifisches Bindungsreagenz für die Nachweissubstanz hCG in der Reaktionszone und ein unmarkiertes spezifisches Bindungsreagenz für dieselbe Nachweissubstanz in der Nachweiszone zum Einsatz kommt. Entweder, die angegriffene Ausführungsform ist so gestaltet, wie die Beklagte im Einklang mit E als Herstellerin zunächst vorgetragen hat (goldmarkierter Antikörper, der an ein für das Schwangerschaftshormon charakteristisches Epitop der €-Kette des hCG bindet in der Reaktionszone; immobilisierter Antikörper, der an die €-Kette des hCG bindet in der Detektionszone; zusätzliche Antikörper in der Reaktionszone). Dass die angegriffene Ausführungsform in diesem Fall von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch macht, ist bereits ausgeführt worden. Oder der Nachweis des hCG wird mit Fängerantikörpern geführt, welche die €-Untereinheit von hCG im Zusammenhang mit der €-Untereinheit von hCG erkennen können (Schwangerschaftshormonspezifisch), indem entweder ein Antikörper genutzt wird, der ein Epitop in der €-Untereinheit erkennt, das so nur im Heterodimer mit der €-Untereinheit existiert oder der ein gemeinsames Epitop aus €- und €-Untereinheit erkennen kann (vgl. Gutachten, S. 2 und Anlage 2 S. 7). Da in diesem Fall die für hCG spezifische €-Einheit zumindest auch erfasst wird, macht auch eine solche Ausgestaltung wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die einzige im Raum stehende Gestaltung, bei welcher es an der Spezifität im Sinne des Klagepatents fehlen würde (Verwendung eines €-Untereinheitenspezifischen Fängerantikörpers in Gegenwart von Abfangantikörpern spezifisch für FSH, LH und TSH und eines €-Untereinheitenspezifischen Nachweisantikörpers), wird von dem Sachverständigen demgegenüber lediglich als theoretische, mit zahlreichen Mängeln und Risiken behaftete Lösung angesehen (vgl. Gutachten, S. 3), ohne dass die Beklagte oder E die insoweit durch den Sachverständigen geäußerten Kritikpunkte ausgeräumt hätten. Nachdem die Beklagte ebenso wie E insoweit zunächst auch selbst eine andere Lösung vorgetragen und auch keine für den Senat plausible Begründung für die Änderung des Vortrages dargetan haben, ist der Senat unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. I davon überzeugt, dass die angegriffene Ausführungsform zumindest nicht so gestaltet ist, wie von E im vorgenannten Parallelverfahren nunmehr behauptet. Dementsprechend kommen nur noch die beiden anderen möglichen Gestaltungen in Betracht, von denen jede in den Schutzbereich des Klagepatents fällt.
Soweit E demgegenüber die (Vor-)Untersuchungen des Sachverständigen insbesondere dahingehend kritisiert, dieser habe nur unzureichend überprüft, ob die eingesetzte rekombinante €-Untereinheit korrekt gefaltet gewesen sei, konnte die korrekte Faltung durch den Sachverständigen zwar nicht eindeutig nachgewiesen werden (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 7), aber immerhin gelangt dieser mit den Chargen zweier Hersteller zu dem gleichen Ergebnis (vgl. Gutachten, Anlage 1, S. 3 unten). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es gleichwohl an einer korrekten Faltung fehlt, haben sowohl E als auch die Beklagte weder vorgetragen, noch sind diese ersichtlich. Da der Sachverständige zudem die durch ihn verwendeten €-Untereinheiten auch konkret benannt hat (L und Sino Biologicals), wäre es sowohl der Beklagten als auch E ohne Weiteres möglich gewesen, selbst entsprechende Proben zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen und sodann - abhängig vom Ergebnis - substantiiert zur Eignung dieser rekombinanten €-Untereinheiten vorzutragen. Dass es sich dabei nicht um genau die durch den Sachverständigen untersuchten Proben handeln würde, steht dem nicht entgegen. Das Ergebnis einer solchen Untersuchung wäre gleichwohl relevant. Zeigt sich nämlich, dass es den untersuchten rekombinanten €-Untereinheiten an der korrekten Faltung fehlt, kann die Beklagte die Untersuchungen des Sachverständigen davon ausgehend in Zweifel ziehen. Andernfalls fehlt es angesichts der durch den Sachverständigen mit Hilfe der rekombinanten €-Untereinheiten zweier Hersteller durchgeführten Vorversuchen, welche zu dem gleichen Ergebnis geführt haben, an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die rekombinante reine €-Untereinheit nicht korrekt gefaltet ist. Im Übrigen hat der Sachverständige den Einsatz von Chargen unterschiedlicher Hersteller bei seiner Anhörung nachvollziehbar damit begründet, dass eine Untersuchung der Reinheit der Proteine ergeben habe, dass die von L gelieferte €-Untereinheit nicht "so sauber" gewesen sei, weshalb er einen anderen Hersteller gesucht habe (vgl. Prot. der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2015, S. 8).
4.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung sämtlicher Ansprüche aktivlegitimiert.
a)
Die Aktivlegitimation hinsichtlich der Ansprüche wegen Patentverletzung erwächst nicht aus der Eintragung einer Person als Inhaberin in das Patentregister gemäß § 30 Abs. 3 PatG (anders noch Senat, Urteile vom 24.06.2011 - I-2 U 62/04, BeckRS 2011, 20940 und I- 2 U 26/10, BeckRS 2011, 20938). Denn die Eintragung im Patentregister hat nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 713 - Fräsverfahren), der der Senat folgt, keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage. Sie wirkt weder rechtsbegründend noch rechtsvernichtend; ihre Legitimationswirkung ist beschränkt auf die Befugnis zur Führung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Patent. Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit ist daher nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage am Klagepatent maßgeblich (BGH, GRUR 2013, 713, 716 - Fräsverfahren; vgl. auch Senat,Urt. v. 19.09.2013 - I-2 U 19/09, BeckRS 2013, 1781; Senat, Urt. v. 19.09.2013 - I-2 U 100/07, BeckRS 2013, 18737).
Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der Frage, wer materiellrechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu (BGH, GRUR 2013, 713, 717 - Fräsverfahren). Denn das Patentamt darf eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist, auf den das Patent umgeschrieben werden soll. Dieser Nachweis muss zwar nicht zwingend durch Vorlage von Urkunden erfolgen, aus denen sich das Rechtsgeschäft oder das sonstige Ereignis, dass die Übertragung bewirkt hat, unmittelbar ergibt. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV genügt es vielmehr, dass der zuvor eingetragene Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreibt oder wenn der Rechtsnachfolger eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorliegt. Diese Zustimmungserklärung des bisherigen Inhabers begründet eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung des Rechtsübergangs im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 - Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrages oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei aus dem Register ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 - Fräsverfahren). Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Nach der Entscheidung "Fräsverfahren" des Bundesgerichtshofs bedarf der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substanziierung oder Beweisführung. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, GRUR 2013, 713, 717 - Fräsverfahren).
b)
Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist im Streitfall die materiellrechtliche Inhaberschaft der Klägerin an dem Klagepatent ab dem 21. Mai 2002 festzustellen. Denn die Klägerin hat dargetan, dass ihr das Klagepatent mit "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 von der vormals eingetragenen Patentinhaberin, der C N.V., übertragen worden ist. Auf einen ausweislich der vorgelegten Unterlagen (vgl. Anlage MBP-A 31) am 31. Mai 2002 gestellten Umschreibungsantrag ist sie unstreitig am 21. Juni 2002 als neue Patentinhaberin im Patentregister eingetragen worden. Die Eintragung ist damit nur einen Monat nach der von der Klägerin behaupteten Patentübertragung erfolgt, weshalb sich die Klägerin hier nicht nur für die Zeit ab ihrer Eintragung im Patentregister, sondern auch für die Zeitspanne vom 21. Mai 2002 bis zum 20. Juni 2002 auf die Indizwirkung ihrer Registereintragung berufen kann. Dass die Klägerin das Klagepatent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben hat, zeigt die Beklagte nicht konkret auf. Sie bestreiten im Wesentlichen bloß die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die von der Klägerin behauptete Patentübertragung und deren Wirksamkeit.
c)
Unabhängig davon, dass für die Klägerin die Vermutungswirkung der zeitnahen Registerumschreibung streitet, hat die Klägerin auch schlüssig dargetan und hinreichend belegt, dass sie seit dem 21. Mai 2002 materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents ist.
(a)
Die Klägerin hat durch Vorlage des "PATENT ASSIGNMENTS" von 21. Mai 2002, welches zwischen der C PLC und der C N.V. einerseits und der Klägerin andererseits abgeschlossen worden ist, belegt, dass die C N.V. das Klagepatent auf sie übertragen hat. Die Klägerin hat die Übertragungsvereinbarung im letzten Verhandlungstermin im Original vorgelegt. Die überreichte Urkunde stimmt mit der zuvor vorgelegten Kopie (Anlage MBP-A 23, MBP-A 29) sowie mit der als Anlage LS 45 vorgelegten beglaubigten Abschrift überein. Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung, so wie sie sich aus der überreichten Urkunde ergibt, zwischen den Beteiligten nicht geschlossen worden ist, bestehen nicht. Wie sich aus den Akten des beim Senat anhängigen Parallelverfahrens I-2 U 87/04, in dem die Klägerin die mit der Beklagten gesellschaftsrechtlich verbundene F GmbH & Co. KG wegen Verletzung des EP 0 560 AAE in Anspruch nimmt, ergibt (vgl. dort Bl. 570-575), ist eine Kopie der Übertragungsvereinbarung vom 21. Mai 2002 bereits im Jahre 2002 beim Europäischen Patentamt eingereicht worden. Auf Anfrage des Senats hat das Europäische Patentamt in dem Parallelverfahren nämlich auch eine Kopie der bei ihm seinerzeit Übertragungsvereinbarung vom 21. Mai 2002 übermittelt, die mit der von der Klägerin im vorliegenden Verfahren zunächst zu den Akten gereichten Vertragskopie (Anlagen MBP-A 23, MBP-A 29) übereinstimmt. Soweit die Beklagte auf ein unterschiedliches äußeres Erscheinungsbild einzelner Seiten der von der Klägerin zunächst zu den Akten gereichten Kopie hingewiesen hat, betrifft dieser Einwand nur die von der Klägerin ursprünglich überreichte Vertragsablichtung bzw. die vom Europäischen Patentamt im Parallelverfahren übersandte Kopie. Die Klägerin hat das unterschiedliche äußerliche Erscheinungsbild einzelner Seiten dieser Kopie damit erklärt, dass beim Europäischen Patentamt beim Digitalisieren der in Papierform vorgelegten Übertragungsvereinbarung Vergrößerungen bzw. Verzerrungen aufgetreten sein müssen, was angesichts des Erscheinungsbildes der betreffenden Seiten plausibel ist. Die von der Klägerin später überreichten Vertragsablichtung sowie die zuletzt überreichte Originalurkunde weisen derartige Unterschiede im Schriftbild nicht auf.
Zwar hat die Beklagte zuletzt mit Nichtwissen bestritten, dass sich die auf dem letzten Blatt der überreichten Originalvereinbarung befindlichen Unterschriften auf den vorangehenden Vertragstext bzw. die vorangehenden Blätter beziehen. Davon ist der Senat jedoch mangels jeglicher gegenteiliger Anhaltspunkte überzeugt. Die Beklagte bestreitet nicht, dass es sich bei den Unterschriften auf dem letzten Blatt der von der Klägerin nunmehr im Original überreichten Vereinbarung um die Unterschriften der Herren N und O handelt, so dass von der Echtheit der Unterschriften auszugehen ist. Zwar mag hier zu Gunsten der Klägerin, die sich auf die Urkunde beruft, nicht die Vermutung der Echtheit auch der über der Unterschrift stehenden Schrift nach § 440 Abs. 2 ZPO sprechen, weil es sich bei der vorgelegten Vereinbarung um fünf lose Blätter handelt, die Blätter nicht durchgehend nummeriert sind, vielmehr nur auf dem zweiten und dritten Blatt eine Seitenzahl ("2" bzw. "3") angegeben ist, und sich auf dem letzten Blatt - neben der Angabe wer für welches Unternehmen gezeichnet hat - nur die Unterschriften nebst Datumsangaben befinden. Davon, dass der vorangehende Urkundeninhalt bzw. Vertragstext dem Willen der Unterzeichner entspricht, ist der Senat nach den Gesamtumständen aber auch so überzeugt (§ 286 ZPO). Dafür spricht, dass - wie bereits ausgeführt - eine Kopie der Vereinbarung vom 21. Mai 2002 bereits im Jahre 2002 beim Europäischen Patentamt eingereicht worden, um diesem gegenüber die Patentübertragung zu belegen. Wie sich aus dem vom Europäischen Patentamt im Parallelverfahren I-2 U 87/04 auch übermittelten Patentanwaltsschreiben vom 15. Februar 2002 (dort Bl. 570) ergibt, ist die Vereinbarung dort von den bisherigen Vertretern der C N.V. vorgelegt worden, mithin von der früheren Patentinhaberin selbst. Darüber hinaus ist - wie bereits ausgeführt - die Klägerin auf einen am 31. Mai 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellten Umschreibungsantrag am 21. Juni 2002 als Patentinhaberin im Patentregister eingetragen worden. Der Umschreibung des Klagepatents auf die Klägerin hat keiner der Beteiligten bis zum heutigen Tage widersprochen. Dies alles lässt den Schluss zu, dass der Text der vorgelegten Vereinbarung dem Willen aller Beteiligten entspricht und diesen zutreffend wiedergibt.
(b)Das "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 hat die Übertragung u.a. des Klagepatents zum Gegenstand. Die gemäß Ziffer 1 der Übertragungsvereinbarung übertragenen Patente sind in dem "Anhang Patente" ("Schedule Patents") aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent, welches dort unter dem europäischen Aktenzeichen 88 303 7AA.F genannt ist.
Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem "PATENT ASSIGNMENT" zunächst vorgetragen hat, die Übertragung des Klagepatents sei "deklaratorisch" erfolgt, kann hieraus nicht gefolgert werden, dass eine Übertragung des Klagepatents von den Vertragsparteien tatsächlich nicht gewollt gewesen ist. Durch die in Rede stehende Übertragungsvereinbarung sollte die wirksame Übertragung der betreffenden Patente gegenüber dem Patentamt nachgewiesen werden. Zu diesem Zwecke ist ausdrücklich eine Patentübertragung vereinbart worden. Jedenfalls hierdurch sollte das Klagepatent, wenn es nicht bereits zuvor auf die Klägerin übertragen wurde, was allerdings nicht feststellbar ist, übertragen werden. Die Klägerin hat im Übrigen klargestellt, dass ihr ursprünglicher Vortrag nicht dahin zu verstehen gewesen ist, dass es sich bei der Übertragung gemäß dem "PATENT ASSIGNMENT" nicht um eine eigenständige, rechtsbegründende Übertragung gehandelt hat. Vielmehr sollte hiermit bloß zum Ausdruck gebracht werden, dass die Übertragung im Gesamtkontext mit der von ihr behaupteten Übertragung des Geschäftsbetriebes der P Ltd. zu sehen ist.
(c)Die Vertragsparteien sind beim Abschluss des "PATENT ASSIGNMENTS" vom 21. Mai 2002 wirksam vertreten worden.
(1)Für die Klägerin ist die in Rede stehende Vereinbarung von O unterschrieben worden, und zwar - wie sich aus der Datumsangabe neben der Unterschrift von O ergibt - am 21. Mai 2002. O konnte die Klägerin beim Abschluss der Vereinbarung wirksam vertreten. Aus den von der Klägerin vorgelegten Handelsregisterauszügen des Kantons Zug, Schweiz, ergibt sich nämlich, dass O am 21. Mai 2002 zur Vertretung der Klägerin berechtigt war.
Nachdem bereits die von der Klägerin zu den Akten gereichte englische Version eines Handelsregisterauszuges (Anlage MBP-A 32) dafür sprach, dass O zum Zeitpunkt des Abschlusses der Übertragungsvereinbarung als Geschäftsführer ("manager") allein zeichnungsbefugt ("single signature") war, ergibt sich die Vertretungsberechtigung von O jedenfalls aus der außerdem vorgelegten beglaubigten Abschrift der deutschen Version des Handelsregisterauszuges (Anlage LS 48). Hieraus geht hervor, dass O zur "Einzelunterschrift" berechtigter "Geschäftsführer" der Klägerin war, und zwar seit dem 10. Mai 2002. Bei der nicht durchgestrichenen Personalangabe zu O ist in der Spalte "Ae" (= Änderungen) die Ziffer "4" angegeben. Auf der ersten Seite des Registerauszuges findet sich unten zu "Ref." 4 in der Spalte "TR-Datum" (Tagesregister-Datum) die Angabe "10.05.2002", was dafür spricht, dass O bereits seit dem 10. Mai 2002 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer gewesen ist. Selbst wenn man aber auf die weitere Datumsangabe in der Spalte "SHAB-Dat." abstellt, ist O jedenfalls seit dem 15. Mai 2002 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin gewesen. Wie aus dem durchgestrichenen weiteren Registereintrag betreffend O ergibt, war dieser lediglich in der Zeit vor dem 10. bzw. 15. Mai 2002 nicht alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer; lediglich in dieser Zeit konnte er nicht alleine zeichnen ("Kollektivunterschrift zu zweien").
Ist O damit seit dem 10. oder 15. Mai 2002 zur Alleinvertretung der Klägerin befugt gewesen, hatte er bei Unterzeichnung des "PATENT ASSIGNMENTS" am 21. Mai 2002 Alleinvertretungsmacht.
(2)
Für die C N.V. ist die Vereinbarung von N unterzeichnet worden. Ausweislich der von der Klägerin überreichten Vollmacht vom 5. Oktober 2001 (Anlage MBP-A 34; deutsche Übersetzung Anlage MBP-A 34a) war diesem für die Dauer eines Jahres eine unwiderrufliche Vollmacht betreffend Schutzrechtsübertragungen von der C N.V. erteilt worden. Die besagte Vollmachtsurkunde wurde für die C N.V. von Q und R unterzeichnet. Diese Personen konnten die C N. V. zusammen wirksam vertreten.
Die C N.V. ist eine Naamloze Vennootschap, eine Gesellschaft nach Niederländischem Recht. Gemäß Art. 240 Abs. 1 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches wird sie, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, durch den Vorstand vertreten. Gemäß Art. 240 Abs. 1 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches kann die Satzung allerdings auch anderen Personen Vertretungsmacht erteilen (vgl. Nieper/Westerdijk, Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch, Buch 2, Juristische Personen).
Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Registerauszuges (Anlage MBP-A 36) hat Q die Funktion eines "Holder of power of attorney for signature", d. h. "Inhaber einer Unterschriftsvollmacht". Nach dem unwiderlegten Vortrag der Klägerin war er dies auch bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung, wofür auch die Datumsangabe "01-05-1983" in dem Registerauszug gemäß AnlageMBP-A 36 spricht. Ausweislich des Registerauszuges ist Q ferner "Prokuratiehouder (b)" mit "Restricted power of attorney", wobei sich aus der zugehörigen Datumsangabe "01-12-1997" ergibt, dass er dies seit dem 1. Dezember 1997 ist. Mit der Anlage MBP-A 44 ("Statement of S") hat die Klägerin ferner als "EXHIBIT PLR 1" einen aktuelleren Registerauszug vom 12. April 2010 vorgelegt, aus dem ebenfalls hervorgeht, dass Q "Prokuratiehouder (b)" ist und "Besperkte volmacht" hat. Die zugehörige Datumsangabe "01-12-1997" spricht wiederum dafür, dass er dies seit dem 1. Dezember 1997 ist.
Mit der Anlage MBP-A 44 (Statement of S) hat die Klägerin ferner Unterlagen der niederländischen Handelskammer betreffend Herrn R vorgelegt. Aus diesen Unterlagen geht hervor, dass R vom 18. Mai 2001 bis zum 30. September 2007 "Prokuratiehouder (A)" der C N.V. war. Außerdem folgt aus diesen Anlagen, dass R berechtigt war, mit einem Geschäftsführer oder stellvertretendem Geschäftsführer oder einem "Prokuratiehouder A" oder "Prokuratiehouder B" zu unterschreiben.
Aus Art. 29 Abs. 1 des von der Klägerin als Anlage GD 2 zur Anlage MBP-A 43 (deutsche Übersetzung Anlage MBP-A 43a) (Statement of Q) überreichten, in englischer Sprache verfassten Gesellschaftsvertrages der C N.V. vom 6. Mai 1999 ergibt sich, dass die Gesellschaft u.a. durch zwei "Attorneys" (Vertreter), abhängig von den Vollmachtbeschränkungen solcher "Attorneys" zum Zeitpunkt oder nach ihrer Ernennung, vertreten werden kann.
Als Anlage MBP-A 41 (vgl. auch Anlage MBP-A 43) hat die Klägerin in diesem Zusammenhang des Weiteren eine Unterlage betreffend die "Authorised Signatures" der C N.V. vom 1. Juli 2001 überreicht, die nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag dem Commercial Register Rotterdam vorgelegt wurde. Aus dieser Unterlage (deutsche Übersetzung Bl. 380 GA) geht hervor, dass gemäß Art. 29 des Gesellschaftsvertrages der C N.V. sämtliche Dokumente, ausgenommen der Dokumente, die Kraft einer gesonderten Vollmacht unterzeichnet wurden, von folgenden Personen zu unterzeichnen sind, um die Gesellschaft rechtlich zu binden:
von zwei Mitgliedern des Vorstandes oder durch
ein Mitglied des Vorstandes gemeinsam mit einem Geschäftsführer mit einem gemeinschaftlichen Geschäftsführer mit einem stellvertretenden Geschäftsführer oder mit einem Vertreter "A" oder "B" oder durch
einen Vertreter "A" gemeinsam mit einem Vertreter "B".
In der Auflistung "Authorised Signatures" (Anlage MBP 41) ist R unter der Kategorie "Attorney A" aufgeführt; Q ist dort unter der Kategorie "Attorney B" genannt. R war mithin Vertreter "A" und Q Vertreter "B", was im Einklang mit den überreichten Registerauszügen steht, die R als "Prokuratiehouder (A)" und Q als "Prokuratiehouder (B)" ausweisen. Hieraus folgt, dass R als Vertreter bzw. Prokuratiehouder A zusammen mit Q als Vertreter bzw. Prokuratiehouder B zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt war.
Dass die im Registerauszug gemäß Anlage MBP-A 36 betreffend Q enthaltene Angabe "besperkte volmacht" (beschränkte Vollmacht) eine weitergehende Bedeutung hat, als dass Q als "Prokuratiehouder B" die Gesellschaft nicht allein, sondern nur gemeinsam mit einem "Prokuratiehouder A" vertreten kann, ist weder dargetan noch ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass hiermit nur darauf hingewiesen wird, dass Q nicht alleinvertretungsberechtigt ist. Zwar ist im Registerauszug bei anderen "Prokuratiehouders" in der Rubrik "Befugtheit" ("Bevoegdheid") von "Gesamtvollmacht" die Rede und angegeben, dass der betreffende "Prokuratiehouder" zur Vertretung mit einem anderen "Prokuratiehouder" vertretungsbefugt ist. Ein solcher Hinweis auf eine Generalvollmacht findet sich bei Q nicht. Die Unterlage "Authorised Signatures" der C N.V. vom 1. Juni 2000 (Anlage MBP-A 41), welche dem Commercial Register Rotterdam vorgelegt wurde, in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der C N.V. spricht aber dafür, dass Q als "Prokuratiehouder B" die Gesellschaft gemeinsam mit einem "Prokuratiehouder A" vertreten konnte, ohne dass beide hierbei weiteren Beschränkungen unterworfen waren. Denn weder der Gesellschaftsvertrag der C N.V. von 1999 noch die Anlage MBP-A 41 sehen solche Beschränkungen vor. Gegenteiliges machen die Beklagten auch nicht geltend. Sie sind dem gesamten diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht konkret entgegengetreten.
(3)
Für die C PLC ist das "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 ebenfalls von N unterzeichnet worden. Ausweislich der von der Klägerin als Anlage MBP-A 35 vorgelegten Vollmachtsurkunde vom 1. Oktober 2001 (deutsche Übersetzung Anlage MBP-A 35a) ist N auch von der C PLC bevollmächtigt gewesen. Die betreffende Vollmachtsurkunde wurde von den T und U unterzeichnet, die ausweislich des als Anlage MBP-A 37 vorgelegten Protokolls einen Beschluss über die Bevollmächtigung von N u.a. zur Übertragung von Patenten gefasst hatten. Nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin hatten die vorgenannten Unterzeichner der Vollmachtsurkunde als Mitglieder der Geschäftsführung die Rechtsmacht, die C PLC rechtswirksam zu vertreten. Entscheidend kommt es hierauf allerdings nicht an, weil es vorliegend allein um die Übertragung eines Patents der C N.V. bzw. die Abtretung von Ansprüchen der C N.V. aus diesem Patent geht.
(d)Das "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 ist schließlich auch formwirksam.
(1)In Bezug auf die hier in Rede stehende Übertragung des deutschen Teils des Klagepatents gilt dies schon deshalb, weil insoweit keine Formerfordernisse einzuhalten gewesen sind. Hinsichtlich der Übertragung eines Patents gelten anerkanntermaßen die Regeln des Internationalen Immaterialgüterrechts, die zum Bestand des autonomen deutschen Kollisionsrechts gehören und für den Bereich des geistigen Eigentums darüber bestimmen, welcher Rechtsordnung der immaterialgüterrechtliche Sachverhalt mit Auslandsberührung zur Beurteilung zugewiesen wird (vgl. Kühnen GRUR 2014, 137, 142; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl.,Rz. 975). Die besagten kollisionsrechtlichen Grundsätze werden vom Schutzlandprinzip (lex loci protectionis) beherrscht, welches nicht nur für die Voraussetzungen und Folgen einer Schutzrechtsverletzung gilt, sondern ebenso über die Entstehung, die Rechteinhaberschaft, den Bestand und die Übertragung des Patents entscheidet (Senat, Urt. v. 12. Juni 2014 - I-2 U 86/09, BeckRS 2014, 14418; Kühnen, GRUR 2014, 137, 142; vgl. zur Patentübertragung auch Benkard/Ullmann/Deichfuß, PatG/GebrMG, 11. Aufl., § 15 Rz. 54; vgl. ferner auch zur Markenübertragung: BGH GRUR 2002, 972, 973 - FROMMIA; GRUR 2010, 828, 829 - DiSC). Die Anknüpfung an das Schutzlandprinzip ist zwingend und einer abweichenden Rechtswahl der Parteien nicht zugänglich. Sie bedeutet, dass für die Anforderungen an die Übertragung eines Patents das Recht desjenigen Staats heranzuziehen ist, in dem das Patent seinen territorialen Schutz entfaltet. Bei deutschen Patenten und deutschen Teilen europäischer Patente ist dies Deutschland (Kühnen, GRUR 2014, 137, 142). Die lex fori protectionis gilt uneingeschränkt auch dann, wenn in demselben Vertragswerk neben dem deutschen Patent noch weitere ausländische Schutzrechte übertragen werden (Senat, Urt. v. 12.06.2014 - I-2 U 86/09; OLG München, GRUR-RR 2006, 130; Kühnen, GRUR 2014, 137, 142). Nach deutschem Sachrecht kann die Übertragung eines Patents mangels besonderer gesetzlicher Vorgaben durch schlichte vertragliche Übereinkunft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem in Aussicht genommenen Patenterwerber erfolgen. Stellvertretungen sind auf beiden Seiten zulässig (Kühnen, GRUR 2014, 137, 142). Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf es nicht, weil Art. 72 EPÜ ein Schriftformerfordernis ausdrücklich und abschließend nur für europäische Patentanmeldungen aufstellt (LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347, 350 - Medizinisches Instrument; Benkard/Ullmann/Deichfuß, a.a.O., § 15 Rz. 6; Kühnen, GRUR 2014, 137, 142).
(2)
Selbst wenn man dem aber nicht folgen und annehmen wollte, im Streitfall sei auch hinsichtlich der Frage der Übertragung des Klagepatents nicht deutsches, sondern englisches Recht anzuwenden, weil die Vertragsparteien unter Ziffer 3 des "PATENT ASSIGNMENTS" die Anwendung dieses Rechts vereinbart haben, ist das Ergebnis kein anderes.
Die Übertragung von Patenten sowie die Übertragung eines Rechts an einem Patent unterliegt nach englischem Recht gemäß § 30 Patents Act von 1977 (Anlage MBP-A 39; nachfolgend: PA 1977), welche Fassung hier anzuwenden ist, weil die in Rede stehende Vereinbarung vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurde, zwar bestimmten Formerfordernissen. Die Übertragung eines Patents oder eines Rechts an einem Patent ist hiernach nichtig, sofern sie nicht schriftlich niedergelegt und von den Parteien der Übertragung oder im Falle einer juristischen Person durch deren Vertreter unter dem Zeichen der juristischen Person unterzeichnet wird. Dass ist hier jedoch nicht der Fall, weil die in Rede stehende Vereinbarung den in § 30 PA von 1977 genannten Anforderungen entspricht.
Das "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 ist von Vertretern der beteiligten Unternehmen unter der Firma dieser Unternehmen unterzeichnet worden und die Vereinbarung ist auch schriftlich niedergelegt worden. Damit ist das Schriftformerfordernis gewahrt. Wie sich aus der von der Klägerin als Anlage LS 46 (deutsche Übersetzung Anlage LS 47) übereichten zweiten Erklärung des englischen Rechtsanwalts V nebst Anlagen ergibt, reicht es nach englischem Recht - entsprechend dem Wortlaut von § 30 PA 1977 - aus, dass die Übertragungsvereinbarung schriftlich abgefasst ist. Allein die schriftliche Abfassung des Übertragungsvertrages genügt insoweit. Insbesondere gibt es nach englischem Recht kein Erfordernis, wonach bei einer aus mehreren Blättern bestehenden Vertragsurkunde jedes einzelne Blatt von den Vertragsparteien unterschrieben sein muss. Erforderlich ist auch keine körperliche Verbindung der Blätter. In der Praxis werden einzelne Blätter zwar häufig zusammengeheftet; die Blätter können jedoch auch lose sein. Andere Formerfordernisse gibt es nicht. Wie der High Court in dem mit der Anlage LS 46 als EXHIBIT HNE 6 vorgelegten Urteil in der Sache Jensen ./. Emtech BL C/45/96 ausgeführt hat, verlangt § 30 PA 1977 nur, dass eine Patentübertragung schriftlich niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet ist. Ausweislich dieser Entscheidung ist es deshalb z.B. unschädlich, dass die Patentübertragungsvereinbarung kein Datum aufweist. Dem ist zu entnehmen, dass es nach englischem Recht keine besonderen Anforderungen in Bezug auf die schriftliche Niederlegung der Patentübertragung gibt. Gegenteiliges zeigen die Beklagten auch nicht auf.
(e)Soweit die Beklagte bestreitet, dass die C N.V. jemals materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents gewesen ist, kommt dem keine Bedeutung zu. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist von der C N.V. getätigt und dieser ist das Klagepatent ursprünglich auch erteilt worden. § 7 Abs. 1 PatG und Art. 60 Abs. 3 EPÜ bestimmen, dass der Anmelder als berechtigt gilt (unwiderlegliche gesetzliche Vermutung!), die Erteilung des Patents zu verlangen. Die Fiktion kommt jedem Anmelder zu und verpflichtet die Patentbehörde zur Patenterteilung auf die Anmeldung völlig unabhängig vom sachlichen Recht auf das Patent. Ist derjenige, der im Zeitpunkt des Erteilungsbeschlusses die Anmelderstellung innehat, materiellrechtlich nicht Inhaber der Anmeldung, erwirbt er kraft des Erteilungsbeschlusses dennoch nicht nur ein Scheinrecht, sondern wird formell und materiell berechtigter Patentinhaber (OLG Düsseldorf, BB 1970, 1110; Benkard/Melullis, a.a.O., § 7 Rz. 2). Der Erteilungsbeschluss legt als rechtsgestaltender Verwaltungsakt insofern nicht nur gegenständlich den Inhalt des Patents fest, sondern ordnet das erteilte Schutzrecht auch - konstitutiv - einem bestimmten Rechtsträger (sic: dem aktuellen Anmelder) zu.
(f)
Der Klägerin steht damit ein Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis zum 26. April 2008 zu. Da die Eintragung im Register keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage hat (siehe oben), steht der Klägerin als neuer Patentinhaberin ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Klagepatent nicht erst ab ihrer Eintragung im Register, sondern schon ab dem Zeitpunkt des materiellen Rechtsübergangs (21. Mai 2002) zu.
d)Für die Zeit vom 16. März 1994 bis zum 20. Mai 2002 kann die Klägerin aus abgetretenem Recht der C N.V. Ersatz des dieser entstandenen Schadens beanspruchen. Denn die C N.V., die ursprünglich als Erstinhaberin des Klagepatents eingetragen war, hat ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten wirksam an die Klägerin abgetreten.
(a)Bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und bei der Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung ist im Falle einer Patentübertragung anzugeben, wessen Schaden zu ersetzen ist bzw. wem gegenüber die Informationen zu erteilen sind (BGH, GRUR 2013, 713, 716 - Fräsverfahren). Dem entsprechen die nunmehr von der Klägerin gestellten Anträge.
(b)Die Klägerin hat dargetan und belegt, dass die C N.V. ihre Schadensersatzansprüche wirksam an sie abgetreten hat.
Das "PATENT ASSIGNMENT" vom 21. Mai 2002 enthält auch eine Abtretung von Schadensersatzansprüchen. In Ziffer 1 der Vereinbarung heißt es am Ende ausdrücklich, dass die Übertragung sämtliche Rechte (und damit Ansprüche), einschließlich Schadensersatz, in Bezug auf jede Patentverletzung, die vor Abschluss dieser Übertragung erfolgte, umfasst. Nach Sinn und Zweck der Vereinbarung sollten damit ersichtlich alle der C N.V. aus dem Klagepatent zustehenden Schadenersatzansprüche nebst Rechnungslegungs- und Auskunftsansprüche für die Zeit bis zur Patentübertragung auf die Klägerin übergehen.
Soweit die Abtretung von Ansprüchen aus dem Klagepatent (nicht: das Patent selbst) nach der in der Übertragungsvereinbarung von den Vertragsparteien getroffenen Rechtswahl nach englischem Recht zu beurteilen ist, entspricht die Abtretungsvereinbarung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - den in § 30 PA von 1977 genannten Anforderungen.
5.
Soweit das Landgericht die Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt und in Bezug auf den durch die Klägerin zunächst geltend gemachten Unterlassungsanspruch die teilweise Erledigung des Rechtsstreits festgestellt hat, hat die Beklagte insoweit weder Berufung noch Anschlussberufung eingelegt, so dass das Urteil des Landgerichts insoweit in Rechtskraft erwachsen ist. Die durch den Senat insoweit im Tenor vorgenommenen Änderungen haben lediglich klarstellende Funktion. Soweit die Verkaufsstellen, Einkaufs- und Verkaufspreise anzugeben sind, hat der Senat berücksichtigt, dass ein diesbezüglicher Anspruch lediglich für die Zeit ab dem 30. April 2006 besteht. Im Übrigen ergeben sich aus der dargelegten Schutzrechtsverletzung bzw.-benutzung folgende Rechtsfolgen:
a)
Nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG hat die Beklagte der Klägerin wegen der unmittelbaren Verletzung des Klagepatents Schadensersatz zu leisten.
(a)Die Beklagte hat die ihr zur Last gelegten schutzrechtsverletzenden Handlungen schuldhaft begangen, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Hätte sie als einschlägig tätige Gewerbetreibende die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, hätte sie sich vor der Aufnahme der Verletzungshandlungen über die Schutzrechtslage informiert. Im Rahmen dieser Nachforschungen wäre sie auf das Klagepatent gestoßen und hätte jedenfalls bei zutreffender rechtlicher Beratung ohne Schwierigkeiten feststellen können, dass die angegriffenen Schwangerschaftstestgeräte von den dort unter Schutz gestellten Lehren Gebrauch machen und dass ihnen kein Recht zur Benutzung des Klagepatents zusteht.
(b)
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass der Klägerin für die Zeit seit der erstinstanzlichen Nichtigkeitserklärung des Klagepatents durch das Bundespatentgericht mit Urteil vom 7. Juni 2005 ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zustehe, weil es insoweit an einem Verschulden fehle.
Der Beklagten war das Klagepatent im betreffenden Zeitraum bekannt. Das Klagepatent stand darüber hinaus - was die Beklagte ebenfalls wusste - im Zeitpunkt ihrer Benutzungshandlungen in Kraft. Dass das Klagepatent für nichtig erklärende Urteil des Bundespatentgerichts war nicht rechtskräftig, weil es mit der Berufung angegriffen wurde. Eine endgültige Vernichtung des Klagepatents lag mithin nicht vor. Die rechtskräftige Klärung der Rechtsbestandsfrage stand vielmehr noch aus, so dass das Klagepatent auch von der Beklagten zu respektieren war.
Soweit die Beklagte sich gleichwohl auf ein fehlendes Verschulden beruft, hat sie schon nicht dargetan, dass sie im fraglichen Zeitraum im Hinblick auf den Inhalt des Nichtigkeitsurteils des Bundespatentgerichts tatsächlich davon ausgegangen ist, das Klagepatent werde keinen Bestand haben. Selbst wenn die Beklagte, die selbst am Nichtigkeitsverfahren nicht beteiligt war, hiervon aber tatsächlich ausgegangen sein sollte, vermag sie dies nicht zu entlasten.
Im gewerblichen Rechtsschutz werden an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt (vgl. Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 15). Dem Grundsatz nach trägt ein Verletzer das Risiko der Schuldhaftigkeit, welches sich nicht ohne weiteres auf den Schutzrechtsinhaber verschieben lässt. In der Regel ist deshalb die Benutzung einer patentierten und damit geprüften Erfindung auch bei einem Irrtum über deren Rechtsbeständigkeit als schuldhaft anzusehen (vgl. BGH, GRUR 1961, 26 - Grubenschaleisen; GRUR 1977, 250, 253 - Kunststoffhohlprofil; Senat, GRUR 1962, 35, 36 - Kunststoffschläuche; Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 15; OLG München, GRUR-RR 2006, 385, 391 - Kassieranlage; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 48; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 139 Rz. 101; Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl., § 139 Rz. 86). Der Fahrlässigkeitsvorwurf bleibt in einem solchen Fall grundsätzlich bestehen; die Annahme, das Patent sei nicht rechtsbeständig, exkulpiert grundsätzlich nicht. Selbst bei begründeten Bedenken gegen die Rechtsbeständigkeit ist das Patent bis zu seiner Vernichtung oder seinem Widerruf in Kraft und als allgemeinverbindliche Norm zu respektieren (Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 16; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 48 m. w. Nachw.).
Diese Risikoverteilung gilt im Grundsatz auch dann, wenn das verletzte Patent durch ein nicht rechtskräftiges Nichtigkeitsurteil in erster Instanz für nichtig erklärt worden ist. Einem jeden Nichtigkeitsberufungsverfahren, dessen Sinn und Zweck gerade die Überprüfung des instanzgerichtlichen Urteils ist, wohnt dem Ansatz nach das Risiko einer anderen Beurteilung des Streitstands durch den Bundesgerichtshof inne. Die Erfahrung lehrt immer wieder, dass sogar bei einem scheinbar sehr nahe kommenden Stand der Technik Nichtigkeitsklagen abweichend von der Beurteilung durch das Bundespatentgericht und/oder der Verletzungsgerichte letztinstanzlich beim Bundesgerichtshof keinen Erfolg haben. Die Möglichkeit, dass das verletzte Patent im Nichtigkeitsberufungsverfahren nicht vernichtet wird, ist daher stets ernstlich in Rechnung zu stellen (vgl. Senat, GRUR 1962, 35, 36 - Kunststoffschläuche; Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 16). Ein Fachunternehmen, das sich trotz noch nicht endgültig geklärter Rechtslage entschließt, von einem Patent Gebrauch zu machen, handelt deshalb grundsätzlich auf eigene Gefahr (vgl. BGH, GRUR 1987, 564 - Taxi Genossenschaft; Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 16; OLG Nürnberg, GRUR 1967, 538 - Laternenflaschen).
Eine dem Verletzer günstige erstinstanzliche (nicht rechtskräftige) Nichtigkeitsentscheidung des Bundespatentgerichts lässt vor diesem Hintergrund für sich genommen entgegen der Auffassung der Beklagten das Verschulden des Verletzers nicht schon entfallen. Zur Exkulpation des rechtsirrig vom mangelnden Rechtsbestand eines Patents ausgehenden Verletzers reichen (nicht rechtskräftige) Entscheidungen von Kollegialgerichten, die einen für den Irrenden günstigen Inhalt haben, nicht ohne weiteres aus, und zwar auch dann nicht, wenn das Instanzgericht über eine besondere Fachkunde verfügt (vgl. BGH, BB 1962, 428 - Furniergitter; GRUR 1964, 606, 610 f. - Förderband; GRUR 1973, 518, 521 - Spielautomat II; GRUR 1993, 556, 559 - TRIANGLE; Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 16; Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 139 Rz. 51; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 139 Rz. 97; Schulte/Voß/Kühnen, a.a.O. § 139 Rz. 86, Kraßer; Patentrecht, 6. Aufl., S. 852). Das gilt namentlich auch dann, wenn der Nichtigkeitssenat des Bundespatentgerichts - durch ein auf die Berufung hin abgeändertes Urteil - das Patent zunächst vernichtet hatte (Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 16 f.; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 51; Schulte/Voß/Kühnen, a.a.O., § 139Rz. 86).
Am Verschulden des Verletzers fehlt es vor diesem Hintergrund nur unter besonderen Umständen, so z.B. dann, wenn bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen, dem irrig Handelnden ungünstigen Beurteilung durch die Gerichte bzw. den Bundesgerichtshof nicht gerechnet werden brauchte (vgl. BGH, GRUR 1987, 564, 565 - Taxi Genossenschaft, m. w. Nachw.; BGH, GRUR 1990, 474, 476 - Neugeborenentransporte; GRUR 1998, 568, 569 - Beatles-Doppel-CD; GRUR 1999, 49, 51 - Bruce Springsteen and his Band; GRUR 2002, 622, 626 - shell.de; GRUR 2002, 706, 708 - Vossius; Senat, Urt. v. 30.11.2010 - I-2 U 82/09, Umdr. Seite 17). Das kann der Fall sein, wenn das später als rechtsirrig zu qualifizierende Handeln der bis dahin geltenden höchstrichterlichen gefestigten Rechtsprechung entsprochen hat (vgl. Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 51; Schulte/Voß/Kühnen, a.a.O., § 139 Rz. 86). Befolgt der Verletzer die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung, so darf er nämlich grundsätzlich auf deren Fortbestand vertrauen; mit einer Änderung braucht er regelmäßig nicht zu rechnen (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 51 m. w. Nachw.). Als entschuldbaren Rechtsirrtum ist es deshalb anzusehen, wenn der Verletzer berechtigterweise auf eine feststehende höchstrichterliche Judikatur vertraut, die sich später ändert (OLG Düsseldorf [20. ZS], GRUR-RR 2002, 23, 25 - Überkleben von Kontrollnummern, m. w. Nachw.). Eine solche oder vergleichbare Ausnahmekonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
Gemessen an den vorstehend wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen hat die Beklagte damit durchgängig mindestens fahrlässig gehandelt. Auf die Richtigkeit des das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsurteils des Bundespatentgerichts konnte und durfte sie nicht einfach vertrauen.
Der Beklagten ist auch nicht bloß leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Nach § 139 Abs. 2 Satz 2 PatG a. F. konnte das Gericht unter der Geltung der früheren Rechtslage statt des Schadensersatzes lediglich eine Entschädigung zusprechen. Diese Privilegierung ist mit der Neufassung des § 139 PatG durch das Durchsetzungsgesetz vom 11. Juli 2008 (BGBl I 2008 S. 1191 = BlPMZ 2008, 274) ersatzlos aufgegeben worden (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 1). Ob für die Beurteilung der Schadensersatzpflicht gleichwohl diejenige Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung bestanden hat, kann hier dahinstehen. Denn in Fällen wie dem vorliegenden ist die Annahme leichter Fahrlässigkeit regelmäßig nicht gerechtfertigt. Besondere Umstände, die eine anderweitige Beurteilung rechtfertigen könnten, zeigt die Beklagte nicht auf.
(c)
Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz zunächst nur dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Dass ihr die schutzrechtsverletzenden Handlungen der Beklagten Schaden zugefügt haben, erscheint hinreichend wahrscheinlich.
b)
Damit die Klägerin die ihr zustehenden Schadenersatzansprüche berechnen und etwaige weitere Verletzer aufspüren kann, ist die Beklagte nach Art. 64 EPÜ i. v. m.§ 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB verpflichtet, der Klägerin unter Angabe der im Urteilsanspruch aufgeführten Einzeldaten über den Umfang ihrer schutzrechtsverletzenden Handlungen Rechnung zu legen. Die Klägerin kennt die zur Bezifferung ihrer Ansprüche notwendigen Einzelheiten ohne eigenes Verschulden nicht; demgegenüber wird die Beklagte durch die Erteilung der ihr abverlangten Auskünfte nicht unverhältnismäßig belastet und können sie auch ohne Schwierigkeiten geben.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, weil die hierfür in§ 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
X Y Z
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 17.12.2015
Az: I-2 U 33/10
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c301961acd80/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_17-Dezember-2015_Az_I-2-U-33-10