Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. März 2003
Aktenzeichen: 33 W (pat) 169/02

(BPatG: Beschluss v. 25.03.2003, Az.: 33 W (pat) 169/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 19 vom 28. Februar 2002 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 24. Dezember 1998 die Wortmarke RHEINKALK für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 19 und 37 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung mit Beschluß vom 28. Februar 2002 gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß der angesprochene Verkehr die Marke dahingehend verstehen würde, daß die angemeldeten Waren und Dienstleistungen Kalk aus dem Rhein enthielten oder mit diesem Material oder seiner Gewinnung im Zusammenhang stünden. Ein beschreibender Bezug bestehe dabei zu sämtlichen angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Den Konkurrenten der Anmelderin dürfe nicht verwehrt werden, durch die Verwendung des Wortes "RHEINKALK" darauf hinzuweisen, daß sich auch die von ihnen angebotenen Waren und Dienstleistungen mit Kalk aus dem Rhein beschäftigten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Sie regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie trägt vor, daß weder "im" Rhein, noch "am" Rhein Kalk gewonnen oder verarbeitet werde. Eine Gewinnung von Kalk aus dem Flußbett des Rheins oder etwa aus Rheinwasser finde mangels geeigneter Lagerstätten nicht statt und erscheine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten völlig abwegig. Auch eine Kalkverarbeitung erfolge nicht in Rheinnähe, diese finde grundsätzlich jeweils in unmittelbarer Nähe zur Abbaustelle statt. Die Anmelderin biete nur Vor- und Zwischenprodukte an, die lediglich von gewerblichen Abnehmern weiter verarbeitet würden. Dies ergebe sich auch aus dem im Verfahren vor dem Bundespatentgericht vorgelegten einschränkten Warenverzeichnis:

Klasse 01: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke, nämlich Gießereisplitte, Kalksteinsand, mineralische Flammhemmer, Stahlwerksstückkalk, Stahlwerksweichbranntkalk, Stahlwerkshartbranntkalk, Stahlwerksfeinkalk, hochfließfähige Feinkalke, Konverterkalk, Entschwefelungskalk, Stahlwerksdolomitkalk, Raffinations- und Abdeckmassen, Sinterbandkalk, kalkhaltige Zuschlagstoffe, Kalksteingrobsplitt für die Sodafabrikation, Kalkstein- und Dolomitsteinmehle für die Glasherstellung, Kalksteinmehl als Füllstoff für die Teppichrückenherstellung, Weißstückkalk und Weißfeinkalk für die Kunststoffherstellung, Weißfeinkalk und Weißkalkhydrat für die Papierherstellung, Kalksteingrobsplitte für die Zuckerfabrikation, Futterkalk, Calciumcarbonat und Calciummagnesiumcarbonat aus gemahlenem Kalkstein, auch als Granulat, erdfeuchter und trockener kohlensaurer Kalk, magnesiumcarbonathaltiger Kalk und kohlensaurer Magnesiumkalk, Magnesium-Branntkalk, Magnesium-Mischkalk, Düngekalk, Kalksteinmehl, Weißfeinkalk, Kalkhydrat und Kalkmilche für die Abgas- und Rauchgasreinigung, Weißfeinkalk, Kalkhydrat und Kalkmilch für die Wasseraufbereitung, Abwasserbehandlung, Wasserreinigung und Schlammbehandlung sowie kalkhaltige Bodenverbesserungsmittel und Neutralisierungsmittel; alle vorgenannten Waren in Form von grobstückigem Kalkstein oder Rohdolomit, Schotter, Edelsplitten, Splitten, Splittgemischen, Mineralgemischen, Kalksteingrießen, Kalksteinbrechsanden, Kalksteinmehl und -feinstmehl, Kalkmilch und gemischten Erzeugnissen auf Kalkbasis; alle vorgenannten Waren als Vor- oder Zwischenprodukte in Großgebinden oder als lose Schüttware zur Weiterverarbeitung in der Stahl- und Eisenindustrie, chemischen Industrie, Lebensmittelindustrie, Land- und Forstwirtschaft und im Umweltschutz.

Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall und nicht für die Zementindustrie), nämlich Bodenstabilisierungsmittel sowie Vor- und Zwischenprodukte auf der Basis von Kalk und Kalkerzeugnissen, Weißstückkalke, Branntkalke, Weißfeinkalke, Weißkalkhydrate; alle vorgenannten Waren als Vor- oder Zwischenprodukte in Großgebinden oder als lose Schüttware zur Weiterverarbeitung in der Baustoffindustrie, einschließlich des Straßen-, Grund- und Tiefbaus.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Januar 2003 Bezug genommen.

II 1. Die Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Wortmarke RHEINKALK ist im Zusammenhang mit dem nunmehr eingeschränkten Warenverzeichnis unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

a) Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Zwar geht der Senat davon aus, daß das allgemeine Publikum "RHEINKALK" im Sinne von "Kalk vom Rhein" oder ähnlich verstehen würde. Insoweit bestünden auch nach wie vor Bedenken gegen die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens.

Nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses sind nunmehr aber nur noch Fachkreise angesprochen. Diesen ist bekannt, dass - wie die Anmelderin vorgetragen hat - im Rhein bzw in unmittelbarer Nähe des Rheins kein Kalk abgebaut wird. Dies stimmt auch mit den Recherchen des Senats überein.

Der Senat hält es daher für ausgeschlossen, daß das Fachpublikum "RHEINKALK" im Sinne von "Kalk vom Rhein" verstehen werden. Die beteiligten Fachkreise werden in "RHEINKALK" vielmehr einen Unternehmenshinweis wie zB in den Bezeichnungen "Rhein Metall" oder "Rhein Pharma" sehen.

b) Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen könne. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Wortmarke "RHEINKALK" nicht umschrieben. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den nunmehr noch streitgegenständlichen Waren ist nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Angabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit diesen Waren, die sämtliche nicht in der Nähe des Rheins gewonnen bzw hergestellt werden, in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

2. Die angemeldete Marke ist schließlich auch nicht gemäß § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, da sie nicht geeignet ist, das Publikum über die geographische Herkunft der Waren zu täuschen. Den hier angesprochenen Verkehrskreisen, wie dargelegt, ausschließlich einem Fachpublikum, ist hinreichend bekannt, daß die angebotenen Produkte nicht aus der Gegend des Flusses Rheins stammen.

Winkler Baumgärtner Dr. Hock Cl/Fa






BPatG:
Beschluss v. 25.03.2003
Az: 33 W (pat) 169/02


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