Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Mai 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 93/01

(BPatG: Beschluss v. 06.05.2003, Az.: 24 W (pat) 93/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. August 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Bezeichnungsiehe Abb. 1 am Endesoll in farbiger Darstellung (blaue Schrift, oranges Ausrufezeichen auf blauem Grund) als Marke in das Register eingetragen werden.

Schutz war ursprünglich für folgende Waren und Dienstleistungen begehrt:

"Druckereierzeugnisse, insb. Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Broschüren und Prospekte, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Fotografien;

Werbung, Marketing, Marktforschung und Erstellung von Marktanalysen, Unternehmens- und Organisationsberatung, Beratungs- und andere organisatorische und betriebswirtschaftliche Serviceleistungen (soweit in Klasse 35 enthalten);

Schulungen, Trainings- und Ausbildungskurse; Planung und Durchführung von Konferenzen, Seminaren, Straßenaktionen und andere Veranstaltungen;

Volks- und Bürgerbegehren; politische Willensbildung (insbesondere Partei); Rechtsberatung und -vertretung; Presseservice; Fundraising; Analyse-, Beratungs-, Projektions-, Konzeptions- und andere Serviceleistungen für Volks- und Bürgerbegehren".

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 10. Januar 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft und im Hinblick auf ein bestehendes Freihaltebedürfnis zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke handle es sich um einen Werbeslogan. Solche spruchartigen Wortfolgen könnten nur dann als Marke geschützt werden, wenn sie einen markenmäßig kennzeichnenden Bestandteil enthielten, der als solcher innerhalb der Gesamtbezeichnung für die angesprochenen Verkehrskreise hervortrete oder wenn sie nach der Art ihrer Bildung nicht ohne weiteres als verständlicher oder typischer Slogan wirkten. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zu deren Begründung trägt er vor, daß die angemeldete Marke in ihrer konkreten graphischen und insbesondere farblichen Ausgestaltung weder einem Freihaltebedürfnis unterliege noch jeglicher Unterscheidungskraft entbehre. Im übrigen habe sich die angemeldete Marke im Verkehr zugunsten des Anmelders durchgesetzt.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat der Anmelder das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen beschränkt auf:

"Werbung, Marketing, Marktforschung und Erstellung von Marktanalysen, Unternehmens- und Organisationsberatung, Beratungs- und andere organisatorische und betriebswirtschaftliche Serviceleistungen (soweit in Klasse 35 enthalten);

Rechtsberatung und -vertretung; Presseservice, nämlich Öffentlichkeitsarbeit sowie Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseberichten; Fundraising, nämlich Mittelbeschaffung für gemeinnützige Zwecke, Spenden- und Mitgliederwerbung, Erschließung von Fördermitteln und Finanzierungsberatung für andere gemeinnützige Organisationen; Analyse-, Beratungs-, Projektions- und Konzeptionsleistungen für die organisatorische Durchführung von Volks- und Bürgerbegehren".

Insoweit beantragt der Anmelder, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat nach der erfolgten Beschränkung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen auch in der Sache Erfolg.

Für die verbliebenen Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke die nach § 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als herkunftsindividualisierendes Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann diese Eignung bei Wortmarken nur verneint werden, wenn die Marke im Hinblick auf die von ihr erfaßten Waren oder Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt aufweist oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das im Verkehr stets nur als solches und nicht als herkunftsindividualisierendes Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2003, 342 "Winnetou"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"). Dieselben Grundsätze sind auch bei der markenrechtlichen Beurteilung von Werbeslogans und sonstigen spruchartigen Wortfolgen anzuwenden. Insbesondere kann insoweit - abweichend von der früheren Rechtsprechung - nicht gefordert werden, daß der Slogan oder Spruch einen markenmäßig kennzeichnenden und als solchen hervortretenden Bestandteil enthält oder besonders eigenartig gebildet ist. Vielmehr unterliegen auch solche Marken nur dann der Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn sie von den angesprochenen Verkehrskreisen vorwiegend beschreibend verstanden werden oder sich in Anpreisungen oder Werbeaussagen allgemeiner Art erschöpfen (vgl BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"; GRUR 2001, 1047, 1048 "LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER"; GRUR 2001, 735, 736 "Test it."; GRUR 2000, 720, 721 "Unter Uns"; GRUR 2000, 323 "Partner with the Best"; GRUR 2000, 321, 322 "Radio von hier"). Das ist hier nicht der Fall.

Die Wortfolge "Mehr Demokratie!" enthält die allgemeine politische Forderung, der Auffassung der Bürger im politischen Entscheidungsprozeß mehr Gewicht zu verschaffen, wobei offen bleibt, wie dies im einzelnen verwirklicht werden soll. Mit diesem Aussagegehalt weist die angemeldete Marke keinen erkennbaren Sachbezug zu den Dienstleistungen "Werbung, Marketing, Marktforschung und Erstellung von Marktanalysen, Unternehmens- und Organisationsberatung, Beratungs- und andere organisatorische und betriebswirtschaftliche Serviceleistungen (soweit in Klasse 35 enthalten)" auf. Auch im Hinblick auf die weiteren Dienstleistungen "Rechtsberatung und -vertretung; Presseservice, nämlich Öffentlichkeitsarbeit sowie Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseberichten; Fundraising, nämlich Mittelbeschaffung für gemeinnützige Zwecke, Spenden- und Mitgliederwerbung, Erschließung von Fördermitteln und Finanzierungsberatung für andere gemeinnützige Organisationen; Analyse-, Beratungs-, Projektions- und Konzeptionsleistungen für die organisatorische Durchführung von Volks- und Bürgerbegehren" läßt der Spruch "Mehr Demokratie!" keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt erkennen. Es wird lediglich in allgemeiner Form das politische Ziel benannt, das der Anmelder mit der Erbringung der genannten Dienstleistungen verfolgt. Insoweit handelt es sich bei der angemeldeten Marke allenfalls um ein "sprechendes Zeichen", das zwar andeutet, worum es bei den genannten Dienstleistungen geht, diese aber nicht in schutzhindernder Weise ihrer Art und ihrem Gegenstand nach beschreibt. Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß es sich bei der angemeldeten Marke um eine gebräuchliche Wortfolge handelt, die von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen stets nur als solche und nicht als Individualzeichen verstanden wird.

Da die angemeldete Marke - wie ausgeführt - keinen beschreibenden Sinngehalt aufweist, kann ihr die Eintragung auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG versagt werden.

Dr. Ströbele Kirschneck Dr. Hacker Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/24W(pat)93-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 06.05.2003
Az: 24 W (pat) 93/01


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