Landgericht Köln:
Urteil vom 23. Juli 2008
Aktenzeichen: 28 O 19/08

(LG Köln: Urteil v. 23.07.2008, Az.: 28 O 19/08)

Tenor

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die von dem Kläger geschaffene Skulptur einer Pferdegruppe wieder in die nachfolgende Form zu bringen

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Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. trägt der Kläger zu 50 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers und die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 4/7 und die Beklagte zu 1. zu 3/7. Eine weitere Kostenerstattung findet nicht statt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 €. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Veränderung eines Standortes einer Pferdeskulptur sowie der Veränderung der Positionen der Pferde der vorgenannten Skulptur zueinander.

Der Kläger ist ein seit langer Zeit auch im Bereich der Bundesrepublik tätiger Bildhauer. In mehr als 150 deutschen Städten und Gemeinden stehen Skulpturen, die der Kläger geschaffen hat.

Die Beklagte zu 1. ist Eigentümerin des im Jahre 1905 durch den Architekten N entworfenen C-Platz. Unmittelbar an den C2 schließt sich das denkmalgeschützte Gebäude des B Hauptbahnhofes an.

Am 21.11.1972 beauftragte die Beklagte zu 1. den Kläger, eine Pferdeskulptur zu erstellen. Ob hierbei der Aufstellort der Skulptur festgelegt wurde, ist zwischen den Parteien umstritten. Jedenfalls wurde die vom Kläger sodann erschaffene Pferdeskulptur, die mehrere Pferde zueinander in einer bestimmten Formation zeigt, im Jahr 1977 auf dem C2 der Beklagten zu 1. aufgestellt. Hinsichtlich des Aussehens der Skulptur wird auf das als Anlage K1 vorgelegte Lichtbild der Pferdegruppe Bezug genommen.

Um die Skulptur aufstellen zu können, wurde auf dem C2 eine Aufschüttung vorgenommen und eine vom übrigen C2 abweichende Pflasterart als Untergrund der Skulptur gewählt. Die Pferdeskulptur befand sich dabei vor dem Haupteingang des Hauptbahnhofes am anderen Ende des C-Platz. Hinsichtlich der genauen Positionierung der Pferdegruppe wird auf die weiteren als Anlage K2 vorgelegten Lichtbilder Bezug genommen. Jedenfalls die abschließende Entscheidung über den Aufstellort traf die Verwaltung der Beklagten zu 1., nachdem die Entscheidung über den Aufstellort am 02.12.1975 beraten worden war. Auch fand am 18.12.1975 ein Ortstermin hinsichtlich des Aufstellorts statt, an dem auch der Kläger teilnahm.

Nachdem die Beklagte zu 1. beschlossen hatte, den C2 neu zu gestalten, erhielten die Beklagten zu 2. und 3. den Auftrag, diese Umgestaltung zu planen und durchzuführen. Die entsprechenden Arbeiten wurden in den Jahren 2004/2005 ausgeführt. Der Vorplatz wurde jetzt als eine große Freifläche gestaltet, die in der Mitte durch zwei Bänke "durchschnitten" wird. Hinsichtlich der Neugestaltung wird auf die Anlage K5 der Beklagten zu 2. und 3. (Bl. 116 d.A.) Bezug genommen.

Im Rahmen der Neugestaltung wurde auch die vom Kläger geschaffene Pferdeskulptur an einen anderen Standort versetzt. Dabei wurde auch der die Skulptur umgebende Hügel anders gestaltet. Die Pferdegruppe wurde versetzt vor dem Haupteingang, in der Nähe eines dortigen Gebäudes aufgestellt. Auch insoweit wird ergänzend auf die Anlage K5 der Beklagten zu 2. und 3. Bezug genommen. Die "Laufrichtung" der Pferde wurde so festgelegt, dass sie einem Verwaltungsbau den Rücken zukehren und in Richtung Bahnhof "laufen".

Während der Umsetzung der Pferdegruppe wurde die im Boden versenkte Verankerung der einzelnen Pferde zueinander abgetrennt. Durch diese Verankerung war die Position der Pferde zueinander sowie die Höhe der einzelnen Pferde bestimmt. Im Rahmen der Neuaufstellung der Pferdegruppe wurden die hinteren beiden Pferde gegenüber den vorderen verschoben. Die ursprünglich in eine Lücke zwischen den vorderen Pferden laufenden hinteren Pferde stehen nunmehr fluchtgenau in einer Linie. Auch die Höhe der Pferde sowie der Abstand der einzelnen Pferde zueinander wurde im Rahmen der Neuaufstellung verändert. Insbesondere der Abstand der hinteren zu den vorderen Pferden wurde vergrößert. Auch ist die linke Seite der Skulptur aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht mehr von allen Seiten im gleichen Maße wie zuvor zu betrachten.

Der für die Neuaufstellung angelegte Hügel ist dabei niedriger als der ursprüngliche Hügel. Daher berühren nicht alle Pferdehufe das Plateau des Sockels. Auch ist der Hügel nach hinten abgesenkt, was die vorgenannte Absenkung der hinteren Pferde im Verhältnis zu den vorderen Pferden zur Folge hatte.

Der Kläger trägt vor, dass die Skulptur gerade durch die Stellung der Pferde zueinander in Form und Höhe geprägt werde. Sie sei auch wesentliches Merkmal des C-Platz gewesen. Auch die Höhe der Pferde über dem Hügel stelle ein wesentliches Merkmal der Skulptur dar. Die Skulptur sei von der Beklagten zu 1. für die Aufstellung auf dem C2 erworben worden. Der Aufstellort sei mit Zustimmung des Klägers und aufgrund seines Vorschlages einvernehmlich festgelegt worden, nachdem der Zeuge Dr. O die Empfehlungen des Klägers übernommen habe. Jedenfalls sei bei allem dem Kauf vorangegangenen Besprechungen der C2 als Standort genannt worden. Auch bei der Gestaltung des Hügels habe eine Abstimmung der von der Beklagten zu 1. beauftragten Baufirma mit dem Kläger stattgefunden. Der Hügel ergänze die Skulptur gerade in besondere Weise.

Das Versetzen der Pferdeskulptur sei unzulässig gewesen, da hierdurch in die Urheberrechte des Klägers eingegriffen würde. So sei die Skulptur vom höchsten Punkt des Platzes in unzulässiger Weise an den niedrigsten Punkt verlagert worden. Diese Versetzung sei nicht notwendig gewesen. Insbesondere sei sie nicht der Verkehrssituation geschuldet gewesen, da - was unstreitig ist - ein Unfall in der Nähe der Skulptur nicht passiert sei. Auch betrage der Abstand zur Straße - unstreitig - mindestens 2,5 m und sodann folge - ebenfalls unstreitig - eine Busspur und Haltefläche. Daher sei eine Gefährdung wegen der Nähe zum Verkehr nicht gegeben gewesen.

Soweit die Beklagten behaupteten, das Abschneiden der Pferde von der im Boden befindlichen Verbindungskonstruktion sei erforderlich gewesen, da diese durchgerostet gewesen sei, sei dies unzutreffend. Da die Unterkonstruktion aus rostfreiem Stahl bestanden habe, sei ein Rosten nicht möglich gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, die von dem Kläger geschaffene Skulptur einer Pferdegruppe wieder in die nachfolgende Form zu bringen:

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festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, die Skulptur einer Pferdegruppe auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofes gegenüber dem Haupteingang an nachfolgender ursprünglicher Stelle aufzubauen:

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3. hilfsweise, festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, die Skulptur an einer Stelle des Vorplatzes am Hauptbahnhof aufzubauen, die gleichwertig mit dem ursprünglichen Aufstellungsort ist.

4. Die Beklagten zu 2. und 3. zu verurteilen, der Veränderung des Aufstellungsortes gemäß Ziff. 2. und 3. zuzustimmen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, der Aufstellort sei lediglich durch die Beklagte zu 1. festgelegt worden. Auch die Gestaltung des Hügels sei alleine von der Beklagten zu 1. bestimmt worden. Ein Mitspracherecht habe der Kläger weder bei der Gestaltung des Hügels noch bei dem Aufstellort gehabt, zumal auch andere Orte außerhalb des C-Platz für die Aufstellung der Pferdegruppe diskutiert worden seien.

Die Umstellung der Skulptur sei aufgrund der Neuplanung des C-Platz erforderlich gewesen. Auch sei der ursprüngliche Standort nicht gut geeignet gewesen, da er - unstreitig - unmittelbar an der Fahrbahn gelegen habe. Auch würde die Skulptur an ihrem jetzigen Standort in besonderem Maß zur Geltung kommen, da der Fußgängerstrom aus dem Bahnhof heraus an der Skulptur vorbeilaufen würde.

Soweit die Skulptur bei der Umstellung - unstreitig - von der Unterkonstruktion getrennt worden sei, sei dies erforderlich gewesen, da die Unterkonstruktion irreparabel verrostet gewesen sei und daher habe erneuert werden müssen. Soweit die Neuaufstellung der Pferde sodann in einer leicht veränderten Positionierung zueinander erfolgt sei, habe dies den Gesamteindruck der Pferdegruppe nicht verändert. Auch sei diese unvermeidbar gewesen, da die Kläger seine Mitwirkung an der Umstellung verweigert habe, so dass - unstreitig - keine Pläne der ursprünglichen Skulptur vorgelegen hätten.

Jedenfalls die geänderte Gestaltung des Hügels sei zulässig gewesen, da aufgrund der Entwässerungsmöglichkeiten der Hügel nach hinten abfallend habe gestaltet werden müssen.

Vor diesem Hintergrund liege jedenfalls kein Eingriff in die Urheber- oder Urheberpersönlichkeitsrechte des Klägers vor. Letztlich käme eine Umstellung der Pferdegruppe an den ursprünglichen Aufstellort auch deswegen nicht in Betracht, da dies einen unzulässigen Eingriff in die Urheberrechte der Beklagten zu 2. und 3. darstellen würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich der Hauptanträge zu 1., 2. und 4. zulässig, jedoch nur hinsichtlich des Antrages zu 1. begründet. Der für den Fall des Unterliegens gestellte Hilfsantrag (Antrag Ziff. 3) ist unzulässig. Im Einzelnen:

1. Die Klage ist hinsichtlich der Hauptanträge zu Ziff. 1., 2. und 4. zulässig. Insbesondere sind die unter Ziff. 1 und 2. genannten Anträge ausreichend bestimmt (§ 253 ZPO), da sie aus sich selbst heraus verständlich sind und keine Wertungen enthalten. Vielmehr umschreiben sie jeweils das konkret von den Beklagten erwartete Verhalten, ohne dass im Antrag eine Wertung enthalten ist. Anhand der jeweils zum Gegenstand der Anträge gemachten Lichtbilder lässt sich erkennen, in welcher Formation die Pferdegruppe ursprünglich stand bzw. wo der genaue Aufstellort war. Eben in diese ursprüngliche Position am Ausgangsstandort soll die Beklagte zu 1. die Skulptur zurück versetzen. Dieser Antrag ist auch vollstreckbar, da (ggf. mittels Sachverständigem im Vollstreckungsverfahren) aufgeklärt werden kann, ob die Anordnung der Pferde dem Lichtbild entspricht bzw. die Positionierung mit der ursprünglichen übereinstimmt.

Auch soweit mit dem Antrag Ziff 2. ein Feststellungsantrag gestellt wird, ist dieser zulässig. Zwar ist der Feststellungsantrag grundsätzlich gegenüber dem - hier ebenfalls denkbaren - Leistungsantrag subsidiär. Bei öffentlichen Körperschaften oder Anstalten ist zudem trotz möglicher Leistungsklage in der Regel ein Feststellungsinteresse anzunehmen, weil von ihnen zu erwarten ist, dass sie sich schon einem Feststellungsurteil beugen werden (vgl. BGH in NJW 1984, 1118, m.w.N.). Auch im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Beklagte aus einem im Sinne des Klägers ergehenden Feststellungsurteil die Konsequenz zieht, die Skulptur an ihren ursprünglichen Standort zurück zu versetzen, so dass unter diesem Gesichtspunkt die Erhebung der Feststellungsklage ein sachgerechter Weg ist.

2. Ein Anspruch auf Wiederherstellung der im Antrag genannten Form der Pferdegruppe des Klägers gegen die Beklagte zu 1. ist auch begründet.

Die Beklagte zu 1. schuldet gem. § 97 UrhG die Beseitigung der Veränderung (§ 39 Abs. 1 UrhG) der Pferdegruppe des Klägers. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. war diese nämlich nicht befugt (§ 9 Abs. 2 UrhG), die Position der Pferde zueinander sowohl in Höhe und Abstand sowie Ausrichtung zu verändern.

Mit der Skulptur des Klägers hat dieser ein Werk der bildenden Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG) geschaffen. Auch von den Beklagten wird dabei nicht angegriffen, dass die Pferdeskulptur die hierfür erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreicht.

Wie sich aus § 39 UrhG ergibt, ist der Inhaber eines Nutzungsrechtes grundsätzlich nicht berechtigt, Änderungen an dem jeweiligen Werk vorzunehmen. Zwar wurden der Beklagten zu 1. neben den Rechten als Eigentümer des Werkes keine Nutzungsrechte eingeräumt. Jedoch ist die Vorschrift auf den Eigentümer jedenfalls analog anzuwenden (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 39 Rn. 2, m.w.N.), da der Schutz der Werkintegrität grundsätzlich von jedermann zu beachten ist. Vor diesem Hintergrund hat § 39 UrhG hinsichtlich des Inhabers eines Nutzungsrechts lediglich eine klarstellende Funktion.

Die Beklagte zu 1. hat im Rahmen der von ihr durchgeführten Umgestaltung des C-Platz auch Veränderungen an dem Werk vorgenommen, indem sie die Pferde nicht in ihrer vom Kläger dargestellten Ausrichtung zueinander wieder aufbaute. Diese Veränderung verpflichtet die Beklagte zu 1. zur Beseitigung. Das ist durch die Umstellung der einzelnen Pferde zueinander auch unschwer möglich.

Die von der Beklagten zu 1. hiergegen vorgebrachten Argumente führen zu keinem anderen Ergebnis. Zwar kann der Urheber Änderungen nicht untersagen, wenn er nach Treu und Glauben verpflichtet ist, eine Zustimmung zu erteilen (§ 39 Abs. 2 UrhG). Eine solche Verpflichtung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass § 39 Abs. 2 UrhG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist (vgl. Dreier/Schulze § 39 Rn. 14, m.w.N.). Allein der Vortrag, dass der Hügel als Untergrund der Pferde anders als der "Ausgangshügel" angelegt wurde, spricht nicht für die Beklagte zu 1., da es ihr oblegen hätte, einen Aufstellort zu finden, auf dem die Skulptur unverändert Platz gehabt hätte. Vor diesem Hintergrund kann auch das Argument der Beklagten zu 1., es habe Probleme bei der Entwässerung gegeben, nicht überzeugen. Auch insoweit wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, die Skulptur an einem Ort aufzustellen, an dem diese Probleme durch eine entsprechende Gestaltung hätten beseitigt werden können.

Auch der Vortrag der Beklagten, das Untergestell sei verrostet gewesen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar war die Beklagte zu 1. grundsätzlich nicht verpflichtet, die Skulptur weiter instand zu halten. Entscheidet sie sich jedoch, Maßnahmen der Instandhaltung durchzuführen, so kann dies vorliegend kein Interesse an einer Veränderung der Skulptur begründen. Es wäre der Beklagten zu 1. ohne weiteres möglich gewesen, die ursprüngliche Position der Pferde zueinander, die wesentliches Merkmal des Kunstwerkes ist, festzuhalten und zu rekonstruieren. Ob durch die Veränderungen dieser Abmessungen tatsächlich ein anderer Gesamteindruck von der Skulptur entsteht, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Zwar kann die Änderung des Gesamteindrucks bei der Abwägung der Interessen nach § 39 Abs. 2 UrhG nach Treu und Glauben berücksichtigt werden. Da jedoch keine weiteren Gründe vorliegen, die eine Veränderung notwendig machten, führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis.

3. Der Antrag Ziff. 2, festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, die Skulptur an dem ursprünglichen Aufstellort aufzubauen, ist unbegründet.

Ein Anspruch kann sich nicht aus §§ 97, 39 UrhG ergeben, da durch das Aufstellen der Skulptur an einem anderen Ort kein unzulässiger Eingriff in das Werk des Klägers vorgenommen wurde:

Auf Konstellationen, bei denen nicht in die Substanz des streitgegenständlichen Werkes eingegriffen wird, ist nicht § 39 UrhG, sondern § 14 UrhG anzuwenden. Beide Bestimmungen stehen selbstständig nebeneinander. Ihr Unterschied besteht darin, dass das Recht gegen Änderungen (§ 39 UrhG) sich gegen eine Verletzung des Bestandes und der Unversehrtheit des Werkes selbst in seiner konkret geschaffenen Gestaltung, dagegen das urheberpersönlichkeitsrechtlich ausgestaltete Recht gegen Entstellungen gegen eine Beeinträchtigung der geistigen und persönlichen Interessen des Urheberrechts auch durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung richtet (vgl. KG Berlin in NJW-RR 2001, 1201, m.w.N.). Danach ist für § 39 UrhG ein Eingriff in die Substanz erforderlich, die hinsichtlich der Standortveränderung des Werkes nicht vorliegt.

Die von der Beklagten zu 1. vorgenommene Umstellung der Pferdeskulptur führt jedoch auch nicht gemäß §§ 97, 14 UrhG zu der vom Kläger begehrten Verpflichtung, das Werk an seinen ursprünglichen Aufstellort zu versetzen.

Vorliegend fehlt es an einer Beeinträchtigung des Kunstwerkes durch die Umstellung. Zwar kann eine Beeinträchtigung entgegen dem Sprachgebrauch nicht nur vorliegen, wenn eine Verschlechterung oder Abwertung des Werkes gegeben ist. Ausgangspunkt der Frage, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, ist das Werk in der ihm vom Urheber verliehenen Gestalt, die diesem als die bestmögliche erscheint und die dementsprechend auch vom außenstehenden Betrachter als solche hinzunehmen ist (vgl. Dietz in Schricker, UrhG, 3. Auflage, § 14 Rn. 21). Vor diesem Hintergrund kann auch eine angebliche Verbesserung des Werkes als Beeinträchtigung anzusehen sein (vgl. Dietz, a.a.O.).

Auch dass durch die Umstellung nicht in die Substanz der Skulptur eingegriffen wurde, führt für sich gesehen noch nicht dazu, dass das Vorliegen einer Beeinträchtigung abzulehnen ist. Vielmehr ist zwischen direkten und indirekten Beeinträchtigungen zu unterscheiden. Während von einer direkten Beeinträchtigung auszugehen ist, wenn in die Substanz des Werkes eingegriffen wird, liegt eine indirekte Beeinträchtigung vor, wenn das Werk in einem anderen Sachzusammenhang dargestellt wird, ohne dass an dem Werk selbst eine Veränderung vorgenommen würde. Der indirekte Eingriff wirkt sich folglich nur auf die geistige Substanz des Werkes aus, so dass das Entstellungsverbot sich gegen jede Verfälschung der Wesenszüge des Werkes in der Form, wie es anderen dargeboten wird, richtet (vgl. OLG Hamm in ZUM-RD 2001, 443). Auch hat der Urheber auf Grund seines Urheberpersönlichkeitsrechts einen Anspruch darauf, dass sein Werk dem Publikum unverfälscht dargeboten wird. Er hat seinem Werk eine bestimmte Form und Gestaltung gegeben, in der seine Werkvorstellung, seine Werkidee in möglichst idealer Weise zum Ausdruck kommt. Nur in dieser Form braucht er sein Werk gegen sich gelten zu lassen.

Bei standortbezogenen Werken gehört zum Werk auch dessen Umweltbezug. Form und Gestaltung des Werkes erschöpfen sich dabei nicht im Werk selbst, wie bei einer Plastik, die für sich selbst spricht. Vielmehr gewinnt ein solches Werk seine spezifische Aussagekraft erst durch den Zusammenhang, in den der Urheber sein Werk gestellt hat. Der Rahmen und das Umfeld, in den der Urheber sein Werk stellt, werden so Teil des Werkes selbst, auch wenn Rahmen und Umfeld dem Urheber vorgegeben waren. Die Auswahl und Einbeziehung gerade des speziellen Umfeldes und des Rahmens in den Aussagegehalt des Werkes stellen eine eigenständige schöpferische Leistung des Urhebers dar, die vom Entstellungsschutz des § 14 UrhG umfasst wird (vgl. OLG Hamm, a.a.O., m.w.N.).

Die streitgegenständliche Pferdegruppe stellt jedoch kein solches standortbezogenes Werk dar. Zwar zeigt die Entstehungsgeschichte der Plastik, dass sie zwar für den C2 als einen möglichen Standort in Auftrag gegeben wurde. Dass die Pferdeskulptur jedoch lediglich an dem konkreten Platz vor dem Gebäude des Hauptbahnhofs zu der besonderen Geltung kommen sollte, ist hingegen nicht ersichtlich. So wurde der endgültige Auftrag für die Erschaffung der Plastik zeitlich deutlich vor der Entscheidung der Beklagten zu 1. über den Aufstellort getroffen. Dies zeigt, dass jedenfalls der genaue Standort für die Erschaffung der Skulptur durch den Kläger nicht von entscheidender Bedeutung war. Auch wurde die konkrete Positionierung des Werkes auf dem C2 erst in einer Besprechung vor Ort am 18.12.1975 festgelegt. Darüber hinaus lagen bereits vor dem Verkauf der Skulptur an die Beklagte zu 1. entsprechende Entwürfe des Klägers vor, die dieser angefertigt hatte, ohne dass überhaupt entsprechende geschäftliche Beziehungen zu der Beklagten zu 1. angebahnt worden waren.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass die konkret entworfene Pferdegruppe zwar als Symbol der Beklagten zu 1. die am Hauptbahnhof ankommenden Personen "begrüßen" soll. Dass die Pferdegruppe jedoch in die Umgebung des Bahnhofs, insbesondere in die Gestaltung des C-Platz in besonderer Weise eingebunden wurde, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Skulptur gerade zu der konkreten Umgebung oder dem Aufstellort einen besonderen Bezug hatte, wie dies beispielsweise bei einem Mahnmahl oder einer Gedenktafel der Fall sein kann. Auch ist nicht ersichtlich, dass ein besonderer Bezug zu den weiteren Gebäuden oder den konkreten Gestaltung des Vorplatzes gegeben ist. Allein die Laufrichtung der Pferde und die Möglichkeiten der Betrachter, das Werk von bestimmten Positionen anzusehen, führen nicht zu einer Standortbezogenheit der Pferdegruppe. Vielmehr handelt es sich bei der Pferdeskulptur um ein Kunstwerk, das allein aus sich heraus wirkt. Wie dargelegt ist gerade die Ausrichtung und Positionierung der Pferde zueinander für die Skulptur prägend. Vor diesem Hintergrund kann die Skulptur ihre künstlerische Aussagekraft jedoch nicht nur an ihrer konkreten Position auf dem C2 entfalten, sondern auch an anderen geeigneten Standorten mit gleicher Intention ausgestellt werden.

Selbst wenn entgegen der Auffassung der Kammer von einer Beeinträchtigung ausgegangen würde, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Zwar mag die Umsetzung bei Annahme einer Beeinträchtigung auch zur Interessegefährdung der Interessen des Klägers als Urheber geeignet sein, da diese durch die Beeinträchtigung indiziert wäre (vgl. Dietz in Schricker, a.a.O., § 14 Rn. 27). Jedenfalls würden die Interessen der Beklagten zu 1. das Interesse des Klägers auf Erhaltung des ursprünglichen Standortes überwiegen. Insoweit war die Beklagte zu 1. grundsätzlich befugt, den C2 neu zu gestalten. Hier lag eine - nach Auffassung der Beklagten - nicht mehr zeitgemäße Gestaltung des C-Platz vor, die durch die Beklagte zu 1. im Rahmen der Planung durch die Beklagten zu 2. und 3. verändert und an eine moderne Architektur angepasst werden sollte. Auch handelt es sich bei dem möglichen Eingriff in die Rechte des Klägers um einen Eingriff von geringer Intensität. So verbleibt die streitgegenständliche Skulptur weiterhin auf dem C2 und kann von den Reisenden, die den Bahnhof verlassen, weiterhin gesehen und betrachtet werden. Allein die Tatsache, dass die Pferdeskulptur nicht mehr in zentraler Position vor dem Bahnhof aufgestellt ist, sondern seitlich versetzt und daher auch zumindest von einer Seite nicht mehr im gleichen Maß wie vorher betrachtet werden kann, führt nicht zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.

Auch im übrigen führt der neu gewählte Standort nicht zu einer Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes gemäß § 14 UrhG. Zwar können unter Beeinträchtigungen i.S. des § 14 UrhG Tatbestände fallen, bei denen der Zusammenhang, in dem die Werkwiedergabe steht, zu einer Gefährdung der geistigen und persönlichen Interessen des Urheberrechts führt. Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Unter entsprechende Beeinträchtigungen fallen beispielsweise sinnentstellende Kürzungen oder Kritiken, wenn sie entstellende Wiedergaben oder Beschreibungen des Werkes enthalten, fallen (vgl. Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage, § 14 Rn 9). Auch die Nutzung von Musikstücken zur Untermalung von Filmen mit pornographischem Inhalt kann als Entstellung anzusehen sein.

Bei der Umsetzung eines nicht standortbezogenen Werkes der bildenden Kunst kann eine Entstellung folglich jedoch nur dann angenommen werden kann, wenn ein Werk an einem untauglichen Ort aufgestellt wird oder aufgrund von anderen Merkmalen des neuen Standortes nicht mehr ausreichend zur Geltung kommen kann.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Skulptur befindet sich unstreitig weiterhin auf dem C2. Sie ist auch gut sichtbar, da sie unmittelbar von den Personen, die den Bahnhof verlassen, erkannt werden kann. Dass sie dabei von einer Seite teilweise von Schildern verdeckt ist, führt dabei zu keinem anderen Ergebnis. Jede Skulptur, die nahe zu einem Bauwerk steht, kann nicht von allen Seiten gleich gut betrachtet werden. Dies spielt jedoch für den künstlerischen Gesamteindruck keine Rolle. Das gleiche gilt für die Laufrichtung der Pferde, da ein Bezug zur Umgebung insoweit nicht erkennbar ist.

4. Der Antrag Ziff. 3 (Hilfsantrag), über den aufgrund der Abweisung des Antrages Ziff. 2 zu entscheiden war, ist als zu unbestimmt unzulässig, da nicht ersichtlich ist, was ein "gleichwertiger" Aufstellort ist (§ 253 ZPO). Aufgrund dieser wertenden Formulierung im Rahmen der Antragstellung wäre eine Vollstreckung dieses Antrages nicht möglich. Gerade aus der diesem Verfahren zugrundeliegenden Argumentation der Parteien zeigt sich, dass die Beurteilung eines Aufstellortes, der gleichwertig zum ursprünglichen Aufstellort ist, einen erheblichen Auslegungsspielraum bietet und von der Beurteilung des Betrachters abhängt. Die Frage, ob ein Aufstellort gleichwertig ist, kann nicht dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten werden.

5. Soweit sich der Antrag gegen die Beklagten zu 2. und 3. richtet, ist die Klage unbegründet. Da die Beklagten zu 2. und 3. entgegen der Auffassung des Klägers durch die Umstellung der Skulptur nicht in die Rechte des Klägers als Urheber gemäß § 14 UrhG eingriffen, sind sie auch nicht verpflichtet, an einer Beseitigung gemäß § 97 UrhG mitzuwirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: Antrag Ziff. 1: 15.000,00 €,

Antrag Ziff. 2: 15.000,00 €,

Antrag Ziff. 3: kein eigener Streitwert ( § 45 Abs. 1 S. 3 GKG),

Antrag Ziff. 4: 5.000,00 €,

Gesamt: 35.000,00 €






LG Köln:
Urteil v. 23.07.2008
Az: 28 O 19/08


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