Landgericht Karlsruhe:
Urteil vom 16. Oktober 2014
Aktenzeichen: 7 O 227/14

(LG Karlsruhe: Urteil v. 16.10.2014, Az.: 7 O 227/14)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt den Widerruf von Negativeinträgen in der Datenbank der Schufa Holding AG sowie die Mitteilung der Beklagten an die Schufa Holding AG zur Wiederherstellung der dort enthaltenen Scorewerte auf einen Stand ohne die streitgegenständlichen Negativeinträge. Darüber hinaus begeht die Klägerin Unterlassung künftiger Mitteilungen von offenen Forderungen bezüglich des Vertrags, der den streitgegenständlichen Forderungen zugrunde liegt.

Die Beklagte ist ein Inkassounternehmen. Die € war Inhaberin von zwei Forderungen gegen die Klägerin über 123,49 EUR und 81,58 EUR aus einem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin. Die Forderungen stammen unbestritten aus einem Zeitraum, in dem die Klägerin zwei Schicksalsschläge in Form einer schweren Krankheit und einem Arbeitsplatzverlust erlitt.

Über die beiden Forderungen erwirkte die € mangels Zahlung der Klägerin jeweils rechtskräftig Vollstreckungsbescheide. Bezüglich der ersten Forderung über 123,49 EUR erging gegen die Klägerin ein Vollstreckungsbescheid über die Gesamthöhe von 282,24 EUR bei dem Amtsgericht Mayen - Gemeinsames Mahngericht der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland - mit dem Az. €. Darin enthalten waren zusätzlich Verfahrenskosten und Nebenforderungen. Bezüglich der zweiten Forderung über 81,58 EUR erging gegen die Klägerin ein Vollstreckungsbescheid über die Gesamthöhe von 241,55 EUR bei dem Amtsgericht Mayen - Gemeinsames Mahngericht der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland - mit dem Az. € Darin enthalten waren zusätzlich Verfahrenskosten, Nebenforderungen und Zinsen.

Die Beklagte war unbestritten zur Einziehung der Forderungen von der € beauftragt.

Die Klägerin zahlte am 03.06.2011 140,00 EUR auf die Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid, Az. €

Die Höhe der Forderung aus dem Vollstreckungsbescheids, Az. €, betrug zum 29.06.2011 unter Berücksichtigung der angefallenen Zinsen 101,94 EUR. Insoweit wird die Forderungsaufstellung (AS 153) in Bezug genommen. Die Höhe der Forderung aus dem Vollstreckungsbescheids, Az. € betrug zum 27.07.2011 unter Berücksichtigung der angefallenen Zinsen 284,17 EUR. Insoweit wird die Forderungsaufstellung (AS 155) in Bezug genommen.

Die Beklagte meldete die beiden Forderungen der Schufa Holding AG, die die Forderungen am 29.06.2011 unter der Kontonummer € und am 27.07.2011 unter der Kontonummer €. für den Namen der Beklagten in der Schufa-Schuldnerauskunft eintrug. Bezüglich der konkreten Einzelheiten der Meldung und dem einhergehenden Eintrag in die Auskunftei wird die vorgelegte Selbstauskunft (Anlage K1) in Bezug genommen. Eine Einwilligung der Klägerin hierzu lag nicht vor.

Nachdem die Klägerin die Forderungen der € ausgeglichen hatte, meldete die Beklagte die entsprechenden Einträge am 16.08.2011 bzw. am 17.08.2011 als erledigt an.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine unzulässige und damit rechtswidrige Datenübermittlung an die Schufa Holding AG vorliege. Die Übermittlung sei nicht vom € gedeckt. Insbesondere sei die Beklagte nicht berechtigt im eigenen Namen Forderungen, deren Inhaber sie nicht ist, bei einer Auskunftei anzumelden. Zudem seien die übermittelten Daten unrichtig. Ferner sei im Rahmen des § 28a € eine Interessenabwägung durchzuführen. Die Klägerin behauptet, eine solche habe die Beklagte nicht durchgeführt. Darüber hinaus ist die Klägerin der Auffassung, sie habe auch ein Widerrufsanspruch auf der Grundlage eines groben Härtefalls.

Die Klägerin beantragt:

1.die Beklagte zu verurteilen, den in der Datenbank der Schufa Holding AG enthaltenen Negativeintrag über die Klägerin, mit folgendem Wortlaut:

€€AbwicklungskontoDer Vertragspartner hat uns darüber informiert, dass ein Verstoß gegen die vertraglichen Vereinbarungen vorliegt und daher ein Abwicklungskonto existiert.Kontonummer €Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinen Unterlagen.Saldo tituliertDer Vertragspartner hat seine Forderung titulieren lassen, z.B. durchUrteil oder Vollstreckungsbescheid.Kontonummer € &Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinenUnterlagen.Gemeldeter Forderungsbetrag 101 EuroDatum des Ereignisses 29.06.2011Datum der TitulierungForderung ausgeglichenDer Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde. Wir speichern Angaben auch über erledigte Geschäftsbeziehungen, da diese Informationen für eine neue Vertragsentscheidung von Bedeutung sein könnte.Datum der Erledigung 16.08.2011Der Vertragspartner hat uns gemeldet, dass die genannte Vertragsbeziehung zu diesem Datum beendet wurde/ ausgeglichen wurde.AbwicklungskontoDer Vertragspartner hat uns darüber informiert, dass ein Verstoß gegen die vertraglichen Vereinbarungen vorliegt und daher ein Abwicklungskonto existiert.Kontonummer €Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinen Unterlagen.Saldo tituliertDer Vertragspartner hat seine Forderung titulieren lassen, z.B. durch Urteil oder Vollstreckungsbescheid.Kontonummer € &Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinenUnterlagen.Gemeldeter Forderungsbetrag 284 EuroDatum des Ereignisses 27.07.2011Datum der TitulierungForderung ausgeglichenDer Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde. Wir speichern Angaben auch über erledigte Geschäftsbeziehungen, da diese Informationen für eine neue Vertragsentscheidung von Bedeutung sein könnte.Datum der Erledigung 17.08.2011Der Vertragspartner hat uns gemeldet, dass die genannte Vertragsbeziehung zu diesem Datum beendet wurde! ausgeglichen wurde.€gegenüber der Schufa Holding AG schriftlich zu widerrufen.

2.die Beklagte zu verurteilen, der Schufa Holding AG mitzuteilen, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden soll, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben.

3.die Beklagte wird dazu verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von wenigstens 5 EUR und höchstens 250.000 EUR oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken gegen eines der Mitglieder der Geschäftsführung, es zu unterlassen, der Schufa Holding AG oder einem anderen Wirtschaftsinformationsdienst offene Forderungen im Zusammenhang mit dem Vertrag zur Kontonummer: € und zur Kontonummer: € als ein sogenanntes Negativmerkmal mitzuteilen, sofern keine neuen offenen Forderungen zu besorgen sind.

4.die Beklagte trägt die Kosten für die außergerichtliche Inanspruchnahme des Prozessebevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 787,42 EUR zum Az.: €

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie die Daten entsprechend dem € zulässigerweise übermitteln durfte, insbesondere auch wenn sie selbst nicht Forderungsinhaberin war.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Klägerin informatorisch angehört. Diesbezüglich wird das Protokoll vom 26.08.2014 (AS 143) in Bezug genommen. Die Akten des Amtsgericht Mayen - Gemeinsames Mahngericht der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland -, Az. € und Az. € wurden beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Widerruf der zwei streitgegenständlichen Einträge bei der Schufa Holding AG gegen die Beklagte.

1. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Widerruf gemäß §§ 12, 823 Abs. 2, 1004 BGB in entsprechender Anwendung aufgrund der Verletzung von Vorschriften aus dem BDSG.

Zwar sind die Normen des BDSG Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass ein Verstoß gegen eine entsprechende Vorschrift einen Widerrufsanspruch gegenüber der übermittelnden Stelle begründen könnte (Palandt/Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 823 Rn.85).

Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor.

Eine Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten, hier durch Übermittlung der Daten an die Schufa Holding AG, ist gemäß § 4 Abs. 1 Var. 2 € zulässig ist, sofern eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder gemäß § 4 Abs. 1 Var. 2 BDSG soweit das Gesetz dies erlaubt oder anordnet.

Eine Erlaubnis der Klägerin zur Datenübermittlung durch die Beklagte an die Schufa Holding AG liegt nicht vor.

Die Datenübermittlung war jedoch von § 28a BDSG gedeckt. Diese Vorschrift regelt einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand, der die Übermittlung personenbezogener Daten an Auskunfteien durch nicht-öffentliche Stellen gestattet.

Demnach wird für eine zulässige Datenübermittlung gefordert, dass die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist und eine der in § 28a Abs. 1 Nr. 1-5 BDSG aufgezählten Voraussetzungen erfüllt ist.

Die Klägerin erfüllte trotz Fälligkeit der zwei streitgegenständlichen Forderungen diese nicht. Ferner ist bei beiden Forderungen die Voraussetzung gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 1 BDSG, dass diese durch rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder ein Schuldtitel nach § 794 ZPO vorliegt, gegeben. Beide Forderungen wurden durch Vollstreckungsbescheid zugunsten der € vor Meldung an die Schufa Holding AG tituliert.

Die Beklagte war zur Meldung der Forderungen im eigenen Namen an die Schufa Holding AG auch berechtigt.

Die Beklagte war nicht Inhaberin der Forderungen, sondern die €. Die Beklagte wurde von ihr zur Einziehung der Forderungen ermächtigt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte habe die Forderungen nicht zulässig anmelden können, da sie nicht Inhaber der Forderung sei und somit kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 28a Abs.1 BDSG an der Übermittlung der Daten habe. Insoweit beruft sich die Klägerseite auf eine Auffassung des Landgerichts Berlin (vgl. LG Berlin Urteil 27.04.2014, 4 O 97/11, BeckRS 2011, 20005). Dort wurde das berechtigte Interesse an der Übermittlung personenbezogener Daten an die Schufa Holding AG nicht als dargetan angesehen, da die gemeldete Forderung nicht der übermittelnden Stelle zustand. Eine Stimme aus der Literatur vertritt die Auffassung, dass ein Inkassounternehmen eine Auskunftei nur über bonitätsrelevante Negativmerkmale informieren dürfe, wenn sie von dem Auftraggeber dazu ermächtigt worden wäre (Krämer NJW 2012, 3201, 3204). Eine dritte Auffassung ist der Ansicht, dass eine Inkassounternehmen dann eine Auskunftei entsprechend informieren dürfe, wenn ein eigenes berechtigtes Interesse daran vorliegt (OLG Frankfurt BeckRS 2011, 10896; OLG Koblenz, Hinweis- und Beweisbeschluss vom 25.03.2014, Az 4 U 1516/13 - Anlage B6, LG Mainz, Urteil vom 17.10.2013, Az. 1 O 75/13 - Anlage B5; AG Coburg, Urteil vom 13.03.2013, Az. 12 C 1654/12 - Anlage B4; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Auflage 2012, § 28a Rn. 7). Ein berechtigtes Interesse könne sich bereits aus der Beteiligung an einem Warnsystem ergeben (OLG Frankfurt BeckRS 2011, 10896; OLG Koblenz, Hinweis- und Beweisbeschluss vom 25.03.2014, Az 4 U 1516/13 - Anlage B6, Gola/Schomerus, BDSG, 11. Auflage 2012, §28a Rn. 7). Letztere Ansicht erachtet das erkennende Gericht für überzeugend.

Aus dem Wortlaut des § 28a Abs. 1 BDSG ist kein Erfordernis dahingehend zu entnehmen, wer die Daten übermitteln darf. Es wird ausschließlich vorausgesetzt, dass die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle oder eines Dritten erforderlich ist. Verantwortlich im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG ist die Beklagte. Sie übermittelte in eigener Verantwortung die Daten der Beklagten an die Schufa Holding AG. Ferner hatte die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Datenübermittlung. Die Beklagte war keine außenstehende Dritte. Ihr wurde vielmehr durch die ihr erteilte Einzugsermächtigung die Rechtsposition gegenüber der Klägerin eingeräumt, die streitgegenständlichen Forderungen gemäß §§ 185 Abs. 1, 362 Abs. 2 BGB geltend zu machen. Dies vermittelt bereits ein erforderliches berechtigtes Interesse. Darüber hinaus nutzen Inkassodienste Eintragungen in Schuldnerkarteien auch zu dem Zweck, zahlungsunwillige Schuldner zur Begleichung ihrer Schulden zu bewegen, da Schufa-Eintragungen für viele Schuldner eine Einschränkung im Wirtschaftsleben bedeutet (AG Coburg, Urteil vom 13.03.2013, Az. 12 C 1654/12 - Anlage B4). Ferner wird ein berechtigtes Interesse vorliegend bereits ebenfalls durch die Teilnahme der Beklagten an dem Warnsystem der Auskunftei der Schufa Holding AG vermittelt.

Auch die Schufa Holding AG hat ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung. Eine Daten empfangende Auskunftei, wie die Schufa Holding AG, hat gleichfalls ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung, da ihr Geschäftsbetrieb die Möglichkeit zur Auskunftserteilung ausmacht (Gola/Schomerus, BDSG, 11. Auflage 2012, §28a Rn. 7).

Das berechtigte Interesse entfällt auch nicht durch den Einwand, dass die übermittelten Daten unrichtig seien. Die übermittelten Daten sind jedenfalls nicht erwiesen unrichtig. Eine Unrichtigkeit hat grundsätzlich der Anspruchssteller zu beweisen, der einen Widerruf verlangt (OLG Saarbrücken BeckRS 2012, 06606).

Die übermittelten Höhen der Forderungen entsprechen unbestritten den zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Ansprüchen der € gegen die Klägerin. Dies zeigen die vorgelegten Forderungsaufstellungen (AS 153, 155).

Darüber hinaus geht aus den übermittelten Daten nicht hervor, dass die Beklagte selbst Forderungsinhaberin gegenüber der Klägerin ist (vgl. Anlage K1). Die Meldungen in der vorgelegten Selbstauskunft stehen zwar unter der Firma der Beklagten, €. Jedoch geht aus dem gemeldeten Text nicht hervor, dass die Beklagte selbst Forderungen inne hat. Dies wird dadurch verdeutlicht, dass in dem Schufa-Eintrag aus der Selbstauskunft aufgeführt ist, dass der Vertragspartner über einen Verstoß gegen die vertraglichen Vereinbarungen informiert hat und ein Abwicklungskonto existiert, dass der Vertrag unter dieser Nummer (dort angegeben) geführt wird, dass der Vertragspartner die Forderung hat titulieren lassen und dass der Vertragspartner mitgeteilt hat, dass die Vertragsbeziehung beendet bzw. die Forderung ausgeglichen wurde. Aus den allgemein gehaltenen Beschreibungen kann nicht herausgelesen werden, dass die Beklagte zum einen der Partner des angesprochenen Vertrags bzw. der Vertragsbeziehung ist, die unter der dort genannten Kontonummer geführt wird und aus der die Forderungen hervorgehen. Auch kann zum anderen nicht herausgelesen werden, dass die Beklagte die Rechtsstellung des Forderungsinhabers inne hat, zumal ein Inkassounternehmen auch, wie unstreitig geschehen, lediglich zur Einziehung ermächtigt werden kann.

Eine weitere Abwägung der Interessen für die Frage der Zulässigkeit einer Datenübermittlung ist gemäß § 28a BDSG nicht erforderlich (OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2011, Az. 19 U 291/10, Rn. 44 - juris; Gola/Schomerus, § 28a Rn.6; BT-Drucksachen 16/10529 S.13ff.). Eine Prüfung entgegenstehender Interessen des Betroffenen findet im weiteren nicht statt, denn dessen schutzwürdigen Interessen wird bereits dadurch Genüge getan, dass die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit anhand der in § 28a Abs. 1 Nr. 1 - 5 BDSG enthaltenen Kriterien festgestellt wird (Gola/Schomerus, § 28a Rn. 6). Bei der Neuregelung der Norm sah der Gesetzgeber vor, dass die nach - damals - geltender Rechtslage zusätzlich vorzunehmende Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung durch die Prüfung der Voraussetzungen der Nr. 1 - 5 ersetzt wird (BT-Drucksachen 16/10529 S.13ff.). Daher ist die Frage, ob eine solche Abwägung tatsächlich stattgefunden hat, nicht erheblich.

Ein Verstoß gegen § 11 BDSG liegt ebenfalls nicht vor. Die Vorschrift regelt die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten im Auftrag. Die Beklagte hat aber vorliegend im eigenen Namen die Datenübermittlung vorgenommen. Darüber hinaus sind die Anforderungen des § 11 Abs. 1 BDSG an den Auftraggeber gerichtet, nicht an die verarbeitende Stelle.

2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Widerruf gemäß § 35 Abs. 5 BDSG.

Gemäß § 35 Abs. 5 BDSG dürfen personenbezogene Daten nicht für eine automatisierte Verarbeitung oder Verarbeitung in nicht automatisierten Dateien erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, soweit der Betroffene dieser bei der verantwortlichen Stelle widerspricht und eine Prüfung ergibt, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen wegen seiner besonderen persönlichen Situation das Interesse der verantwortlichen Stelle an dieser Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person muss dabei durch die Datenverarbeitung betroffen werden. Ein Anspruch kann z. B. begründet sein, wenn die betroffene Person durch die Datenverarbeitung an Leib und Leben gefährdet wird (Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Auflage 2011, § 35 Rn. 58). Die Hervorhebung des Persönlichkeitsbezugs zeigt, dass allein wirtschaftliche Interessen eines Betroffenen wie die Erhaltung der Kreditwürdigung nicht ausreichen, um ein Widerspruchsrecht zu begründen (OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2011, Az. 19 U 291/10, Rn. 49 - juris). Für das Vorliegen solcher Umstände ist die anspruchsstellende Person darlegegungs- und beweisbelastet (Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, § 35 Rn.56).

Der Umstand, dass die Klägerin zur Zeit des Entstehens der Forderung zwei schwere Schicksalsschläge erlitt, begründet kein schutzwürdiges Interesse in diesem Sinne. Durch die spätere Übermittlung der Daten ist die Beklagte im Bezug darauf nicht beschwert. Die unterbliebene Zahlung ist Folge der Schicksalsschläge und nicht umgekehrt. Weitere Umstände diesbezüglich wurden nicht vorgetragen. Vielmehr ergab die Anhörung der Beklagten, dass sie derzeit versucht ihr Leben zu ordnen und ihr die Schufaeinträge derzeit im Wege stehen bei der Umfinanzierung ihres Hauses über ein Bauspardarlehen. Ihr wurde von der Bank aufgetragen, dass die Einträge komplett entfernt werden müssten. Rein wirtschaftliche Interessen, wie diese, genügen aber nicht zur Begründung eines überwiegenden schutzwürdigen Interesses.II.

Die weiteren Ansprüche aus den Klagziffern 2-4 bestehen ebenfalls nicht. Diese bauen auf dem Bestehen des Anspruchs aus Klagziffer 1 auf. Mangels Anspruch auf Widerruf der übermittelten Daten (vgl. I.) hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Abgabe einer Mitteilung an die Schufa Holding AG bezüglich einer Wiederherstellung der Scorewerte, die auf den Negativeinträgen beruhen (Klagziffer 2). Ferner ist auch ein Unterlassungsanspruch für künftige Mitteilungen im Zusammenhang mit dem Vertrag zu den streitgegenständlichen Kontonummern (Klagziffer 3) mangels Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte nicht gegeben. Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten (Klagziffer 4), da ein Anspruch auf Widerruf nicht besteht.III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.






LG Karlsruhe:
Urteil v. 16.10.2014
Az: 7 O 227/14


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