Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. März 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 68/02
(BPatG: Beschluss v. 12.03.2003, Az.: 28 W (pat) 68/02)
Tenor
Auf die Beschwerde des Markeninhabers werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 29 - vom 14. März 2000 und 15. Februar 2002 aufgehoben.
Der Widerspruch aus der Marke 2 104 077 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für
"Haselnuss- Schoko-Aufstrich, im wesentlichen bestehend aus Schokolade, Zucker, Haselnüssen; Nudeln (Teigwaren); abgepacktes, verarbeitetes Getreide; Trokkenfrüchte; Speiseöle; abgepackte, getrocknete Hülsenfrüchte; Ölsaaten; abgepackte, getrocknete Nusskerne"
eingetragene und am 31. Oktober 1997 veröffentlichte Wort-Bild-Marke 395 20 826 siehe Abb. 1 am Endeist 1998 Widerspruch erhoben worden aus der Wort-Bild-Marke 2 104 077 siehe Abb. 2 am Endedie am 31. Oktober 1997 für eine Vielzahl von Waren der Klassen 3, 5 und 30 eingetragen worden ist.
Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts hat eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
Hiergegen hat der Inhaber der angegriffenen Marke Beschwerde erhoben, da nach seiner Ansicht Waren und Marken eher unähnlich seien. Im übrigen hat der Markeninhaber in der vom Senat anberaumten mündlichen Verhandlung auch die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.
Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert und auch an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.
II.
Die zulässige Beschwerde musste Erfolg haben. Der Widerspruch ist schon deshalb zurückzuweisen, weil die Benutzung rechtswirksam bestritten ist und die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke weder behauptet noch glaubhaft gemacht hat, so dass sich die Frage der Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Marken nicht mehr stellt.
Da die Widerspruchsmarke nach Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist am 31. Oktober 2002 dem Benutzungszwang gemäß § 43 MarkenG unterliegt, hätte die Widersprechende auf die zulässigerweise erhobene Nichtbenutzungseinrede des Markeninhabers vortragen und glaubhaft machen müssen, dass sie ihre Marke innerhalb des in der genannten Vorschrift festgelegten Zeitraums benutzt hat, was nicht geschehen ist.
Die in der mündlichen Verhandlung erhobene Einrede war auch nicht als verspätet im Sinne von § 82 Abs 1 MarkenG iVm §§ 528 Abs 2, 282 Abs 2, 296 ZPO zurückzuweisen. Da die Erhebung der Nichtbenutzungseinrede keiner Ausschlussfrist unterliegt, sie also keineswegs zum frühest möglichen Zeitpunkt erfolgen muss, ist selbst das erstmalige Bestreiten der Benutzung im Termin zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich möglich und allenfalls dann wegen Verspätung auszuschließen, wenn eine Berücksichtigung des Vorbringens zu einer Verfahrensverzögerung führen würde. Eine solche ist jedoch nicht eingetreten, da die Einrede unwidersprochen geblieben ist. Die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladene Widersprechende hätte im Termin Gelegenheit gehabt, zur Einrede der Benutzung Stellung zu nehmen und zumindest mündlich vorzutragen, dass die Widerspruchsmarke benutzt werde. Dazu ist es jedoch nicht gekommen, weil die Widersprechende den Termin nicht wahrgenommen hat, obwohl sie nach ihrer Terminsabsage darauf hingewiesen worden war, dass bei Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 75 Abs 2 MarkenG).
Die Widersprechende hat sich damit selbst ihres Anspruches auf rechtliches Gehör begeben, obwohl sie die Möglichkeit in Betracht ziehen musste, dass die Nichtbenutzungseinrede noch erhoben wird. Dies hat hier deshalb nahe gelegen, weil sich der Markeninhaber bereits in einem früheren Verfahrensstadium vor der Markenstelle auf die Nichtbenutzung berufen hatte, damals aber keinen Erfolg haben konnte, weil sich die Widerspruchsmarke noch in der Benutzungsschonfrist befand. Nach deren Ablauf musste die Widersprechende jedoch mit einer erneuten Benutzungseinrede rechnen, zumal der Senat auch in seiner Terminsladung auf den Fristablauf hingewiesen hatte. Im übrigen muss jede Widersprechende, deren Marke dem Benutzungszwang unterliegt, die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass diese Einrede erstmals in der mündlichen Verhandlung erhoben wird. Nimmt sie an diesem Termin teil, so kann sie der Einrede entgegentreten, also die Benutzung der Marke behaupten und - soweit dies zutrifft - das verspätete Vorbringen der Einrede rügen (§ 82 Abs 1 MarkenG iVm §§ 528 Abs 2, 282 Abs 2 ZPO, 296 Abs 2 ZPO). Häufig wird dies zur Zurückweisung der Einrede führen, denn die Glaubhaftmachung der Benutzung wird in der Regel zu einer Verfahrensverzögerung führen. Bleibt die Widersprechende jedoch wie hier dem Verhandlungstermin fern, verzichtet sie auf diese Rechte und nimmt ihr rechtliches Gehör nicht in Anspruch. In einem solchen Fall hat das Gericht das Schweigen der Partei als Zugeständnis des gegnerischen Sachvortrags entsprechend § 138 Abs 3 ZPO zu werten, womit von der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke auszugehen ist.
Infolgedessen gibt es gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG keine Waren der Widersprechenden, die bei der Kollisionsprüfung berücksichtigt werden könnten, so dass der Widerspruch schon aus diesem Grund zurückzuweisen war und der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben konnte.
Eine Kostenauferlegung abweichend der Kostenregelung gemäß § 71 Abs 1 MarkenG, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, kam nicht in Betracht. Die Widersprechende, die sich außerhalb der Benutzungsschonfrist befindet und am Verhandlungstermin nicht teilnimmt, mag zwar im jeweiligen Fall gegen prozessuale Sorgfaltspflichten handeln, dieser Verstoß ist aber nicht derart gewichtig, dass er den Ausnahmefall einer Kostenüberbürdung rechtfertigen würde. Denn häufig unterbleiben Nichtbenutzungseinreden, obwohl die Schonfrist abgelaufen ist und der Gegner im Termin fehlt. Dies kann zB daran liegen, dass die tatsächliche Benutzung bekannt ist und ein Bestreiten der prozessualen Wahrheitspflicht widerspräche. In solchen Fällen ergeht eine normale Sachentscheidung über die Kollisionsfrage.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb/Fa Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D93918.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D93919.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 12.03.2003
Az: 28 W (pat) 68/02
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