Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 18. August 2009
Aktenzeichen: 8 A 613/08

(OVG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 18.08.2009, Az.: 8 A 613/08)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 17. Januar 2008 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ableh-nungsbescheids vom 17. März 2005 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer im-missionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergie-anlage des Typs Enercon E-66/18.70 auf dem Grundstück in S. , Gemarkung P. , Flur , Flurstück , an dem in der mündlichen Verhandlung klargestellten Standort (ausgehend von dem im Lageplan vom 24. Juli 2000 dargestellten östlichen Standort orthogonal zur Richtfunkstrecke 14,5 m weiter nordwestlich) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens - soweit der Rechtsstreit im Berufungsverfahren anhängig ist - tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Erteilung einer Windkraftanlage des Typs Enercon E-66/18.70 mit einer Nabenhöhe von 85 m und einem Rotordurchmesser von 70 m, also einer Gesamthöhe von 120 m, in S. , Gemarkung P. , Flur , Flurstück . Der Vorhabenstandort liegt innerhalb des im Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teilabschnitt Münsterland, Teil 3: Eignungsbereiche für erneuerbare Energien/Windkraft (nachfolgend: GEP) ausgewiesenen, ca. 120 ha großen Windeignungsbereichs D. 01, jedoch außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. in der Fassung der 27. Änderung vom 5. Mai 2004 dargestellten Windkraftkonzentrationszonen. In unmittelbarer Nähe zum Vorhabenstandort verläuft eine seit 1974 genehmigte Richtfunkstrecke der Beigeladenen zu 2. Diese verläuft zwischen den Funktürmen in S. -P. und X. (Niederrhein), hat eine Länge von 53,8 km und dient der Datenübermittlung im Zusammenhang mit dem von der Beigeladenen zu 2. betriebenen Übertragungsstromnetz im Sinne der §§ 3 Nr. 32, 12 und 13 EnWG.

Die geplante Anlage ist Teil eines Windparks, der eine bereits im Jahr 1997 genehmigte, im Jahr 1998 errichtete Anlage des Typs Enercon E-40 sowie fünf weitere, etwa zeitgleich mit der hier streitbefangenen Anlage im Jahr 2000 geplante Enercon-Anlagen umfasst. Die Standorte der fünf anderen Anlagen, darunter auch eine am nördlichen Rand des auch hier betroffenen Flurstücks gelegene Anlage des Klägers, liegen innerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone 01. Die Beklagte erteilte die diesbezüglichen Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen des Typs Enercon E66 nach Durchführung einer UVP-Vorprüfung durch Bescheide vom 19. Oktober 2005. Im Januar 2006 wurden (Änderungs-) Genehmigungen beantragt mit dem Ziel, an den bereits genehmigten Standorten statt der vom Hersteller nicht mehr als Neuanlage angebotenen Enercon E-66 aktuelle Anlagentypen (E-70 bzw. E-48) zu errichten. Die Änderungsgenehmigungen für die innerhalb der Vorrangzone des Flächennutzungsplans gelegenen Vorhaben wurden im Juni bzw. Juli 2006, wiederum nach Durchführung einer UVP-Vorprüfung, erteilt. Die Anlagen sind zwischenzeitlich errichtet.

Hinsichtlich der hier streitbefangenen Windkraftanlage nahm das Genehmigungsverfahren folgenden Verlauf:

Der Kläger beantragte unter dem 27. Juli 2000 beim Landrat des Kreises D. die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung der Windkraftanlage im südöstlichen Bereich des genannten Flurstücks 7. Dem Antrag waren Karten und Pläne in verschiedenen Maßstäben beigefügt, nach denen der Standort dieser Anlage auf einem - im Katasterplan allerdings nicht gesondert ausgewiesenen - Feldweg zu liegen scheint, der das Flurstück in Ost-West-Richtung quert. Nach den Angaben in dem Lageplan (Maßstab: 1 : 2000) vom 24. Juli 2000 beträgt der Abstand zur nördlichen Flurstücksgrenze, die ein dort verlaufender "Ackerweg" bildet, 430 m, der Abstand zur östlichen Flurstücksgrenze 60 m.

Im Rahmen der Behördenbeteiligung baten das Staatliche Umweltamt Münster und die beklagte Bezirksregierung - Dezernat Flugsicherung - um die Angabe der Gauß-Krüger-Standortkoordinaten. Daraufhin forderte die Bauaufsichtsbehörde den Kläger am 31. August 2000 und nochmals am 8. Dezember 2000 auf, unter anderem die Standortkoordinaten sowie die sonstigen noch fehlenden Antragsunterlagen nachzureichen.

Die Deutsche Telekom wies mit Schreiben vom 4. September 2000 darauf hin, dass es bei der Errichtung der Windkraftanlage zu Beeinträchtigungen der Rundfunkversorgung, insbesondere im Bereich S. -I. kommen könne. Hierzu legte sie eine Karte vor, nach der beide auf dem Flurstück geplanten Anlagen für den Empfang der Sender ZDF und WDR 3 vom Sender Münster aus relevant waren. Darüber setzte die Bauaufsichtsbehörde den Kläger am 20. September 2000 in Kenntnis und regte an, mit der Deutschen Telekom Lösungen zu erörtern.

Die im Verfahren ebenfalls beteiligte S1. O. AG äußerte sich zu dem Vorhaben nur insoweit, als das Verteilungsnetz Strom und Gas sowie die Freileitungen des Übertragungsnetzes betroffen sind. Nachdem der Kläger eine Kostenübernahmeerklärung für den Einbau von Schwingungsschutzmaßnahmen an der etwa im Bereich der östlichen Grenze des Flurstücks verlaufenden Hochspannungsfreileitung abgegeben hatte, erklärte sich die S1. O. AG mit dem Bau der Anlage einverstanden.

Die Beigeladene zu 1., der die Antragsunterlagen bereits mit Schreiben vom 4. August 2000 zugeleitet worden waren, erteilte mit Schreiben vom 17. Oktober 2000 ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 reichte die Enercon GmbH die noch fehlenden Unterlagen nach und bezeichnete die Gauß-Krüger-Koordinaten wie folgt: Rechtswert 3.373.084, Hochwert 5.763.983. Die Koordinaten wurden durch ein Fax vom 22. Dezember 2000 wie folgt berichtigt: Rechtswert: 2.579.102, Hochwert: 5.762.996. Der so zuletzt bezeichnete Standort liegt - was aber zunächst nicht auffiel - nach einem im Berufungsverfahren vorgelegten Katasterplan 11,15 m südöstlich des im Lageplan vom 24. Juli 2000 eingezeichneten Standorts und damit auch südlich des Feldwegs. Die nachgereichten Immissionsprognosen beziehen sich auf diesen, durch die Gauß-Krüger-Koordinaten bezeichneten Standort.

Ausweislich eines umfangreichen Prüfvermerks vom 19. Juli 2001 gelangte die Bauaufsichtsbehörde zu der Einschätzung, dass eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Die Entscheidung wurde im Amtsblatt des Kreises D. vom 27. Juli 2001 bekannt gemacht.

Am 25. Juli 2001 beschloss die Beigeladene zu 1. die Aufstellung des Bebauungsplans Windfeld D. 01 und ordnete zugleich eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans an, der auch den Vorhabenstandort erfasste.

Nachdem sich die Beigeladene zu 1. gegen die vom Kläger beantragte Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre ausgesprochen hatte, lehnte die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag durch Bescheid vom 5. November 2001 unter Hinweis auf die Veränderungssperre ab. Die Beklagte wies den dagegen erhobenen Widerspruch durch Bescheid vom 12. Februar 2002 zurück.

Am 15. März 2002 hat der Kläger Klage erhoben, die beim Verwaltungsgericht ursprünglich unter dem Aktenzeichen 2 K 764/02 geführt wurde und zunächst gegen den Landrat des Kreises D. gerichtet war.

Während des Klageverfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht die Veränderungssperre durch Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138, für unwirksam erklärt.

Am 25. März 2004 hat die Beigeladene die 27. Änderung ihres Flächennutzungsplans beschlossen. Darin sind zwei Windkraftkonzentrationszonen ausgewiesen. Der im GEP vorgesehene Windeignungsbereich D. 20 wurde nahezu vollständig übernommen, der hier betroffene Windeignungsbereich D. 01, der ca. 120 ha umfasst, wurde hingegen nur teilweise übernommen. Die entsprechende Konzentrationszone hat eine Gesamtgröße von 37 ha; sie deckt den nördlichen Bereich des Windeignungsbereichs ab und erstreckt sich darüber hinaus unter Einbeziehung eines dort gelegenen Waldstücks noch um ca. 250 m weiter nach Norden in Richtung des südlichen Ortsrandes. Der Flächennutzungsplan beruht auf einer Untersuchung des gesamten Gemeindegebiets. Ausweislich Seite 2 des Erläuterungsberichts sollte generell ein Vorsorgeabstand von 750 m zu Siedlungen und ein Abstand von 300 m zu Einzelgebäuden eingehalten werden. Abweichend davon wurde zum Schutz des Pferdehofs C. , der etwa 500 m südlich des GEP-Eignungsbereichs liegt, ein Schutzabstand von 1000 m als angemessen angesehen, woraus sich eine Verschiebung des südlichen Randes der Konzentrationszone gegenüber dem GEP-Eignungsbereich um etwa 500 m nach Norden ergab. Der Flächennutzungsplan ist am 5. Mai 2004 nach Genehmigung durch die Beklagte bekannt gemacht worden.

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 - , BVerwGE 121, 182, entschieden hatte, dass es für die Beurteilung der Frage, ob mehrere Windkraftanlagen eine Windfarm darstellen, nicht darauf ankomme, ob die Anlagengenehmigungen von demselben Betreiber beantragt worden seien, hat der Kläger am 22. September 2004 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beantragt. Die Bauaufsichtsbehörde hat das Verfahren sodann an die Beklagte abgegeben.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2005 hat der Kläger die Klage dahin geändert, dass er die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von der nunmehr beklagten Bezirksregierung begehrt, und zwar - ausweislich der Schriftsätze vom 14. Juni 2004 und 27. Dezember 2006 - mit der Maßgabe, dass für die hier streitbefangene östliche Anlage eine Leistungsbegrenzung zur Nachtzeit auf 1000 kW bzw. ein Schalleistungspegel von 98,3 dB(A) incl. etwaiger Ton- und Impulshaltigkeitszuschläge, aber ausschließlich etwaiger Sicherheitszuschläge festgesetzt und für alle Anlagen des Windparks in Bezug auf alle Immissionsorte der Schattenwurf auf 30 Stunden pro Jahr bzw. 30 Minuten pro Tag begrenzt werden solle.

Im Hinblick auf den am 16. Dezember 2004 vom Rat der Beigeladenen zu 1. beschlossenen Bebauungsplan Windfeld D. 01, nach dem der hier in Rede stehende Vorhabenstandort - anders als die Standorte der anderen Anlagen des Windparks - nicht in das Windfeld einbezogen ist, hat die Beklagte den Antrag des Klägers für diese Anlage - unter Nennung der Koordinaten Rechtswert 2.579.102, Hochwert 5.762.996 - durch Bescheid vom 17. März 2005 abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Vorhaben sei wegen des entgegenstehenden Bebauungsplans planungsrechtlich unzulässig. Die Prüfung, ob der Plan nichtig sei, stehe ihr nicht zu.

In dem förmlichen Genehmigungsverfahren hinsichtlich der anderen Anlagen des geplanten Windparks ist die Beklagte nach standortbezogener Vorprüfung zu der Auffassung gelangt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Diese Entscheidung ist am 15. Juni 2004 bekannt gemacht geworden. Den Genehmigungsbescheiden vom 19. Oktober 2005 haben insbesondere eine Immissionsprognose und ein landschaftspflegerischer Begleitplan zugrunde gelegen, die die weitere vom Kläger geplante Anlage jeweils einbezogen haben. Die in Bezug auf eine etwaige Störung des Rundfunkempfangs erneut vorgebrachten Bedenken des WDR hat die Beklagte nicht als Versagungsgrund gewertet.

Ein gegen den Bebauungsplan vom Kläger eingeleitetes Normenkontrollverfahren hatte Erfolg. Der 7. Senat des Oberverwaltungsgerichts erklärte den Bebauungsplan durch Urteil vom 14. Januar 2008 - 7 D 12/07.NE - für unwirksam.

Zur Begründung seiner vorliegenden Klage hat der Kläger vorgetragen: Dem seit dem Jahr 2000 verfolgten Vorhaben stünden keine Versagungsgründe entgegen. Der Flächennutzungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 4 BauGB, da er nicht an die Vorgaben des GEP, die nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Ziele der Raumordnung seien, angepasst sei. Das folge daraus, dass allenfalls 15 % der Fläche des GEP-Eignungsbereichs übernommen worden seien und die nördliche Teilfläche der Konzentrationszone außerhalb des GEP- Eignungsbereichs liege. Die Richtfunkstrecke stehe dem Vorhaben aus Rechtsgründen nicht entgegen. Als privater Stromversorger könne die Beigeladene zu 2. ebenso wenig wie etwa ein Mobilfunkanbieter Abwehrrechte beanspruchen.

Nachdem der im erstinstanzlichen Verfahren noch beteiligte Landrat des Kreises D. seinen Ablehnungsbescheid vom 5. November 2001 und die Beklagte ihren Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2002, jeweils einschließlich des zugehörigen Gebührenbescheids, aufgehoben hatten und die Hauptbeteiligen den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat der Kläger zuletzt nur noch beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. März 2005 und nach Maßgabe des Lageplans vom 24. Juli 2000 zu verpflichten, ihm eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der auf dem Grundstück Gemarkung P. , Flur , Flurstück beantragten östlichen Windenergieanlage zu erteilen, und zwar

mit der Klarstellung, dass beantragt wird, eine Windenergieanlage vom Typ Enercon E-66/18.70, wie sie im ursprünglichen Antrag zur Genehmigung gestellt wurde, (zu genehmigen) und mit der weiteren Klarstellung, dass, sofern sich auf Grund der zum Antrag gereichten Schallprognose die Notwendigkeit einer nächtlichen Schalleistungsreduzierung ergibt sowie sofern die zum Antrag gestellte Schattenprognose die Notwendigkeit einer Schattenwurfbegrenzung in Bezug auf die umliegenden Wohnhäuser ergibt, um den Wert einer astronomisch möglichen Schattenwurfbelastung von 30 Stunden pro Jahr (entsprechend 8 Stunden realer Schattenwurf pro Jahr) / oder 30 Minuten pro Tag einzuhalten, dies per Nebenbestimmung festgesetzt werden mag,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die im Hauptantrag genannte Windenergieanlage unter Ausklammerung bauordnungsrechtlicher Fragestellungen, insbesondere der Frage des Abstandflächenrechts und der Schall- und Schattenimmissionen, zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Entgegen der im Klageverfahren vorgetragenen Auffassung der Bauaufsichtsbehörde handele es sich bei den im Verwaltungsverfahren aufgetretenen Abweichungen zwischen den Standortangaben lediglich um eine unscharfe Darstellung. Eine Änderung sei darin jedoch nicht zu sehen. Deshalb sei davon auszugehen, dass das gemeindliche Einvernehmen für das Vorhaben, d.h. die Errichtung einer E-66 an dem südöstlichen Standort, vorliege. Es sei daher auch vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17. März 2005 nicht erneut eingeholt worden. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Der Bebauungsplan der Beigeladenen zu 1. sei zwar unwirksam. Dem Vorhaben stehe aber der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. als öffentlicher Belang entgegen. Dieser sei wirksam, insbesondere an den GEP hinreichend angepasst. Ein Zielabweichungsverfahren sei nicht erforderlich gewesen, zumal der Eignungsbereich D. 20 mit ca. 130 ha Größe zu 100% in den Flächennutzungsplan umgesetzt worden sei. Insgesamt habe die Beigeladene mit den beiden Konzentrationszonen ca. 66 % der GEP-Eignungsbereichsfläche übernommen.

Die Beigeladene zu 1. hat keinen Antrag gestellt. Sie hat vorgetragen: Es sei unklar, an welchem Standort das Vorhaben verwirklicht werden solle. Die ursprünglichen Standortangaben, auf die sich das seinerzeit erteilte Einvernehmen bezogen habe, stimmten nicht mit den späteren Angaben überein. Ungeachtet dessen stehe dem Vorhaben jedenfalls die 27. Änderung des Flächennutzungsplans entgegen. Ferner sei zu untersuchen, welche rechtliche Bedeutung der schon im Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1979 "manifestierten" Richtfunktrasse rechtlich zukomme.

Die spätere Beigeladene zu 2. hat sich zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht schriftsätzlich gemeldet und vorgetragen: Die von ihr betriebene Richtfunkstrecke zwischen den Funktürmen P. und O1. , die der Gewährleistung der Versorgungssicherheit des Übertragungsstromnetzes diene, werde durch das Vorhaben gestört. Die geplante Anlage befinde sich nahezu im Zentrum der Richtfunktrasse. Zur ungestörten Datenübertragung sei innerhalb der hier betroffenen ersten Fresnelzone eine maximale Bauhöhe von 82 m einzuhalten. Ausgehend von den seitens des Klägers

mitgeteilten Gauß-Krüger-Koordinaten (Rechtswert: 2.579.102, Hochwert: 5.762.996) reiche es allerdings aus, wenn der Standort entweder um 24,30 m nach Nordwesten oder um 66,50 m nach Südosten verschoben werde.

Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Streitgegenstands eingestellt und die zuletzt nur noch gegen die beklagte Bezirksregierung gerichtete Klage durch Urteil vom 17. Januar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Hauptantrag könne keinen Erfolg haben, weil der Kläger den auf Erteilung einer Genehmigung für den in dem Plan vom 24. Juli 2000 bezeichneten Standort - nördlich des Feldweges

oder auf dem Feldweg - im Verwaltungsverfahren konkludent zurückgenommen habe, indem er Gauß-Krüger-Koordinaten angegeben habe, die einen anderen, südlich des Feldwegs gelegenen Standort bezeichneten. Nur auf diese Koordinaten bezögen sich die weiteren Prüfungen im Verwaltungsverfahren und im Übrigen der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 17. März 2005. Dabei handele es sich im Rechtssinne um ein anderes Vorhaben. Die spätere Standortbezeichnung weiche von der ursprünglichen um mindestens 16 m, möglicherweise sogar um 20 m bis 40 m ab. Diese Standortveränderung sei offenkundig durch den Einwand der Deutschen Telekom veranlasst, dass die Anlage den Rundfunkempfang störe. Eine Umdeutung des Klagebegehrens dahin, dass die Genehmigung für den durch Gauß-Krüger-Koordinaten bezeichneten Standort beantragt werde, komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sich auf den ursprünglichen Standort festgelegt.

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Von einer Standortverschiebung und konkludenten Rücknahme des Antrags könne - wie auch die Beklagte meine - keine Rede sein. Die digitalen Koordinaten seien nachträglich ermittelt worden und mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet gewesen. Maßgeblich sei der Lageplan vom 24. Juli 2000 im Maßstab 1 : 2000 mit den bauordnungsrechtlich relevanten Abstandsangaben. Es habe im Übrigen auch kein Anlass für eine Standortverschiebung bestanden. Beeinträchtigungen des Rundfunks seien kein Genehmigungshindernis und wären auch hinter den genehmigten Anlagen zu erwarten. Auch sonst stünden öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegen. Das gelte insbesondere für den Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1., der wegen Verstoßes gegen das Anpassungsgebot unwirksam sei. Auch auf die behauptete Beeinträchtigung der Richtfunkstrecke der Beigeladenen zu 2. komme es nicht an. Rechtliche Privilegierungen genieße deren Stromnetz nach den Privatisierungen in der Stromwirtschaft - ebenso wie der Funkbetrieb von Mobilfunkbetreibern - nicht. Aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB ergebe sich nichts Gegenteiliges. Diese Vorschrift diene lediglich der Gewährleistung der Flugsicherheit und Luftverteidigung. Im übrigen obliege es dem Betreiber der Richtfunkstrecke, durch technische Maßnahmen für ein ungestörtes Funkfeld zu sorgen. Überdies sei eine Funktionsbeeinträchtigung der Richtfunkverbindung der Beigeladenen zu 2. auch in tatsächlicher Hinsicht nicht zu erwarten, wie eine vom Kläger in Auftrag gegebene Berechnung von Prof. Dipl.-Ing. E. belege. Aus dessen Expertise vom 6. August 2009 ergebe sich, dass die von den Rotorblättern verursachte Zusatzdämpfung den für eine derartige Richtfunkverbindung maßgeblichen Zeitprozentsatz der verminderten Übertragungsqualität nicht überschreite.

Ungeachtet dessen hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt, den Standort nach Nordwesten zu verschieben, um den Abstand vom Kern der Richtfunktrasse so zu vergrößern, dass auch aus Sicht der Beigeladenen zu 2. eine Störung sicher ausgeschlossen sei. Er hat deshalb zu Protokoll des Senats klargestellt, dass sich der Standort der streitgegenständlichen Anlage ausgehend von dem im Lageplan vom 24. Juli 2000 dargestellten östlichen Standort orthogonal zur Richtfunkstrecke 14,50 m weiter nordwestlich befinden soll.

Der Kläger beantragt,

das auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2008 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Münster - soweit der Rechtsstreit im Berufungsverfahren noch anhängig ist - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. März 2005 zu verpflichten, ihm eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E66/18.70 auf dem Grundstück in S. , Gemarkung P. , Flur Flurstück , an dem im Protokoll klargestellten Standort (ausgehend von dem im Lageplan vom 24. Juli 2000 dargestellten östlichen Standort orthogonal zur Richtfunkstrecke 14,50 m weiter nordwestlich) zu erteilen.

Die Beklagte stellt keinen Antrag. Sie ist der Auffassung, dass die Abweichung zwischen dem durch den Lageplan vom 24. Juli 2000 und dem durch Gauß-Krüger-Koordinaten bezeichneten Standort geringfügig und auch in rechtlicher Hinsicht unerheblich sei. Entsprechendes gelte hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung erklärten Klarstellung, weshalb sie sich - trotz der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Zuständigkeitsänderungen für den Bereich des technischen Umweltschutzes - weiterhin als zuständig betrachte. Mit der Standortverschiebung seien die Bedenken ausgeräumt, die zunächst im Hinblick auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB wegen einer zu befürchtenden Beeinträchtigung der Richtfunktrasse der Beigeladenen zu 2. bestanden hätten. Den Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 2. halte sie - die Beklagte - zwar wegen Verstoßes gegen das Anpassungsgebot für rechtsfehlerhaft. Solange keine gerichtliche Entscheidung vorliege, sehe sie sich aber wegen Fehlens einer eigenen Normverwerfungskompetenz gehindert, sich über den Flächennutzungsplan hinwegzusetzen. Durchgreifende Genehmigungshindernisse seien im Übrigen nicht ersichtlich. Der in der Berufungsverhandlung klargestellte Standort werfe keine neuen Fragen bezüglich der Genehmigungsfähigkeit auf. Nach den bislang vorliegenden Unterlagen könne ersichtlich auch auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden. Die entscheidenden Gesichtspunkte seien bereits im Zusammenhang mit anderen Verfahren bezüglich des Windparks geprüft worden. Anhaltspunkte für aktuelle Änderungen seien nicht ersichtlich.

Die Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag. Sie hat zunächst schriftsätzlich vorgetragen: Die Standortänderung sei - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt habe - erheblich. Im Übrigen lägen alle klägerseits angeführten Standorte außerhalb der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszonen. Der insoweit maßgebliche Flächennutzungsplan sei, ohne dass es der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens bedürfte, wirksam. Eine Abweichung von den Vorgaben des Gebietsentwicklungsplans liege nicht vor, da die GEP-Eignungsbereiche ausweislich der textlichen Darstellung Nr. 12 nur die ungefähre Größenordnung und annähernde räumliche Lage der für die Nutzung durch Windenergieanlagen geeigneten Bereiche bestimme. Die hier vorliegende Abweichung bewege sich innerhalb des Planungsspielraums, den der GEP den Gemeinden belassen habe. Dass die im Norden hinzugenommene Fläche für eine Windkraftnutzung geeignet sei, werde dadurch belegt, dass dort zwischenzeitlich zwei Anlagen genehmigt und errichtet worden seien. Des weiteren beeinträchtige die geplante Windkraftanlage die Funktionsfähigkeit der schon im gemeindlichen Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1979 "festgesetzten" Richtfunkstrecke der Beigeladenen zu 2. Diese Richtfunkstrecke diene der Sicherheit der Versorgung der Allgemeinheit mit Energie. Dabei handele es sich um einen abwägungsrelevanten öffentlichen Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB. Die Sicherheit der Stromversorgung der Allgemeinheit sei hier gegen die ausschließlich privatnützige Errichtung der Windkraftanlage abzuwägen. Diese Abwägung falle zu Ungunsten des Klägers aus, weil kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich sei, dass der Kläger an diesem Standort festhalte, obwohl eine Verlegung an einen außerhalb der Richtfunktrasse gelegenen Standort möglich wäre.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beigeladene zu 1. an der Auffassung, dass die Darstellung von Windkraftkonzentrationszonen im derzeitigen Flächennutzungsplan wirksam sei, nicht mehr festgehalten. Sie macht nunmehr nur noch geltend, dass der in der Berufungsverhandlung bezeichnete Standort ein anderes Vorhaben darstelle, weshalb ein neues Verwaltungsverfahren unter erneuter Beteiligung der Gemeinde eingeleitet werden müsse. Sie überarbeite derzeit ihren Flächennutzungsplan mit Blick auf die Steuerung von Windenergieanlagen. Voraussichtlich werde die geplante Windkraftkonzentrationszone den Vorhabenstandort wiederum nicht einschließen.

Die Beigeladene zu 2. stellt ebenfalls keinen Antrag. Sie trägt vor: Die Funktionsfähigkeit ihrer Richtfunktrasse stelle einen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB dar. Die Erfüllung der ihr als Betreiberin des

Übertragungsnetzes nach dem Energiewirtschaftsgesetz obliegenden Pflichten stehe im Zusammenhang mit Aufgaben der Daseinsvorsorge. Aufgrund der Standortverschiebung von dem im Bauantrag bezeichneten, ohnehin nördlicher gelegenen Standort um weitere 14,50 m nach Nordwesten sei aber hinreichend gewährleistet, dass die Windkraftanlage die Richtfunkverbindung nicht beeinträchtige.

Der Senat hat eine Stellungnahme der Bundesnetzagentur zu Art und Ausmaß der mit Betrieb und Errichtung einer Windkraftanlage an dem zunächst vorgesehenen Standort verbundenen Richtfunkstörungen eingeholt. Auf die Stellungnahme vom 17. Juli 2009 wird Bezug genommen. Ferner hat der Senat einen Katasterplan vom Kreis D. vom 10. Juli 2009 beigezogen, in den die im Verwaltungsverfahren angesprochenen Standorte eingetragen sind. Auf diesen Plan wird ebenfalls Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vom Landrat des Kreises D. , der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Pläne, insbesondere den Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. nebst Aufstellungsvorgängen und die vom Verwaltungsgericht Münster beigezogenen Gerichtsakten 2 K 764/02, 2 K 765/02 und 2 K 78/05 Bezug genommen.

Gründe

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A. Die Klage ist zulässig.

1. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Klage mit dem Begehren, das Vorhaben an dem in dem Lageplan vom 24. Juli 2000 bezeichneten Standort zu genehmigen, unzulässig sei, weil der diesbezügliche Bauantrag konkludent zurückgenommen worden sei, die durchgeführten Verwaltungsverfahren sich auf einen anderen Standort bezögen und es demnach in Bezug auf den im erstinstanzlich gestellten Klageantrag bezeichneten Standort an einem vorherigen Antrag des Klägers fehle.

Diese Auffassung des Verwaltungsgerichts trifft ungeachtet der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Änderung des Vorhabens in ein laufendes Verfahren einbezogen werden kann, schon deshalb nicht zu, weil der Kläger bei sachgerechter Auslegung im Genehmigungs- und im erstinstanzlichen Klageverfahren stets das im Lageplan vom 24. Juli 2000 dargestellte Vorhaben verfolgt hat. Die im Ablehnungsbescheid des Beklagten zitierten Gauß-Krüger-Koordinaten gab der Kläger im Rahmen des zunächst beim Landrat des Kreises D. geführten Baugenehmigungsverfahrens nicht auf dessen Veranlassung, sondern auf Anfragen des Staatlichen Umweltamtes und der Bezirksregierung Dezernat Flugsicherung - an. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren vom Kreis D. vorgelegten Katasterplan ergibt und die Beigeladene zu 2. in der Berufungsverhandlung aufgrund eigener Berechnungen bestätigt hat, bezeichnen die angegebenen Koordinaten einen um 11,15 m nach Südosten verschobenen Standort. Die Koordinaten sind demnach bezogen auf den mit dem Bauantrag zur Genehmigung gestellten Standort, auf den sich die Nachfragen des Staatlichen Umweltamtes und der Flugsicherung bezogen, falsch.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger eine Standortänderung beabsichtigt hätte, sind nicht ersichtlich. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe mit einer Standortänderung den von der Deutschen Telekom angesprochenen Störungen des Rundfunkempfangs begegnen wollen, ist unbegründet. Ein derartige Störung war nämlich bei Verwirklichung des Vorhabens an dem ursprünglichen Standort ebenso wie an dem durch die Gauß-Krüger-Koordinaten bezeichneten, lediglich um 11,15 m nach Südosten abweichenden Standort zu erwarten. Anders als beim Richtfunk erfolgt die Ausbreitung der Funkwellen beim Rundfunk nicht allein in einer bestimmten Richtung. Das bedeutet, dass eine mögliche Störung nicht nur durch die hier streitbefangene, sondern auch durch die weiteren Anlagen des geplanten Windparks bewirkt werden konnte. Das veranschaulicht die später vom WDR mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 eingereichte Karte (Beiakte Heft 7, Blatt 24). Wenn der Kläger den Bedenken bezüglich der Rundfunkübertragung hätte Rechnung tragen wollen, hätte es im Übrigen nahe gelegen, das auch ebenso deutlich zum Ausdruck zu bringen, wie er es etwa im Hinblick auf die vom Elektrizitätsversorger geltend gemachten Schwingungen der angrenzenden Hochspannungsfreileitung gemacht hat.

Da der Kläger mit der bloßen Übersendung der Gauß-Krüger-Koordinaten keinen Anlass zu der Annahme gegeben hat, dass der Standort gegenüber der planerischen Darstellung geändert werden sollte, konnte die Einreichung weiterer Pläne, in denen der Anlagenstandort tatsächlich nicht auf dem Feldweg, sondern südlich des Weges eingetragen ist, allenfalls Grund sein, den Kläger zu einer Klarstellung aufzufordern. Das ist erst im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht geschehen, woraufhin der Kläger den ursprünglich eingereichten, bemaßten Lageplan vom 24. Juli 2000 als maßgeblich bezeichnet hat.

Darauf, dass die bloße Angabe falscher Koordinaten nicht auf eine beabsichtigte, für das weitere Verfahren verbindliche Standortänderung schließen lässt, beruht im Übrigen auch die übereinstimmende Annahme der Beteiligten, dass die zunächst unter dem 12. Dezember 2000 mitgeteilten Koordinaten (Rechtswert: 3.373.084; Hochwert: 5.763.983) offenkundig auf einem Irrtum beruhen und für das Verfahren gegenstandslos sind.

2. Die Klage ist mit dem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag, die Beklagte zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den in der Berufungsverhandlung klargestellten Standort (ausgehend von dem im Lageplan vom 24. Juli 2000 dargestellten östlichen Standort orthogonal zur Richtfunkstrecke 14,50 m weiter nordwestlich) zu verpflichten, auch weiterhin zulässig.

Insbesondere liegt keine nach § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 1 VwGO unzulässige Klageänderung vor.

Der Senat lässt offen, ob es sich bei der mit der klargestellten Standortangabe verbundenen leichten Verschiebung des Standorts um eine Klageänderung handelt. Jedenfalls ist eine solche Klageänderung zulässig. Nach § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte und die Beigeladene zu 2. haben eingewilligt, indem sie sich nicht nur rügelos eingelassen, sondern die Standortverschiebung sogar ausdrücklich als sachgerecht bewertet haben. Dass die Beigeladene zu 1. nicht eingewilligt hat, steht der Klageänderung nicht entgegen. Denn die Änderung ist nach Auffassung des Senats sachdienlich. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Klageänderung der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffs zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen geeignet ist und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1980 - 4 C 61.77 -, DVBl. 1980, 598; Schmid, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 2. Aufl., 2006, § 91 Rn. 36.

Das ist hier der Fall.

Die in der Berufungsverhandlung modifizierte Standortbezeichnung dient einer Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens. Sie trägt dazu bei, den Rechtsstreit zwischen den Beteiligten zeitnah zu beenden, ohne dass es der Klärung schwieriger Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB und einer - nach Einschätzung des Senats voraussichtlich erforderlichen - ergänzenden Sachaufklärung in Bezug auf die möglicherweise von dem Vorhaben ausgehenden Störungen der Richtfunkstrecke der Beigeladenen zu 2. bedarf. Der Streitstoff wird durch die Standortverschiebung nicht verändert, sondern lediglich reduziert. Bei dieser Sachlage ist die Klageänderung aus prozessökonomischen Gründen als sachdienlich anzuerkennen.

b) Das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Erlangung einer Genehmigung für Errichtung und Betrieb einer Anlage des Typs E-66 ist nicht dadurch entfallen, dass der Hersteller diesen Typ inzwischen nicht mehr (serienmäßig) als Neuanlage anbietet. Es ist gleichwohl nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass der Kläger jemals von der Genehmigung wird Gebrauch machen können. Ein Rechtsschutzinteresse ist schon deshalb anzuerkennen, weil nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers jedenfalls die Möglichkeit verbleibt, eine derartige Anlage gebraucht zu erwerben.

B. Die demnach zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger kann nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zwar noch nicht die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beanspruchen (dazu I.). Er kann aber die Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verlangen (dazu II.).

I. Das Verpflichtungsbegehren hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Erfolg. Die Beklagte ist zwar weiterhin zuständig (dazu 1.), die Sache ist aber derzeit noch nicht entscheidungsreif (dazu 2.).

1. Die Beklagte ist trotz der Zuständigkeitsänderungen im Bereich des technischen Umweltschutzes auch in Ansehung der in der Berufungsverhandlung erklärten Standortverschiebung für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung weiter zuständig.

Nach § 1 Abs. 1 der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz - ZustVU - i.V.m. Teil A des Verzeichnisses zu der Verordnung (GV. NRW. 2007, S. 662) obliegt u.a. der Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes seit dem 1. Januar 2008 den Umweltschutzbehörden. Sachlich zuständig sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die unteren Umweltschutzbehörden, d.h. die Kreise und die kreisfreien Städte, vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 ZustVU. Die Bezirksregierungen als obere Umweltschutzbehörden - vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 ZustVU - sind nach § 2 Abs. 1 ZustVU nur zuständig, soweit es sich um Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Anlagen nach dem Anhang I der Verordnung oder um Anforderungen des Abfall-, Bodenschutz- und Wasserrechts gegenüber Betreibern dieser Anlagen handelt und soweit Anhang II nichts anderes bestimmt. Die Zulassung von Windkraftanlagen nach Nummer 1.6 des Anhangs der 4. BImSchV ist im Anhang I zu der ZustVU nicht aufgeführt. Auch aus deren Anhang II ergibt sich nichts Abweichendes.

Die Beklagte ist indes wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht in Frage gestellt hat aufgrund der Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 ZustVU weiter zuständig.

Danach bleibt die bei Inkrafttreten einer Rechtsänderung zuständige Behörde bis zum Abschluss des Verfahrens durch bestandskräftige Entscheidung in den Genehmigungsverfahren oder sonstigen Zulassungsverfahren zuständig, in denen am Tage des Inkrafttretens der Verordnung die vom Antragsteller einzureichenden Unterlagen vollständig vorlagen.

aa) Für die zuständigkeitsbestimmende Frage, ob die vom Antragsteller einzureichenden Unterlagen vollständig vorliegen, sind neben den - einen Anhalt bietenden - Vorgaben des § 10 Abs. 1 BImSchG einschließlich der ergänzenden Regelungen der §§ 4 bis 4 e der 9. BImSchV auch Zielrichtung und Zweck der Übergangsregelungen der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz zu beachten. Diese dienen wie sich auch aus einer Zusammenschau der Regelungen des § 6 ZustVU im Übrigen ergibt den verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten der Betroffenen verankerten Grundsätzen der Verfahrenseffizienz, der Verfahrensökonomie und der Zügigkeit der Verwaltung. Diese Grundsätze, die in § 10 VwVfG NRW für den Bereich der Verwaltungstätigkeit einfachgesetzlichen Ausdruck gefunden haben, stellen auch Richtlinien für die Auslegung und Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts auf.

Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, § 10 Rn. 5 und 17; Schmitz in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 10 Rn. 25.

Vor diesem Hintergrund ist eine Überfrachtung der Prüfung, ob die eingereichten Unterlagen im Sinne der Übergangsvorschrift vollständig sind, mit materiellrechtlichen Fragestellungen zu vermeiden. Es muss auf der einen Seite gewährleistet bleiben, dass ein auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen bereits erreichter materieller Wissensstand weiter von der bisher zuständigen Behörde in das Verfahren eingebracht werden kann. Auf der anderen Seite kann ein Zulassungsverfahren ohne Verzögerung auch von der nunmehr zuständigen Behörde fortgeführt werden, wenn eine sachliche Befassung im Zeitpunkt der Zuständigkeitsänderung gerade wegen der unzureichenden Unterlagen noch nicht möglich war.

Hat die bisher zuständige Behörde - wie hier - allerdings über einen Antrag auf Zulassung oder Genehmigung eines Vorhabens entschieden, ohne die Unvollständigkeit der Unterlagen zu rügen, widerspräche eine Änderung der Zuständigkeit in jedem Fall der mit der Übergangsregelung unter Schutz gestellten Verfahrensökonomie, und zwar ungeachtet des Umstandes, ob die vorgelegten Unterlagen noch der Ergänzung bedürfen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. August 2008 8 A 2138/06 -, NWVBl. 2009, 110.

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt der Umstand, dass der Kläger den Anlagenstandort im Berufungsverfahren leicht verschoben hat, die Zuständigkeit der Beklagten nicht entfallen.

(1) Die geringfügige Modifikation hat nicht zur Folge, dass ein anderes Vorhaben zur Genehmigung gestellt wird, so dass die bislang vorgelegten - als vollständig bewerteten - Unterlagen zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht mehr ausreichen und ein vollständig neues Verfahren eingeleitet werden müsste.

Dass ein Vorhabenträger im Laufe eines Genehmigungsverfahrens Änderungen vornimmt, um tatsächlich vorliegende oder zumindest behauptete Genehmigungshindernisse auszuräumen, ist gerade bei komplexen, insbesondere immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht ungewöhnlich. Vielmehr ist eine Berücksichtigung von Einwänden mit der gesetzlich vorgeschriebenen Behörden- und ggf. auch Öffentlichkeitsbeteiligung gerade bezweckt. Bei der Beurteilung, ob eine Änderung so weitreichend ist, dass bereits abgeschlossene Verfahrensschritte wiederholt werden müssen, können wiederum die für das förmliche Genehmigungsverfahren geltenden Vorgaben in § 10 BImSchG in Verbindung mit den diesbezüglichen Regelungen der 9. BImSchV als Orientierung herangezogen werden. Nach § 8 Abs. 2 der 9. BImSchV darf die Genehmigungsbehörde, wenn das Vorhaben während des Genehmigungsverfahrens geändert wird, von einer zusätzlichen Bekanntmachung und Auslegung absehen, wenn in den Antragsunterlagen keine Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen (Satz 1). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass nachteilige Auswirkungen für Dritte durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind (Satz 2).

Aus dieser - sogar - für das förmliche Genehmigungsverfahren geltenden gesetzlichen Wertung folgt, dass Vorhabensänderungen im laufenden Genehmigungsverfahren möglich sind und eine Wiederholung bereits abgeschlossener Verfahrensschritte jedenfalls dann nicht erforderlich ist, wenn die Änderung keine nachteiligen Auswirkungen hat.

Das ist hier der Fall. Die Standortabweichung führt unter keinem Gesichtspunkt zu nachteiligen Veränderungen. Relevante Änderungen der Immissionsbelastung für Anwohner sind ebenso wenig zu erwarten wie Abweichungen bei der Beurteilung derjenigen Beeinträchtigungen, die auf Natur und Landschaft einwirken. Auch im Übrigen werden die für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens maßgeblichen Umstände nicht nachteilig verändert.

(2) Es kann dahinstehen, ob die demnach grundsätzlich gegebene Übergangszuständigkeit der Beklagten auch dann endet, wenn eine im laufenden Verfahren erfolgte Vorhabensänderung ein erneutes Ersuchen an die Standortgemeinde um Erteilung des Einvernehmens erforderlich macht. Denn auch das ist hier nicht der Fall.

Die Beigeladene zu 1. hat auf der Grundlage des Lageplans vom 24. Juli 2000 mit Schreiben vom 17. Oktober 2000 ihr Einvernehmen erteilt, im Übrigen ohne die Unvollständigkeit der ihr seinerzeit übersandten Unterlagen zu rügen. Immissionsprognosen fehlten. Nicht jede im weiteren Verfahren beabsichtigte Standortabweichung erfordert ein erneutes Ersuchen der Gemeinde um Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Eine erneute Beteiligung der Gemeinde ist nur bei erheblichen Standortabweichungen geboten. Ob eine Standortabweichung erheblich ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2008 4 B 25.08 -, NWVBl. 2009, 95.

Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle nicht mit abstrakten, für alle Fälle einheitlichen Kriterien bestimmen. Vielmehr kommt es darauf an, ob durch die Veränderung bauplanungsrechtliche Belange, die bei der Frage der Einvernehmenserteilung zu berücksichtigen waren, neuerlich berührt oder erstmals so erheblich betroffen werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228; Bay.VGH, Urteil vom 18. April 1989 - 20 B 88.585 -, BayVBl. 1989, 689 (691); Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Mai 2007, § 36 Rn. 34.

Bei der Beurteilung der Erheblichkeit einer nach Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens für die Errichtung einer Windkraftanlage erfolgten Standortänderung kann neben der Größe der Verschiebung auch von Bedeutung sein, ob der geänderte Standort einem planerisch ausgewiesenen Eignungsbereich näher kommt oder von diesem weg verschoben wurde.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228, nachgehend: BVerwG, Beschluss vom 11. August 2008 - 4 B 25.08 -, NWVBl. 2009, 95.

Dies zugrunde gelegt ist die hier erfolgte Standortverschiebung unerheblich. Bauplanungsrechtliche Belange, die bei der Entscheidung über die Einvernehmenserteilung zu berücksichtigen waren, werden weder neuerlich berührt noch erstmals so erheblich betroffen, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt. Der Vorhabenstandort ist vor und nach der Verschiebung bauplanungsrechtlich insofern gleichwertig, als er innerhalb des im GEP ausgewiesenen Eignungsbereichs D. 01 liegt. Er ist lediglich weiter in das Zentrum des Eignungsbereichs hineingerückt. Immissionsschutzrechtliche Probleme oder sonstige Genehmigungshindernisse sind - wie bereits ausgeführt - aufgrund der Standortverschiebung nicht zu erwarten. Die Frage, ob dem Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB entgegenstehen, ist nach übereinstimmender Einschätzung der Beteiligten gerade wegen der Verschiebung sicher zu verneinen. Damit stellt sich die Zulässigkeitsfrage nicht neu. Sie ist vielmehr - erst recht - zu bejahen. Es sind keine neuen Fragen aufgeworfen, sondern ausschließlich bisherige Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit sicher ausgeräumt worden. Überdies beschränkt sich die Standortänderung auf ein Ausmaß von nur 14,50 m, das im Verhältnis zu der Größe des Grundstücks und des Vorhabens sowie der sonstigen Einzelfallumstände für sich genommen geringfügig erscheint.

2. Die begehrte Verpflichtung der danach weiterhin zuständigen Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung kann nicht erfolgen, weil die Sache noch nicht in vollem Umfang entscheidungsreif ist (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Ob die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, entzieht sich nach dem derzeitigen Verfahrensstand einer abschließenden Beurteilung, weil die förmliche Entscheidung der Beklagten darüber, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden soll, noch aussteht und vom Gericht auch unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Pflicht, die Sache spruchreif zu machen nicht ersetzt werden kann.

Das Vorhaben ist Teil einer aus sieben Anlagen bestehenden Windfarm, auf die das UVPG auch dann Anwendung findet, wenn die bereits 1997 genehmigte Anlage gemäß § 3 b Abs. 3 Satz 2 UVPG bei der Ermittlung der maßgeblichen Schwellenwerte außer Betracht bleibt. Nach § 3 c Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 (6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen) ist nach derzeit geltender Rechtslage eine allgemeine Vorprüfung erforderlich, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern. Der Anwendbarkeit dieser Regelung steht nicht entgegen, dass der Kläger den Bauantrag vor Inkrafttreten des UVPG 2001 (UVPG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. September 2001, BGBl. I S. 2350) gestellt hat, mit dem die allgemeine und die standortbezogene Vorprüfung gesetzlich geregelt wurden. Nach der Übergangsvorschrift in § 25 Abs. 2 UVPG sind nur Vorhaben, die vor dem 14. März 1999 eingeleitet wurden, nach der bis zum 3. August 2001 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.

Vgl. Kment, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, 3. Aufl., 2007, § 25 Rn. 3.

Nach diesem Stichtag eingeleitete Verfahren waren mit Blick auf die maßgebliche europarechtliche Umsetzungsfrist nach neuem Recht fortzuführen.

Das vorliegende, mit Eingang des Bauantrags am 27. Juli 2000 eingeleitete Verfahren war demnach nach Maßgabe des UVPG 2001 fortzuführen. Diesem Erfordernis ist hier nicht genügt.

Der Landrat des Kreises D. als Bauaufsichtsbehörde hat im Juli 2001 eine Vorprüfung durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigung der geplanten sechs weiteren Anlagen nicht erforderlich sei. Die Entscheidung wurde im Amtsblatt vom 27. Juli 2001 bekannt gemacht. Die Prüfung erfolgte indessen nach Maßgabe der früheren Rechtslage. Es wurde insbesondere nicht zwischen allgemeiner und standortbezogener Vorprüfung (vgl. § 3 c Sätze 1 und 2 UVPG) unterschieden. Vor diesem Hintergrund hat der Kreis D. in Bezug auf die anderen fünf Anlagen am 11. Juni 2004 aufgrund einer standortbezogenen Vorprüfung nach § 3 a UVPG erneut entschieden, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei; die Entscheidung wurde im Amtsblatt des Kreises D. vom 15. Juni 2004 veröffentlicht. Diese Entscheidung bezog die streitbefangene Anlage aber nicht ein, da diese aus damaliger Sicht bauplanungsrechtlich unzulässig und deshalb ohnehin nicht genehmigungsfähig war. Da damit der Schwellenwert gemäß Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG nicht erreicht wurde, bedurfte es keiner allgemeinen, sondern nur einer standortbezogenen Vorprüfung.

Auf diese Vorprüfungsentscheidung hat die Beklagte in ihren Genehmigungsbescheiden vom 19. Oktober 2005 Bezug genommen. Im Zusammenhang mit den im Jahr 2006 beantragten Änderungsgenehmigungen haben der Beklagten zwar Unterlagen - insbesondere Immissionsprognosen und ein landschaftspflegerischer Begleitplan - vorgelegen, die die hier in Rede stehende Anlage einbezogen. Da die streitbefangene Anlage jedoch als ohnehin bauplanungsrechtlich unzulässig angesehen wurde, fand wiederum nur eine standortbezogene Vorprüfung in Bezug auf fünf Anlagen statt. Deren Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, wurde am 16. Juni 2006 veröffentlicht.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung allerdings deutlich gemacht, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch unter Einbeziehung der streitbefangenen Anlage aller Voraussicht nach nicht als erforderlich angesehen werden wird. Eine schriftliche Entscheidung der Beklagten, die die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung den Anforderungen des § 3 c Satz 6 UVPG entsprechend dokumentiert und im Streitfall die in § 3 a Satz 4 UVPG vorausgesetzte Plausibilitätskontrolle ermöglicht,

zu den Anforderungen vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 D 19/07.AK -, NuR 2009, 204 = juris Rn. 83 ff.,

steht indessen noch aus.

Da der Behörde bei der UVP-Vorprüfung ein Einschätzungsspielraum zusteht, kann das Gericht die Entscheidungsreife des Rechtsstreits insoweit - auch wenn das Ergebnis der Vorprüfung naheliegen mag - nicht herbeiführen. Es ist daher von einem "stecken gebliebenen" Verwaltungsverfahren,

vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 19. Juni 2007 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26, und vom 28. August 2008 - 8 A 2138/06 -, NWVBl. 2009, 110,

auszugehen, so dass nur ein Bescheidungsurteil in Betracht kommt.

II. Das von dem Verpflichtungsantrag umfasste Bescheidungsbegehren des Klägers ist begründet. Er hat einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Dieser Anspruch setzt bei der hier gegebenen Fallgestaltung eines "stecken gebliebenen" Genehmigungsverfahrens voraus, dass der von der Behörde herangezogene Versagungsgrund die Ablehnung des Antrags nicht trägt und die Genehmigung nach dem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisstand nicht schon aus anderen Gründen offensichtlich zu versagen ist.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1. Die Genehmigung der streitigen Windkraftanlage durfte nicht unter Hinweis auf den entgegenstehenden Bebauungsplan Windfeld D. 01 versagt werden. Der Bebauungsplan ist, wie der 7. Senat des erkennenden Gerichts am 14. Januar 2008 in dem vom Kläger beantragten Normenkontrollverfahren 7 D 12/07.NE entschieden hat, unwirksam.

2. Andere Genehmigungshindernisse sind nicht ersichtlich.

Rechtsgrundlage für die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist § 6 Abs. 1 i.V.m. § 5 BImSchG. Nach diesen Vorschriften ist die - hier nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zur Vierten BImSchV in der seit dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung (BGBl. I S. 1687) erforderliche - immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Die sich hiernach ergebenden Genehmigungsvoraussetzungen sind erfüllt.

a) Das Vorhaben ist insbesondere bauplanungsrechtlich zulässig.

Die Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens richtet sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Danach darf ein Vorhaben, das wie die geplante Anlage der Nutzung der Windkraft dient und deshalb im Außenbereich an sich privilegiert zulässig ist, unter anderem dann nicht zugelassen werden, wenn öffentliche Belange "entgegenstehen". Ob dies der Fall ist, ist grundsätzlich im Wege einer "nachvollziehenden Abwägung" zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2005 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364, vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, 17, und vom 25. Oktober 1967 - 4 C 86.66 -, BVerwGE 28, 148.

Privilegierte Vorhaben sind nicht an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig. Auch für privilegierte Anlagen gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber den Außenbereich insbesondere nicht generell als Baubereich für privilegierte Vorhaben freigegeben, sondern die Zulässigkeit solcher Vorhaben vielmehr von der Einzelfallprüfung abhängig gemacht, ob ihnen an einem konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Juni 1991 - 4 C 11.89 -, BRS 52 (1992) Nr. 78, vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300, und vom 20. Januar 1984 4 C 43.81 -, BVerwGE 68, 311.

aa) Das Vorhaben ist nicht mit Blick auf die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windkraftnutzung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1. in der Fassung der 27. Änderung planungsrechtlich unzulässig.

Der Flächennutzungsplan entfaltet nicht die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Nach dieser Vorschrift stehen öffentliche Belange der Errichtung von Windkraftanlagen und anderen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

Daran fehlt es hier. Die Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan verstößt gegen das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB und ist deshalb unwirksam.

Ein Verstoß gegen das in § 1 Abs. 4 BauGB normierte Gebot, Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen, ist gegeben, wenn der Plangeber nicht mehr nur den Spielraum ausfüllt, der ihm innerhalb des durch die Ziele der Raumordnung gezogenen Rahmens verbleibt, sondern diesen überschreitet.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228 = juris Rn. 89 f., m.w.N.

In der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist geklärt, dass die im GEP ausgewiesenen Windeignungsbereiche Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Nr. 2 ROG 1998 und § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sind.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 6. September 2007 8 A 4566/04 -, ZNER 2007, 441 = BRS 71 Nr. 107, vom 19. September 2006 - 10 A 973/04 , NWVBl. 2007, 225, vom 28. Januar 2005 7 D 35/03.NE -, NWVBl. 2005, 466, und 7 D 4/03.NE -, juris, sowie Beschluss vom 22. September 2005 - 7 D 21/04.NE -, NWVBl. 2006, 99.

Die den Gemeinden durch den GEP belassenen Planungsspielräume sind begrenzt. Der Plangeber des GEP hat - entsprechend dessen Zielqualität - unter raumstrukturellen und raumfunktionellen Aspekten eine Letztentscheidung getroffen, in die alle insoweit relevanten Belange eingeflossen sind. Lediglich die Berücksichtigung sonstiger, insbesondere städtebaulicher Belange hat er den Gemeinden überlassen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2007 8 A 4566/04 -, juris Rn. 189 f.

Diesen Planungsspielraum hat die Beigeladene zu 1. überschritten.

(1) Ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot ist darin zu sehen, dass sich die Beigeladene zu 1. nicht darauf beschränkt hat, die im GEP festgelegten Eignungsbereiche grundsätzlich zu respektieren und mit ihrer Flächennutzungsplanung unter Beachtung der zeichnerischen und textlichen Festsetzungen eine Feinsteuerung innerhalb des Eignungsbereichs D. 01 vorzunehmen. Sie hat vielmehr die Konzentrationszone deutlich verschoben und einen Bereich einbezogen, den der Plangeber des GEP bewusst geschont hat.

Die Erweiterung um etwa 250 m nach Norden stellt keineswegs eine nur geringfügige Vergrößerung dar. Immerhin bietet der hinzugenommene Bereich Raum für zwei zusätzliche Anlagen, während der innerhalb des GEP-Eignungsbereichs liegende Bereich der Konzentrationszone Raum für vier Anlagen bietet. Ein Drittel der in der gemeindlichen Konzentrationszonenfläche zu realisierenden Anlagen liegt damit außerhalb des GEP-Eignungsbereichs.

Die Abweichung von den Vorgaben des GEP führt dazu, dass nach den Vorstellungen der Beigeladenen zu 1. eine Fläche für Zwecke der Windkraftnutzung zur Verfügung gestellt wird, die nach dem objektiv erkennbaren Planungswillen, der dem Zuschnitt des GEP-Eignungsbereichs zugrunde liegt, von Windkraftanlagen freigehalten werden sollte. Dass der Grenzverlauf des Eignungsbereichs im GEP in diesem Bereich bewusst so und nicht anders gewählt worden ist, ergibt sich vor allem daraus, dass die nördliche und die westliche Grenze des GEP-Eignungsbereichs jeweils die Grenzen eines im GEP grün dargestellten Waldbereichs nachzeichnen. Der Schutz geschlossener Waldbereiche zählt ausweislich der textlichen Erläuterung 26 zum GEP zu den wesentlichen Belangen, die in die regionalplanerische Abwägung eingestellt wurden. Eine Überlagerung von Waldbereichen durch Windeignungsbereiche sieht der GEP, wie es dort ausdrücklich heißt, nur ausnahmsweise vor, dann aber verbunden mit dem Hinweis, dass der Schutz des Waldes auf den nachfolgenden Planungsstufen zu sichern sei. Diesem gewichtigen Abwägungsgesichtspunkt widerspricht der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1., indem ein angrenzender Waldbereich von der Konzentrationszone so überlagert wird, dass das Waldstück nach den planerischen Vorstellungen der Gemeinde von Windkraftanlagen umgeben wird. Das kann zum Einen die vielfältigen Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes beeinträchtigen und steht zum Anderen einer Vergrößerung des Waldbestands entgegen, die aber nach den allgemeinen Planvorgaben in Teil 1 des Gebietsentwicklungsplans, Nr. II. 2.2., regelmäßig angestrebt werden soll.

Mit der Verschiebung nach Norden wird überdies ein weiterer Belang berührt, der ebenfalls für die regionalplanerische Abwägung von erheblicher Bedeutung war. Die Verringerung des Abstands zur Siedlungsfläche von 1000 m im GEP auf 750 m im Flächennutzungsplan reduziert den der Siedlung auf der Ebene des Regionalplans zugestandenen Schutzabstand auf ¾. Das kann sowohl aus landschaftsplanerischer Sicht als auch unter dem Aspekt des Immissionsschutzes eine erhebliche Abweichung darstellen. Die Anlagen rücken nicht nur optisch näher an den Ortsteil heran. Da die Planung keine Einzelanlage, sondern einen Windpark betrifft, kommt auch der bei Umsetzung der Planung zu erwartenden Immissionsbelastung eine Bedeutung zu. Bei einer Entfernung von 750 m können sich vor dem Hintergrund des gegenüber dem Außenbereich erhöhten immissionsschutzrechtlichen Schutzanspruchs von Wohngebieten durchaus schon spürbare, regionalplanerisch hier offenkundig nicht gewollte Beeinträchtigungen ergeben. Darüber hat sich die Beigeladene zu 1. hinweggesetzt.

Dass der Schutzabstand im Norden zur Ortslage nach Maßgabe des Flächennutzungsplans geringer sein soll als der Schutzabstand im Süden zu einem Einzelgehöft wirft überdies - ungeachtet des Verstoßes gegen das Anpassungsgebot - die Frage auf, ob eine solche Planung die in sie eingestellten Abwägungsbelange fehlerfrei gewichtet oder ob hier von einem rechtlich erheblichen Missverhältnis auszugehen ist.

(2) Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob auch die Reduzierung des Eignungsbereichs im Süden gegen das Anpassungsgebot verstößt.

Der Flächennutzungsplan berücksichtigt insoweit einen Schutzabstand von 1000 m zu Gunsten des Pferdebetriebs C. . Zu den städtebaulichen Belangen, die eine Gemeinde berechtigen können, auf der Ebene des Flächennutzungs- oder Bebauungsplans die Vorgaben des Eignungsgebiets zu konkretisieren, gehören insbesondere immissionsschutzrechtliche Anforderungen an ein gesundes Wohnen. Der Regionalplan hat die Festlegung der immissionsschutzrechtlich erforderlichen Schutzabstände zu Einzelgehöften der kommunalen Planungsebene überlassen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. September 2007 8 A 4566/04 -, juris Rn. 189 f.

In Bezug auf Einzelgehöfte im Außenbereich erlaubt der GEP den Gemeinden indessen nur die Berücksichtigung der immissionsschutzrechtlich gebotenen Abstände. Dass der hier eingeräumte Schutzbereich von 1000 m aus Gründen des Immissionsschutzes geboten wäre, macht die Beigeladene zu 1. nicht geltend und liegt auch fern. Vielmehr geht es ihr um den Schutz eines konkreten Gewerbebetriebs. Ob darin ein berücksichtigungsfähiger städtebaulicher Belang, etwa im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a) BauGB zu sehen ist, ist zweifelhaft, bedarf hier aber keiner Entscheidung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Januar 2008 7 D 12/07.NE -, S. 13 UA.

Ebenso kann offen bleiben, ob die Beigeladene zu 1. im Hinblick auf die im südlichen Teil des GEP-Eignungsbereichs verlaufende Richtfunkstrecke der Beigeladenen zu 2. berechtigt gewesen wäre, diesen Teilbereich als sog. Tabubereich von Windkraftanlagen freizuhalten.

Zu den verschiedenen Maßstäben bei der Zulassung von privilegierten Vorhaben wegen im Einzelfall entgegenstehender öffentlicher Belange einerseits und der planerischen Abwägung andererseits vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juli 2002 7 A 860/01 -, juris Rn. 162; zur Berücksichtigung von Richtfunkstrecken vgl. auch Nr. 8.1.3 des Gemeinsamen Runderlasses vom 21. Oktober 2005 (WKA-Erlass).

Dafür spricht allerdings der Umstand, dass Fach- und Bauleitplanungen nach den Vorgaben des maßgeblichen Regionalplans in den Schutzzonen von Richtfunkverbindungen Höhenbeschränkungen zu beachten haben, um deren Übertragungsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen (Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster - Teil 1 - vom 2. Dezember 1996, II.4.5.).

Darauf, ob der Vorhabenbereich bei sachgerechter Planung als Tabubereich hätte eingeordnet werden dürfen, kommt es für die Beurteilung des gemeindlichen Flächennutzungsplans indessen nicht an. Denn für den Verstoß gegen das Anpassungsgebot ist - wie dargelegt - bereits der Umstand ausreichend, dass die Konzentrationszone sich im Norden auf ein regionalplanerisches Ausschlussgebiet erstreckt. Im Übrigen ist Prüfungsgegenstand bei der Feststellung von Abwägungsmängeln die tatsächlich erfolgte Abwägung. Auf die Richtfunktrasse hat die Beigeladene zu 1. bei ihrer Planung indessen nicht abgestellt. Die Ausführungen im Erläuterungsbericht bieten dafür keinen Anhaltspunkt.

Dass der GEP-Eignungsbereich D. 01 mit der Richtfunktrasse einen Bereich umfasst, der nach den Vorgaben im Gebietsentwicklungsplan selbst eine Bauhöhenbeschränkung erforderlich macht, mithin für Anlagen der bei der Planung vorrangig in den Blick genommenen 1,5 MW-Klasse kaum geeignet ist, stellt die Wirksamkeit und Zielqualität der Eignungsbereichsdarstellung im GEP nicht in Frage. Dieser Umstand lässt nicht auf einen dem GEP anhaftenden Abwägungsmangel schließen. Bauhöhenbeschränkungen hat der Plangeber des GEP den von den Gemeinden auf der nachfolgenden Planungsebene zu berücksichtigenden städtebaulichen Belangen zugeordnet.

Vgl. zu Bauhöhenbeschränkungen im Umfeld von Flugplätzen auch OVG NRW, Urteil vom 6. September 2007 - 8 A 4566/04 -, juris Rn. 191.

(3) Die Verletzung des Anpassungsgebots ist nicht wegen der im Planaufstellungsverfahren erfolgten Mitteilung der Beklagten, dass aus landesplanerischer Sicht gegen die Änderung des Flächennutzungsplans keine Bedenken bestünden, unbeachtlich. Die Wirksamkeit des Plans kann in dem hier vorliegenden Fall, dass objektiv ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot vorliegt, nur über Zielabweichungsverfahren nach § 19 a LPlG NRW, erreicht werden,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 8 A 2325/06 -, juris Rn. 96,

wozu es aber grundsätzlich eines Antrags der Gemeinde bedarf. Einen solchen hat die Beigeladene zu 1. weder gestellt noch angekündigt.

(4) Auf die Frage, ob "planreife" Flächennutzungspläne als sonstige ungeschriebene öffentliche Belange im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB Berücksichtigung finden können, kommt es nicht an. Die Beigeladene zu 1. macht nicht geltend, dass ihre derzeit in Bearbeitung befindliche, bis zum Ende der Kommunalwahlperiode voraussichtlich nicht mehr abzuschließende neue Konzentrationszonenplanung bereits inhaltlich so konkretisiert wäre, dass von einer Planreife auszugehen wäre. Substantiierte Angaben zu dem voraussichtlichen Planinhalt hat sie nicht gemacht.

bb) Das Vorhaben erweist sich auch im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu 2. betriebene Richtfunkstrecke nicht als unzulässig.

(1) Ein Versagungsgrund ergibt sich - anders als die Beigeladene zu 1. angedeutet hat - nicht aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben den Darstellungen eines Flächennutzungsplans widerspricht. Dafür ist hier aber nichts ersichtlich.

Das Vorbringen der Beigeladenen zu 1., in ihrem Flächennutzungsplans sei bereits seit dem Jahr 1979 eine Richtfunktrasse "festgesetzt", trifft nicht zu. Der insoweit vorgelegte Flächennutzungsplan enthält die - nunmehr von der Beigeladenen zu 2. betriebene - Richtfunktrasse ausdrücklich nur als nachrichtliche Übernahme. Nachrichtliche Übernahmen zählen nicht zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans, sondern geben - wie schon der Wortlaut des § 5 Abs. 4 BauGB verdeutlicht - lediglich Fremdplanungen wieder, nämlich Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind.

Vgl. Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl., 2007, § 5 Rn. 44; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 15. Januar 2009, § 5 Rn. 19 und 70, § 35 Rn. 79.

Der insoweit seit 1979 unveränderte Flächennutzungsplan enthält keine eigenständige, rechtlich relevante Regelung in Bezug auf eine Richtfunktrasse.

(2) Das Vorhandensein der Richtfunktrasse der Beigeladenen zu 2. führt auch nicht nach Maßgabe von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB auf eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens.

Dabei kann dahin stehen, ob diese Vorschrift Richtfunkstrecken von privaten

Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit dem Übertragungsnetz erfasst. Diese von den Beteiligten aufgeworfene, nach Einschätzung des Senats nicht ohne weiteres zu verneinende Frage bedarf keiner Klärung, weil eine Störung der Richtfunkstrecke jedenfalls im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Standort aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist. Das entspricht der fachkundigen Einschätzung der Beigeladenen zu 2. und ist von Amts wegen nicht zu bezweifeln.

cc) Die ursprünglich von der Deutschen Telekom und später vom WDR geltend gemachte Störung des terrestrischen Rundfunkempfangs begründet - wovon alle Beteiligten übereinstimmend ausgehen - ebenfalls keinen Versagungsgrund.

(1) Beeinträchtigungen des Rundfunkempfangs werden vom Schutzbereich des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB nicht erfasst.

Die durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG Bau - (Gesetz vom 24. Juni 2004, BGBl. I S. 1359) eingeführte Regelung ist am 20. Juli 2004 in Kraft getreten und für die Beurteilung des hier vorliegenden Verpflichtungsbegehrens maßgeblich.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, wenn das Vorhaben die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört. Der Begriff der Funkstelle ist weder im Baugesetzbuch noch im derzeit geltenden Telekommunikationsgesetz noch an anderer Stelle definiert. In der vom 1. Dezember 2002 bis zum 25. Juni 2004 - also noch zu der Zeit, als sich die Ergänzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Gesetzgebungsverfahren befand - geltenden Fassung des § 3 Nr. 4 TKG a.F. war geregelt, dass "Funkanlagen" elektrische Sende- oder Empfangseinrichtungen sind, zwischen denen die Informationsübertragung ohne Verbindungsleitungen stattfinden kann. In § 57 Abs. 5 TKG n.F. (vom 18. Februar 2007) wird der Begriff der Funkstellen lediglich im Zusammenhang mit dem Luftverkehr verwendet, aber nicht näher erläutert.

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm wird deutlich, dass der Gesetzgeber nicht jede Erscheinungsform von Funk schützen wollte, sondern einen begrenzten Anwendungsbereich im Blick hatte. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung, der im Übrigen ausdrücklich auf Probleme abzielte, die mit der Errichtung von Windkraftanlagen verbunden sind, wurde zunächst noch der Begriff der Telekommunikationsanlagen verwendet.

Vgl. BR-Drs. 756/03, S. 36 und 154.

Dabei handelt es sich um einen umfassenden Begriff der Nachrichtentechnik. Er bezeichnet technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare, elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können (vgl. § 3 Nr. 23 TKG). Diesen Begriff erachtete der Bundesrat in seiner Stellungnahme als zu weit und schlug die Änderung in "Funkstellen" vor. Zur Begründung dieser Empfehlung führte der zuständige Ausschuss aus: Der Begriff der Telekommunikationsanlagen als umfassender Begriff der Nachrichtentechnik würde eine Vielzahl von Einrichtungen erfassen, ohne dass insoweit nach bisherigem Kenntnisstand Probleme aufgetreten seien. Demgegenüber entspreche die Aufnahme des Belangs der "Funktionsfähigkeit von Funkstellen" den vom Bundesministerium der Verteidigung geltend gemachten Belangen der Flugsicherheit. Durch Windkraftanlagen im Außenbereich könne nur der Betrieb von Funkstellen gestört werden. Insbesondere durch die rotierenden Teile der Windkraftanlagen könne nämlich die Funkverbindung (Sprachübertragung, Datenübertragung) gestört werden, was zu einem (vorübergehenden) Totalausfall von Funkstrecken führen könne; dies wiederum könne die Flugsicherheit beeinträchtigen.

Vgl. BR- Drs. 756/1/03, S. 42 f.

Dieser Empfehlung schloss sich die Bundesregierung an.

Vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 81 und 93.

Welche Anlagen danach unter § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB fallen, mag im Einzelnen unklar sein. Daraus, dass der Gesetzgeber Gefahren für die Flugsicherheit abwehren wollte, ersichtlich aber nicht schlechthin jede Telekommunikationsverbindung vor Beeinträchtigungen schützen wollte, folgt indessen zumindest, dass der in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB normierte öffentliche Belang nur dann die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit eines Vorhabens begründet, wenn es um die Abwehr von Gefahren geht, deren Gewicht den im Gesetzgebungsverfahren in den Blick genommenen öffentlichen Belangen - hier: militärische Belange sowie Flugsicherheit - vergleichbar ist. Qualitätseinbußen beim terrestrischen Rundfunkempfang zählen dazu ersichtlich nicht.

Unabhängig davon liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die im Genehmigungsverfahren vom WDR geltend gemachten Bedenken nach Errichtung der anderen Anlagen des Windparks in tatsächlicher Hinsicht bestätigt hätten.

(2) Die Abschattungswirkung für Funkwellen stellt auch keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. §§ 3 Abs. 1 und 2 sowie 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB) ist in der Abschattung des terrestrischen Rundfunkempfangs nicht zu sehen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. September 1998 - 7 B 1591/98 -, S. 5 f.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 24. Juni 2004 - 8 A 10809/04 -, BauR 2004, 1422.

b) Die von der Anlage ausgehenden Schall- und Schattenimmissionen begründen nach den vorliegenden Gutachten, die sich auf die Anlagen des gesamten Windparks beziehen und die die Beklagte im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft hat, keine durchgreifenden Genehmigungshindernisse. Soweit sich die Notwendigkeit von diesbezüglichen Nebenbestimmungen im Rahmen der abschließenden behördlichen Prüfung ergibt, hat sich der Kläger damit bereits grundsätzlich einverstanden erklärt. Unbedenklich ist auch der Abstand zu benachbarten Wohngebäuden. Mit einer unzumutbaren optisch bedrängenden Wirkung

- vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 8 A 3726/05 -, OVGE 51, 191 = NWVBl. 2007, 59, nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2006 4 B 72.06 -, NVwZ 2007, 336, und Beschluss vom 22. März 2007 8 B 2283/06 -, BauR 2007, 1014

ist nicht zu rechnen.

c) Bauordnungsrechtliche Genehmigungshindernisse, die nicht durch entsprechende Nebenbestimmungen ausgeräumt werden können, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die nach § 6 Abs. 10 BauO NRW einzuhaltende Abstandfläche auch nach der Standortverschiebung gewährleistet ist. Die Verschiebung erfolgt orthogonal zu der von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Richtfunkstrecke, so dass sich der Abstand zur östlichen Flurstücksgrenze durch die Verschiebung eher leicht vergrößert.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostenverteilung berücksichtigt zugunsten des Klägers, dass dem streitgegenständlichen Vorhaben der herangezogene Versagungsgrund nicht entgegengehalten werden durfte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsauffassung des Gerichts zur grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des klägerischen Vorhabens, unter deren Beachtung die Beklagte den Kläger zu bescheiden hat, den Spielraum der Beklagten, zu Lasten des Klägers zu entscheiden, in erheblichem Umfang einschränkt.

Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage 2006, § 155 Rn. 17.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind billigerweise nicht erstattungsfähig. Sie haben keine Anträge gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko nicht ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 18.08.2009
Az: 8 A 613/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c439775b50d1/OVG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_18-August-2009_Az_8-A-613-08




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