Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 26. September 2013
Aktenzeichen: 27 K 231.12
(VG Berlin: Urteil v. 26.09.2013, Az.: 27 K 231.12)
1. Die ihm erteilte Sendeerlaubnis zur Veranstaltung bundesweit empfangbaren Rundfunks berechtigt den Veranstalter nur zur bundesweit unveränderten Verbreitung seines Programms.
2. Werbung ist Teil des Programms.
3. Die bundesweit erteilte Sendeerlaubnis enthält nicht die Befugnis, Werbung auch nur teilweise in verschiedenen Regionen des Bundesgebiets inhaltlich unterschiedlich verbreiten zu dürfen.
4. Es besteht keine Rechtsgrundlage für die Ergänzung einer bundesweit erteilten Sendeerlaubnis dahingehend, dass die Verbreitung von inhaltlich unterschiedlicher Werbung in verschiedenen Regionen des Bundesgebiets zugelassen wird.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1) war auf Grundlage der von der Beklagten erteilten Sendeerlaubnis für die Veranstaltung von Satellitenrundfunk vom 06. Februar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 Veranstalterin des bundesweit empfangbaren Fernsehprogramms €P...€. Seit dem 01. Januar 2013 ist die Klägerin zu 2) - nachfolgend nur noch: Klägerin - aufgrund der ebenfalls von der Beklagten erteilten Sendeerlaubnis unter dem 05. September 2012 Veranstalterin des bundesweiten Fernsehprogramms. Mit ihrer am 31. Oktober 2012 erhobenen Klage begehren sie gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass die von ihnen geplante Auseinanderschaltung von einzelnen Werbeinhalten im Kabelnetz keiner gesonderten rundfunkrechtlichen Zulassung bedarf, sondern von den ihnen bereits erteilten Rundfunkzulassungen umfasst ist und daher eine zulassungsfreie Weiterverbreitung im Sinne des § 51b des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) darstellt, hilfsweise begehrt die Klägerin die Erweiterung ihrer Sendeerlaubnis für diese Auseinanderschaltung. Die Klägerin zu 1) hat die Klage vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Die der Klägerin erteilte Sendeerlaubnis berechtigt sie zu der Veranstaltung des täglich vierundzwanzigstündigen Fernsehprogrammes €P...€ über Satellit und schließt die Erlaubnis zur erneuten Verbreitung des Programms über Satellit zum Zwecke der Einfügung von Werbung ein, die sich an das Schweizer und das Österreichische Publikum richtet.
Die Klägerin plante, ab dem 01. Januar 2013 in Kabelnetzen einzelne Fernsehwerbespots in ihrem bundesweiten Programm €P...€ auszutauschen und durch sogenannte dezentrale Werbespots zu ersetzen, um mit diesem Angebot neue Werbekunden - insbesondere Unternehmen mit regionalem Verbreitungsgebiet bzw. regionaler Vertriebsstruktur, für die bundesweite Fernsehwerbung aufgrund der hohen Kosten und der hohen Streuverluste nicht attraktiv ist - zu akquirieren. Hierzu soll ein neu entwickeltes Tool verwendet werden, welches es ermöglicht, ein bundesweites Programm exakt und zuverlässig in einem gewünschten Zeitraum durch anderen Inhalt zu überblenden, d.h. den bundesweiten Inhalt regional auszublenden und durch eine andere Programmstrecke, vorliegend durch regional differenzierte Werbespots, zu ersetzen. Die Einfügung einzelner regionalisierter Werbeinhalte ist hierbei bezogen auf fünf unterschiedliche dezentrale Regionen (sog. Nielsen-Gebiete), nämlich Gebiet 1 (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt), Gebiet 2 (Nordrhein-Westfalen), Gebiet 3 (Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland), Gebiet 4 (Bayern, Sachsen und Thüringen) sowie Gebiet 5 (Baden-Württemberg); eine weitere Verkleinerung ist nicht vorgesehen. In zeitlicher Hinsicht soll im Programm €P...€ nicht mehr als 10 Minuten Werbedauer pro Tag durch dezentrale Werbespots ersetzt werden. Die Klägerin möchte die dezentrale Werbung hierbei ausschließlich in analogen und digitalen Kabelanlagen umsetzen. Das Vorhaben soll zunächst im Rahmen eines Marktversuches für einen befristeten Zeitraum von 18 Monaten ab Start des Marktbetriebes umgesetzt werden, wobei der Starttermin in den einzelnen Gebieten dabei in Abhängigkeit der technischen Umsetzungsfähigkeit des jeweils örtlich zuständigen Netzbetreibers variieren kann. Nach dem geplanten technischen Ablauf soll die Hoheit über das Sendesignal und die Ausstrahlung der dezentralen Werbespots ausschließlich bei der Klägerin als zugelassener Rundfunkveranstalterin liegen. Deren alleinige Verantwortlichkeit für die Einbindung vermarkter Spots in den Sendeablauf soll durch folgendes Verfahren sichergestellt werden: Der jeweilige Werbekunde liefert einen dezentralen Fernsehspot zur Freigabe an die Klägerin. Erst nach rechtlicher Überprüfung und erteilter Freigabe kann der Spot auf einem sogenannten €Local Ad Insertion-Server€ (LAI-Server) des Netzbetreibers bzw. eines technischen Dienstleisters zur Ausstrahlung vorbereitet werden. Die Ausstrahlung selbst soll aufgrund eines rein automatisierten Prozesses erfolgen, der keine Einflussnahme externer Beteiligter zulässt: Die Klägerin sendet aus dem eigenen Playout-Center ein nationales Signal, an das wiederum ein Trigger-Signal gesetzt wird, das wiederum von den LAI-Servern ausgelesen werden kann. Gesteuert durch diese Trigger-Signale kann der LAI-Server einen von den Video-Servern abgerufenen Werbespot in das laufende Programmsignal einschleifen. Dadurch wird - ausschließlich gesteuert durch das von der Klägerin ausgestrahlte Trigger-Signal - das Ursprungssignal für die Laufzeit des eingeschliffenen Werbespots ersetzt.
Mit Schreiben vom 04. September 2012 hat die Klägerin ihr geplantes Vorhaben bei der Beklagten angezeigt und um schriftliche Bestätigung der Unbedenklichkeit der Maßnahme im Rahmen der bereits zugelassenen Veranstaltertätigkeit gebeten. Für den Fall, dass das Vorhaben doch einer Genehmigung bedürfe, beantragte die Klägerin die Erweiterung ihrer Sendeerlaubnis durch die Beklagte durch folgende Ergänzung: Die Senderlaubnis soll auch die Zulässigkeit des Austauschs von einzelnen Werbespots zur Einfügung dezentraler Werbespots in Kabelanlagen umfassen. Eine Aufgliederung des Bundesgebietes in die fünf unterschiedlichen Nielsen-Gebiete soll hierbei nicht unterschritten bzw. verändert werden dürfen. Der Austausch dürfe in Summe 10 Minuten pro Tag nicht übersteigen. Eine dezentrale Veränderung des zugelassenen redaktionellen Programms im Umfeld der so ausgetauschten Werbespots soll ausgeschlossen sein; einheitliche Schnittstellen seien zu gewährleisten. Diese Erlaubnis soll 18 Monate nach Beginn des ersten Austausches in dem jeweiligen dezentralen Gebiet enden.
Die Beklagte befasste daraufhin die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten mit dem Begehren der Klägerin, die am 18. September 2012 hat folgenden Grundsatzbeschluss zu regionalisierter Werbung bundesweiter Rundfunkveranstalter fasste:
Alle Programminhalte einschließlich der Werbung bilden eine untrennbare Einheit. Eine Auseinanderschaltung von einzelnen Werbeinhalten im Rahmen eines bundesweiten Programms ist ein lizenzerheblicher Vorgang, der keine Deckung innerhalb der bestehenden Lizenz findet.
Ein bundesweites Programm ist grundsätzlich nicht regional aufspaltbar. Der Rundfunkstaatsvertrag sieht eine Ausnahme allein für Regionalfensterprogramme im Sinne des § 25 Abs. 4 RStV vor, die dann aber eine gesonderte Lizenz von der regional zuständigen Medienanstalt benötigen.
Eine Auseinanderschaltung von Programmteilen führt dazu, dass mindestens die ausgetauschten Bestandteile nicht von der bundesweiten Zulassung erfasst sind, sondern landesspezifisch zu beurteilen sind. Die in die Kabelanlagen eingespeisten modifizierten Programme unterfallen dem jeweiligen Landesrecht und bedürfen - ganz oder in Teilen - einer Landeszulassung.
Für die Zulassung gilt das jeweilige Landesmediengesetz und mangels bundesweiter Verbreitung und Ausrichtung nicht die Verfahrensvorschriften des Rundfunkstaatsvertrages.
Ein Marktversuch ist danach ebenfalls nicht von der ZAK zu beurteilen, sondern kann ggf. nach den Vorschriften des jeweiligen Landesrechts erfolgen.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 09. Oktober 2012 die Klägerin unter Bezugnahme auf den Grundsatzbeschlusses der ZAK vom 18. September 2012 darauf hingewiesen, dass die von den Klägerinnen mit Schreiben vom 04. September 2012 gestellten Anträge von der ZAK nunmehr ablehnend beschieden werden müssten; daher werde um Mitteilung gebeten, ob sie einen rechtsmittelfähigen und kostenpflichtigen Bescheid wünsche. Mit Schreiben an die Beklagte vom 25. Januar 2013 hat die Klägerin ihren Antrag ausdrücklich aufrecht erhalten und um zügige Verfahrensfortführung gebeten. Der Antrag der Klägerin ist bisher noch nicht beschieden worden.
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin im Wesentlichen aus: Die mit der Beklagten strittige Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der geplanten Regionalisierung der Werbung und die Zulässigkeit ihrer Weiterverbreitung bedürfe der gerichtlichen Feststellung, da es ihr in erster Linie um eine Unbedenklichkeitsbestätigung durch die Beklagte gehe, die hierfür wegen der von ihr erteilten Sendeerlaubnis auch zuständig sei.
Ihr Vorhaben sei nicht genehmigungsbedürftig, weil die regionale Auseinanderschaltung der Werbung im Umfang von max. 10 min/Tag keine wesentliche Programmveränderung darstelle. Dass nur wesentliche Programmveränderungen sowohl für die bundesweite Veranstaltung des Programms als auch für dessen bundesweite Weiterverbreitung im Kabel lizenzerheblich seien, ergebe sich schon aus den Regelungen, die eine entsprechende Anzeigepflicht der Rundfunkveranstalter normierten. So sähe § 21 Abs. 6 RStV vor, dass die im Rahmen des Zulassungsverfahrens Auskunfts- und Vorlagepflichtigen verpflichtet seien, jede Änderung der maßgeblichen Umstände nach Antragstellung oder nach Erteilung der Zulassung unverzüglich der zuständigen Landesmedienanstalt mitzuteilen. Gleiches ergebe sich auch aus § 30 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 3 des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks €MStV -, wonach nachträgliche Veränderungen der wesentlichen Merkmale des Programms der Medienanstalt von dem Veranstalter vor ihrem Vollzug anzumelden seien. Auch bei § 51b Abs. 1 Satz 1 RStV müsse Anknüpfungspunkt einer €Veränderung€ nicht schon das Sendesignal, sondern vielmehr der programmliche Inhalt sein. Dies folge aus Sinn und Zweck der Weiterverbreitungsgrundsätze im Lichte des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, denn wenn die Änderung des Programminhalts für das zu veranstaltende Programm keinen rundfunkrechtlich relevanten (neuen) Zulassungsvorgang auslöse, dann müsse die gleiche Änderung auch für die Frage der zulässigen Weiterverbreitung dieses Programminhalts ohne Relevanz sein; die Weiterverbreitung dürfe keiner strengeren lizenzerheblichen Regulierung unterworfen sein als die Veranstaltung als Primärverbreitung. Bei Werbung handele es sich nicht um einen zulassungsrelevanten Bestandteil des Programms, so dass der Austausch von Werbung keine Programmänderung bewirken könne. Von Verfassung wegen stelle redaktionelles Programm und Werbung keine lizenzrechtlich untrennbare Einheit dar. Vor dem Hintergrund der Rundfunkfreiheit, die gesetzliche Vorkehrungen zur Gewährleistung der Freiheit des Rundfunks und damit insbesondere pluralitätssichernde Maßnahmen erfordere, sei auch gesetzliches Hauptziel der Rundfunkzulassung, eine vorherige Kontrolle von Meinungsmacht zu ermöglichen. Daher könne es in programmlicher Hinsicht im Rahmen dieser präventiven Zulassungskontrolle auch nur um wesentliche Aspekte für die Meinungsrelevanz und -vielfalt gehen. Eine solche zulassungsrelevante Willens- und Meinungsbildungsrelevanz habe Werbung jedoch nicht inne. Diese sei kein integrierendes Moment rundfunkeigner Meinungsäußerung oder Berichterstattung, denn die Rundfunkveranstalter gäben lediglich die Werbung Dritter weiter, was zugleich eine grundrechtlich geschützte erwerbswirtschaftliche Betätigung der Rundfunkveranstalter darstelle. Auch könne Werbung in keinem Fall die Schwelle zur (präventiven) Zulassungsrelevanz im Sinne der Gefahr für die Meinungsmacht überschreiten. Auch die staatsvertraglichen Begriffsdefinitionen in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 7 RStV differenzierten zwischen Werbung und Programm, ebenso die europäische Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) in Art. 1 Abs. 1 lit. e) und i). Werbung unterfalle gemäß § 7 RStV lediglich einer repressiven Veranstalterkontrolle; insoweit müsse man zwischen lizenzrelevantem Programm, welches einer präventiven Zulassungskontrolle unterliege, und der rein repressiven Veranstalterkontrolle der Werbung unterscheiden. Dies entspreche auch dem Grundsatz der Trennung zwischen Werbung und Programm wie er in § 7 Abs. 3 RStV zum Ausdruck komme. Auch in der Praxis dienten als Grundlage für die sachlichen Zulassungsvoraussetzungen eines Programms - neben den medienkonzentrationsrechtlichen Angaben - vor allem Unterlagen über die Programmart, die Programmkategorie und die Sendezeit mit Programmschema. Die Zulassung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 RStV erfolge nicht für einen bestimmten Programm- oder Werbeinhalt. Auch in den Programmschemata, die in der Regel auch Grundlage der erteilten Zulassungen seien, würden Werbeplatzierungen üblicherweise überhaupt nicht benannt, weder zeitlich noch inhaltlich.
Selbst wenn Werbung grundsätzlich als Bestandteil des Programms angesehen würde und damit bei der Frage einer wesentlichen Veränderung des Programms zu berücksichtigen wäre, würde schon der geringe zeitliche Anteil der dezentralen Werbeauseinanderschaltung (10 Minuten) an der täglich möglichen Gesamtwerbedauer von 4 Stunden 48 Minuten (§ 45 RStV) eines ganztägigen Programms gegen die Annahme einer (gesondert) zulassungsrelevanten wesentlichen Programmänderung sprechen. Zudem stelle eine Genehmigungsbedürftigkeit der Werbeauseinanderschaltung im privaten Rundfunk eine sachlich nicht zu rechtfertigende wettbewerbliche Ungleichbehandlung gegenüber der €genehmigungsfrei€ möglichen regionalen Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dar, zumal der Auseinanderschaltung von Werbung bisher kein generelles Verbot entgegenstehe. Der Rundfunkstaatsvertrag enthalte hierfür bislang keine Regelungen. Soweit Landesgesetze Beschränkungen in Bezug auf regionalisierte Fernsehwerbung vorgesehen hätten, seien diese teilweise - wie in Niedersachen oder Schleswig-Holstein - im Zuge von Novellierungen gestrichen worden, so dass allein in Baden-Württemberg - ausdrücklich nur für Hörfunkprogramme - und in Hessen Beschränkungen verblieben seien, wonach Werbung nur im entsprechenden gesamten Sendegebiet verbreitet werden dürfe. Die Existenz dieser Vorschriften zeige, dass die Landesgesetzgeber im Falle der Werbeauseinanderschaltung gleichwohl von einer Identität des Programms ausgegangen seien, da andernfalls die ausdrücklich normierten materiell-rechtlichen Verbote nicht notwendig gewesen seien. Dieses dem Landesrecht zugrunde liegende Rechtsverständnis sei auch auf den Rundfunkstaatsvertragsgesetzgeber übertragbar, der sich aus den Landesgesetzgebern aller Bundesländer zusammensetze. Die Aufhebung der entsprechenden landesrechtlichen Werbeverbote spreche dafür, dass es zum Schutz der örtlichen und regionalen (Anzeigen-)Presse keiner Werbebeschränkung bedürfe. Erkenntnisse über unzumutbare, existenzbedrohende Nachteile für die Funktionsfähigkeit der örtlichen und regionalen Presse seien seit Einführung des werbefinanzierten Privatrundfunks nicht ersichtlich und erschienen heutzutage angesichts der mit dem technischen Fortschritt verbundenen Veränderung des medialen Werbemarktes z.B. durch das Internet auch nicht plausibel. Auch handele es sich trotz der Werbeauseinanderschaltung weiterhin um ein bundesweites Programm, so dass die rundfunkstaatsvertraglichen Grundsätze und nicht die landesrechtlichen Bestimmungen anzuwenden seien. Ein auf die Rezeption in der gesamten Bundesrepublik Deutschland abzielendes Programm werde nicht dadurch ein €nicht bundesweites€, dass es systematisch in Teilen der Bundesrepublik nicht verbreitet werde. Denn maßgeblich für die Abgrenzung sei nicht die tatsächliche Empfangbarkeit, sondern die Frage, ob der Veranstalter das Programm bundesweit zugänglich machen wolle. Es überwiege weiterhin nicht nur der überregionale Charakter des redaktionellen Programms, sondern das Angebot sei im Schwerpunkt auch überregional ausgerichtet. Die gegenteilige Ansicht sei auch mit der Praxis der Landesmedienanstalten zu den Werbefenstern für Österreich und die Schweiz nicht vereinbar. Wenn der Zweck der Rundfunkzulassung auch darin zu sehen wäre, eine Verpflichtung des Veranstalters im Sinne einer Gesamtverantwortung für das Programm und damit auch für etwaige Werbeverstöße zu begründen, könne dies vorliegend nicht zu einer Zulassungspflicht für die regionalisierte Werbung führen, da die Klägerin über eine bundesweite Zulassung verfüge, so dass eine Gefahr für die Feststellung ihrer Verantwortlichkeit bei der geplanten Werbeauseinanderschaltung gar nicht bestehe.
Die Klägerin legte mit ihrer Klage ein von der P... AG in Auftrag gegebenes Kurzgutachten des Direktors des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung an der Universität Hamburg (HBI) Prof. Dr. W... zur regionalen Auseinanderschaltung von Werbung in bundesweiten Fernsehprogrammen von September 2012 vor. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass eine regionale Auseinanderschaltung von Werbung in einem bundesweiten Rundfunkprogramm von der Zulassung dieses Programms umfasst sei, wenn dadurch keine wesentliche Veränderung des Programms erfolge. Es handele sich dabei auch um eine €unveränderte€ Weiterverbreitung im Sinne des § 51b RStV, sofern die Änderung des Programmsignals faktisch und rechtlich alleine vom Rundfunkveranstalter kontrolliert werde.
Zum hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Ergänzung der Sendeerlaubnis um Regelungen zu der von ihr beabsichtigten Auseinanderschaltung von Werbung in Kabelanlagen trägt die Klägerin vor: Der Hilfsantrag sei eine zulässige Untätigkeitsklage; der Anspruch auf Genehmigung bzw. Erweiterung der bundesweiten Zulassung im Fall der Erlaubnispflicht von dezentraler Wahrung ergebe sich unmittelbar aus § 21 Abs. 6 i.V.m. §§ 20, 20 a RStV sowie aus der grundrechtlichen Rundfunkfreiheit, die für private Rundfunkveranstalter auch die Sicherstellung ihrer Finanzierung durch Werbeeinnahmen umfasse. Nach diesen Vorschriften bestehe ein Anspruch auf bundesweite Zulassung, soweit der jeweilige Antragsteller die Zulassungsvoraussetzungen erfülle, wobei als minus zur Neuerteilung einer Zulassung stets auch eine entsprechende Erweiterung beantragt werden könne. Entscheidend sei, dass es sich bei ihrem Programm um bundesweiten Rundfunk handele.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass mit Schreiben vom 04. September 2012 angezeigte Vorhaben der Auseinanderschaltung von Werbung in Kabelanlagen zwecks Einfügung dezentraler Werbespots im bundesweiten Programm €P...€ keiner gesonderten rundfunkrechtlichen Erlaubnis bedarf, sondern bereits von der erteilten Sendeerlaubnis für die Veranstaltung des bundesweiten Fernsehprogramms €P...€ erfasst ist bzw. insoweit eine zulässige Weiterverbreitung im Sinne des § 51b Rundfunkstaatsvertrag darstellt.
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, das mit Schreiben vom 4. September 2012 angezeigte Vorhaben der Auseinanderschaltung von Werbung in Kabelanlagen zwecks Einfügung dezentraler Werbespots im bundesweiten Programm €P..." zu genehmigen bzw. die Sendeerlaubnis vom 5. September 2012 (Gz. SF012-neu2012) wie folgt antragsgemäß zu ergänzen:
€Die Sendeerlaubnis umfasst auch die Zulässigkeit des Austausches von einzelnen Werbespots für Einfügung dezentraler Werbespots in Kabelanlagen. Eine Aufgliederung des Bundesgebietes in 5 unterschiedliche Gebiete, namentlich Gebiet 1 (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt), Gebiet 2 (Nordrhein-Westfalen), Gebiet 3 (Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland), Gebiet 4 (Bayern, Sachsen und Thüringen) sowie Gebiet 5 (Baden-Württemberg), darf nicht unterschritten bzw. verändert werden. Der Austausch darf in Summe 10 min pro Tag nicht übersteigen. Eine dezentrale Veränderung des zugelassenen redaktionellen Programms im Umfeld der so ausgetauschten Werbespots ist ausgeschlossen, einheitliche Schnittstellen sind zu gewährleisten. Die Erlaubnis aus den o.g. Bestimmungen endet 18 Monate nach Beginn des 1. Austausches in dem jeweiligen dezentralen Gebiet.€
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Feststellungsklage sei aus Subsidiaritätsgründen unzulässig. Über den Antrag der Klägerin vom 04. September 2012 sei noch nicht entschieden, bis dahin bestehe für ein Vorgehen im Wege der Feststellungsklage in der Sache auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Weiterhin sei sie nicht passivlegitimiert, soweit es im Rahmen des § 51b RStV um die Kabelkanalbelegung außerhalb Berlins und Brandenburgs gehe, sie sei nicht dafür zuständig, Fragen der Kanalbelegung in anderen Bundesländern verbindlich festzustellen oder zu entscheiden. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Die Klägerin plante einen zulassungspflichtigen Wechsel von einem einheitlichen bundesweiten Programm zu fünf unterschiedlichen, regionalisierten Programmen, in denen Werbeinseln in den Kabelanlagen ausgetauscht würden. Auf den Umfang der Veränderung des veranstalteten bundesweiten Programms komme es hierbei nicht an, weil der Rundfunkstaatsvertrag eindeutig je Rundfunkerlaubnis nur ein bundesweites Programmsignal erlaube. Es treffe nicht zu, dass nur eine €wesentliche Programmveränderung€ eine Zulassungspflicht auslöse. Ein Abstellen auf dieses Kriterium stelle einen Verstoß gegen das Wesentlichkeitsgebot der Rundfunkregulierung dar, da unklar sei, wann eine Programmveränderung im diesen Sinne €wesentlich€ sei. Schon aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV ergebe sich, dass der Rundfunkstaatsvertrag davon ausgehe, dass eine Rundfunkerlaubnis nur ein Programmsignal abdecke. Auch durch die Privilegierung des § 51b Abs. 1 RStV solle nicht beliebig vielen von einer Programmveranstalterin durch angebliche €unwesentliche Programmveränderungen€ herbeigeführte Mehrzahl von Programmen erlaubt werden. Medienrechtlich bestehe eine zwingende Kombination von technischer Kapazität und Zulassung, da einen medienrechtliche Rundfunkerlaubnis erst dann existent würde, wenn sie über eine solche Kapazität Öffentlichkeit erreiche. Daher finde sich in § 20 RStV zumindest für die Nutzung keine Aufhebung dieser Verknüpfung. Werbung sei Bestandteil der Programmdefinition des Rundfunkstaatsvertrages und damit lizenzrelevant. Die Definitionen in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 7 RStV stellten keine gegenseitige Abgrenzung dar, vielmehr sei €Inhalt€ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 alles, sowohl €Programm€ als auch €Werbung€ im Sinne der Nr. 7. Die Strukturdefinitionen in § 2 Abs. 2 RStV zeigten, dass nur in klaren Kategorien eine Abgrenzung beabsichtigt sei (z.B. Vollprogramm/Spartenprogramm, die Werbeformen und Sponsoring); im Übrigen stünden die Definitionen kumulativ nebeneinander. Dass Werbung ein Bestandteil des Programms sei, ergebe sich schon aus § 7 Abs. 2 Satz 1 RStV, wonach Werbung und Werbetreibende €das übrige Programm€ inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen dürften. Die Zulassung des Gesamtprogramms (Programm und Werbung) sei nicht nur wegen der Meinungsrelevanz erforderlich, sondern auch für die Feststellung der Verantwortlichkeit für Werbeverstöße; eine Zulassung beinhalte nicht, dass nur meinungsbildende Inhalte zugelassen würden, sondern dass der Rundfunkveranstalter auf eine Gesamtverantwortung für das Programm verpflichtet werde. €Unverändert€ im Sinne des § 51b Abs. 1 RStV meine, dass an dem Programm einschließlich der Werbung keinerlei Veränderungen vorgenommen werden dürften. Alle Formen einer nur teilweisen Weiterverbreitung würden nicht unter den Rundfunkstaatsvertrag, sondern unter das jeweilige Recht des Landes fallen, in dem die betreffenden Kabelanlagen betrieben würden. Die Worte €zeitgleich€ und €unverändert€ hätten eine eindeutige Aussage. Insoweit knüpfe das Gesetz mit dem Tatbestandsmerkmal €unverändert€ offensichtlich an das Programmsignal und nicht an die jeweilige Programmherrschaft an, so dass es nicht darauf ankomme, dass die Klägerin die Signalkontrolle auch bei einem Austausch der Werbeinhalte in regionalen Kabelanlagen behalten wolle. Auch die Anzeigepflicht €maßgeblicher Änderungen€ erlaube nicht den Schluss, dass alles, was nicht dieser Pflicht unterliege, gleichzeitig als €nicht zulassungsrelevant€ qualifiziert werden könne. Das Gesetz wolle hierbei nicht anzeigepflichtige Sachverhalte lediglich nicht einer zusätzlichen, nach Erlaubniserteilung erneut vorzunehmenden Prüfung unterwerfen. Weiterhin bestehe auch zwischen der verfassungsrechtlich aufgrund der Meinungsrelevanz gebotenen Regulierung und Aufsicht eines Programms einerseits und der Veränderbarkeit eines Programmsignals andererseits kein Zusammenhang. Auch die Systematik des Rundfunkstaatsvertrages zeige, dass eine ausdrückliche Zulassung der regionalen Auseinanderschaltung bundesweiter Programme erforderlich wäre, da die Werbeauseinanderschaltung eine Ausnahme von dem strikten Programmbegriff des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV - eine Erlaubnis ein Programmsignal - darstelle. Auch die von der Klägerin angeführten Beispiele im Landesrecht zeigten, dass eine derartige Sonderregelung erforderlich sei. Die vorliegende Sachlage sei mit derjenigen für Österreich und die Schweiz nicht vergleichbar; die Sendeerlaubnisse erlaubten der Klägerin insoweit gerade nicht, den bundesweit über Satellit verbreiteten Programmstrom vor Ort in den Kabelanlagen zu verändern, sondern vielmehr dürfe die Klägerin das Programm bundesweit über Satellit in mehreren Versionen verbreiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag zulässig, jedoch nicht begründet.
A. I. Die Klage ist im Hauptantrag als (negative) Feststellungsklage zulässig.
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO.Als Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGOwerden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die rechtlichen Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urteil v. 26.01.1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100 S. 262, 264 m.w.N.;Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage, § 43 Rn. 11 m.w.N.). Hierzu gehören auch einzelne sich aus einem umfassenden Rechtsverhältnis ergebende Berechtigungen (vgl. zur Feststellung, dass ein Vorhaben genehmigungsfrei ist: BVerwG, Urteil v. 17.01.1972 - I C 33.68 -, BVerwGE 39, 247), wie vorliegend die begehrte Feststellung, dass das von der Klägerin geplante Vorhaben der Werbeauseinanderschaltung nach den Regeln des Rundfunkstaatsvertrages entgegen der von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung gerade nicht von der Beklagten zusätzlich zu der bereits erteilten Sendeerlaubnis zu lizensieren sei. Gleiches gilt für die begehrte Zulässigkeit des Vorhabens nach § 51 b RStV. Insoweit hat die Klägerin richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Beklagte gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 5 RStV i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 3 RStV für die Aufsicht über Plattformen nach § 51b Abs. 1 und 2 RStV und damit über die Kabelkanalbelegung in Berlin und Brandenburg hinaus für die begehrte Feststellung zuständig ist, da diese die Sendeerlaubnis der Klägerin für das bundesweite Programm €P...€ erteilt hat. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an den Feststellungen. Denn dieses ist insbesondere dann gegeben, wenn - wie hier - das Erfordernis einer behördlichen Erlaubnis zwischen den Beteiligten streitig ist (vgl. BVerwG, Beschluss v. 22.10.1981 - 7 C 77.80 -, NJW 1983, 2584). Die Feststellungsklage ist vorliegend auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär. Denn die Klägerin kann den mit der vorliegenden Feststellungsklage verfolgten Zweck nicht mit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage oder der allgemeinen Leistungsklage ebenso gut oder besser verfolgen. Allein in Betracht kommt vorliegend nach dem Begehren der Klägerin die Erweiterung ihres Rechtskreises durch - die jetzt hilfsweise erfolgte - Erhebung der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer das klägerische Vorhaben erfassenden Senderlaubnis. Die Feststellungsklage ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn durch die andere Klageart Rechtsschutz in zumindest gleichem Umfang und mit gleicher Effektivität erreicht würde (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 29). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Da die Klägerin von der Genehmigungsfreiheit ihres Vorhabens nach den rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen ausgeht, bleibt der durch eine Verpflichtungsklage erreichbare Rechtsschutz hinter dem der beantragten Feststellungsklage zurück (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 29; BVerwGE 39, 247).
II. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungklage ist jedoch unbegründet. Denn die Verbreitung dezentraler Werbung ist gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV -) vom 31. August 1991, in der Fassung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15./21. Dezember 2010 (GVBl. Berlin 2011, S. 211) genehmigungsbedürftig (1.) und insoweit weder von der der Klägerin erteilten Sendeerlaubnis für die Veranstaltung des bundesweiten Fernsehprogramms €P...€ erfasst (2.), noch stellt es eine zulässige Weiterverbreitung im Sinne des § 51b RStV dar (3.).
1. Rechtsgrundlage für die Zulassungspflicht ist § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV. Hiernach bedürfen private Veranstalter zur Veranstaltung von Rundfunk einer Zulassung. Das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG - abgeleitete Prinzip der positiven Ordnung mit der Pflicht zur gesetzlichen Ausgestaltung setzt der Tätigkeit als Rundfunkveranstalter Grenzen. Für den privatrechtlich organisierten Rundfunk gilt der Grundsatz der präventiven Zulassungskontrolle (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Hierbei ist den Landesmedienanstalten die Aufgabe übertragen, auf die Funktionsfähigkeit der privatwirtschaftlichen Säule der dualen Rundfunkordnung hinzuwirken und dadurch die Rundfunkfreiheit der Veranstalter, aber auch für Jedermann die freie und öffentliche Meinungsbildung zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.10.2005 - 1 BvR 396/98 -, NVwZ 2006, 201, 204). Der Zulassungsvorbehalt knüpft dabei nicht an eine bestimmte Verbreitungstechnik, sondern greift immer dann, wenn die Tätigkeit als €Veranstaltung€ von Rundfunk zu qualifizieren ist (vgl. hierzu Bumke, in: Hahn/Vesting, Beck€scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 20 RStV Rn. 1). Damit definiert der Begriff €Veranstaltung von Rundfunk€ den sachlichen Anwendungsbereich. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV ist Rundfunkveranstalter, wer ein Rundfunkprogramm unter eigener inhaltlicher Verantwortung anbietet. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV ist Rundfunkprogramm eine nach einem Sendeplan zeitlich geordnete Folge von Inhalten. Aus der Zusammenschau dieser Normen ergibt sich, dass der Rundfunkstaatsvertrag, wenn er von der Veranstaltung von Rundfunk spricht, das Anbieten eines Rundfunkprogramms in Form eines linearen Informations- und Kommunikationsdienstes meint. Voraussetzung der Zulassungspflicht des § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV ist folglich, dass ein Rundfunkprogramm veranstaltet wird.
Die Auseinanderschaltung von Werbung zwecks Einfügung dezentraler Werbespots durch die Klägerin ist €Veranstaltung von Rundfunk€ im Sinne des § 20 Abs. 1 RStV. Die streitgegenständliche Verbreitung von Werbespots ist neben der Verbreitung redaktionell gestalteter Inhalte von dem Begriff des €Rundfunkprogramms€ umfasst (a) und stellt einen linearen Informations- und Kommunikationsdienst dar (b). Die Klägerin ist auch Veranstalterin der dezentralen Werbung (c).
a) Die Verbreitung von Werbespots unterfällt dem Begriff €Rundfunkprogramm€. Insoweit lassen sämtliche Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag nur den Rückschluss zu, dass es sich bei der Fernsehwerbung um einen Programmbestandteil handelt. In § 7 Abs. 2 RStV heißt es, dass Werbung €das übrige Programm€ inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen darf. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 RStV muss Werbung €vom übrigen Programm€ optisch getrennt sein. Nach § 7 Abs. 3 RStV muss Werbung €vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar€ sein. Schließlich geht § 7a Abs. 4 RStV davon aus, dass sich Werbung €in einem Fernsehprogramm€ an Zuschauer richtet. Im Rundfunkstaatsvertrag findet folglich eine Trennung von Werbung und redaktionell gestaltetem Programm, aber gerade keine Trennung von Werbung und Programm an sich statt. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die Ausführungen innerhalb der Begriffsbestimmungen des § 2 RStV zur Sendung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV) und zum Regionalfensterprogramm (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV) ausdrücklich darauf beziehen, dass sie €ein begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms€ sind oder €im Rahmen eines Hauptprogramms€ stattfinden, wohingegen ein derartiger, das Verhältnis klärender Zusatz bei der Definition der Werbung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV) fehlt. Denn hierbei ist zu beachten, dass die im Rahmen des I. Abschnitts des Gesetzes als Allgemeine Vorschriften in § 2 RStV geregelten Begriffsbestimmungen und damit die Definition der Werbung auch für die im VI. Abschnitt des Rundfunkstaatsvertrags geregelten Telemedien Geltung beansprucht, die keinen Programmbezug kennen und ein solcher deshalb auch keinen Eingang in eine universelle Definition finden konnte (vgl. hierzu Dörr/Wagner, Regional differenzierte Werbung in bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen, in: ZUM 2013, 525, 526). Dies entkräftet auch das weitere Argument der Klägerin, gegen eine Einbeziehung von Werbung in den Programmbegriff des Staatsvertrages spreche, dass innerhalb der Begriffsbestimmung in § 2 RStV zwischen €Rundfunkprogrammen€ einerseits (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV) und €Werbung€ andererseits (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV) differenziert werde. Denn die Definitionen des § 2 Abs. 2 RStV stehen kumulativ nebeneinander und nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. €Inhalte€ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV meint deshalb nach der dargestellten Systematik des Rundfunkstaatsvertrages sowohl redaktionell gestaltetes Programm als auch Werbung.
b) Die Veranstaltung von Werbung stellt auch Rundfunk im Sinne des einfachgesetzlichen Rundfunkbegriffs des § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV dar. Hiernach ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Diese Definition wurde mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeführt, wobei sich der Gesetzgeber an den Kategorien der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (Richtlinie 2007/65/EG - AVMD-Richtlinie) orientierte und die vormals maßgeblichen Kriterien der Allgemeinheit, der rundfunktechnischen Verbreitung und der Darbietung ablöste (vgl. hierzu Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, Ordner II, Stand: 55. Aktualisierung März 2013, § 2 RStV Rn. 8). Mit der Einfügung des Begriffs €linearer Informations- und Kommunikationsdienst€ wurde ein weitgehend inhaltsneutraler Begriff eingefügt. Danach unterfallen alle Inhalte, die zum zeitgleichen Empfang (Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragung) an die Allgemeinheit verbreitet werden, dem Rundfunkbegriff, wenn Bewegtbilder oder Töne entlang eines Sendeplans, d.h. einer zeitlich geordneten Folge von Inhalten, verbreitet werden (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 21 f.). Dies ist bei Werbung, und auch bei der von der Klägerin geplanten Verbreitung regionaler Werbespots, der Fall. Diese werden über den Umweg der Kabelkopfstationen Punkt-zu-Mehrpunkt in zeitlich geordneter Folge verbreitet. In welchem Umfang diese die öffentliche Meinungsbildung beeinflussen können, ist nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV unerheblich (so auch für Teleshopping-Kanäle Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 22). Nach der Konzeption des § 2 RStV sollen nicht meinungsrelevante Angebote nur nach § 2 Abs. 3 RStV wieder aus dem Rundfunkbegriff herausgenommen werden, dessen Varianten die Veranstaltung von Werbung in der vorliegenden Form nicht unterfällt. Absatz 3 wurde im Rahmen des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages eingeführt und sollte dementsprechend den Wegfall des Merkmals €Darbietung€ kompensieren, welches angelehnt an den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff das inhaltliche Element der tatsächlichen Meinungsrelevanz enthielt (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 15). Gemäß der Gesetzesbegründung umfasst die €so konkretisierte Begriffsbestimmung [des linearen Informations- und Kommunikationsdienstes] unverändert die Veranstaltung von Angeboten für die Allgemeinheit und damit die bereits bisher herangezogenen Kriterien der Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft. Daher erfolgt in Absatz 3, ebenfalls abgestimmt auf die Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, eine Ausgrenzung von Sachverhalten ohne Rundfunkcharakter€ (vgl. I.B.Zu Nummer 3 der Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages, abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., A 2.10). Allein in Betracht käme vorliegend der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV, wonach Angebote, die nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind, nicht unter den Rundfunkbegriff fallen. Dieses Merkmal ist jedoch als Ausnahmevorschrift entsprechend restriktiv auszulegen. Daher umfasst die Norm nur solche Angebote, denen jegliche journalistisch-redaktionelle Gestaltung fehlt (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, § 2 RStV Rn. 27). So fallen beispielsweise Webcams, die laufende Bewegtbilder einer fest installierten Kamera übertragen, etwa um Verkehrs- oder Wetterinformationen zu übermitteln unter die Norm (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 27). Nach der Gesetzesbegründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag seien zufällige Ansammlungen (unredigierte Chats, Messergebnisse), nicht bearbeite Wiedergaben (Web-Kamera, Foto-Galerie) oder nicht gewichtete Inhalte (aufgelistete Argenturmeldungen) Beispiele für Angebote, die das Merkmal journalistisch-redaktionell nicht erfüllen (zu I.B.zu Nummer 12, zu § 11d). Die Verbreitung von Werbespots ist mit diesen von den Staatsvertragsgesetzgebern intendierten Ausnahmen nicht vergleichbar. Dies gilt umso mehr, als die Werbung immer im Zusammenhang mit dem übrigen bundeseinheitlich verbreiteten und redaktionell-gestalteten Rahmenprogramm steht. Insoweit werden beispielsweise von den Landesgesetzgebern auch reine Teleshopping-Kanäle als zulassungspflichtiger Rundfunk angesehen (vgl. § 1 Abs. 4 RStV; gemäß Art. 7 Abs. 2 des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages gelten Teleshopping-Kanäle, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsvertrages verbreitet werden für die Dauer von 10 Jahren als zugelassen), so dass die Länder auch bei ihnen davon ausgehen, dass eine gewisse journalistisch-redaktionelle Gestaltung vorliegt (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 27).
Zudem kann der Werbung die Meinungsbildungsrelevanz nicht völlig abgesprochen werden. Denn Werbung als Programmbestandteil kann je nach konkreter Gestaltung informatorischen, unterhaltenden, manchmal sogar bildenden oder künstlerischen Charakter haben, auch wenn dabei die geschäftliche Anpreisung von Waren oder Leistungen bezweckt wird (so auch Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 7 RStV Rn. 11). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt die Rundfunkfreiheit jegliche Form der Meinungsäußerung, die in einem umfassenden Sinn zu verstehen ist. Meinungsbildung vollzieht sich nicht nur durch Nachrichtensendungen, politische Kommentare oder Sendereihen über Probleme der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft, sondern ebenso in Hör- und Fernsehspielen, musikalischen Darbietungen oder Unterhaltungssendungen (vgl. BVerfG, Urteil v. 04.11.1986, Az. 1 BvF 1/84 - NJW 1987, 239, 240). Es ist nicht ersichtlich, warum Werbung anders als die Übertragung von Fußballspielen oder die Ziehung der Lottozahlen, nicht in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen soll (so auch Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 7 RStV Rn. 11). Daher unterfällt die Werbung auch dann dem einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff, wenn entgegen dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 RStV mit der zitierten Gesetzesbegründung weiterhin auf die Merkmale Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft bzw. in richtlinienkonformer Auslegung auf die Begriffe Information, Unterhaltung und Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit abgestellt wird (vgl. Art. 1 lit. a AVMD-Richtlinie, wonach unter den Begriff der audiovisuellen Mediendienste alle Dienstleitungen fallen, für die ein Anbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit ist; vgl. insoweit auch Hartstein/Ring/ Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 2 RStV Rn. 19).
c) Die Klägerin ist Veranstalterin der regionalisierten Werbung. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV ist Rundfunkveranstalter, wer ein Rundfunkprogramm unter eigener inhaltlicher Verantwortung anbietet. Entscheidend ist damit die Programmverantwortung bei der Gesamtgestaltung. Als Veranstalter ist anzusehen, wer bezogen auf das gesamte Programm dessen Struktur festlegt, die Abfolge plant, die Sendungen zusammenstellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung dem Publikum anbietet; mithin der redaktionell verantwortliche Inhaber der Zulassung (vgl. Bumke, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 20 RStV Rn. 33). Die Klägerin hat plausibel dargelegt, dass das technische Verfahren des Austausches einzelner Werbespots an den Kabelkopfstationen sicherstellt, dass allein sie und nicht der Plattformbetreiber darüber bestimmt, welche Werbespots konkret ausgetauscht und sodann regional eingespeist werden. Da die Klägerin somit allein die Verantwortung für das Werbeprogramm innehat, ist sie entsprechend der Definition Veranstalterin der dezentralen Werbespots.
2. Die der Klägerin am 5. September 2012 auf der Grundlage von § 20a RStV erteilte Sendeerlaubnis umfasst nicht das geplante Vorhaben der Auseinanderschaltung von Werbung in Kabelanlagen zwecks Einfügung dezentraler Werbung. Die Sendeerlaubnis berechtigt die Klägerin ausdrücklich zu der Veranstaltung des bundesweit empfangbaren Fernsehprogramms €P...€ über Satellit. Bei der Veranstaltung regionalisierter Werbung handelt es sich jedoch nicht um ein solches €bundesweit empfangbares Fernsehprogramm€.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 RStV richtet sich die Zulassung eines Veranstalters von bundesweit verbreitetem Rundfunk nach § 20a RStV, im Übrigen erfolgen die auch stets notwendigen Zulassungen nach Landesrecht (§ 20 Abs. 1 Satz 2 HS 2 RStV). Erhält ein Rundfunkveranstalter für ein Programm eine Zulassung für bundesweit verbreiteten Rundfunk nach § 20a RStV, umschreibt bereits die Zulassung, dass auf der Grundlage dieser Lizenz das Programm nur bundesweit verbreitet werden kann. Der Begriff €bundesweit verbreitet€ ist gleichbedeutend mit dem in § 51b RStV verwendeten Begriff €bundesweit empfangbar€. Es kommt darauf an, dass für das Programm theoretisch eine technische Empfangbarkeit in allen Bundesländern besteht. Die theoretische bundesweite Empfangbarkeit bildet jedoch kein Alleinstellungsmerkmal eines bundesweit verbreiteten Programms. Denn auch ausdrücklich regional ausgerichtete Programme können über Satellitentechnik im ganzen Bundesgebiet empfangbar sein. Maßgeblich ist deshalb neben der theoretischen bundesweiten Empfangbarkeit ebenfalls, ob nach dem Willen des Veranstalters das Programm auf eine bundesweite Verbreitung abzielt. Soll das Programm nur innerhalb eines oder mehrerer Länder verbreitet werden, kann nicht mehr von einer bundesweiten Verbreitung im Sinne der §§ 20, 20a RStV gesprochen werden, auch wenn das Programm über das beabsichtigte Verbreitungsgebiet hinaus faktisch empfangbar sein sollte (vgl. hierzu Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 20 RStV Rn. 11a; auch Dörr/Wagner, a.a.O., S. 526).
Bei der vorliegend maßgeblichen Werbeauseinanderschaltung fehlt es sowohl an einer technischen Empfangbarkeit des Werbeprogramms in allen Bundesländern als auch an dem Willen der Veranstalterin, die dezentralen Werbespots bundesweit zu verbreiten. Schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ist es technisch nicht möglich, die dezentralen Werbespots im gesamten Bundesgebiet zu verbreiten. Vielmehr werden diese nur an den jeweiligen regionalen Kabelkopfstationen ausgetauscht und eingespeist. Bei der bundesweiten Verbreitung eines Programms über Kabel kommt es jedoch gerade darauf an, dass die Verbreitungstechnik zur Einspeisung des Programms in die Kabelanlagen in allen Bundesländern geeignet ist; ausgeschlossen sind Programme, die gezielt nur in einzelne Bundesländer transportiert werden (vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 20 RStV Rn. 11a). Weiterhin ist von der Klägerin eine bundesweite Verbreitung ausdrücklich auch nicht gewollt, da die Werbebotschaften rundfunkmäßig gezielt nur in einzelne Regionen transportiert werden sollen. Daher handelt es sich zumindest bei diesen Werbebotschaften nicht mehr um bundesweit, sondern nur noch um regional verbreiteten Rundfunk (so auch Dörr/Wagner, a.a.O., S. 526).
Auf der Grundlage der Lizenz für die Verbreitung bundesweiten Rundfunks ist die Verbreitung regional differenzierter Werbebotschaften nicht möglich, weil es sich - wie aufgezeigt - bei regional differenzierter Werbung gerade nicht mehr um bundesweit verbreiteten Rundfunk handelt und nur diese Art der Verbreitung von der Zulassung nach § 20a RStV gedeckt wird. Eine Lizenz nach § 20a RStV erfasst ausschließlich die Verbreitung eines bundesweit verbreiteten Programms. Da - wie dargelegt (s.o. II.1.a) - auch die Werbung als Programmbestandteil anzusehen ist, wird bei einer regional differenzierten Werbung nicht mehr das gesamte Programm bundesweit verbreitet.
Diesem Ergebnis kann auch die von der Klägerin und in dem von ihr vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. S... vorgetragene Argumentation, im Austausch von Werbung liege keine wesentliche Programmänderung, da es sich bei der Werbung nur um einen kleinen Teil des Programms handele und dieser kleine Teil zudem nicht in gleichem Maße wie der redaktionell gestaltete Teil des Programms zur Meinungsbildung beiträgt, nicht erfolgreich entgegengehalten werden. Denn dabei wird nicht berücksichtigt, dass es für die Frage der Lizenzerheblichkeit primär auf die bundesweite Verbreitung und erst sekundär - für den Fall, dass eine bundesweite Verbreitung bejaht werden kann - auf das Ausmaß einer Programmänderung ankommt (so auch Dörr/Wagner, a.a.O., S. 527). Dies folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 2 RStV, der auf die bundesweite Verbreitung und damit erkennbar auf die tatsächliche - technisch mögliche und subjektiv gewollte - Verbreitung des Programms im gesamten Bundesgebiet abstellt. Eine inhaltliche Komponente im Sinne einer Meinungsrelevanz kann für die Frage der Lizenzpflichtigkeit weder dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck entnommen werden. Dies würde im Übrigen auch zu schwer lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen, so dass auch die Rechtsklarheit und -sicherheit für ein technisches Verständnis der Norm streitet. Die Lizenzrelevanz ergibt sich vorliegend somit dadurch, dass zumindest ein Teil des Programms nicht bundesweit verbreitet wird, die bestehende Lizenz aber ausschließlich eine bundesweite Verbreitung von Rundfunkangeboten, wozu auch die rundfunkmäßige Verbreitung von Werbebotschaften gehört, erfassen.
Schließlich ist auch ein Vergleich mit der regional differenzierten Werbung innerhalb des Programms der ARD schon deshalb nicht zielführend, weil die ARD keiner Zulassung nach § 20a RStV bedarf, sondern auf der Grundlage strukturell andersartiger Normen - neben den Landesgesetzen für die einzelnen Sender der ARD und der ARD-Satzung auch der II. Abschnitt des RStV (§§ 11 bis 19a) - sendet.
3. Dementsprechend kann die von der Klägerin geplante Verbreitung dezentraler Werbeangebote auch keine zulässige (genehmigungsfreie) Weiterverbreitung im Sinne des § 51b RStV darstellen. Gemäß § 51b Abs. 1 Satz 1 RStV ist die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung von bundesweit empfangbaren Fernsehprogrammen, die in Europa in rechtlich zulässiger Weise und entsprechend den Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen veranstaltet werden, zulässig. Zunächst handelt es sich bei der Werbeauseinanderschaltung - wie dargelegt - nicht um ein bundesweit empfangbares Fernsehprogramm. Denn mit dem Begriff €bundesweit empfangbar€ wird der in § 20 Abs. 1 Satz 2 RStV verwendete Begriff der bundesweiten Verbreitung aufgegriffen (so Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O., § 51b RStV Rn. 11), so dass vorliegend keine anderer rechtliche Bewertung als im Rahmen des § 20 RStV zulässig ist (vgl. hierzu II.2). Des Weiteren stellt auch die geplante Werbeauseinanderschaltung gerade keine rechtlich zulässige Veranstaltung von Rundfunk im Sinne der Norm dar, da der Klägerin die insoweit notwendige Lizenz fehlt (vgl. hierzu II.2). Auch stellt der Austausch von Werbefilmen an den jeweiligen Kabelkopfstationen keine zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung des bundesweiten Programms dar. Dies wird schon dadurch deutlich, dass der europarechtliche Begriff der Weiterverbreitung in Art. 2 lit. b) des Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. Mai 1989 (i.d.F. des Protokolls vom 9. September 1998 € FsÜ -, abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O, B4 Rn. 91) neben den Begriffen €zeitgleich€ und €unverändert€ auch das Merkmal €vollständig€ enthält, welches im Rahmen einer europarechtskonformen Auslegung in den Tatbestand des § 51b RStV hineingelesen werden muss (vgl. Wille/Schulz/Buch, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 51b Rn. 29). Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 51b RStV, da nur im Falle der zeitgleichen, unveränderten und vollständigen Weiterverbreitung eines Fernsehprogramms im Empfangsland davon ausgegangen werden kann, dass das weiterverbreitete Programm inhaltlich mit dem Programm übereinstimmt, das in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Unterzeichnerstaat des Europäischen Übereinkommens über grenzüberschreitendes Fernsehen (Sendeland) im Lichte der Vorgaben der Richtlinie bzw. des Übereinkommens geprüft und zugelassen worden ist (vgl. Wille/Schulz/Buch, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 51b Rn. 29). Gerade diese Sicherheit der Zulässigkeit des Vorhabens rechtfertigt es, das weiterverbreitete Programm keiner weiteren (präventiven) Kontrolle und damit einer Genehmigungspflicht zu unterstellen. Daher sind an die Auslegung restriktive Anforderungen zu stellen. Richtigerweise ist auch hier nicht der Inhalt des Programms im Sinne einer Meinungsrelevanz oder einer wesentlichen bzw. unwesentlichen Veränderung Anknüpfungspunkt der €vollständigen und unveränderten€ Weiterverbreitung, sondern vielmehr die Identität des übertragenen Sendesignals. Daher kommt ein beispielsweise durch Einfügung von Werbung durch Plattformanbieter verändertes oder durch den Plattformanbieter unvollständig weitergesendetes Programm nicht in den Genuss der Privilegierung des § 51b Abs. 1 RStV; gleiches gilt für ein durch Herausnahme und Aneinanderfügung von einzelnen Programmteilen neu gestaltetes Programm (so Wille/Schulz/Buch, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 51b Rn. 30). So verhält es sich jedoch gerade vorliegend. Zwar hat die Klägerin dargelegt, dass der Plattformanbieter auf Inhalt und Auswahl der eingespeisten Werbefilme keinen Einfluss hat. Jedoch erfolgen der Austausch und die Einspeisung der von der Klägerin auf Servern bereitgestellten Werbefilme erst an den jeweiligen regionalen Kabelkopfstationen. Hierdurch wird in das bestehende Sendesignal eingegriffen und in der Folge ein neu gestaltetes Teilprogramm in fünf Varianten in den fünf Senderegionen ausgestrahlt. Hierbei handelt es sich daher nicht mehr, wie von § 51b RStV gefordert, um das vollständige und unveränderte bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm €P...€, so dass eine Weiterverbreitung im Sinne einer der Primärverbreitung nachgelagerten (Zweit-)Verbreitung (vgl. Wille/Schulz/Buch, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 51b Rn. 27) nicht gegeben ist.
III. Der Hilfsantrag ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig, denn die Klägerin hat mit Schreiben vom 4. September 2012 einen entsprechenden Antrag auf Zulassung ihres Vorhabens dezentralisierter Werbung bzw. dahingehende Erweiterung ihrer Sendeerlaubnis gestellt, der von der Beklagten bisher nicht formell beschieden worden ist.
Der Hilfsantrag ist indes unbegründet. Denn es fehlt an der erforderlichen Rechtsgrundlage für die rundfunkrechtliche Zulassung regional differenzierter Werbefenster in bundesweit verbreiteten Rundfunkprogrammen. Da § 20a RStV nur die Zulassung von bundesweit verbreiteten Rundfunk umfasst (§ 20 Abs. 1 S. 2 HS 2 RStV), stellt diese Vorschrift nicht die erforderliche Anspruchsgrundlage für eine Zulassung regional differenzierter Werbebotschaften dar, die nach dem Willen des Veranstalters gerade nicht bundesweit verbreitet werden sollen.
Dabei kann offen bleiben, ob für die Erweiterung der Sendeerlaubnis der Klägerin die als Organ der Beklagten für die Zulassung bundesweiter Veranstalter nach § 20 a RStV entscheidungsbefugte Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) (vgl. § 35 Abs. 2 S. 2, § 36 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 RStV) zuständig ist oder ob wegen der regionalen Differenzierung der nach dem Vorhaben der Klägerin eingefügten Werbespots es bei der Zuständigkeit der für Zulassungen nach Landesrecht zuständigen jeweiligen Landesmedienanstalt (vgl. § 20 Abs. 1 2. HS RStV verbleibt (vgl. zum Problem de lege ferenda: Dörr/Wagner, a.a.O., S. 533). Das geltende Rundfunkrecht € weder der RStV noch die Landesrundfunkgesetze € enthalten keine Vorschriften für die behördliche Zuständigkeit zur Erteilung einer Sendeerlaubnis zu regional differenzierter Werbung innerhalb eines bundesweit verbreiteten Programms. Geht man davon aus, dass es nach gegenwärtiger Rechtslage naheliegend erscheint, die Zuständigkeit für die entsprechende Senderlaubnis wegen der erkennbar hauptsächlich bundesweiten Ausrichtung des Programms der Klägerin mit nur untergeordneten regionalen Elementen nicht einer Lizensierung durch die jeweiligen Landesmedienanstalten, sondern grundsätzlich einer Lizenz durch die ZAK zu unterwerfen, würde dies nicht dazu führen, dass es sich bei den regional differenzierten Werbebotschaften um bundesweiten Rundfunk im Sinne der staatsvertraglichen Regelungen handeln würde (vgl. oben II.2).
Damit kann sich die Klägerin zur Begründung eines Anspruchs auf eine antragsentsprechende Erweiterung ihrer Sendeerlaubnis für bundesweiten Rundfunk auch nicht darauf berufen, dass sie die Zulassungsvoraussetzungen für bundesweiten Rundfunk erfüllt. Sie lässt völlig unberücksichtigt, dass die Zulassung von regional differenzierten Werbespots für Veranstalter bundesweiter Programme dazu führt, dass in dem für regionale Werbung bestehenden Markt ein weiterer Konkurrent auftritt, woraus sich mögliche Konsequenzen für die Finanzierung privater Veranstalter von landesweit bzw. regional verbreiteten Rundfunk ergeben können. Diese sind im vorliegenden Verfahren im Rahmen zurückgewiesener Beiladungsanträge von Veranstaltern landesweit verbreiteter Rundfunkprogramme detaillierter vorgebracht worden. Unabhängig davon ist die Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass der € fast vollständige - Verzicht auf Regionalisierungsverbote für Werbung im Rundfunk in den Landesmediengesetzen auf der Einschätzung der Landesgesetzgeber beruhe, dass es zu keinem Verdrängungswettbewerb komme, für den vorliegenden Fall schon deshalb nicht überzeugend, weil es hier nicht um die Konkurrenz zwischen - relativ gleichgewichtigen - Veranstaltern landesweiter bzw. regional verbreiteter Programme um die Werbekunden geht, sondern mit der Klägerin ein Veranstalter, der wegen seiner auf bundesweite Verbreitung gerichteten Programmangebots mit größerem Zuschauerzuspruch versehen und, daher mutmaßlich für den Werbemarkt deshalb besonders interessant ist, als Konkurrent im regionalen Werbemarkt auftritt.
Die Verteilung der Ressource €Wirtschaftswerbung als Finanzierungsgrundlage" privater Rundfunkveranstalter bedarf der Regulierung (vgl. dazu Dörr/Wagner, a.a.O., S. 530 unter Hinweis auf BVerfGE 74, 297). Diese ist im Verhältnis von privaten Veranstaltern bundesweiter Programme zu privaten Veranstaltern landesweiter bzw. regionaler Programme weder im RStV noch in den Landesrundfunkgesetzen enthalten - das Begehren der Klägerin ist offensichtlich der erste Fall, in dem das Fehlen einer solchen Regulierung relevant wird -, so dass aus dem Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen für bundesweiter Programme nach dem RStV nicht bereits der Anspruch auf Zulassung regional differenzierter Werbespots in einem bundesweit verbreiteten Programm folgt. Hierin liegt auch keine verfassungswidrige Minderung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährten Rundfunkfreiheit der Klägerin, denn diese ist als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet, wobei für die Klägerin aus dem RStV nur ein Anspruch auf Erlaubnis zur bundesweiten Verbreitung eines (einheitlichen) Programms folgt. Denn aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lässt sich zwar ein Anspruch auf Erteilung einer Sendeerlaubnis herleiten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Zulassung nach dem RStV vorliegen, jedoch kein Anspruch darauf, dass bei einer bundesweiten Zulassung auch regionale Werbefenster zur Akquirierung regionaler Werbekunden zugelassen werden müssen.
Ob die Klägerin regionalisierte Werbeformen durch (jeweils) landesweite Zulassung dieser Werbefenster oder dadurch erreichen könnte, dass sie für ihr (gesamtes) Programm - ggf. unter Verzicht auf die bundesweite Zulassung - jeweils landesweite Zulassungen begehrt, bedarf hier ebenso wenig der Entscheidung wie die Frage, ob die Landesmediengesetze nach aktueller Rechtslage eine rundfunkrechtliche Lizensierung reiner Werbefenster - um die es sich nach dem Vorhaben der Klägerin für die regional differenzierten Werbespots mangels redaktioneller Inhalte handelt - ermöglichen (vgl. dazu Dörr/Wagner, a.a.O., S. 533/534). Denn solche Anträge hat die Klägerin bei der Beklagten - wie auch bei den anderen Landesmedienanstalten - nicht gestellt.
IV. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klägerin zu 1), die die Klage zurückgenommen hat, auf § 155 Abs. 2 VwGO, hinsichtlich der Klägerin auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht hat hinsichtlich des Hilfsantrages keine Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 3 VwGO getroffen, weil der Hilfsantrag gegenüber dem Hauptantrag die gleiche wirtschaftliche Bedeutung hat und sich daher nicht streitwerterhöhend auswirkt, so dass für den Hilfsantrag keine ausscheidbaren Kosten entstehen. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO.
Die Berufung und die Revision waren zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es ist davon auszugehen, dass weitere in Deutschland mit bundesweiter Sendeerlaubnis zugelassene Rundfunkveranstalter regionalisierte Werbung für ihr Programm anstreben.
VG Berlin:
Urteil v. 26.09.2013
Az: 27 K 231.12
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c44e8fd130df/VG-Berlin_Urteil_vom_26-September-2013_Az_27-K-23112