Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. März 2005
Aktenzeichen: 29 W (pat) 4/03
(BPatG: Beschluss v. 16.03.2005, Az.: 29 W (pat) 4/03)
Tenor
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2002 wird aufgehoben.
Die Löschung der Marke 395 47 380 wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke 395 47 380 Schumifür die Waren Klasse 16: Druckereierzeugnisse;
Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Puppen;
ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren farbigen Wort-/Bildmarke 2 024 805 eingetragen für die Waren der Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Druckschriften, Zeitschriften, Bücher, Kalender und Aufkleber;
Klasse 28: Spiele und Spielzeug; Modellautos.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit Beschluss vom 25.09.2002 zurückgewiesen. Trotz der engen Ähnlichkeit bzw. Identität der Waren und einem insgesamt durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei die Gefahr von Verwechslungen nicht anzunehmen. Es seien zwar strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, die jüngere Marke halte jedoch den erforderlichen Abstand ein. Unmittelbare Verwechslungsgefahr liege bereits aufgrund der erheblichen Längenunterschiede zwischen den beiden Vergleichsmarken nicht vor, und zwar selbst dann, wenn man unterstelle, dass die ältere Wort-/Bildmarke lediglich durch den Wortbestandteil "Schumacher" geprägt werde. Das Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr sei ebenfalls auszuschließen, denn "Schumi" sei die dem Publikum bekannte gebräuchliche Abkürzung für "Michael Schumacher" und lediglich Hinweis darauf, dass die berühmte Person Michael Schumacher Gegenstand, Thema oder Inhalt der Waren ist, unabhängig vom jeweiligen Anbieter. Es entstehe nicht der Eindruck, die so gekennzeichneten Produkte kämen aus denselben oder wirtschaftlich zusammenhängenden Unternehmen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden vom 04.11.2002 (Bl. 5 d. A.). Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.
Der Widersprechende beantragt, den vorliegenden Beschluss aufzuheben.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Markeninhaber hat ebenfalls keine Stellungnahme abgegeben.
II.
1. Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 MarkenG zulässig und begründet. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Vergleichsmarken "Schumi" und "Michael Schumacher Collection" die Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgebender Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke und - abhängig davon - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in Betracht zu ziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 2000, 899 - Adidas/Marca Moda; BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; GRUR 1996, 200 - Innovadiclophlont; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHE/TISSERAND; GRUR 2002, 167 - Bit/Bud m. w. N; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling).
2. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind die Umstände zu berücksichtigen, die das Verhältnis der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Zu den maßgeblichen Kriterien gehören insbesondere die Art, der Verwendungszweck und die Nutzung sowie die Frage, ob es sich um miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren und Dienstleistungen handelt. Eine die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit liegt dann vor, wenn das Publikum annimmt, die Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben oder ggf. aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (st. Rsp; vgl. BGH WRP 2004, 357/359 - GeDIOS).
Da die Einrede der Nichtbenutzung nicht erhoben wurde, ist von der Registerlage auszugehen. Das Warenverzeichnis des Widersprechenden enthält im Vergleich zu den beanspruchten Waren der jüngeren Marke ausschließlich identische bzw. in hohem Maße ähnliche Waren, weshalb die Zeichen einen weiten Abstand einhalten müssen, um für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.
3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist durchschnittlich. Michael Schumacher ist als erfolgreicher Rennfahrer zwar sehr bekannt, die Kennzeichnungskraft im markenrechtlichen Sinn ist aber im Hinblick auf die beanspruchten Waren, und nicht im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad der Person zu beurteilen. Die originäre Kennzeichnungskraft eines Zeichens wird durch seinen anhand des Gesamteindrucks produktbezogen festzustellenden Grad der Eigenart nach Klang, Bild bzw. Form sowie vor allem auch Sinngehalt bestimmt. Ausgangspunkt ist die Vermutung normaler originärer Kennzeichnungskraft, soweit keine Besonderheiten der Zeichengestaltung festgestellt werden können (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 337; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rn. 288). Für eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft sind keine Anzeichen gegeben. Der Widersprechende hat insoweit auch nichts zu Umsatzzahlen, Werbeaufwand, verkauften Exemplaren etc. vorgetragen. Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft liegt allerdings ebenfalls nicht vor. Zwar gibt es - bezogen auf alle Klassen - insgesamt 68 Eintragungen für "Schumacher", für "Michael Schumacher" jedoch lediglich sechs, die alle für den Widersprechenden eingetragen sind. Alle einschlägigen Drittmarken gehören dem Widersprechenden. Auf den bloßen Rollenstand hinsichtlich der entfernt ähnlichen Drittmarken, die nur aus einem Bestandteil des Zeichens bestehen, kann insoweit nicht abgestellt werden.
Der Abstand zwischen den Vergleichszeichen muß demnach - aufgrund der festgestellten Warenidentität bzw. hohen Ähnlichkeit und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft - groß bleiben.
4. 1. Die Markenähnlichkeit ist nach Schriftbild, Klang und Sinngehalt zu beurteilen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr in der Regel genügt, wenn die Zeichen in einer Hinsicht ähnlich sind (st. Rspr.; vgl. BGH WRP 2003, 1436, 1438 - Kelly m. w. N.). Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der Vergleichszeichen an, der bei mehrgliedrigen Zeichen durch einzelne Bestandteile geprägt werden kann. Dies setzt voraus, dass die übrigen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck nicht mitbestimmen (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling). Danach sind die einander gegenüberstehenden Marken weder klanglich, noch schriftbildlich, noch begrifflich unmittelbar verwechselbar.
4. 2. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund einer alleinigen Prägung der älteren Marke durch den Familiennamen "Schumacher" kommt nicht in Betracht, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Verkehr sich bei Marken, die aus Vor- und Familiennamen bestehen auf dem beanspruchten Warensektor ausschließlich am Familiennamen orientiert (BGH GRUR 2000, 1031 - Carl Link), und der Bestandteil "Collection" aufgrund seiner rein beschreibenden Funktion aus rechtserheblichen Gründen nicht mit einbezogen wird. Denn es stehen sich die Begriffe "Schumi" und "Schumacher" gegenüber. Diese sind aufgrund ihrer unterschiedlichen Silbenlänge, Anzahl der Silben, Intonation und Vokalfolgen klanglich und schriftbildlich ebenfalls nicht miteinander verwechselbar.
4. 3. Im Rahmen der mittelbaren Verwechslungsgefahr besteht hier allerdings die Gefahr, dass beide Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Denn besonders im Hinblick auf die Identität der Waren hat der Verkehr hier Anlaß zur Annahme, die Waren stammten aus demselben Geschäftsbetrieb und das angegriffene Zeichen diene lediglich einer neuen Produktserie, die mit dem "Kosenamen" statt mit dem vollen Vor- und Nachnamen bezeichnet wird. Zu der Annahme wirtschaftlicher und organisatorischer Verflechtungen besteht ebenfalls Anlaß, denn die sich gegenüberstehenden Zeichen sind beide die Bezeichnung der Person "Michael Schumacher". Das Wort "Schumi" steht gleichbedeutend für den vollen Namen "Michael Schumacher", denn es ist die bekannte und auch in allen Medien verwendete Abkürzung. Eine Suchanfrage bei Google unter dem Stichwort "Schumi" hat 194.000 Seiten auf Deutsch ergeben, bei denen sich ca. 98 % mit dem Rennfahrer Michael Schumacher beschäftigen (vgl. auch "Schumimania: tv Movie Nr. 5/2005 vom 05.03.2005). Der durchschnittlich aufgeklärte Verbraucher weiß, dass das liebevoll gemeinte Synonym für Michael Schumacher der Kosename "Schumi" ist und wird entsprechend gekennzeichnetes Spielzeug, Modellautos o. ä. für solches halten, das von demselben Hersteller, nämlich der Michael Schumacher Collection lizenziert oder in den Verkehr gebracht worden ist.
Unter Berücksichtigung der Warenähnlichkeit, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Erwägungen zur assoziativen Verwechslungsgefahr hält die jüngere Marke den erforderlichen weiten Abstand nicht mehr ein. Die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichszeichen ist gegeben.
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BPatG:
Beschluss v. 16.03.2005
Az: 29 W (pat) 4/03
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