Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2000
Aktenzeichen: 23 W (pat) 45/98

(BPatG: Beschluss v. 01.08.2000, Az.: 23 W (pat) 45/98)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des Deutschen Patentamts - Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q - vom 21. August 1998 aufgehoben. Das Patent 197 03 517 wird mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 7 und Beschreibung Spalten 1 bis 5 sowie Zusatzseiten 1 und 2 sowie Zeichnung Figuren 1 und 2 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung Bezeichnung: Verfahren und Vorrichtung zur Anzeige und/oder Durchführung der Steuereingriffe zum Parken eines Kraftfahrzeuges Anmeldetag: 31. Januar 1997.

Gründe

I Die vorliegende Patentanmeldung ist am 31. Januar 1997 beim Deutschen Patentamt eingereicht worden. Sie betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Anzeige und/oder zur Durchführung der Steuereingriffe zum Parken eines Kraftfahrzeugs.

Mit Beschluß vom 21. August 1998 hat das Deutsche Patentamt - Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q - die Anmeldung zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, daß der Gegenstand des weiterverfolgten ursprünglichen Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der deutschen Offenlegungsschrift 37 28 948 nicht neu sei.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin neue Patentansprüche 1 bis 7 mit angepaßter Beschreibung und Zeichnung vorgelegt und die Auffassung vertreten, daß das nunmehr beanspruchte Verfahren nach dem neugefaßten Patentanspruch 1 sowie die dazugehörige Vorrichtung nach dem nebengeordneten Anspruch 7 durch den nachgewiesenen Stand der Technik, einschließlich der im Prüfungsverfahren noch genannten Druckschriften, nämlich den deutschen Patentschriften 38 13 083 und 44 25 419 und der deutschen Offenlegungsschrift 42 01 806, nicht patenthindernd getroffen sei.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß des Deutschen Patentamts - Prüfungsstelle für Klasse B 60 Q - vom 21. August 1998 aufzuheben und das Patent 197 03 517 mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 7 und Beschreibung Spalten 1 bis 5 und Zusatzseiten 1 und 2 sowie Zeichnung Figuren 1 und 2 in der in der mündlichen Verhandlung überreichten Fassung.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 7 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur elektronischen Anzeige und/oder zur automatischen Durchführung der in einer Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) erzeugten Steuereingriffe (206, 207, 208, 209, 210) zum Parken eines Kraftfahrzeuges (107), wobei vor der Anzeige bzw. Durchführung der Steuereingriffe eine Vermessung der Parklücke (102) aufgrund eines ersten durch einen Benutzer eingegebenen Bestätigungssignals (101, 211) erfolgt, dadurch gekennzeichnet, daß die Anzeige bzw. Durchführung der Steuereingriffe erst dann erfolgt (107), wenn der Benutzer ein von dem ersten Bestätigungssignal (101, 211) unterschiedliches zweites Bestätigungssignal für den Beginn des Parkvorganges (105, 212) der Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) eingegeben hat, und daß der Parkvorgang bei einer Betätigung der Bremse des Kraftfahrzeuges zumindest zeitweise unterbrochen wird (108).

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Parkvorgang beendet wird, wenn die Bremse länger als eine vorgegebene Zeitdauer betätigt worden ist (108) oder wenn eine Eingabeeinrichtung zum Abbrechen des Parkvorganges manuell betätigt worden ist.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Daten für die Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) betreffend eine vermessene Parklücke gelöscht werden, wenn das zweite Bestätigungssignal für den Beginn des Parkvorganges nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne nach Beendigung der Vermessung der Parklücke eingegeben wird (106).

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Daten für die Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) betreffend eine vermessene Parklücke gelöscht werden, wenn das Fahrzeug eine bestimmte Strecke an der vermessenen Parklücke vorbeigefahren ist (106) oder wenn die Bremse länger als eine vorgegebene Zeitdauer betätigt worden ist (108).

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Daten für die Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) betreffend eine vermessene Parklücke gelöscht werden, wenn das Fahrzeug wieder anfährt, ohne einzuparken, nachdem es zuvor angehalten hatte (106).

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das zweite Bestätigungssignal für den Beginn eines Parkvorganges nur bei stehendem Fahrzeug gegeben werden kann (105).

7. Vorrichtung zur elektronischen Anzeige der Steuereingriffe (206, 207) zum Parken eines Kraftfahrzeuges und/oder zur automatischen Durchführung der Steuereingriffe (206, 207, 208, 209, 210) zum Parken eines Kraftfahrzeuges (107), umfassend eine Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) zur Erzeugung der Signale für die Anzeige bzw der Steuereingriffe (206, 207; 208, 209, 210) für den Parkvorgang, ein erstes Eingabemittel zur benutzerseitigen Eingabe eines ersten Bestätigungssignals (101, 211) an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung für den Beginn der Parkplatzsuche und eine Meßeinrichtung zur Vermessung von Parklücken (102), gekennzeichnet durch, ein zweites Eingabemittel zur Eingabe eines zu dem ersten Bestätigungssignal (101, 211) unterschiedlichen zweiten Bestätigungssignals an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung (201) für den Beginn des Parkvorganges (105, 212), Steuermittel zur Anzeige der Steuereingriffe (206, 207 bzw. zur Durchführung der Steuereingriffe (208, 209, 210) zum Parken des Kraftfahrzeuges in Abhängigkeit vom zweiten Bestätigungssignal (212), und eine Bremsenbetätigungseinrichtung (108, 204) zur zumindest zeitweisen Unterbrechung des Parkvorgangs (108)."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn die Gegenstände der geltenden nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 erweisen sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als patentfähig.

1.) Sämtliche Patentansprüche sind zulässig, denn alle Anspruchsmerkmale sind für den Fachmann aus der Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart herzuleiten.

So stützt sich der geltende Patentanspruch 1 inhaltlich auf die ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 7 iVm dem anhand des Ablaufdiagramms nach Figur 1 und der Vorrichtung nach Figur 2 in der ursprünglichen Beschreibung (S 5 Abs 1 bis S 7 le Abs) erläuterten Verfahrensablauf. Der geltende Anspruch 2 stützt sich in seinem technischen Inhalt auf die ursprüngliche Beschreibung Seite 6 Absätze 2 und 3. Die geltenden Ansprüche 3, 5 und 6 entsprechen inhaltlich den ursprünglichen Ansprüchen gleicher Numerierung. Der geltende Anspruch 4 stützt sich auf den ursprünglichen Anspruch 4 und einem Teilmerkmal des ursprünglichen Anspruchs 7. Der nebengeordnete Vorrichtungsanspruch 7 stützt sich inhaltlich auf den ursprünglichen Vorrichtungsanspruch 8 iVm den ursprünglichen Verfahrensansprüchen 1, 2 und 7 und der anhand der Figur 2 in der ursprünglichen Beschreibung (S 6 le Abs, S 7 le Abs) erläuterten Vorrichtung.

2.) Die Patentanmeldung geht nach den Angaben der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung in den Oberbegriffen der nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 von einer aus der deutschen Patentschrift 38 13 083 C3 bekannten elektronischen Einparkhilfe für Kraftfahrzeuge aus, bei der vor der elektrischen Anzeige (15) und/oder der automatischen Durchführung der in einer Steuersignalverarbeitungseinrichtung (Mikrocomputer 1) erzeugten Steuereingriffe (4) zum Einparken aufgrund eines durch den Fahrzeugführer einzugebendes Bestätigungssignals (Modusauswahlmittel bzw Betätigungstastenfeld 14) zunächst eine Vermessung der Parklücke erfolgt. Ist die vermessene Parklücke groß genug, so erfolgt unmittelbar im Anschluß an die Vermessung der Start des eigentlichen Parkvorgangs entlang einer in der Steuersignalverarbeitungseinrichtung errechneten Sollkurve, vergleiche dort insbesondere die Figuren 1 bis 8 mit zugehöriger Beschreibung.

Dem Anmeldungsgegenstand liegt demgegenüber das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Anzeige der Steuereingriffe zum Parken eines Kraftfahrzeugs bzw zur Durchführung der Steuereingriffe zum Parken eines Kraftfahrzeugs anzugeben, welches bzw welche eine funktionssichere und benutzerfreundliche Bedienung erlaubt und dem Fahrzeugführer eine klare Unterscheidungsmöglichkeit dafür bietet, wann die Suche nach einer Parklücke erfolgt und wann ein Parkvorgang eingeleitet wird, vgl die geltende Beschreibung Zusatzseite 1 Absatz 1.

Gelöst wird dieses Problem verfahrenstechnisch durch die Merkmale des Anspruchs 1 und vorrichtungstechnisch durch die Merkmale des nebengeordneten Anspruchs 7.

Denn dadurch, daß - entsprechend dem ersten Merkmalskomplex im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 - die Anzeige bzw Durchführung der Steuereingriffe erst dann erfolgt, wenn der Benutzer (Fahrzeugführer) ein von dem ersten Bestätigungssignal unterschiedliches zweites Bestätigungssignal für den Beginn des Parkvorgangs der Steuersignalverarbeitungseinrichtung eingegeben hat, wird der Start des eigentlichen Parkvorgangs für den Fahrzeugführer erkennbar in dessen Verantwortung gestellt, und - iVm dem letzten Merkmalskomplex des Anspruchs 1, wonach der Parkvorgang bei einer Betätigung der Bremse des Kraftfahrzeugs zumindest zeitweise unterbrochen wird -, eine funktionssichere und benutzerfreundliche Bedienung geschaffen.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Vorrichtung gemäß Anspruch 7.

Dem technischen Charakter des beanspruchten Verfahrens und der dazugehörigen Vorrichtung steht es nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegen, daß ein Benutzer - wie hier der Fahrzeugführer - mittels eines Bestätigungssignals in den Ablauf der mikroprozessorgesteuerten (Einpark-)Vorrichtung eingreift, vgl hierzu BGH BlPMZ 2000, 276 Ls3, 278 rechte Spalte Absatz 1 - "Sprachanalyseeinrichtung"; BPatGE Band 36, 77, 81/82 - "Einparkhilfe".

3.) Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Keine der im Verfahren befindlichen eingangs genannten Druckschriften gibt dem Fachmann einen Hinweis oder eine Anregung zu dem für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstandes entscheidenden Anspruchsmerkmal, nämlich der Eingabe eines zum ersten Bestätigungssignal unterschiedlichen zweiten Bestätigungssignal an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung für den Beginn des eigentlichen Parkvorgangs, wie dies im Verfahrensanspruch 1 bzw im entsprechenden Vorrichtungsanspruch 7 im einzelnen gelehrt wird. Als zuständiger Durchschnittsfachmann ist vorliegend ein mit der Entwicklung von elektronischen Einparkhilfen für Kraftfahrzeuge befaßter, berufserfahrener Diplomingenieur der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik mit Universitätsabschluß zugrundezulegen, der über Kenntnisse der computerunterstützten Steuerungstechnik verfügt oder gegebenenfalls einen Fachmann der Steuerungstechnik zu Rate zieht.

Aus der dem Anmeldungsgegenstand inhaltlich nächstliegenden deutschen Patentschrift 38 13 083 C3, von der - wie dargelegt - in den Oberbegriffen der nebengeordneten Ansprüche 1 bzw 7 ausgegangen wird, ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur elektronischen Anzeige (Anzeigeeinrichtung 15) und/oder zur automatischen Durchführung der in einer Steuersignalverarbeitungseinrichtung (Mikrocomputer 1) erzeugten Steuereingriffe (Steuereinrichtungen 4) zum Parken eines Kraftfahrzeugs bekannt, wobei vor der Anzeige bzw Durchführung der Steuereingriffe eine Vermessung der Parklücke mittels einer Meßeinrichtung (Abstandsmeßeinrichtungen t1...tn) aufgrund eines durch einen Benutzer (Fahrzeugführer) eingegebenen Bestätigungssignals mittels eines Eingabemittels (Betätigungstastenfeld bzw Modusauswahlmittel 14) an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung (1) erfolgt, vgl dort insbesondere die Figuren 1, 3, 7 und 8 mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Seite 2 vorletzter Absatz, Seite 3 vorletzter Absatz bis Seite 4 Absatz 1, Seite 5 letzter Absatz und Seite 6 Absatz 2 sowie den Anspruch 2. Ist die vermessene Parklücke, für das Einparken groß genug, werden von der Steuersignalverarbeitungseinrichtung automatisch die notwendigen Steuereingriffe (4, 41 bis 45) zum Parken des Kraftfahrzeugs, dh die Steuereingriffe für die Einparkbewegungen des Kraftfahrzeugs in die Parklücke durchgeführt. Dabei ist vorgesehen, daß der Parkvorgang - entsprechend einem Teilmerkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 - zumindest zeitweise unterbrochen werden kann, nämlich durch Betätigung der im Betätigungstastenfeld (14) enthaltenen Steuerdruckknöpfe "Nothalt", "Unterbrechen" und "Rückstellen" (vgl S 6 Z 34 bis 37) - anstelle der beim Anmeldungsgegenstand hierfür vorgesehenen Betätigung der Bremse des Kraftfahrzeugs (Bremsbetätigungseinrichtung).

In wesentlichem Unterschied zum Anmeldungsgegenstand gemäß Anspruch 1 bzw 7 ist bei diesem Stand der Technik weder die Eingabe eines vom anfänglichen (ersten) Bestätigungssignal unterschiedlichen zweiten Bestätigungssignals an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung für den Beginn des Parkvorgangs, noch ein hierfür geeignetes (zweites) Eingabemittel vorgesehen.

Eine diesbezügliche Anregung, für den Beginn des eigentlichen Parkvorgangs ein derartiges, der Steuersignalverarbeitungseinrichtung einzugebendes (zweites) Bestätigungssignal bzw ein hierfür geeignetes (zweites) Eingabemittel vorzusehen, ist der deutschen Patentschrift 38 13 083 C 3 nicht zu entnehmen. Offensichtlich wurde für den Sicherheitsaspekt dieser bekannten Einparkhilfe als ausreichend angesehen, daß der selbsttätig ablaufende Parkvorgang durch Betätigung der Steuerdruckknöpfe "Nothalt", "Unterbrechen" und "Rückstellen" sowie aufgrund der automatischen Unterbrechung durch ein Abstandswarnsystem (S 6 Z 40 bis 42) im Gefahrenfall jederzeit gestoppt werden kann.

Auch das in der deutschen Patentschrift 38 13 083 C 3 mit offenbarte - halbautomatische - Einparkverfahren, bei dem nach dem Vermessen und der Anzeige einer ausreichenden Parklücke die in der Steuersignalverarbeitungseinrichtung (1) erzeugten Instruktionssignale zum Einparken auf der Anzeigeeinrichtung (15) lediglich angezeigt und die Steuereingriffe zum Einparken (Steuerradbetätigung, Gangeinlegung, Beschleunigen, Bremsen) vom Fahrzeugführer selbst ausgeführt werden, kann das beanspruchte Verfahren bzw die zugehörige Vorrichtung nicht nahelegen, da auch hier ersichtlich die Eingabe eines zweiten Bestätigungssignals an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung für den Beginn des Parkvorgangs fehlt.

Demgegenüber muß es als Verdienst der Anmelderin gewertet werden, die bekannte Einparkhilfe zur Verbesserung der Verkehrssicherheit weitergebildet zu haben, in dem der Beginn des eigentlichen Parkvorgangs erst bewußt durch die benutzerseitige Eingabe eines zweiten Bestätigungssignals an die Steuersignalverarbeitungseinrichtung erfolgt, wodurch - iVm der jederzeit möglichen zumindest zeitweisen Unterbrechung des Parkvorgangs durch Betätigung der Bremse des Kraftfahrzeugs - der aktuellen Verkehrssituation, insbesondere dem fließenden Verkehr besser Rechnung getragen werden kann (geltende Beschreibung Sp 2 Z 32 bis 35 iVm Einschub von Sp 3 Z 14 bis 23).

Einen Hinweis oder eine Anregung in Richtung der Lehre der geltenden nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 erhält der Fachmann auch nicht, wenn er die genannte deutsche Offenlegungsschrift 37 28 948 in Betracht zieht, die im übrigen der von der Anmelderin zum Stand der Technik genannten europäischen Offenlegungsschrift 0 305 907 entspricht.

Aus der deutschen Offenlegungsschrift 37 28 948 ist eine Einparkhilfsvorrichtung bekannt, die manuell mit Hilfe eines Schalters oder auch selbsttätig bei Erkennen einer parktypischen Fahrcharakteristik (zB Stop nach Vorbeifahrt an einer Parklücke) aktiviert wird und zunächst das Vorhandensein einer voraussichtlich ausreichenden Parklücke anzeigt, wobei nach Einlegen der Fahrstufe für Rückwärts die für den Parkvorgang notwendigen Lenkbewegungen durch entsprechende Steuereinrichtungen auch selbsttätig erfolgen können, vgl dort insbesondere die Figuren 1 und 2 mit zugehöriger Beschreibung in Spalte 2 letzter Absatz bis Spalte 3 letzter Absatz.

Zwar bleibt es - insoweit in Übereinstimmung mit dem Anmeldungsgegenstand - auch bei diesem Stand der Technik zunächst der Entscheidung des Fahrzeugführers überlassen, ob er die ausgemessene Parklücke für einen Einparkvorgang nutzen will oder nicht, wie im angefochtenen Beschluß zutreffend dargelegt worden ist (S 3 Abs 2 und 3). Da jedoch diese bekannte Einparkhilfsvorrichtung lediglich Steuereinrichtungen zur automatischen Durchführung der für den Parkvorgang notwendigen Lenkbewegungen aufweist, kann diese Entgegenhaltung keine Anregung dafür geben, den eigentlichen Parkvorgang, anders als dort angegeben, durch - manuelles - Einlegen der Fahrstufe für Rückwärts zu beginnen. Für das entscheidungserhebliche Erfindungsmerkmal, nämlich das Eingeben eines weiteren Bestätigungssignals an die - sämtliche Steuereingriffe zum Einparken erzeugende - Steuersignalverarbeitungseinrichtung für den Beginn des eigentlichen Parkvorgangs, gibt dieser letztgenannte Stand der Technik somit kein Vorbild.

Letzteres gilt im übrigen auch für die von der Anmelderin zum Stand der Technik genannte, im Prüfungsverfahren nicht aufgegriffene deutsche Auslegeschrift 29 01 504.

Auch die beiden übrigen im Prüfungsverfahren lediglich pauschal zum Stand der Technik genannten Druckschriften (deutsche Patentschrift 44 25 419 und deutsche Offenlegungsschrift 42 01 806) können zur erfindungsgemäßen Lehre gemäß den nebengeordneten Ansprüchen 1 bzw 7 nichts beitragen. Denn sie betreffen lediglich als Einparkhilfe geeignete Ultraschall-Abstandswarnanlagen, mit denen bei Unterschreiten eines vorgegebenen Mindestabstands zu einem Hindernis das Kraftfahrzeug automatisch zum Stillstand gebracht wird. Insbesondere geben die beiden letztgenannten Druckschriften keinen Hinweis, die Steuereingriffe zur Durchführung des Einparkvorgangs in einer Steuersignalverarbeitungseinrichtung zu erzeugen und automatisch durchzuführen.

Somit gelangt der Fachmann auch bei einer Gesamtschau des nachgewiesenen Standes der Technik nicht ohne erfinderisches Zutun zu den beanspruchten Lehren.

Das Verfahren nach dem geltenden Anspruch 1 und die Vorrichtung nach dem nebengeordneten Anspruch 7 sind somit patentfähig.

4.) An den Anspruch 1 können sich die auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 anschließen, denn sie haben vorteilhafte und nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Einpark-Verfahrens nach Anspruch 1 zum Gegenstand. Ihre Patentfähigkeit wird von derjenigen des Gegenstandes des Hauptanspruchs mitgetragen.

5.) Die geltende Beschreibung erfüllt die an sie zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Wiedergabe des Standes der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, und - iVm der Zeichnung - hinsichtlich der Erläuterung des beanspruchten Einpark-Verfahrens und der zugehörigen Vorrichtung.

Dr. Beyer Dr. Meinel Dr. Gottschalk Tronser Na






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Beschluss v. 01.08.2000
Az: 23 W (pat) 45/98


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