Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. April 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 400/03

(BPatG: Beschluss v. 19.04.2005, Az.: 27 W (pat) 400/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Widersprechende hat gegen die Eintragung der Bildmarke Grafik der Marke 39961143.6 für "Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Gürtel, Rucksäcke, Uhren" Widerspruch eingelegt aus ihren prioritätsälteren Bildmarken 1.

Grafik der Marke 2081735 eingetragen unter der Nr. 2 081 735 für "Möbel, Spiele, Spielzeug, Bekleidungsstücke, Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten"

2.

Grafik der Marke 2081735 eingetragen unter der Nr. 398 535 91 für "Farben; Seifen; Parfümerien; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Zahnputzmittel; Sonnenschutzmittel; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandsmaterial; Messerschmiedewaren; Gabeln und Löffel; Spaten; handbetätigte Werkzeuge, nämlich Sägen, Hämmer, Feilen, Zangen, Schraubenzieher, Wasserwaagen, Maßbänder, Drillbohrer; Lochstanzzangen; Gartenwerkzeuge; Scheren; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Kompasse, Mikroskope; Fotoapparate; Fernrohre; Software; Babyphone; Beleuchtungsgeräte nicht für den Sanitärbereich; Küchengeräte, insbesondere Grillgeräte; elektrische Babyflaschenwärmer; sanitäre Anlagen, nämlich WC-Sitze; Fahrzeuge, insbesondere Zweiräder und Dreiräder, Kinderwagen sowie deren Zubehör, nämlich Abdeckplanen, anhängbare Rollbretter, Schirme, Korbeinsätze, Transportnetze und Räder; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Kindersitze; Uhren und Zeitmeßinstrumente; Musikinstrumente; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Lehr- und Unterrichtsmittel, soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten, Bücher; Windeln aus Papier oder Zellstoff; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepaßte Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen und Schlüsseltaschen; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Rucksäcke; Möbel, Schlafsäcke für Campingzwecke; Luftmatratzen; Nistkästen; Kämme und Schwämme; Töpfe, Tassen und Teller; Babybadewannen; Zahnbürsten; nichtelektrische Babyflaschenwärmer; Zelte; Seile; Segel; Planen, Säcke, Hängematten; Kinderbekleidungsstücke bis Konfektionsgröße 158; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Windeln aus textilem Material; Spiele, Spielzeuge, ausgenommen Plüschspieltiere, Turn- und Sportgeräte sowie Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Tauchermasken, Taucherbrillen, Schnorchel, Taucherflossen; Schwimmhilfen; Christbaumschmuck; Veranstaltung von Reisen; Erziehung; Ausbildung und Fortbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten".

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit zwei Beschlüssen vom 26. Juni 2001 und 20. Oktober 2003, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, den Widerspruch zurückgewiesen. Selbst unter Anlegung strengster Maßstäbe wegen der teilweise identisch beanspruchten Waren halte die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zu den Widerspruchsmarken noch ein. Dabei sei von einer normalen Kennzeichnungskraft der älteren Marken auszugehen; soweit die Widersprechende eine Steigerung der Kennzeichnungskraft wegen der besonderen Eigenart und Einprägsamkeit behauptet habe, könne dies einen erweiterten Schutzumfang nicht rechtfertigen; im übrigen seien für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft infolge intensiver Benutzung nichts vorgetragen worden. Eine klangliche Ähnlichkeit der Zeichen liege nicht vor, weil selbst unter Außerachtlassung des Bestandteils "technicwear" in der angegriffenen Marke deren weiterer Wortbestandteil "JKO" lediglich buchstabierend wiedergegeben werde, wodurch er sich von dem als "JAKO-O" ausgesprochenen Markentext der Widerspruchsmarken insbesondere am ohnehin stärker beachteten Wortanfang deutlich unterscheide; eine englische Aussprache der Markenwörter könne dabei nicht zugrundegelegt werden, weil hierfür keine Anhaltspunkte erkennbar seien, insbesondere weder die Markenwörter noch die beanspruchten Waren auf eine englische Herkunft hindeuteten. Auch in schriftbildlicher Hinsicht seien die Vergleichsmarken wegen ihrer stark voneinander abweichenden grafischen Ausgestaltung ohne weiteres zu unterscheiden. Da für eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gründen weder etwas vorgetragen noch erkennbar sei, sei der Widerspruch daher zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie trägt vor: Die gegenüberstehenden Marken würden allein von den Wortbestandteilen "J-K-O" und "JAKO-O" geprägt; der weitere Bestandteil "technicwear" in der jüngeren Marke sei kein Phantasiewort, sondern werde von zahlreichen Bekleidungsherstellern als beschreibende Angabe verwendet. Die Widerspruchsmarken besäßen dabei schon originär eine hohe Kennzeichnungskraft, weil sie keinerlei beschreibenden Hinweis enthielten; es treffe auch nicht zu, wenn die Markeninhaberin ausführe, dass es sich bei "JAKO-O" um die französische Bezeichnung für einen Graupapagei handele. Für die erhöhte Kennzeichnungskraft spreche zudem, dass die Widerspruchsmarken seit Jahren mit hohem Aufwand beworben würden, wie sich aus den eingereichten Unterlagen und der eidesstattlichen Versicherung des ehemaligen Leiters der Werbeabteilung vom 26.08.2003 ergebe. Unter Berücksichtigung von 8 Mio. Kindern in der Bundesrepublik im Alter von 0-10 Jahren, die nicht nur in 1-Kind-Familien lebten, erreiche die Werbung etwa 66 % der angesprochenen Verkehrskreise; wegen des Austausches mit anderen Eltern sei sogar von einer Erreichbarkeit von 75 % auszugehen. Auch nach einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK würden 20,2 % aller Haushalte und 60,9 % aller Haushalte mit Kindern die Widerspruchszeichen kennen. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin seien bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nur die Verkehrskreise zu berücksichtigen, an welche sich die mit diesen Zeichen gekennzeichneten Waren richteten; hierbei handele es sich nur um Familien mit Kindern. Die jeweils beanspruchten Waren seien zumindest zum Teil identisch, so dass bereits eine geringe Zeichenähnlichkeit für die Annahme der Verwechslungsgefahr ausreiche. Bei der Zeichenähnlichkeit sei zu berücksichtigen, dass im Inland mehr englische Marken und Zeichen Verwendung fänden als deutsche, wobei im Hinblick auf die jüngere Marke die englische Aussprache noch durch den weiteren Zusatz "technicwear" gefördert würde. Der deutsche Verkehr werde die zu vergleichenden Zeichen daher wie "tschäikäio" und "tschäikoo" aussprechen; dann kämen sie sich aber so nahe, dass eine hohe klangliche Ähnlichkeit vorliege. Darüber hinaus seien die Vergleichsmarken auch grafisch ähnlich. Angesichts der hohen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken, der teilweisen Warenidentität und der hohen Markenähnlichkeit bestehe daher zwischen den Marken Verwechslungsgefahr.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. Oktober 2003 aufzuheben, den Widersprüchen aus den Widerspruchsmarken 2 081 735 und 398 53 591 stattzugeben und die Wortbildmarke JKO TECHNICWEAR (399 61 143) aus dem Register des Deutschen Patent- und Markenamtes zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Ihrer Auffassung nach sind nicht nur die beiden Wortbestandteile zu vergleichen; denn die jüngere Marke werde auch von dem Bestandteil "technicwear" mitgeprägt, da es sich hierbei weder um eine beschreibende Angabe, noch einen gebräuchlichen Begriff im Modesektor, sondern um ein Phantasiewort handele; das Gegenteil ergebe sich auch nicht aus den von der Widersprechenden vorgelegten Internet-Ausdrucken, da es weltweit nur 8 Treffer unter diesem Begriff gebe. Den Widerspruchsmarken komme auch keine hohe Kennzeichnungskraft zu. Die von der Widersprechenden vorgetragenen Werbemaßnahmen beträfen allein junge Familien, bei denen es sich aber nur um einen Teil der Verkehrskreise handele, an welche sich die Waren der Markeninhaberin richteten; die vorgelegte Studie belege dabei, dass die Widerspruchsmarken bei den maßgeblichen Verkehrskreisen nur über einen extrem niedrigen Bekanntheitsgrad bei Personen ohne Kindern verfügten, welche heutzutage die überwiegende Bevölkerungsmehrheit ausmachten. Im übrigen bestünden erhebliche klangliche Unterschiede; die jüngere Marke werde nur wie "Jot-Ka-O" ausgesprochen, während die Widerspruchsmarken französisch wiederzugeben seien, da es sich bei "JAKO-O" um den französischen Ausdruck für einen Graupapagei handele, der zudem in den Marken auch bildlich wiedergegeben sei. Darüber hinaus sei auch wegen der abweichenden Zeichenlänge und der auffallenden grafischen Ausgestaltung eine schriftbildliche Ähnlichkeit zu verneinen.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. Die Widersprechende hat hierbei ihr Vorbringen über eine schriftbildlich Ähnlichkeit beider Zeichen ausdrücklich zurückgenommen und des Weiteren zwei Entscheidungen des Landgerichts München und des Landgerichts Frankfurt vorgelegt, aus denen sich ihrer Auffassung nach ebenfalls eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ergibt; die Markeninhaberin ist dieser Ansicht entgegengetreten.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch wegen mangelnder Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

Unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur älteren Marke noch ein, auch wenn die für die jüngere Marke geschützten Waren mit den von den Widerspruchsmarken beanspruchten Waren teils identisch, teils hochgradig ähnlich sind.

1. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann den Widerspruchsmarken nach den vorgelegten Unterlagen lediglich eine normale Kennzeichnungskraft zugebilligt werden.

a) Soweit die Widersprechende meint, eine originäre Steigerung der Kennzeichnungskraft ergebe sich schon aus der Eigenart und Einprägsamkeit der Widerspruchsmarken, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, aus welchem Grund sich die Widerspruchsmarken hinsichtlich Eigenart und Einprägsamkeit von anderen eingetragenen, normal kennzeichnungskräftigen Zeichen erheblich unterscheiden sollten, rechtfertigt ein solcher Umstand, selbst wenn er vorläge, nicht die Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 297).

b) Auch eine erhöhte Kennzeichnungskraft infolge Benutzung hat die Widersprechende mit den von ihr hierzu eingereichten Unterlagen nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

aa) Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft ergibt sich dabei nicht schon aus dem u.a. mittels einer eidesstattlichen Versicherung des früheren Leiters der Abteilung Einkauf der Widersprechenden dargelegten Werbeaufwand. Dabei ist schon fraglich, ob sich hieraus überhaupt ein erweiterter Schutzumfang der Widerspruchsmarken herleiten lässt, weil der Kostenaufwand selbst keine Bekanntheitssteigerung garantiert (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rn. 324). Vor allem aber sind die Ausführungen der Widersprechenden, mit denen sie eine Bekanntheit der Widerspruchsmarken von 60 % bei inländischen Familien aus diesem Werbeaufwand rechnerisch herzuleiten versucht, weitgehend spekulativer Natur und lassen nicht erkennen, inwieweit ihnen tatsächliche Erkenntnisse und anerkannte statistische Methoden zugrunde liegen, die eine solche "Berechnung" der Bekanntheit einer Marke aus dem für sie betriebenen Werbeaufwand belegen.

bb) Eine Bekanntheitssteigerung der Widerspruchsmarken ergibt sich auch nicht aus dem von der Widersprechenden weiter vorgelegten Gutachten des Meinungsforschungsinstituts GfK. Denn abgesehen davon, dass das nur in Auszügen - insbesondere ohne einen Methodenbericht - eingereichte Gutachten weder erkennen lässt, auf welche konkreten Produkte sich die Befragung bezogen hat, noch, nach welchen anerkannten statistischen Methoden die Erhebung insbesondere hinsichtlich der Auswahl der befragten Haushalte erfolgte und welche konkreten Fragen ihnen gestellt wurden, kann ihm eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht entnommen werden.

Zwar ist nicht zu beanstanden, dass sich die Ermittlung des Bekanntheitsgrades der Widerspruchsmarken nur auf Kinderprodukte bezieht, obwohl die Widerspruchsmarke auch für andere Waren eingetragen sind. Denn auch wenn im registerrechtlichen Verfahren grundsätzlich von den im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis genannten Waren auszugehen ist, schließt dies nicht aus, dass eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nur für Einzelwaren geltend gemacht wird, die unter die darin enthaltenen Oberbegriffe fallen; sofern ein solcher Nachweis gelingt, hat dies allerdings zur Folge, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine erhöhte Kennzeichnungskraft nur für diese Einzelware unterstellt werden kann, während - sofern nicht eine Ausstrahlung auf andere Produktgruppen in Betracht kommt (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 Rn. 394) - den im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis genannten weiteren Waren einschließlich der sonstigen unter den Oberbegriff fallenden Einzelwaren nur eine normale Kennzeichnungskraft zugrundezulegen ist (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 9 Rn. 38). Werden, wie von der Widersprechenden vorgetragenen, unter den Widerspruchsmarken aber nur Kinderprodukte angeboten, kommt es bei der Beurteilung der Stärkung der Kennzeichnungskraft durch Benutzung nur auf die Verkehrskreise an, die allein von solchen Produkten angesprochen werden.

Zutreffend hat die Markeninhaberin aber gegen die Behauptung der Widersprechenden, durch das Gutachten sei eine Bekanntheit der Widerspruchsmarken von 60,9 % belegt, eingewandt, dass sich diese Zahl ausschließlich auf Haushalte mit Kindern bezieht. Denn Kinderprodukte werden häufig - etwa bei Kindergeburtstagen oder anderen Anlässen - auch von solchen Bevölkerungsteilen gekauft, bei denen es sich beispielsweise um Bekannte, Verwandte oder Freunde der betroffenen Familien handelt, die aber selbst keine Kinder haben oder deren Kinder außer Haus sind. Aus diesem Grund sind bei der Beurteilung einer Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht nur die inländischen Haushalte mit Kindern, sondern alle Bevölkerungsgruppen einzubeziehen. Dann kommt den Widerspruchsmarken aber nach dem vorgelegten Gutachten lediglich eine Bekanntheit von 20,2 % zu, was zwar den Schluss auf eine gut eingeführte und benutzte Marke zulässt, aber für die Annahme eines erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nicht ausreicht.

cc) Schließlich geben auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts München vom 2. Juni 2003 und des Landgerichts Frankfurt vom 15. März 2005, denen ohnehin allenfalls eine Indizwirkung zukommen könnte, für eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken nichts her. Der Beschluss des Landgerichts Münchens betrifft die Festsetzung des Streitwerts in einem von der Widersprechenden geführten Kennzeichenstreits; die darin getroffenen Ausführungen zur Bekanntheit der Streitmarke (wobei sich im übrigen der eingereichten Abschrift nicht entnehmen lässt, ob es sich hierbei um eine der beiden Widerspruchsmarken im vorl’egenden Beschwerdeverfahren handelt) beziehen sich aber ausschließlich auf die zu treffende Ermessensentscheidung zur Streitwerthöhe, die anders als im hier zu beurteilenden Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht davon abhängig ist, dass das Gericht eine erhöhte Kennzeichnungskraft auch tatsächlich feststellt. Gleiches gilt auch für den Beschluss des Landgerichts Frankfurt, mit welchem eine von der Widersprechenden beantragte einstweilige Verfügung gegen ein Drittunternehmen erlassen wurde; die somit im Beschlussverfahren, also ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung der Antragsgegnerin erlassene Entscheidung beruhte aus diesem Grund, auch wenn sie auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, also auf eine bekannte Marke gestützt worden ist, allein auf einem einseitig glaubhaft zu machenden Vortrag, für den geringere Anforderungen als im Falle des Strengbeweises gelten. Diese Entscheidungen sind somit schon aus diesen Gründen als Indiz einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht geeignet. Darüber hinaus ist aber auch nicht erkennbar, ob sie auf anderen als den im vorliegenden Verfahren vorgelegten Unterlagen beruhten, aus denen sich anders als bei diesen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ergäbe.

c) Im Ergebnis kann daher den Widerspruchsmarken auch für die in ihren Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen enthaltenen Kinderwaren lediglich eine normale Kennzeichnungskraft zugebilligt werden.

2. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden sind die Vergleichsmarken nicht in einer Weise ähnlich, dass dies in Wechselwirkung mit den teilweise identisch beanspruchten Waren und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Annahme einer Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG begründen würde.

Eine - von der Widersprechenden nicht weiter verfolgte - schriftbildliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken scheidet wegen der auffälligen abweichenden grafischen Ausgestaltung erkennbar aus.

Aber auch klanglich sind die Marken durchaus voneinander zu unterscheiden. Der Verkehr wird die jüngere Marke dabei als reine Buchstabenkombination erkennen und wiedergegeben. Ob die jüngere Marke, wie die Markeninhaberin meint und die Widersprechende in Abrede stellt, dabei auch von dem Bestandteil "technicwear" mitprägt wird, kann letztlich auf sich beruhen; denn selbst wenn der Verkehr die jüngere Marke bei ihrer Benennung auf die Buchstabenfolge "J-K-O" verkürzen wird, sind Verwechslungen beider Marken in klanglicher Hinsicht nicht zu befürchten.

Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nicht schon daraus, dass ihre Unterscheidbarkeit durch einen griffigen Sinngehalt erleichtert würde. Zwar bezeichnet das Wort "Jako", wie die Markeninhaberin bereits im Widerspruchsverfahren dargelegt hat, auch in der deutschen Sprache einen Graupapagei (vgl. DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Aufl., Band 4, S. 1751), es ist aber fraglich, ob dies nicht nur unerheblichen Teilen der Bevölkerung überhaupt bekannt ist; mangels Wortkenntnis wird den angesprochenen Verkehrskreisen auch die bildliche Darstellung eines Papageis in den Widerspruchsmarken keine Gedankenhilfe sein, um den Widerspruchsmarken einen erkennbar anderen Sinngehalt als der jüngeren Marke zuzuordnen. Aus diesem Grund kann der Sinngehalt die Verwechslungsgefahr nicht von vorneherein ausschließen.

Bei der Beurteilung der Vergleichsmarken nach ihrem klanglichen Gesamteindruck mag es zwar sein, dass - wie die Widersprechende meint - der größte Teil des Verkehrs die jüngere Marke in englischer Sprechweise wie "Tschäi-Käi-O(u)" oder "Tschäi-Ka-O(u)" wiedergeben wird, weil jedenfalls der in ihr enthaltene weitere, eindeutig englischsprachige Bestandteil "technicwear" dies nahe legen mag. Für eine vergleichbare Wiedergabe der Widerspruchsmarken fehlen aber jegliche Anhaltspunkte. Insbesondere rechtfertigt der von der Widersprechenden geltend gemachte Umstand, dass eine Reihe der im Inland gebräuchlichen Marken englischer Herkunft sind, nicht die Verallgemeinerung, der Verkehr werde alle Kennzeichnungen, die nicht an einen deutschsprachigen Ausdruck erinnern oder angelehnt sind, nur englisch wiedergeben. Abgesehen davon, dass die Widerspruchsmarken, wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt, objektiv an den auch in der deutschen Sprache existierenden Begriff "Jacko" für einen Graupapagei angelehnt sind, erinnert der Wortbestandteil "JACKO-O" in den Widerspruchsmarken in keiner Weise an dem Verkehr bekannte englische Wörter; insbesondere ist die am Wortende vorhandene Verdopplung des Vokals "O", der infolge des Trennungsstrichs nicht als zusammengehöriger Laut erscheint und daher auch klanglich doppelt wiedergeben wird, für bekannte englischsprachige Begriffe derart ungewöhnlich, dass dem Verkehr der Gedanke, bei dem in den Widerspruchsmarken enthaltenen Wort könne es sich um einen englischen Begriff handeln, erst gar nicht kommen wird. Darüber hinaus ist der Verkehr daran gewöhnt, dass ihm als Kennzeichnungen auch reine Fantasiebegriffe entgegentreten, die er, sofern sie nicht an bekannte deutsch- oder fremdsprachige Begriffe angelehnt sind, in der Regel in deutscher Aussprache wiedergeben wird. Werden die Widerspruchsmarken aber in deutscher Aussprache wiedergegeben, sind sie ohne weiteres von der englisch ausgesprochenen jüngeren Marke abzugrenzen; erst recht sind bei einer deutschen Aussprache der letzteren beide Zeichen ohne Mühe auseinanderzuhalten, da "Jot-Ka-O" deutlich anders klingt als "Jackoo".

Aber selbst diejenigen zahlenmäßig eher kleineren Teile des Verkehrs, die möglicherweise eine englische Aussprache der Widerspruchsmarken zugrundelegen, werden diese ohne Mühe von der jüngeren Marke abgrenzen können, weil die charakteristische Verdopplung des Vokals "O", die schon allein wegen ihrer Ungewöhnlichkeit nicht unausgesprochen bleiben wird, zu einer deutlichen Zäsur führt, wobei der Wortbestandteil "JAKO" anders als die jüngere Marke, bei welcher zwischen den einzelnen Buchstaben eine deutlich wahrnehmbare Pause entsteht, als Wort ausgesprochen wird, der englisch ähnlich wie die Abkürzung des Namens des bekannten Popmusikers Michael Jackson ("Jacko", gesprochen wie "Tschäko") klingt. Stehen sich aber auf der einen Seite "Tschäi-Käi-Ou" bzw. "Tschäi-Ka-O(u)" und auf der anderen Seite "Tschäkoo(u)" gegenüber, sind die Ähnlichkeiten zwischen beiden Marken in klanglicher Hinsicht derart gering, dass der Verkehr keine Mühe haben wird, beide Zeichen klanglich auseinanderzuhalten.

Eine Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht hat die Widersprechende nicht geltend gemacht und ist auch nicht erkennbar. Auch für die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus sonstigen Gründen ist weder etwas vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

3. Da die Markenstelle somit zutreffend eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen hat, war der hiergegen gerichteten Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg zu versagen.

4. Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz Na






BPatG:
Beschluss v. 19.04.2005
Az: 27 W (pat) 400/03


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