Landgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 17. Dezember 2008
Aktenzeichen: 3-05 O 241/08, 3-5 O 241/08

(LG Frankfurt am Main: Beschluss v. 17.12.2008, Az.: 3-05 O 241/08, 3-5 O 241/08)

Tenor

Der Antrag festzustellen,

dass die Erhebung der beim Landgericht Frankfurt am Main unter dem führenden Aktenzeichen 3-05 O 115/08 anhängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen der Antragsgegner gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 29. Mai 2008 zu Tagesordnungspunkt 10 über die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (mit der Möglichkeit der Sachkapitalerhöhung)

und zu Tagesordnungspunkt 11 über die Ermächtigung zur Ausgabe von Options- bzw. Wandelgenusscheinen, Optionsschuldverschreibungen und Wandelschuldverschreibungen, Schaffung eines bedingten Kapitals sowie die entsprechenden Änderungen der Satzung der Antragstellerin der Eintragung der Beschlüsse in das Handelsregister der Antragstellerin nicht entgegenstehen und Mängel der Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 die Wirkung der Eintragung unberührt lassen,

wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Streitwert für das Verfahren wird auf EUR 250.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist eine börsennotierte, deutsche Großbank, deren Grundkapital in Höhe von EUR 1.460.224.256,00 in 570.400.100 Stückaktien eingeteilt ist.

Zu ihrer Hauptversammlung vom 29.5.2008 hatte die Antragstellerin im elektronischen Bundesanzeiger v. 28.3.2008 geladen. Dort ist im Abschnitt "Teilnahme an der Hauptversammlung" Folgendes enthalten:

"Aktionäre, die im Aktienregister eingetragen sind, können ihr Stimmrecht auch durch einen Bevollmächtigten, zum Beispiel ein Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung, ausüben lassen. In diesem Fall sind die Bevollmächtigten rechtzeitig anzumelden. Die schriftliche Vollmachtserteilung kann auch durch Telefax nachgewiesen werden. Die Deutsche Bank behält sich vorm, im Einzelfall die Vorlage der Originalvollmacht zu verlangen."

In der Satzung der Antragstellerin ist folgendes geregelt:

"§ 17

(1) Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die im Aktienregister eingetragen und rechtzeitig angemeldet sind. ... § 18 ...

(3) Das Stimmrecht kann durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. Vollmachten, die nicht an ein anderes Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung erteilt werden, sind schriftlich oder auf einem von der Gesellschaft näher zu bestimmenden elektronischen Wege zu erteilen. Die Einzelheiten für eine elektronische Vollmachterteilung werden zusammen mit der Einberufung der Hauptversammlung in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht."

Auf der Hauptversammlung vom 29. Mai 2008 hat die Antragstellerin u. a. zu TOP 10 die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (mit der Möglichkeit der Sachkapitalerhöhung) und zu TOP 11 die Schaffung eines bedingten Kapitals beschlossen (zu den Einzelheiten wird auf Anlage Antragstellerin zu 1, Bl. 45 f. des Anlagenordners verwiesen).

Die Antragsgegner haben jeweils Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen diesen Hauptversammlungsbeschluss erhoben, wobei sie auch noch weitere Beschlussfassungen dieser Hauptversammlung angreifen. Nach Verbindung mit Klagen anderer Kläger gegen Beschlüsse dieser Hauptversammlung - die sich allerdings nicht gegen die Beschlussfassungen zu TOP 10 und 11 wenden - wird die Hauptsache nun zum führenden Aktenzeichen 3-05 O 115/08 geführt. Ein Termin zu mündlichen Verhandlung ist in der Hauptsacheklage auf den 20.01.2009 anberaumt worden.

Mit der am 25.09.2008 eingegangenen Antragsschrift vom 25.09.2008 hat die Antragstellerin und Beklagte im Hauptsacheverfahren das so genannte Freigabeverfahren nach § 246a AktG eingeleitet. Die Antragstellerin ist der Meinung, dass die von den Antragsgegnern erhobenen Klagen jedenfalls im Hinblick auf die Beschlussfassungen zu TOP 10 und 11 offensichtlich unbegründet sei. Ein Gesetz- oder Satzungsverstoß der zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit dieser in der Hauptversammlung am 29.5.2008 gefassten Beschlüsse führen könnte, liege nicht vor. Die Hauptversammlung sei ordnungsgemäß einberufen und durchgeführt worden. Sie sei durch den dazu berufenen Leiter der Hauptversammlung Herr Dr. B geleitet worden. Die von diesem verhängten Frage- und Redezeitbeschränkungen seien nicht zu beanstanden. Zu einer Ungleichbehandlung der Aktionäre sei es nicht gekommen. Der Vertreter der Antragsgegner zu 1) und 2) hätte im Rahmen seiner Redezeit seinen Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes 11 begründen können. Er habe lediglich ein Blatt mit der Überschrift "Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung" an den Notar übergeben. Dies reiche für eine wirksame Stellung eines Antrags nicht aus. Zu einer Verletzung von Informationspflichten sei es nicht gekommen. Zu den streitgegenständlichen Tagesordnungspunkten 10 und 11 seien keine direkten Fragen gestellt worden. Soweit Fragen hierzu einen indirekten Zusammenhang gehabt hätten, seien diese ordnungsgemäß beantwortet worden. Der Vorstandsbericht zu TOP 19 sei zutreffend. Der Beschluss zu TOP 11 verstoße nicht gegen § 193 Abs. 2 Nr. 3 AktG.

Ferner überwiege das Vollzugsinteresse der Antragstellerin das Aufschubinteresse der Antragsgegner.

Die Antragstellerin sei in der gegenwärtigen Finanzkrise dringend darauf angewiesen, alle verfügbaren Optionen zur Hand zu haben, um im Bedarfsfalle die Eigenkapitalausstattung der Bank zu stärken. Es bestehe ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Antragstellerin zur Sicherung ihrer eigenen Existenz kurzfristig auf die von der Hauptversammlung beschlossenen Instrumente zurückgreifen müsse. Diese Situation werde noch dadurch verschärft, dass die Antragstellerin der Hypo Real Estate AG Liquiditätshilfen in einem Betrag von etwa EUR 12 Mrd. zur Verfügung gestellt habe und weitere Belastungen als Folge von Schieflagen anderer Kreditinstitute über den deutschen Einlagensicherungsfonds die Antragstellerin treffen könnten. Ferner erwöge die Bundesrepublik Deutschland den Banken eine bestimmte Eigenkapitalausstattung vorzuschreiben. Schließlich ergäben sich in der Krise auch günstige Möglichkeiten, andere Kreditinstitute zu erwerben. So habe die Antragstellerin in den vergangenen Monaten Teile von ABN Amro kaufen und Anteile an der Deutschen Postbank AG erwerben können. Im Rahmen der letzteren Akquisition habe die Antragstellerin zudem der Hauptaktionärin der Deutschen Postbank AG die Option eingeräumt, weitere Anteile des Unternehmens zu einem festgelegten Preis in einem bestimmten Zeitkorridor an die Antragstellerin zu veräußern.

Die Antragstellerin beantragt,

gemäß § 246a Abs. 1 AktG festzustellen, dass die Erhebung der beim Landgericht Frankfurt am Main unter dem führenden Aktenzeichen 3-05 O 115/08 anhängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen der Antragsgegner gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 29. Mai 2008 zu Tagesordnungspunkt 10 über die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals (mit der Möglichkeit der Sachkapitalerhöhung) und zu Tagesordnungspunkt 11 über die Ermächtigung zur Ausgabe von Options- bzw. Wandelgenusscheinen, Optionsschuldverschreibungen und Wandelschuldverschreibungen, Schaffung eines bedingten Kapitals sowie die entsprechenden Änderungen der Satzung der Antragstellerin der Eintragung der Beschlüsse in das Handelsregister der Antragstellerin nicht entgegenstehen und Mängel der Hauptversammlungsbeschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

Die Antragsgegner zu 1) € 3) beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin zu 4) hat im vorliegenden Verfahren keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht eingelassen.

Die Antragsgegner im Übrigen sind der Auffassung, dass ihre Klagen nicht offensichtlich unbegründet seien. Die Hauptversammlung sei wegen der unzutreffenden Angaben über die Ausübung des Stimmrechts durch Bevollmächtigte nicht ordnungsgemäß einberufen worden. Die Versammlung sei von einem unzuständigen Versammlungsleiter geleitet worden, da Herr Dr. B nicht wirksam in den Aufsichtsrat der Antragstellerin gewählt worden sei. Die verhängte Frage- und Redezeitbeschränkung sei unstatthaft gewesen. Es sei zu einer Ungleichbehandlung von Aktionären gekommen. Ein erheblicher Teil der von den Antragsgegnern zu 1) € 3) und anderer Aktionäre gestellter Fragen € die sich auch auf die Beschlussfassungen zu TOP 10 und 11 bezogen hätten - sei nicht oder nicht ausreichend beantwortet worden. Den Vertagungsantrag zu TOP 11 der Antragsgegner zu 1) und 2) habe ihr Vertreter zu Unrecht nicht begründen dürfen, Die Antragsgegner beziehen sich im Übrigen auf ihr schriftsätzliches Vorbringen im Hauptsacheverfahren.

Auch ein vorrangiges Vollzugsinteresse bei der Antragstellerin liege nicht vor. So habe die Antragstellerin ihr im Einzelnen bestrittenes, konkretes Interesse an der Rechtswirksamkeit der angegriffenen Beschlüsse nicht hinreichend substantiiert dargetan. Im augenfälligen Widerspruch zu den Prozessausführungen der Antragstellerin werde deren Vorstandsvorsitzender regelmäßig in der Presse mit Aussagen wie "Wir sind eine der stärksten und am besten kapitalisierten Banken der Welt" zitiert, sodass nicht von einem dringenden Kapitalbedarf gesprochen werden könne. Außerdem verfüge die Antragstellerin über weitere genehmigte Kapitalia mit Hilfe derer sie ihren Eigenkapitalbedarf decken könne. Schließlich habe sie die Möglichkeit, eine Refinanzierung mit Bundesmitteln nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz vorzunehmen.

Ferner sind der Antragsgegner zu 1) bis 3) der Auffassung, dass nach In-Kraft-Treten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes das Landgericht Frankfurt sachlich unzuständig sei, da für die vorliegende Streitigkeit eine erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes begründet sei und kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akte LG Frankfurt am Main 3-5 O 115/08 war beigezogen.

Mit Antrag vom 25.9.2008 hat die Antragstellerin die Freigabe der angegriffenen Beschlüsse zu TOP 10 und 11 beantragt. Durch Beschluss vom 28.10.2008 wurde der zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Vorsitzenden der Kammer vom 25.11.2008 aufgehoben da nicht alle Antragsgegner ihre Zustimmung zur Entscheidung durch den Vorsitzenden gem. § 349 Abs. 3 ZPO erteilt hatten und neuer Termin vor die vollbesetzte Kammer auf den 20.1.2009 bestimmt. Nach Gegenvorstellung der Antragstellerin vom 31.10.2008 wurde mit Beschluss vom 20.11.2008 angeordnet, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 17.12.2008 ergehen soll, wohingegen sich die Antragsgegner zu 1) - 3) gewandt haben

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (zuletzt Beschl. v. 11.1.2008 € 17 W 93/07 -; Beschl. v. 13.3.2008 € 5 W 4/08 -, Beschl. v. 12.9.2008 € 5 W 21/08 -) wird die Gesellschaft im Freigabeverfahren nach § 246a AktG nur von ihrem Vorstand vertreten.

Für Freigabeverfahren enthält das Gesetz keine Ausnahme von der Vertretungsbefugnis des Vorstandes der Gesellschaft im Gegensatz zur entsprechenden gesetzlichen Bestimmung bei der Vertretung der Gesellschaft bei der Anfechtungsklage, bei der die Doppelvertretung durch Vorstand und Aufsichtsrat ausdrücklich vorgeschrieben ist. Es bleibt daher dabei, dass es im Freigabeverfahren nach § 246a AktG bei der grundsätzlichen gesetzlichen Regelung verbleibt, wodurch die Vertretung durch den Vorstand allein erfolgt. Es besteht auch kein praktisches Bedürfnis für eine Doppelvertretung im Freigabeverfahren (vgl. OLG Karlsruhe WM 2007, 650, 651; OLG Hamm ZIP 2005, 1457 Hüffer, AktG 6. Aufl. § 246 Rz. 30).

Bei dem Freigabeverfahren handelt es sich auch um ein Verfahren, das als selbständiges Verfahren zu führen ist und nicht innerhalb des Hauptsacheverfahrens. Nach dem Rechtsgedanken des § 260 ZPO ist das Freigabeverfahren auch als eigenständiges Verfahren zu führen und nicht innerhalb des Hauptsacheverfahrens. Es fehlt für die aktienrechtliche Anfechtungsklage in der Hauptsache und dem vorliegenden Freigabeverfahren nach an der Gleichheit der Prozessart und des Streitgegenstandes. Zwar ergehen die Entscheidungen jeweils nach mündlicher Verhandlung, wobei diese jedoch in besonderen Eilfällen im Freigabeverfahren unterbleiben kann, doch ergeht die Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch Urteil, während sie im Freigabeverfahren als besonderen Eilverfahren durch Beschluss ergeht. Für das Freigabeverfahren ist erstinstanzlich immer das Landgericht als Prozessgericht erster Instanz zuständig, selbst wenn sich das Hauptsacheverfahren schon in der Berufungsinstanz befindet. Das Freigabeverfahren ist ein von der Anfechtungsklage bzw. Nichtigkeitsfeststellungsklage verschiedenes Verfahren mit ähnlichem aber doch anderem Streitgegenstand. Streitgegenstand der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ist die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, Streitgegenstand des Freigabeverfahrens ist die Frage, ob die Anfechtungsklage einer Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister entgegen steht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.6.2005, AG 2005, 654).

Über den Antrag war ohne mündliche Verhandlung aus den Gründen des Beschlusses vom 20.11.2008 zu entscheiden. Denn es liegt ein dringender Fall im Sinne des § 246a Abs. 3 S. 1 AktG vor. Die Dringlichkeit des Anliegens ergibt sich dabei bereits aus der Natur des Freigabeverfahrens als "spezielles Eilverfahren" (so Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), Bt-Drs. 15/5092, S. 28; vgl. auch BGH NZG 2006, 553). In Form der Drei-Monats-Entscheidungsfrist des § 246 Abs. 3 S. 6, 1. HS AktG hat der Gesetzgeber eine Wertung dahingehend vorgenommen, dass zwischen Antragsstellung und Entscheidung im Freigabeverfahren höchsten drei Monate vergehen sollen. Allein aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten wurde eine Verletzung der richterlichen Pflicht aus § 246 Abs. 3 S. 6, 1. HS AktG nicht mit einer Sanktion bewehrt. Dieser Verzicht erschien dem Gesetzgeber für den Fall erforderlich zu sein, dass eine Verzögerung der Entscheidung auf Versäumnissen der antragstellenden Partei beruht (Regierungsbegründung zum UMAG, Bt-Drs. 15/5092, S. 28). Dieses gesetzliche Leitbild beansprucht in der vorliegenden Konstellation auch bei der Auslegung der Dringlichkeit im Sinne des § 246a Abs. 3 S. 1 AktG Geltung. Steht das Eilverfahren des § 246a AktG ohnehin unter dem Postulat der Beschleunigung, so verdichtet sich dieser Konzentrationsgrundsatz zur Dringlichkeit im Sinne des § 246a Abs. 3 S. 1 AktG, wenn aufgrund von Terminierungsproblemen eine Entscheidung nicht binnen dreier Monat ergehen kann (vgl. auch LG Münster NZG 2006, 833). Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses v. 20.11.2008 verwiesen.

Der Antrag ist (weiterhin) zulässig, auch nach In-Kraft-Treten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ergibt sich eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesgerichtshofes für das vorliegende Verfahren nicht aus Artikel 1 § 16 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes. So trifft die vorgenannte Vorschrift eine Rechtswegzuweisung nur für Streitigkeiten "nach diesem Gesetz". Das vorliegende Verfahren richtet sich aber nach § 246a AktG und damit nicht dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Selbst wenn € wie vorgetragen € entgegen Art. 2 § 4 die Beschlussfassung des genehmigten Kapitals der Antragsgegnerin aufgrund der Bereitstellung eines gesetzlichen genehmigten Kapitals in Art. 2 § 3 des Finanzmarktstabilisierungsgesetz gegen § 202 Abs. 3 S. 1 AktG verstieße, so bliebe die Beurteilung der hieraus erwachsenden Rechtsfolgen im Wege einer aktienrechtlichen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage, bzw. im parallelen Freigabeverfahren noch immer eine Streitigkeit nach dem Aktiengesetz.

Dem Antrag fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ergibt sich bereits aus dem Interesse, vor rechtskräftigen Abschluss der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen eine bestandskräftige Eintragung der Beschlüsse zu erreichen und damit bei einer etwaigen künftigen Ausnutzung des Ermächtigungsbeschlusses Rechtssicherheit mit Blick auf eine mögliche Rückabwicklung der Kapitalmaßnahmen zu haben.

Der Antrag ist aber nicht begründet.

Ist eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss betreffend eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung erhoben worden, so kann das Gericht auf Antrag feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung der Maßnahme in das Handelsregister nicht entgegensteht, § 246a AktG. Hierfür ist Voraussetzung, dass die Anfechtungsklage entweder unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder dass das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint.

Allerdings sind die erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet.

Die Kammer folgt im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Beschluss v. 8.2.2006 - 12 W 185/05 - AG 2006, 249; so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.8.2006 - 15 W 110/05 - Beck RS 2006 10243) der Definition des Merkmals der "offensichtlichen Unbegründetheit" in der Erläuterung der Regierungsbegründung zum UMAG (BT-Drucks. 15/5092, 29): Für die Freigabekriterien gilt bei allen Freigabeverfahren Folgendes: Bei der Auslegung des Kriteriums "offensichtlich unbegründet" kommt es nicht darauf an, welcher Prüfungsaufwand erforderlich ist, um die Unbegründetheit der Anfechtungsklage festzustellen. Maßgeblich ist das Maß an Sicherheit, mit der sich die Unbegründetheit der Anfechtungsklage unter den Bedingungen des Eilverfahrens prognostizieren lässt. Offensichtlich unbegründet ist eine Anfechtungsklage dann, wenn sich mit hoher Sicherheit die Unbegründetheit der Klage vorhersagen lässt, der für diese Prognose erforderliche Prüfungsaufwand des Prozessgerichts ist nicht entscheidend.

Unabhängig von der Frage, ob die von den Antragsgegnern im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Informationsrechtsverletzungen in der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 23.5.2008 gegeben waren, auf die die Klagen der Antragsgegner zu 1) bis 3) überwiegend gestützt sind, und ob sie wesentlich i.S.d. § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG sind, woran jedenfalls im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Beschlüsse zu Top 10 und 11 Zweifel bestehen und ob angesichts der Vielzahl der Fragen(komplexe) nicht die Grenze des Rechtsmissbrauchs erreicht sein könnte, ist eine offensichtliche Unbegründetheit der Klagen nicht gegeben.

Wegen der notwendigen Streitgenossenschaft der Antragsgegner im verbundenen Hauptsacheverfahren 3-05 O 115/08 genügt es in dem gegen die Kläger des Hauptsacheverfahrens gerichteten Freigabeverfahren, wenn nur eine Klage der Antragsgegner zum Erfolg führen kann.

Unbeachtlich ist hierbei, dass die Antragsgegnerin zu 4) sich im vorliegenden Verfahren nicht eingelassen hat, sondern sich nur die Antraggegner zu 1) bis 3). Streitgegenstand des Freigabeverfahrens ist die Frage, ob die Anfechtungs-/Nichtigkeitsklage einer Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister entgegensteht. Es kommt daher darauf an, ob in der Hauptsache ein Anfechtungsgrund in der Anfechtungsfrist bzw. ein Nichtigkeitsgrund bis zur Entscheidung im Freigabeverfahren von einem der Streitgenossen des Hauptsacheverfahrens hinreichend vorgebracht worden ist. Die Entscheidung des Gerichts im Freigabeverfahren hinsichtlich der sachlichen Angriffe gegen die streitgegenständliche Beschlussfassung kann sich nur auf diesen Streitgegenstand beziehen, d.h. die Frage der offensichtlichen Unbegründetheit oder Unzulässigkeit der Hauptsacheklage im Zeitpunkt der Entscheidung im Freigabeverfahren.

Die Antragsgegner haben im Hauptsacheverfahren einen die Nichtigkeit des Übertragungsbeschlusses ggf. herbeiführenden Grund geltend gemacht, indem sie gerügt haben, dass in der Einberufung die Bedingungen für die Teilnahme und Ausübung des Stimmrechts gem. § 121 Abs. 3 S. AktG nicht zutreffend angegeben worden seien, was gem. § 241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit, der auf dieser Hauptversammlung gefassten Beschlüsse führe.

Trotz der im Schrifttum vielfach geäußerten Kritik (z. B. Stohlmeier/Mock BB 2008, 2143; Wilburger DStR 2008, 1889; Verse in F.A.Z. v. 3.9.2008 S. 23) hält die Kammer an ihrer Ansicht (vgl. Urteil v. 26.8.2008 € 3-05 O 339/08 -; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.7.2008 € 5 W 15/08 -) fest, dass die Einberufung neben anderen Angaben die Bedingungen angeben muss, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen und dies auch den Fall der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung betreffen kann. Sind die gemachten Angaben unzutreffend, führt dies ggf. zur Nichtigkeit. Von § 121 Abs. 3 AktG sind danach alle Modalitäten erfasst sind, die die Art und Weise oder die Form der Stimmrechtsausübung betreffen, wozu auch Fragen der Vollmacht gehören (Kammer a.a.O. ; OLG Frankfurt am Main a.a.O.; Kubis in MünchKomm., AktG 2. Aufl., § 121 Rn. 40; Ziemons in Schmidt/Lutter, AktG § 121 Rn. 37), so dass auch eine fehlerhafte Beschreibung bzw. unrichtige gesetzeswidrige Angabe der Bedingungen für die Stimmrechtsabgabe (durch einen Bevollmächtigten) zur Nichtigkeit der Beschlussfassung gemäß § 241 Nr. 1 in Verbindung mit § 121 Abs. 3 AktG führt. Selbst wenn diese Ansicht in der obergerichtlichen Rechtssprechung umstritten ist (ablehnend OLG München, Beschl. v. 3.9.2008 € 7 W 1432/08 -), kann bei einem Verstoß jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Unbegründetheit der Nichtigkeitsklage gesprochen werden.

Die Einberufung muss u. a. die Bedingungen angeben, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen (§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG). Damit sind die Bestimmungen der Satzung über Hinterlegung oder Anmeldung angesprochen, bezweckt ist die bessere Unterrichtung der Aktionäre (vgl. (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.06.2008 - 5 U 27/07 - BeckRS 2008 17165- ). Für die Einladung zur Hauptversammlung 2008 waren § 17 und § 18 der Satzung der Antragstellerin maßgebend.

Vorliegend ist in der Satzung entsprechend der gesetzlichen Bestimmung geregelt, dass Vollmachten die nicht an ein anderes Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung erteilt werden, schriftlich oder auf einem von der Gesellschaft näher zu bestimmenden elektronischen Wege zu erteilen sind.

Es ist jedoch fraglich, ob es sich bei den in der Bekanntmachung angegebenen Bedingungen zur Vollmacht maßgeblichen Empfängerhorizont des durchschnittlichen Aktionärs - ohne nähere Kenntnis des Aktienrechts - hinreichend sicher ergibt, dass bestimmte Bevollmächtigte keiner schriftlichen Vollmacht bedürfen, wenn dort im übernächsten Satz, nachdem auf die Möglichkeit einer Bevollmächtigung, auch an Kreditinstitute und Aktionärsvereinigungen hingewiesen wurde, ohne drucktechnische Absetzung oder sonstige Erläuterung bzw. Hinweis auf die einschlägige Satzungsregelung ausgeführt wird, dass die schriftliche Vollmachtserteilung auch durch Telefax nachgewiesen werden kann. Für den unbefangenen Leser, der die einschlägigen Satzungsbestimmungen der Antragstellerin nicht kennt, entsteht hier der Eindruck, dass auch bevollmächtigte Aktionärsvereinigungen oder Kreditinstitute einer schriftlichen Vollmacht in jedem Fall bedürfen. Das ausnahmslose Verlagen einer schriftlichen Vollmacht ohne die mögliche satzungsmäßige Abbedingung (vgl. Kammerurteil v. 28.10.2008 3-05 O 113/08 m.w.Nachw.) verstößt aber gegen die gesetzliche Regelung des § 135 AktG und die Satzung der Antragstellerin. Nach § 135 AktG und der Satzung bedarf insbesondere eine Vollmacht, die einem Kreditinstitut oder einer der in § 135 Abs. 9 und Abs. 12 AktG in Verbindung mit § 125 Abs. 5 AktG genannten Personen(vereinigung) erteilt wird, nicht der Schriftform durch eine vom Vollmachtsgeber zu unterzeichnende Urkunde, sondern diese ist von dem Bevollmächtigten nur in nachprüfbarer Form festzuhalten. Die Gegenauffassung des OLG München (Beschl. v. 3.9.2008 € 7 W 1432/08 - NZG 2008, 795 = Beck RS 2008 20287) dass die fehlende Differenzierung des Vollmachtsnachweises bezüglich der Form der Vollmachtserteilung für Kreditinstitute/Aktionärsvereinigungen in der Bekanntmachung weder zur Anfechtbarkeit noch zur Nichtigkeit führen, überzeugt nicht. Der Hinweis, dass die Regelung des § 135 AktG unklar sei, weil insbesondere nicht hinreichend deutlich werde, wie das dort normierte, den Kreditinstituten/Aktionärsvereinigungen auferlegte "nachprüfbare" Festhalten der Vollmachtserklärung (vgl. § 135 Abs. 2 S. 4 AktG) zu verstehen sei, und daher eine Ladung die die unklare gesetzliche Regelung nicht wiedergebe bzw. nicht auf sie verweise, sondern auf das allgemeine Schriftformerfordernis der Vollmacht gem. § 134 AktG rekurriere, keinen vorwerfbaren Einberufungsmangel darstelle, der die Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses begründen könnte, kann nicht dazu führen, eine vom Gesetzgeber getroffene Regelung nicht zu beachten und aus der Nichtbeachtung keine rechtlichen Schlüsse zu ziehen. Auch das OLG München stellt fest, dass nach der gesetzlichen Regelung für die in § 135 AktG genannten Personen grundsätzliche eine Schriftform für die Vollmacht nicht erforderlich ist. Warum dann ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer schriftlichen Vollmacht ohne Differenzierung kein (schuldhafter) Einladungsmangel sein soll, ist nicht recht nachvollziehbar. Gegen eine offensichtliche Unbegründetheit spricht vorliegend weiter, dass der Hinweis auf das rechtzeitige Anmeldeerfordernis von Bevollmächtigten auch nicht mit Gesetz, § 134 Abs. 3 AktG, oder Satzung vereinbar ist. Die Satzung der Antragstellerin selbst enthält nichts zur Frage, bis wann eine Anmeldung von Bevollmächtigten erfolgen kann, was zudem auch mit § 23 Abs. 5 AktG unvereinbar wäre. Abgesehen davon, dass mit der Verwendung des Begriffs "rechtzeitig" völlig unbestimmt ist, bis wann die Anmeldung von Bevollmächtigten erfolgen soll, kann eine Vollmacht zur Stimmrechtsausübung vom Aktionär jederzeit € auch noch während der Hauptversammlung € erteilt werden und dies unabhängig davon, ob dies der Gesellschaft vorher mitgeteilt wird (vgl. Vollhard in MünchKomm, AktG, 2. Aufl., § 134 Rz. 43 m.w.Nachw.). Als klarstellender Hinweis, dass auch bei der Teilnahme von Bevollmächtigten die im vorhergehenden Absatz dargestellten Anmeldepflicht für Aktionäre gilt, kann dies aus Sicht des Empfängers entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nicht angesehen werden. Durch den eindeutigen wörtlichen Bezug auf die notwendige Anmeldung der Bevollmächtigten bei Vertretung im Absatz in dem die Frage der Bevollmächtigung angesprochen wird, ergibt sich ein Verständnis dahin, die Vertretung durch einen Bevollmächtigten sei nur möglich, wenn dieser rechtzeitig € vor der Hauptversammlung - angemeldet werde. Lediglich die Aktionäre, welche wissen, dass die Vorlage von Stimmrechtsvollmachten nach § 134 Abs. 3 AktG nicht befristet werden darf, können die Einladungsformulierung i. S. der Antragstellerin verstehen. Diese Kenntnis ist aber beim durchschnittlichen Aktionär nicht vorauszusetzen. Ein Verständnis i. S. der Antragstellerin erschließt sich für diesen nicht.

Auch ein vorrangiges Vollzugsinteresse der Antragstellerin kann hier nicht bejaht werden. Dieses vorrangiges Vollzugsinteresse setzt voraus, dass das alsbaldige Wirksamwerden der in der Hauptversammlung beschlossenen Maßnahme unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der von der Antragstellerin dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint. Die Eintragung soll nach dem Willen des Gesetzgebers, der in der Erläuterung der Regierungsbegründung zum UMAG zum Ausdruck kommt, auch dann möglich sein, wenn bei (wahrscheinlich) begründeter Anfechtungsklage die der Gesellschaft durch eine Versagung der Eintragung drohenden Nachteile den Schaden überwiegen, der dem Anfechtungskläger durch eine Eintragung entsteht (BT-Drucks. 15/5092, 29). Hierbei sind sowohl die wirtschaftlichen Gesichtspunkte als auch die geltend gemachten Rechtsverletzungen gegeneinander abzuwägen. Dabei ist auf der Seite der Anfechtungskläger die Schwere der von ihnen behaupteten und nicht offensichtlich unbegründeten Rechtsmängel ausschlaggebend. Für die übrigen Anteilseigner und die beteiligten Rechtsträger stehen die wirtschaftlichen Gesichtspunkte im Vordergrund (BT-Drucks. 12/6699, 89). In die Interessenabwägung sind ohne Beschränkung auf den Verzögerungsschaden auch die Nachteile einzubeziehen, die der Gesellschaft bei einem Erfolg der Anfechtungsklage entstehen (BT-Drucks. 15/5092, 29).

Zwar können danach schon allein wirtschaftliche Nachteile und ggf. steuerliche Nachteile, die bei Nichteintragung anfallen, grundsätzlich den Vorrang der Eintragungsinteressen rechtfertigen, wenn das Interesse an der Vermeidung der Nachteile die Vermögensinteressen der Antragsgegner, wegen deren sehr geringer Beteiligung, weitaus überwiegt (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss v. 2.2.2007 - 5 W 46/06 -). Das mitgliedschaftliche Bestandsinteresse der Kleinaktionäre, das von begrenzter Bedeutung ist, weil bei ihm letztlich die Vermögenskomponente im Vordergrund steht, hindert die Annahme vorrangiger, auch ökonomisch begründeter Interessen des Hauptaktionärs nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.1.2004, AG 2004, 207).

Ein sehr geringes ökonomisches Interesse des klagenden Kleinaktionärs kann im Vergleich zu erheblichen wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft im Einzelfall aber dadurch aufgewogen werden, dass der behauptete Rechtsverstoß wegen massiver Verletzung elementarer Aktionärsrechte so schwer wiegt, dass eine Bestandskraft des Beschlusses nicht erträglich wäre (BT-Drucks. 15/5092, 29). Die Interessenabwägung darf deshalb nicht dazu führen, dass die formellen und materiellen Aktionärsrechte im Ergebnis leer laufen (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 16.2.2007 € 5 W 43/06, AG 2007, 357; OLG Jena, Beschluss v. 12.10.2006 - 6 W 452/06, AG 2007, 31). Das in der Antragsschrift dargelegten wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Eintragung des streitgegenständlichen Beschlusses muss deshalb im vorliegenden Fall gegenüber dem von den Antragsgegnern geltend gemachten Rechtsverstoß zurücktreten, weil die Verletzung des Teilnahmerechts eine massive Verletzung ihrer Aktionärsrechte darstellt. Wäre dies zudem ausschlaggebend, wäre die Verletzung des Teilnahmerechts der Aktionäre im Ergebnis ohne Bedeutung (vgl. OLG Frankfurt am Mai, Beschluss v. 16.2.2007 € 5 W 43/06, AG 2007, 357). Die betreffenden Angaben in der Ladung sind geeignet, Aktionäre von der Teilnahme an der Hauptversammlung abzuhalten, weil sie sich gehindert gesehen haben könnten, z.B. bei kurzfristiger Verhinderung, den Bevollmächtigten nach den Vorgaben der Ladungsmitteilung einzureichen und deshalb der Hauptversammlung anzumelden, d.h. auf das dem Aktionär zustehende elementare Teilnahmerecht an der Hauptversammlung zu verzichten.

Ausweislich des Protokolls haben nicht alle Aktionäre an der Hauptversammlung teilgenommen. Aus welchen Gründen ist nicht bekannt. Die Nichtteilnahme einzelner Aktionäre infolge der unrichtigen Angaben zur Stimmrechtsvollmacht kann nicht ausgeschlossen werden. Mit dem vorliegenden Einberufungsmangel wird der Kerngehalt des Mitgliedschaftsrechts der Aktionäre verletzt. Der Antragstellerin ist daher unabhängig von den gegebenen Mehrheitsverhältnissen der Nachweis abgeschnitten, die Teilnahme aller Minderheitsaktionäre hätte die getroffenen Beschlüsse nicht beeinflussen können (vgl. OLG Düsseldorf, DB 1991, 1826).

Zwar ist der Antragsteller darin zuzustimmen, dass ein vorrangiges Vollzugsinteresse nicht wegen des In-Kraft-Tretens des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes und den damit der Antragstellerin eröffneten Möglichkeiten der Kapitalerhöhung verneint werden kann. Zum einen könnte eine Kapitalerhöhung allein nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz wegen der Beschränkungen des Art. 2 § 3 Abs. 1 und § 4 FMStG nicht ausreichend sein. Zum anderen hat die Verwaltung der Antragstellerin im Bedarfsfalle alle Optionen zu prüfen, um zum Wohle der Gesellschaft und ihrer Aktionäre den bestmöglichen Ertrag für die neu auszugebenden Aktien zu erzielen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine Platzierung der Aktien auf dem Kapitalmarkt zu günstigeren Konditionen durchführbar ist, als eine Ausgabe an den Finanzmarktstabilisierungsfonds, vgl. Art. 2 § 5 S. 2 FMStG. Es könnte eine derartige Kapitalerhöhung daher auch den Interessen der übrigen Aktionäre widersprechen, zumal auch ihr Anspruch auf Dividende hierdurch tangiert wird. Zudem wird derzeit in der Fachpresse auch diskutiert, ob die im FMStG geregelten Maßnahmen europarechtlich überhaupt statthaft sind.

Die Antragstellerin hat zudem nicht glaubhaft gemacht, dass sie die auf streitgegenständlichen Kapitalmaßnahmen dringend angewiesen ist. Sie hat lediglich ohne Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Organmitglieder und ohne Preisgabe von der Öffentlichkeit nicht zugänglicher Finanzinformationen unter Verweis auf veröffentlichte Kapitalmarktinformationen und Zeitungsartikel dargelegt, dass sie sowohl zur Sicherung ihrer Lebens- und Widerstandsfähigkeit als auch zur Finanzierung aktueller oder künftiger Akquisitionen der beschlossenen genehmigten und bedingten Kapitalia bedürfe. Zwar ist auch dem Gericht bekannt, dass derzeit eine Finanzmarktkrise und eine extreme Volatilität der Märkte und ein geschwundenes Vertrauen der Marktteilnehmer in die Solvenz von Banken besteht, doch muss sich die Antragstellerin hier das unwidersprochen gebliebene Vorbringen der Antragsgegner € was zudem gerichtskundig ist -, über die in der Öffentlichkeit abgegebenen optimistische Aussagen des Vorstandsvorsitzenden der Antragstellerin zu deren ausreichender Eigenkapitalausstattung entgegen halten lassen. Zwar geht auch die Kammer davon aus, dass nicht jede Vertrauensbekundung eines Bankvorstandes ein gewichtiger Indikator für die Beurteilung der Krisenfestigkeit einer Bank ist. So erklärte Alan Schwartz, der CEO der US Investmentbank Bear Stearns noch am 10.3.2008 in einer Pressemitteilung seines Unternehmens: "Bear Stearns' balance sheet, liquidity and capital remain strong." Eine Woche später musste Bear Stearns in einem Notverkauf vor der Insolvenz gerettet werden. Der CEO des Bankhauses Lehman Brothers, Richard S. Fuld, wurde in einer Unternehmenspressemitteilung vom 13. Dezember 2007 u.a. mit der Einschätzung zitiert: "Our global franchise and brand have never been stronger, and our record results for the year reflect the continued diversified growth of our businesses." Gut neun Monate später musste Lehman Brothers Insolvenz anmelden. Jedoch wird man in einem gerichtlichen Verfahren dann € wie vorliegend bei Bestreiten der Notwendigkeit wegen dieser Öffentlichkeitsäußerungen des Vorstandesvorsitzenden - verlangen müssen, dass die Gesellschaft, wenn sie ein vorrangiges Vollzugsinteresse an der Aufnahme neuer Kapitalia trotz einer nicht offensichtlich begründeten Beschlussmängelklage, die sich auf eine wesentliche Verletzung von Aktionärsrechen berufen kann, in anderer Weise das vorrangige Vollzugsinteresse glaubhaft macht als wie geschehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Wert für das Verfahren war auf ½ des Wertes der Hauptsache für die Antragstellerin anzusetzen, wobei in der Hauptsache die Kammer angesichts des Volumens der beschlossenen bedingten Kapitalerhöhung jeweils 1/2 des höchsten Regelstreitwert des § 247 AktG in Höhe von EUR 250.000,-- für angemessen erachtet.






LG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 17.12.2008
Az: 3-05 O 241/08, 3-5 O 241/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c570060f7293/LG-Frankfurt-am-Main_Beschluss_vom_17-Dezember-2008_Az_3-05-O-241-08-3-5-O-241-08




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