Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. November 2008
Aktenzeichen: 7 W (pat) 357/05
(BPatG: Beschluss v. 12.11.2008, Az.: 7 W (pat) 357/05)
Tenor
Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die Erteilung des Patents 103 10 066 mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Erkennen eines Hindernisses in dem Öffnungsbereich eines bewegbaren Schließelements" wurde am 17. Februar 2005 veröffentlicht. Am 17. Mai 2005 ging ein Einspruch der anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden "namens und im Auftrag der Firma G... Inc. S... D... in D1... in USA"
ein.
Mit Schriftsatz vom 22. März 2007 hat die Patentinhaberin dargelegt, sie habe auch unter Zuhilfenahme einer Wirtschaftsdatenbank und anderer Recherchenkeine Hinweise auf die vorgenannte Gesellschaft unter der Anschrift in Delaware und ihren gesetzlichen Vertreter erhalten. Daraufhin haben die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden Unterlagen über die Gründung der Gesellschaft ("certificate of incorporation") und Kopien von zwei nach ihren Angaben im Original in dem Verfahren 8 W (pat) 310/06 eingereichte, zahlreiche Verfahren betreffende schriftliche Vollmachten vorgelegt, in denen auch das Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens aufgeführt ist. Eine dieser Vollmachten enthält unter der maschinenschriftlich eingefügten Bezeichnung "G... Inc." eine Unter schrift, unter der handschriftlich "N... PRESIDENT" mit einem unleserlichen Zusatz eingefügt ist, die andere enthält eine Unterschrift, unter der ebenfalls handschriftlich eingefügt ist "P... 11-06-07". Außerdem haben die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden Kopien von Schriftstücken eingereicht, die überschrieben sind mit
"G... INC. Unanimous Written Consent of the Board of Directors In Lieu of Meeting June 6, 2007"
und in denen nach dem Inhalt der Urkunde bestellt wurden
"N... President G... Treasurer and Secretary P... Vice President."
Eine dieser Kopien trägt eine Unterschrift, die ausweislich des darunter stehenden maschinenschriftlichen Textes von "W..., Director" stammt, die andere eine solche von "P1..., Director". Der Text der Schriftstücke ist mit dem Satz eingeleitet: "The undersigned, being the all of the members of the Board of Directors of G... INC."
Mit Schriftsatz vom 25. April 2008 haben die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden weiterhin mitgeteilt, die Bezeichnung der Einsprechenden habe sich in "H..., Inc." geändert und ein "Certificate of Amendment", das die Unterschrift eines Herrn "R..., President" enthält, und eine Bestätigung des Secretary of State von Delaware vorgelegt.
Die Patentinhaberin ist der Ansicht, das Vorbringen der Einsprechenden und die von ihr vorgelegten Unterlagen reichten nicht aus, die Legitimation der für die G... Inc. handelnden Personen und damit auch die Bevollmächtigung der anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden lückenlos nachzuweisen. Zur Unterstützung ihrer Auffassung hat sie eine Kopie eines entsprechenden Hinweises des 9. Senats des Bundespatentgerichts vom 31. März 2008 in dem zu diesem Zeitpunkt zwischen denselben Beteiligten anhängigen Verfahren 9 W (pat) 345/05 vorgelegt. Überdies sei nicht erwiesen, dass es sich bei den Herren N... und P... tatsächlich um den Präsidenten und Vizepräsidenten und bei den Herren W... und P1... tatsächlich um Aufsichtsräte der Einsprechenden gehandelt habe.
Die Patentinhaberin beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.
Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.
Den ursprünglich enthaltenen Antrag auf hilfsweise Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat sie zurückgenommen.
Beide Beteiligte haben Ausführungen zur Frage der Patentfähigkeit gemacht.
II.
Der Einspruch war als unzulässig zu verwerfen, weil die Inlandsvertreter der Einsprechenden nicht gemäß § 25 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 PatG ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung dargelegt und nachgewiesen haben, nachdem die Patentinhaberin den Mangel der Vollmacht gerügt hatte.
Der Vollmachtsnachweis ist dabei in der Weise zu führen, dass die Vertretungsmacht bis auf die Einsprechende zurückgeführt werden kann (OLGR Saarbrücken 2008, 641-643). Ist die Vollmacht von einem Vertreter einer Partei unterzeichnet worden, so ist der Nachweis der Vertretungsmacht dieses Vertreters Teil des Nachweises der Vollmacht (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Auflage 2004, § 80 Rdn. 27). Die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden haben indessen weder einen Nachweis dafür erbracht, dass die Personen, die die in Kopie eingereichten Vollmachtsurkunden unterzeichnet haben, selbst von den hierfür zuständigen Vertretern der Gesellschaft wirksam bevollmächtigt waren, noch haben sie belegt, dass die Einlegung des Einspruchs zu einem noch späteren Zeitpunkt genehmigt worden ist.
Aus den von der Einsprechenden in Kopie vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass aufgrund eines einstimmigen schriftlichen Beschlusses eines "Board of Directors" vom 6. Juni 2007, unterzeichnet von "W..., Director" undvon "P1..., Director", die Herren N... und P... als President und Vice President der G... Inc. bestellt worden sind, unddass die letztgenannten Personen die im Original in dem Verfahren 8 W (pat) 310/06 vorgelegten Vollmachten der anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden unterzeichnet haben. Die Vertretungsmacht der für eine nach den Vorschriften des Delaware General Corporation Law errichteten Gesellschaft richtet sich grundsätzlich nach dem entsprechenden amerikanischen Recht (siehe auch BGH NJW 1990, 3088). Im Regelfall steht den Mitgliedern des "Board of Directors" einer solchen Gesellschaft nach Section 141 des Delaware General Corporation Law Gesamtvertretungsmacht zu, und sie sind auch im Rahmen dieser Gesamtvertretungsmacht befugt, gemeinschaftlich den Präsidenten und Vizepräsidenten als mit der Führung der laufenden Geschäfte beauftragte "executive officers" zu ernennen. Weiterhin kann der Präsident einer solchen Gesellschaft diese üblicherweise im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsgangs vertreten (vgl. Report 2001/4 des Deutschen Notariatsinstituts "USA/Delaware; Vertretung einer corporation" vom Februar 2001 m. w. N.). Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Präsident von den hierzu ermächtigten Vertretern der Gesellschaft wirksam bestellt worden ist, was die Patentinhaberin bestritten hat.
Die in Form von Kopien vorgelegten Unterlagen über die Entscheidung des "Board of Directors" vom 6. Juni 2007 reichen für sich allein als Nachweis der Vertretungsmacht der Direktoren zur Bestellung des Präsidenten nicht aus. Vielmehr hätte substantiiert dargelegt und belegt werden müssen, dass die Herren W... und P1... ihrerseits von den hierzu ermächtigten Vertretern der Gesellschaft als Mitglieder des "Board of Directors" bestellt worden waren.
Der Wortlaut des "certificate of incorporation" gibt keine Hinweise auf die Bestellung der Herren W... und P1... als Mitglieder des "Board of Directors". Die Einsprechende hat auch nichts vorgetragen, was darauf schließen lässt, dass die Direktoren W... und P1... nach Sections 107 und 108 des Delaware General Corporation Law und dem Gesellschaftsstatut von dem Gründer ("incorporator") oder von den von diesem bestellten "initial directors" oder zu einem späteren Zeitpunkt von hierfür zuständigen Vertretern der Einsprechenden wirksam bestellt und zur Ernennung der "executive officers" der Gesellschaft ermächtigt worden sind. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob ein entsprechender Sachvortrag mit einer eidesstattlichen Versicherung oder "affidavit" (BGH NJW 1992, 627, 628) zum Nachweis der Vertretungsmacht ausgereicht hätte.
Schließlich ist auch weder vorgetragen noch aus dem von dem Präsidenten der H... Inc. am 14. Januar 2008 unterzeichneten Schriftstück über die Änderung der Bezeichnung der Einsprechenden ersichtlich, dass die Einlegung des Einspruchs nachträglich genehmigt worden wäre.
Nachdem die Frage der wirksamen Bevollmächtigung zwischen den Beteiligten in mehreren Verfahren kontrovers diskutiert und die Einsprechende auch durch das in Kopie eingereichte Schreiben des 9. Senats in dem Verfahren 9 W (pat) 345/05 auf die Notwendigkeit ergänzenden Vorbringens und weiterer Belege hingewiesen worden ist, bestand keine Veranlassung, den Vertretern der Einsprechenden auch in diesem Verfahren ausdrücklich nahezulegen, eine ergänzende Stellungnahme abzugeben und weitere Unterlagen vorzulegen.
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BPatG:
Beschluss v. 12.11.2008
Az: 7 W (pat) 357/05
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