Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 4. März 1998
Aktenzeichen: 8 UE 1136/96
(Hessischer VGH: Urteil v. 04.03.1998, Az.: 8 UE 1136/96)
Tatbestand
Der Kläger will erreichen, daß die Führung des von ihm an der "Universidad Catolica de Cuenca", Ecuador, im folgenden "UCC" genannt, erlangten akademischen Grades eines "Doctor en Jurisprudencia" - möglichst in einer entsprechenden deutschen Form - genehmigt wird.
Er studierte von 1964 bis 1969 Rechtswissenschaften, bestand 1969 die erste und 1973 die zweite juristische Staatsprüfung jeweils mit der Gesamtnote "gut" und ist seitdem als Rechtsanwalt und ab 1978 außerdem als Notar tätig.
Nach seinen Angaben kam er bei Reisen nach Südamerika, die er mit Mandanten unternahm, mit dortigen Rechtsanwälten und Notaren in Kontakt. Einer dieser Kollegen vermittelte eine Verbindung zur UCC. Die UCC ist eine 1970 gegründete, private, staatlich anerkannte Hochschule. Sie ist Mitglied im internationalen Hochschulverband, der Union der lateinamerikanischen Universitäten sowie der Interamerikanischen Universitätsorganisation. Aufgrund eines Gesprächs, das Anfang 1989 in Deutschland zwischen dem Kläger und dem Rektor der UCC stattfand, eröffnete die UCC dem Kläger die Möglichkeit der Promotion. Daraufhin begann der Kläger mit seiner Dissertation. Er arbeitete in den Abendstunden und an den freien Mittwochnachmittagen in der Frankfurter Universitätsbibliothek und reichte Ende 1989 das fertige Manuskript der Arbeit, die den Titel "Das Widerstandsrecht des Einzelnen gegen die Staatsgewalt im Liberalismus - Darstellung und Vergleich der Auffassungen Friedrich Christoph Dahlmanns und Karl von Rottecks mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland -" trägt, bei der UCC ein. Sodann wurde er aufgefordert, sich für das Studienjahr 1989/90 bei der UCC einzuschreiben, was auch geschah. Im Februar 1990 reiste er nach Ecuador, zahlte am 12. Februar 1990 an der Universitätskasse für Prüfungsgebühren und Dolmetscherkosten insgesamt rund 3.000, -- US-Dollar und absolvierte am selben Tag die Disputation seiner Dissertation. Bei der Disputation waren der Dekan der Fakultät Rechts- und Sozialwissenschaften, einige Herren des Lehrkörpers, der Rektor und ein Dolmetscher anwesend. Die Disputation fand in englischer Sprache statt. Der Dolmetscher stand für den Fall zur Verfügung, daß die englischen Sprachkenntnisse des Dekans zur Weiterführung des Gesprächs nicht ausreichten. Im Rahmen einer akademischen Feier am 14. Februar 1990 wurde dem Kläger eine Urkunde über die Erlangung des Titels "DOCTOR EN JURISPRUDENCIA" ausgehändigt.
Mit Formularantrag vom 27. März 1990 beantragte der Kläger bei dem Beklagten, ihm, dem Kläger, die Genehmigung zur Führung seines an der UCC in Ecuador erworbenen akademischen Grades eines "Doctor en Jurisprudencia", deutsch "Doktor der Rechte", zu erteilen. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens legte der Kläger ein Druckexemplar seiner Dissertation und eine Bescheinigung der UCC vom 2. Januar 1992 vor, in der bestätigt wird, daß sein Studienabschlußexamen (erste juristische Staatsprüfung) einem Studienabschluß mit der Note ausgezeichnet an der UCC gleichgeachtet worden und vom Rektorat als Bedingung zur Promotion in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Fakultät der Rechtswissenschaften dieser höheren Studienanstalt anerkannt worden sei.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 31. August 1992 unter Fristsetzung bis zum 15. September 1992 die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides verlangt hatte, hat er am 21. September 1992 Klage erhoben und vorgetragen, alle gesetzlichen Voraussetzungen für die angestrebte Führung des Titels seien erfüllt. Daß die UCC eine anerkannte wissenschaftliche Hochschule sei, werde vom Beklagten nicht bestritten. Auch seien das Promotionsverfahren an der UCC und die Voraussetzungen zur Annahme als Doktorand denjenigen deutscher Universitäten vergleichbar. Das Promotionsverfahren des Klägers weise keine Unregelmäßigkeiten - etwa im Sinne des Titelkaufs - auf. Die Dissertation sei nicht "allenfalls oberflächlich" geprüft worden. Vielmehr sei sie ausführlich begutachtet und für qualifiziert gehalten worden. Auch in Deutschland werde nicht verlangt, daß Studium und Promotion an derselben Universität stattfänden. Das von dem Beklagten angesprochene "Promotionsstudium" gebe es an der Universität Frankfurt am Main ebenfalls nicht.
Der Beklagte ist dem Vortrag des Klägers entgegengetreten und hat insbesondere ausgeführt, es sprächen alle Anzeichen dafür, daß der Grad "vermittelt" worden sei. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Quito habe gegenüber der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen bestätigt, daß ihr Informationen über den Titelhandel vorlägen. Selbst wenn eine Doktorarbeit vorgelegt werde, finde allenfalls eine oberflächliche Prüfung statt. Mit einem Promotionsverfahren im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes sei das in Cuenca praktizierte Verfahren nicht zu vergleichen. Ob der Kläger in Ecuador als Rechtsanwalt zugelassen sei oder nicht, sei völlig unerheblich für die Beantwortung der Frage, ob der Doktorgrad rechtmäßig erworben oder gekauft worden sei. Es sei schlecht vorstellbar, daß das im Falle des Klägers durchgeführte Verfahren das reguläre Promotionsverfahren an der UCC darstelle. Auch als Ersatz für ein sechsjähriges Studium und Doktorarbeit könne es nicht angesehen werden. Parallelen zu einem Promotionsstudium an einer deutschen Hochschule ließen sich nicht erkennen.
Anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger u.a. ausgeführt, er gehe davon aus, daß kaum Literatur in Ecuador vorhanden sei, die sein Dissertationsthema beträfe, und daß seine Dissertation aus sich heraus verständlich gewesen sei, so daß es keiner Quellen bedurft habe. Die Originalarbeit habe er nicht mehr zurückbekommen. Er habe sie auch nicht in korrigierter Form gesehen. Ihm sei gesagt worden, er solle sie unverändert binden lassen. Der Dekan habe der Juristischen Fakultät angehört. Eine strenge Aufteilung, welches Rechtsgebiet jeder der Professoren vertrete, gebe es dort nicht. Die Professuren hätten Bezeichnungen, die unseren Institutsbezeichnungen vergleichbar seien. Ihm, dem Kläger, sei nicht bekannt, ob es ein Institut für vergleichendes Recht gebe.
Mit Urteil vom 28. November 1995 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar sei der Kläger Inhaber eines ausländischen Grades gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade - GFaG - in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade - 2. DVO-GFaG -.
Dieser akademische Grad sei aber den an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworbenen Doktorgraden materiell nicht gleichwertig, sondern von geringerem Wert. Werde an der Hochschule ein bestimmtes Fachgebiet nicht gelehrt und seien demnach bei der Hochschule keine Fachleute für dieses Fachgebiet beschäftigt, fehle es an der Möglichkeit beurteilen zu können, ob eine Leistung wissenschaftlichen Wert habe. Diese Möglichkeit müsse jedoch vorausgesetzt werden, wenn darüber entschieden werden solle, ob wissenschaftliche Leistungen mit einem zur Verleihung einer Doktorwürde ausreichenden fachlichen Niveau vorlägen. Der Kläger, dem insoweit die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen obliege, habe nicht nachgewiesen, daß die Verleihungskonzeption der UCC diesen Anforderungen genüge. Es seien die in der Abschlußprüfung zu erbringenden Leistungen nach ihrer typischerweise erwarteten wissenschaftlichen Bedeutung und dem für sie im allgemeinen erforderlichen Zeit- und Arbeitsaufwand einander gegenüber zu stellen. Hierbei falle auf, daß der Kläger für die Anfertigung seiner Dissertation lediglich ca. ein dreiviertel Jahr aufgewandt habe, wobei er die Arbeit zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in den Abendstunden und Mittwoch nachmittags geschrieben habe. Eine Gleichwertigkeit bestehe auch nicht hinsichtlich der "Qualitätskontrolle" der Dissertation. Während an deutschen Universitäten ein Prüfungsausschuß (vgl. § 61 Abs. 5 HHG) die wissenschaftliche Arbeit begutachte, habe es an der UCC ein solches Gutachten offenbar überhaupt nicht gegeben. Selbst wenn die Dissertation begutachtet worden sei, zweifele die Kammer daran, daß sich "Fachleute" über die wissenschaftliche Qualität der Arbeit ein umfassendes Bild hätten machen können. Ob es dem Kläger gelungen sei, sich mit möglichst allen oder wenigstens den wichtigsten anderen Auffassungen oder Theorien zum Thema auseinander zu setzen und zu den verschiedenen Ansichten Stellung zu nehmen, könne ein Gutachter nicht beurteilen, dem mangels Literatur diese Auffassungen nicht bekannt seien. Auch könne er nicht erkennen, ob die Dissertation einen Beitrag zum Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis liefere. Wie der Kläger selbst angegeben habe, gebe es an der Juristischen Fakultät der UCC keinen Lehrstuhl für Deutsches Recht, schon gar nicht für Deutsche Rechtsgeschichte, in deren Bereich das Dissertationsthema im wesentlichen angesiedelt sei. Gleiches gelte für die Disputation. Eine "öffentliche Verteidigung" der Dissertation setze einen qualifizierten "Angriff" in Form von Fragen, Vorhalten etc. voraus, der ebenfalls nur von Fachleuten ausgehen könne.
Auch die Hilfsanträge zu 2) bis 5), mit denen der Kläger die Genehmigung zum Führen seines Titels in der Ursprungsform sowie in abgekürzter Form, jeweils einschließlich auf das Herkunftsland oder die verleihende Institution hinweisender Zusätze begehre, seien als unbegründet abzuweisen. Es bestehe die Gefahr, daß der geringwertigere ausländische Grad ungeachtet der ausländischen Form mit einem entsprechenden inländischen Grad verwechselt werde. Verwechslungsgefahr liege auch dann vor, wenn dem ausländischen Grad die Angabe der verleihenden ausländischen Institution bzw. des Herkunftsstaates beigefügt werde.
Der Hilfsantrag zu 6) sei unbegründet, weil ein Bescheidungsurteil nicht in Betracht komme. Dem Beklagten stehe bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung kein Ermessen zu, so daß die Sache spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO sei.
Gegen das am 1. März 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. März 1996 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, in Wahrheit befasse sich das Urteil mit der Qualität der Dissertation. Es entspreche feststehender langjähriger Rechtsprechung, daß die Qualität der Doktorarbeit - und gleiches müsse dann auch für die Disputation gelten - von den Anerkennungsbehörden und somit auch von den Gerichten nicht nachzuprüfen sei. Es sei kein schlagkräftiges Argument, im angegriffenen Urteil die Dissertation des Klägers schon damit abzuqualifizieren, daß der Kläger sich nicht jahrelang deren Anfertigung gewidmet habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß Schnelligkeit und Qualität kein Widerspruch sein müßten, zumal der Kläger durch die Noten seiner beiden juristischen Examina nachgewiesen habe, zu den Juristen zu gehören, deren Befähigung absolut im oberen Bereich anzusiedeln sei. Auch könne ein Rechtsanwalt und Notar mit etwa zwanzigjähriger Praxis schneller als ein Berufsanfänger arbeiten. Um solche handele es sich bei den durchschnittlichen Doktoranden in der Bundesrepublik sicherlich. Das Verwaltungsgericht habe unter Bezugnahme auf die allgemeine Studienordnung der UCC ausgeführt, der Umfang der Arbeit mit etwa 107 Seiten zeige, daß die Dissertation des Klägers gleichsam nicht ernst zu nehmen sei. Dem werde entgegengehalten, daß die Allgemeine Studienordnung erst 1991 in Kraft getreten sei und somit für das Promotionsverfahren des Klägers keine Rolle gespielt haben könne. Auch könne es kein gutes Argument sein, vom bloßen Umfang auf die Qualität des Inhalts zu schließen. Im übrigen existierten auch in Deutschland Dissertationen, die diesen Umfang nicht oder nur unwesentlich überschritten. Allein Dissertationen, die etwa 20 oder 30 Jahre alt seien, zeigten, daß etwa 100 Seiten durchaus üblich gewesen seien. Dies gelte aber auch für die jüngste Zeit. Insoweit verweist der Kläger auf eine Dissertation an der Universität Hannover aus dem Jahre 1994, die mit 108 Seiten im Umfang mit seiner vergleichbar sei. Er verweist in diesem Zusammenhang weiter auf die NJW-Dokumentation "Bücherschau", in der mehrere Dissertationen der Jahre 1994 und 1995 genannt sind, die sogar weniger Seiten aufweisen. Im übrigen trägt er vor, der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der UCC habe sich die Dissertation des Klägers übersetzen lassen und sich eingehend mit ihr beschäftigt. Dies bedeute, "daß er gleichsam als Gutachter tätig geworden" sei. Dies müsse zur Vergleichbarkeit genügen. Die Begutachtung von Doktorarbeiten wie auch die Verleihung der Doktorgrade insgesamt seien in den Promotionsordnungen unterschiedlich ausgestaltet. Es gehe nicht an, hier nur die Promotionsordnung einer einzelnen Universität oder das Hochschulgesetz eines einzelnen Bundeslandes heranzuziehen. Nach § 26 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes gebe es in Niedersachsen gar keine Regeln für die mündliche Prüfung. Es bestünden auch keine Regelungen für die Begutachtung der Doktorarbeit. Es sei daher nicht richtig, das Verfahren der UCC lediglich an hessischen Gegebenheiten zu messen. Der Kläger hält auch das Argument, die Professoren der UCC hätten mangels Literatur keine Möglichkeit gehabt, als "Fachleute" die Dissertation des Klägers zu überprüfen, für nicht zugkräftig und führt dazu aus, es handele sich - von Ecuador aus gesehen - um ausländisches Recht. Auch an deutschen Universitäten würden Doktortitel aufgrund von Dissertationen verliehen, die ausländisches Recht zum Gegenstand hätten. Er, der Kläger, könne sich nicht vorstellen, daß an den verleihenden Universitäten umfangreiche juristische Literatur über die betreffenden ausländischen Rechtsordnungen vorhanden sei, etwa an der Universität Bayreuth Lehrbücher und Entscheidungssammlungen über das Recht des Staates Benin. Vielmehr sei es auch bei diesen deutschen Dissertationen jeweils dem Doktoranden überlassen gewesen, Gesetze und Literatur zu beschaffen und zu verwerten. Hinsichtlich der Disputation habe er in der mündlichen Verhandlung die dazu gestellten Fragen beantwortet. Wenn daraus gefolgert werde, daß alles, was vom Kläger nicht erfragt worden sei, auch tatsächlich nicht angesprochen worden sei, so sei diese Schlußfolgerung nicht nachvollziehbar. Im übrigen sei kein Fall bekannt, in dem ein Doktorand in der Bundesrepublik die Disputation nicht bestehe. Sie scheine heute kein wesentlicher Teil des Verfahrens mehr zu sein. Da die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale für die Verleihung eines Doktortitels selbst an den Universitäten der Länder, deren Doktortitel aufgrund allgemeiner Genehmigung und/ oder zwischenstaatlicher Abkommen in Deutschland geführt werden dürften, nie vorlägen, sei grundsätzlich bei ausländischen akademischen Graden eine Herkunftsbezeichnung beizufügen. Dies genüge dann aber auch, um dem Schutzzweck des GFaG gerecht zu werden. Die Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zur Gültigkeit des § 2 Abs. 2 der 2. DVO-GFaG werde für nicht stichhaltig gehalten. Da den klägerischen Anträgen auch teilweise stattgegeben werden könne, sei das Verwaltungsgericht nicht gehindert gewesen, etwa die Titelführung "Doctor en Jurisprudencia (Ecuador)" zuzusprechen. Eine Verwechslungsgefahr gehe von der Führung dieses Titels nicht aus.
Im Urteil des Verwaltungsgerichts werde auf die Stellungnahmen der Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen und einen dort vorliegenden "streng vertraulichen Bericht" Bezug genommen. Insoweit verweist der Kläger auf seinen Schriftsatz vom 11. August 1994, in dem er u.a. ausgeführt hat, endlich werde auch von Seiten des Beklagten eingeräumt, daß der Titel, so wie er ihm, dem Kläger, verliehen worden sei, die übliche Form des Titels an der UCC sei. Wenn schon der übliche Wortlaut des Titels der Zentralstelle nicht bekannt sei, seien Zweifel an der Qualität auch der übrigen Mitteilungen der Zentralstelle und des Beklagten angebracht. Dies gelte insbesondere zu den Darlegungen betreffend einen Titelhandel. Was den streng vertraulichen Bericht angeht, so nimmt der Kläger weiter Bezug auf seine Ausführungen im Schriftsatz vom 6. Januar 1994, wo er u.a. sinngemäß ausgeführt hat, der Verdacht, die UCC verkaufe Doktortitel, sei unhaltbar. Im übrigen gehe es hier nicht darum, ob - was ebenfalls bestritten werde - die UCC irgend wann einmal einen Titel verliehen habe, der bei der Anwendung der Verleihungspraxis in der Bundesrepublik Deutschland in dieser Form nicht verliehen worden wäre. Vielmehr gehe es allein darum, ob der dem Kläger verliehene Titel und dessen Verleihungspraxis mit dem entsprechenden Titel der Bundesrepublik Deutschland und der diesbezüglichen Verleihungspraxis vergleichbar seien.
Das Verwaltungsgericht habe auch die Bestimmungen des deutsch-ecuadorianischen Kulturabkommens vom 13. März 1969 zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf seinen Schriftsatz vom 11. August 1994, in dem er dazu ausgeführt hat, die UCC habe, als sie die bisherigen Studien des Klägers in Deutschland und in der Schweiz als genügende Voraussetzungen für die Zulassung als Doktorand betrachtet habe, auch dieses Kulturabkommen beachtet und mit Leben erfüllt.
Unberücksichtigt geblieben sei auch der urkundlich belegte Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 17. August 1993 betreffend seine Mitgliedschaft in der für Cuenca/Ecuador zuständigen Anwaltskammer. Dort hatte er u.a. ausgeführt, es sei nicht vorstellbar, daß sämtliche von ihm genannten hochstehenden Persönlichkeiten an einer Farce mitwirkten, nämlich der Verleihung eines Doktortitels gegen Geldzahlung und auch noch dazu an der Aufnahme des Klägers in die für Cuenca/Ecuador zuständige Rechtsanwaltskammer.
Nach den Gründen des angegriffenen Urteils sei die Beweisaufnahme vor dem VG Wiesbaden - mit der Gebührenfolge des § 13 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO belastet - durch den Beschluß vom 7. März 1994 nicht erklärbar.
Allen bekannten Entscheidungen, bei denen die Führung des ausländischen akademischen Grades verweigert worden sei, hätten Sachverhalte zugrunde gelegen, die mit dem vorliegenden nicht vergleichbar seien. In der Regel habe noch nicht einmal eine Dissertation vorgelegt werden können und/oder es habe sich um Universitäten gehandelt, die keine anerkannten Bildungseinrichtungen gewesen seien.
Im übrigen hat der Kläger in den Schriftsätzen vom 17. und 19. Februar 1998 seinen Vortrag ergänzt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Schriftsätze Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 28. November 1995
1. den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doktor der Rechte" - abgekürzt: "Dr. iur.", hilfsweise "Dr. jur." zu gestatten;
2.hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doktor der Rechte" - abgekürzt: "Dr. iur.", hilfsweise "Dr. jur." - unter Hinzufügung der Herkunftsbezeichnung "(EC)" zu gestatten;3.abermals hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doktor der Rechte" - abgekürzt "Dr. iur.", hilfsweise "Dr. jur." - unter Hinzufügung der Herkunftsbezeichnung "(Ecuador)" zu gestatten;4.abermals hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doktor der Rechte" - abgekürzt "Dr. iur.", hilfsweise "Dr. jur." - unter Hinzufügung der Herkunftsbezeichnung "(Universidad Catolica de Cuenca/Ecuador)" zu gestatten;5.abermals hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doctor en Jurisprudencia" - abgekürzt "Dr. iur.", hilfsweise "Dr. jur." - unter Hinzufügung der Herkunftsbezeichnung "(EC)", hilfsweise "(Ecuador)", hilfsweise "(Universidad Catolica de Cuenca/Ecuador)" zu gestatten;6.abermals hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Führung des Titels "Doctor en Jurisprudencia" unter Hinzufügung der Herkunftsbezeichnung "(EC)", hilfsweise "(Ecuador)", hilfsweise "(Universidad Catolica de Cuenca/Ecuador)" zu gestatten;7.abermals hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 27. März 1990 auf Führung des von ihm am 14. Februar 1990 an der Universidad Catolica de Cuenca (Ecuador) erworbenen Titels unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt vor, der Doktorgrad der UCC sei den an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworbenen Doktorgraden materiell nicht gleichwertig, sondern von geringerem Wert. Der ecuadorianische Grad sei auch nicht unter Bedingungen erworben worden, die denen im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes vergleichbar wären. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verleihungskonzeption und damit an der Vergleichbarkeit der UCC mit einer hiesigen Hochschule. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes könnten an der ecuadorianischen Hochschule zwar akademische Grade nach erfolgreichem Studienabschluß erworben werden. Die UCC verkaufe aber leider auch Doktorgrade im Zusammenhang mit ihrem Repräsentanten K., wobei in der Regel sogar eine Doktorarbeit vorgelegt werde, die jedoch allenfalls einer oberflächlichen Prüfung unterzogen werde. Eine derartige Verfahrensweise, bei der Geldzahlungen (Spenden) entweder allein- oder zumindest mitursächlich für die Verleihung eines Doktorgrades seien und wissenschaftliche Leistungen in den Hintergrund träten, fördere nicht das Vertrauen in die Verleihungskompetenz und die Seriosität des Graderwerbs an der UCC. Im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof und die Bestätigung durch das Bundesverwaltungsgericht erscheine die Zurückweisung der Berufung geboten.
Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) sowie - vom Kläger eingereicht - 1 Druckexemplar der Dissertation "Das Widerstandsrecht ...", das mit Schriftsatz vom 22. April 1993 übersandte Jahrbuch der Studentenorganisation der UCC für das Studienjahr 1989/90, ein Heft Anlagen K 52 und K 53 (Broschüre "Anerkennung ausländischer Studienleistungen und ausländischer Hochschulabschlüsse", herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Bonn 1993, sowie ein Abdruck des Kulturabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador) und die Anlagen A 1 und A 2 (Reglamento General de Estudiantes der UCC 1991 und ein Exemplar der Schrift "Amtliche Auskunft und Behördengutachten im Zivilprozeß" von Lutz Sonnemann) haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgenannten Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß erhoben worden.
Sie ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hat weder einen Anspruch auf Führung des von ihm erworbenen Titels ohne Herkunftsbezeichnung noch mit Herkunftsbezeichnung; auch die Neubescheidung kann er nicht verlangen.
Dies folgt aus § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939 - GFaG - (RGBl. I S. 589) in Verbindung mit der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Führung akademischer Grade vom 17. Februar 1981 - 2. DVO-GFaG - (GVBl. I S. 63). § 2 Abs. 1 GFaG gilt als Landesrecht fort, denn die Vorschrift ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. Hess.VGH, Beschluß vom 20. Dezember 1988 - 6 UE 387/86 - KMK-HSchR 1989, 319 m.w.N., Urteile vom 7. März 1991 - 6 UE 2988/89 - ESVGH 41, 209 ff., - 6 UE 2525/89 - S. 7 des amtlichen Umdrucks, 16. Mai 1991 - 6 UE 550/88 - ESVGH 41, 260 ff., 14. April 1993 - 6 UE 427/91 - Seite 8 des amtlichen Umdrucks, und vom 23. Februar 1995 - 6 UE 1549/93 - Seite 7 des amtlichen Umdrucks).
Der Antrag zu 1. - Haupt- und Hilfsantrag - hat keinen Erfolg. Nach § 2 Abs. 1 der 2. DVO-GFaG erhalten Inhaber eines ausländischen Grades nach § 1 Abs. 1, dessen zugrundeliegender Abschluß dem an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes materiell gleichwertig ist und für den es einen gleichartigen deutschen akademischen Grad gibt, auf Antrag die Genehmigung, ihren ausländischen Grad in der Form des entsprechenden deutschen akademischen Grades zu führen. Nicht alle Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Allerdings ist der Kläger Inhaber eines ausländischen Grades nach § 1 der 2. DVO-GFaG. Die UCC ist eine in Ecuador staatlich anerkannte Hochschule, wie sich dem Gutachten der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom 6. Juni 1991 (Bl. 28 des Verwaltungsvorgangs) entnehmen läßt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Dem Kläger ist der akademische Grad aufgrund einer Prüfung von der UCC durch Verleihungsakt zuerkannt worden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 der 2. DVO-GFaG). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im dritten Absatz auf Seite 8 im Abdruck des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Der dem Kläger von der UCC in Ecuador verliehene akademische Grad ist jedoch dem an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes materiell nicht gleichwertig, sondern - wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat - von geringerem Wert (vgl. zu den genannten Voraussetzungen § 2 Abs. 1 der 2. DVO-GFaG), weil die UCC keine Prüfung durchgeführt hat, die den in Deutschland allgemein geltenden Prüfungsgrundsätzen entspricht.
Zwar hat sich die ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie am Kriterium der "Vergleichbarkeit der verleihenden Institutionen" mit den deutschen Hochschulen orientiert (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Juni 1967 - 7 C 20.66 - BVerwGE 27, 222 f., 225, 19. November 1991 - 7 C 31.70 - BVerwGE 39, 77 ff., 79, 25. August 1993 - 6 C 4.91 - BVerwGE 94, 73 ff., 75/76 = NVwZ 1994, 167, Beschluß vom 18. Juni 1987 - 7 B 121.87 - Buchholz 421.11 § 2 GFaG Nr. 9). Die Vergleichbarkeit der Institutionen indiziert nach dieser Rechtsprechung ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Wertigkeit. Gegebenenfalls konnte daher der Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr für die generelle Genehmigungsfähigkeit keine Rolle mehr spielen, sondern nur für die Frage, in welcher Form - mit oder ohne Herkunftszusatz - die Führung des Grades zu genehmigen sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 1993, a.a.O., Seite 76 m.w.N.).
Der 6. Senat des Hess.VGH hat allerdings darüber hinausgehend bereits in seinen beiden Urteilen vom 7. März 1991 (- 6 UE 2988/89 - ESVGH 41, 209 ff., 215 f., und 6 UE 2525/89 - nicht veröffentlicht) auf den Schutzzweck des § 2 Abs. 1 GFaG abgestellt und dazu ausgeführt, eine Verwechslung geringerwertiger ausländischer mit deutschen Graden und eine Irreführung im Rechtsverkehr solle vermieden werden. Es solle verhindert werden, daß die rechtliche Position, die ein deutscher akademischer Grad vermittele, durch die Benutzung gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen, deren Erwerb aber nicht an gleichwertige wissenschaftliche Qualifikationen geknüpft ist, entwertet werde; die Allgemeinheit solle die Gewißheit haben, daß auch der Träger eines ausländischen akademischen Grades diesen unter Voraussetzungen erworben habe, die denen im Inland vergleichbar seien. Daran hält auch der nunmehr zuständige 8. Senat des Hess.VGH fest. Die zitierten Ausführungen gelten nicht nur bei der Prüfung eines Anspruchs auf Führung eines Ehrendoktorgrades, sondern auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um die Führungsgenehmigung für einen nicht ehrenhalber, sondern aufgrund der Anfertigung einer Dissertation in Verbindung mit der Absolvierung einer mündlichen Disputation verliehenen Doktorgrad geht.
Fehlt die Vergleichbarkeit der verleihenden Institution, läßt dieses Indiz mit hinreichender Sicherheit auf die fehlende materielle Vergleichbarkeit schließen. Es ist aber nicht zwingend geboten, auch nicht durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, allein dieses eine Indiz ausschlaggebend sein zu lassen. Auf eine fehlende materielle Vergleichbarkeit läßt beispielsweise auch schließen, wenn ohne weiteres anzunehmen ist, daß die Verleihung des Grades als Teil des Erwerbsvorgangs im Sinne von § 2 Abs. 1 GFaG nicht auf der wissenschaftlichen Kompetenz der den Grad verleihenden Institution gründet (BVerwG, Urteil vom 25. August 1993, a.a.O., Seite 79 f.). Letzteres kann namentlich dann der Fall sein, wenn das Fachgebiet, für das der Grad Leistungen ausweisen soll, an der Institution überhaupt nicht vertreten ist (BVerwG, Urteil vom 25. August 1993, a.a.O., Seite 80). Wissenschaftliche Leistungen können nur von Fachleuten beurteilt werden. Es entspricht dem Wesen von Prüfungen und ist auch im Hinblick auf die Chancengleichheit geboten, daß Prüfungsleistungen nur von Prüfern beurteilt werden, deren fachliche Qualifikation sie befähigt, die Prüfungsleistung eigenverantwortlich zu bewerten (BVerwG, U. 22.02.1974 - VII C 9.71 - BVerwGE 45, 39, 48 ff.; Niehues, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 1994, Rdnr. 174). Dementsprechend setzt § 15 Abs. 4 Satz 2 Hochschulrahmengesetz - HRG - bei Prüfern eine Qualifikation voraus, die mindestens der durch die Prüfung festzustellenden entspricht. Das gilt auch fachrichtungsbezogen, denn wenn es um eine rechtsgeschichtliche Prüfung geht, kann beispielsweise von einem Wirtschafts- oder Zivilrechtler die nötige Fachkunde nicht erwartet werden. Wird an der Hochschule ein bestimmtes Fachgebiet nicht gelehrt, sind demnach bei der Hochschule keine Fachleute für dieses Fachgebiet beschäftigt, so fehlt es an der Möglichkeit, beurteilen zu können, ob eine Leistung wissenschaftlichen Wert hat. Diese Möglichkeit muß jedoch vorausgesetzt werden, wenn darüber entschieden werden soll, ob wissenschaftliche Leistungen mit einem zur Verleihung einer Doktorwürde ausreichenden fachlichen Niveau vorliegen (vgl. Hess.VGH, Urteil vom 7. März 1991 - 6 UE 2988/89 - ESVGH 41, 209 ff., 212/213 zu einem Fall, in dem es um die Verleihung einer Ehrendoktorwürde ging).
Die genannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn es ist weder vom Kläger behauptet worden noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß bei der UCC in dem Fachgebiet gelehrt wird, in das die vom Kläger erstellte Dissertation einzuordnen ist. Wie sich schon dem Untertitel "Darstellung und Vergleich der Auffassungen Friedrich Christoph Dahlmanns und Karl von Rottecks mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland" entnehmen läßt, handelt es sich um eine im Ansatz rechtsgeschichtliche Dissertation, in der die Auffassungen des am 17. Juli 1775 in Freiburg im Breisgau geborenen und dort am 26. November 1840 gestorbenen Karl von Rotteck und die des Polit-Historikers Friedrich Christoph Dahlmann (1785 bis 1860) mit der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland verglichen werden. Karl von Rotteck lehrte seit 1797 20 Jahre lang Weltgeschichte. Friedrich Christoph Dahlmann war von 1813 bis 1829 Professor für Geschichte in Kiel und von 1829 bis 1837 Professor der Staatswissenschaften in Göttingen, seit 1842 Professor der Geschichte und Staatswissenschaften in Bonn. Die danach in die Bereiche der europäischen - wenn nicht sogar deutschen - Rechtsgeschichte einzuordnende Dissertation des Klägers wurde bei der UCC von Mitgliedern dieser Institution geprüft, obwohl dort ein entsprechendes Fachgebiet - etwa deutsche oder europäische Rechtsgeschichte - nicht gelehrt wird und daher davon ausgegangen werden muß, daß bei der UCC auch keine Fachleute für dieses Fachgebiet tätig sind.
Es ist vom Kläger auch weder behauptet worden noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß bei der UCC Rechtsvergleichung oder gar vergleichende Rechtsgeschichte gelehrt wird. Letztlich kann diese Frage aber ebenfalls offen bleiben, denn die Arbeit stellt keine Untersuchung auf dem Gebiet der Rechtsvergleichung oder der vergleichenden Rechtsgeschichte dar. Bezüge zu ausländischen Staaten - etwa zu dem Staat Ecuador - fehlen völlig.
Im übrigen hat das Verwaltungsgericht auch deshalb zu Recht daran gezweifelt, daß sich bei der UCC "Fachleute" über die wissenschaftliche Qualität der Arbeit ein umfassendes Bild hätten machen können, weil der Kläger selbst angegeben hat, in Ecuador existiere kaum Literatur, die sein Dissertationsthema betreffe. Es ist nicht möglich, die wissenschaftliche Qualität einer Arbeit zu überprüfen, wenn man als Prüfer nicht einmal die Möglichkeit hat zu kontrollieren, ob die in der Arbeit angegebenen Zitate zutreffen.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen (vgl. die Seiten 6 und 7 der Berufungsbegründung vom 9. September 1996), er könne sich nicht vorstellen, daß an den deutschen Universitäten, die Doktortitel für ausländisches Recht betreffende Dissertationen verleihen, umfangreiche juristische Literatur über die betreffenden ausländischen Rechtsordnungen vorhanden sei. Insoweit äußert der Kläger lediglich Vermutungen, für die in der Bundesrepublik ernsthaft deshalb nichts spricht, weil es an den bundesrepublikanischen Universitäten in der Regel Institute für ausländisches Recht oder Rechtsvergleichung gibt, also Universitätseinrichtungen, die auf die Erforschung und Aufarbeitung ausländischen Rechts ausgerichtet sind und die deshalb - in im einzelnen sicherlich durchaus unterschiedlichem Umfang - mit ausländischen Rechtsquellen und ausländischer juristischer Fachliteratur ausgestattet sind. Abgesehen davon stehen dort auch Wissenschaftler als Fachleute für ausländische Rechtskreise zur Verfügung, was bei der UCC/Ecuador nicht der Fall ist.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch in bezug auf die Disputation sinngemäß davon ausgegangen, daß diese nicht von "Fachleuten" durchgeführt wurde. Insoweit gilt das bereits oben zur Dissertation Gesagte. Dabei kommt es nicht darauf an, wie im einzelnen die Disputation abgelaufen ist, insbesondere ob die bei der Disputation anwesenden Mitglieder der UCC aufgrund einer entsprechenden Vorbereitung fachkundige Fragen gestellt haben oder nicht, denn entscheidend ist, daß sie deshalb nicht als "Fachleute" anzusehen sind, weil das Fachgebiet, dem die Dissertation des Klägers zuzuordnen ist, an der UCC weder gelehrt wird noch in sonstiger Weise vertreten ist.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes kein Fall bekannt, in dem ein Doktorand die Disputation nicht bestehe, sie scheine zumindest heute kein so wesentlicher Teil des Verfahrens mehr zu sein. Dieser Einwand ist deshalb nicht stichhaltig, weil nach § 61 Abs. 2 Satz 1 des Hessischen Hochschulgesetzes - HHG - der Nachweis der besonderen wissenschaftlichen Qualifikation durch eine Dissertation und eine mündliche Prüfung erbracht wird, wobei im Fall des Absatzes 1 Satz 2 der Vorschrift an die Stelle der mündlichen Prüfung eine Disputation treten soll. Wie die Leistungen des Prüflings in der Dissertation selbst und in der mündlichen Prüfung bzw. der Disputation gewichtet werden, hängt von den Regelungen in der entsprechenden Promotionsordnung und - im Rahmen des prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraums - von der Einschätzung durch die Prüfer ab. Dies ändert aber nichts daran, daß in Hessen eine mündliche Prüfung oder eine Disputation zwingende Voraussetzung für ein erfolgreiches Promotionsverfahren ist. Eine mündliche Prüfung wird auch in den anderen Bundesländern verlangt (vgl. etwa § 94 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen; vgl. auch Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Auflage, 1986, Rdnr. 348; Lennartz in Denninger, Hochschulrahmengesetz, 1984, Rdnr. 8 zu § 15; Kickartz, in Hailbronner, Kommentar zum Hochschulrahmengesetz, Stand: August 1997, Rdnr. 52 zu § 10; Maurer, in Handbuch des Wissenschaftsrechts, Band 1, 1982, Seite 842).
Der Kläger kann sich weiter nicht mit Erfolg darauf berufen, die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale für die Verleihung eines Doktortitels wie etwa an der Universität zu Frankfurt am Main werde selbst an den Universitäten der Länder, deren Doktortitel aufgrund allgemeiner Genehmigung und/oder zwischenstaatlicher Abkommen - also ohne besondere behördliche Erlaubnis - in Deutschland geführt werden dürften, nie eintreten. Es ist den Ländern unbenommen, nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworbene Doktortitel aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen oder auch ohne solche allgemein zu genehmigen, wenn sie der Auffassung sind, daß diese Doktortitel den im Geltungsbereich des Grundgesetzes erlangten Doktortiteln vergleichbar sind. Dies setzt aber gerade die Einschätzung voraus, daß die anderen Doktortitel durch Leistungen erworben wurden, die denen im Geltungsbereich des Grundgesetzes im wesentlichen entsprechen. Fehlt eine solche allgemeine Genehmigung, wie dies hier der Fall ist, so muß nach den Regeln des GFaG und der 2. DVO-GFaG im Einzelfall geprüft werden, ob der andere Doktortitel dem an einer Hochschule im Geltungsbereich des Grundgesetzes materiell gleichwertig ist. Es ist keineswegs so, daß eine Gleichwertigkeitsprüfung im Falle der allgemeinen Genehmigung fehlt. Vielmehr muß diese der allgemeinen Genehmigung vorausgehen, was im Fall der Erteilung der allgemeinen Genehmigung zur Folge hat, daß eine Einzelfallprüfung unterbleibt.
Die Führung der abgekürzten Titel "Dr. iur." bzw. "Dr. jur." kann ebenfalls nicht genehmigt werden, weil der Kläger schon nicht berechtigt ist, den Titel "Doktor der Rechte" zu führen, auf den die genannten Abkürzungen sich beziehen.
Auch die im Berufungsverfahren gestellten Anträge zu 2. bis 6. haben keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zum Führen des Doktortitels in der jeweiligen Langform sowie in abgekürzter Form, weil auch ein Zusatz, mit dem auf das Herkunftsland des Titels oder auf die verleihende Institution hingewiesen wird, nichts daran ändert, daß Verwechslungsgefahr mit einem deutschen Doktortitel besteht.
Der Senat hat in den bereits zitierten Urteilen vom 7. März 1991 (- 6 UE 2988/89 - ESVGH 41, 209 ff., und - 6 UE 2525/89 - nicht veröffentlicht) - die Revisionen dagegen wurden vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen - (BVerwG, Urteile vom 25. August 1993 - 6 C 5.92 - und - 6 C 4.91 -, das Urteil in der Sache 6 C 4.91 veröffentlicht in BVerwGE 94, 73 ff. = NVwZ 1994, 167), entschieden, daß § 2 Abs. 2, 3 in Verbindung mit § 3 der 2. DVO- GFaG gegen § 2 Abs. 1 GFaG verstößt, soweit bei geringwertigeren ausländischen akademischen Graden Verwechslungsgefahr besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Verstoß dieser Rechtsprechung gegen Bundesrecht insoweit nicht festgestellt, als akademische Ehrengrade - um diese ging es in den genannten Entscheidungen - betroffen sind. Der Senat hält seine in den Urteilen vom 7. März 1991 vertretene Ansicht jedoch auch insoweit aufrecht, als diese Doktortitel betrifft, die aufgrund einer schriftlichen Dissertation und anschließender mündlicher Promotionsprüfung vergeben worden sind. Auch in solchen Fällen sind die Vorschriften der 2. DVO-GFaG unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 2 Abs. 1 GFaG gesetzeskonform dahin auszulegen, daß die Führungsgenehmigung ohne und mit Herkunftszusatz zu versagen ist, wenn der geringwertigere ausländische Grad ungeachtet der ausländischen Form mit einem entsprechenden inländischen Grad verwechselt werden kann.
Verwechslungsgefahr liegt auch dann vor, wenn diesem ausländischen Grad die Angabe der verleihenden ausländischen Institution bzw. des Herkunftsstaates beigefügt worden ist (Hess.VGH, Urteil vom 7. März 1991 - 6 UE 2988/89 - a.a.O., Seite 216). Dies wird im vorliegenden Fall besonders deutlich. Selbst ein dem vom Kläger erworbenen Doktorgrad beigefügter Herkunftszusatz würde nichts daran ändern, daß im allgemeinen Rechtsverkehr wegen der einem deutschen Doktortitel im wesentlichen gleichlautenden Bezeichnung "Doktor" bzw. "Doctor" - entsprechendes gilt auch für die vom Kläger vorgeschlagenen Abkürzungen - von mit akademischen Graden nicht besonders vertrauten Personen nicht ohne weiteres erkennbar ist, daß der vom Kläger erlangte Doktortitel aufgrund der oben genannten verfahrensmäßigen Unterschiede von geringerem Wert als ein in Deutschland verliehener Doktortitel ist. Es kann der Irrtum erweckt werden, der Kläger habe in einem Promotionsverfahren, das einem deutschen Promotionsverfahren vergleichbar bzw. gleichwertig ist, den Doktortitel erworben. Es besteht daher die realistische Gefahr, daß der Doktorgrad des Klägers als einem deutschen Doktorgrad gleichwertig angesehen wird. Auch bei der vom Kläger in der Berufungsbegründung vom 9. September 1996 noch einmal hervorgehobenen Titelführung "Doctor en Jurisprudencia (Ecuador)" kann der Eindruck erweckt werden, es handele sich um einen Doktortitel, der einem deutschen Doktor der Rechte in seiner Wertigkeit entspricht.
Die Auslegung der oben genannten, die Erteilung der Führungsgenehmigung betreffenden Vorschriften durch den Senat und damit hier die Versagung jeglicher Art von Führungsgenehmigung - auch einer Führungsgenehmigung, mit der die Führung des Titels nur unter Beifügung eines der in den Hilfsanträgen genannten Herkunftszusatzes gestattet wird - verstößt nicht gegen Artikel 2 des Grundgesetzes - GG - und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Insbesondere kann es jedenfalls nicht unverhältnismäßig sein, einem Titelinhaber die Führung des Doktorgrades insgesamt (auch mit Herkunftszusatz) zu verweigern, wenn das Promotionsverfahren den für deutsche Promotionsverfahren üblichen Maßstäben in einem wesentlichen Punkt nicht entspricht. Wie bereits ausgeführt wurde, war es der UCC mangels Fachleuten nicht möglich, die wissenschaftliche Qualität der vom Kläger angefertigten schriftlichen Arbeit sowie die wissenschaftliche Qualität der von ihm im Rahmen der mündlichen Disputation erbrachten Leistungen fachgerecht zu beurteilen.
Bei seiner Entscheidung geht der Senat - wie der Kläger - davon aus, daß der vom Kläger erworbene Titel in der Originalform "Doctor en Jurisprudencia" lautet (vgl. Nr. 1 auf Seite 10 der Berufungsbegründung) und daß es für die Entscheidung des Senats auf einen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vorliegenden "streng vertraulichen Bericht" (vgl. dazu Nr. 2 auf Seite 10 der Berufungsbegründung) nicht ankommt.
Nicht entscheidungserheblich ist auch das vom Kläger als Anlage K 53 zum Schriftsatz vom 11. August 1994 vorgelegte deutsch-ecuadorianische Kulturabkommen vom 13. März 1969. Denn selbst wenn die UCC die bisherigen Studien des Klägers in Deutschland und der Schweiz als genügende Voraussetzungen für die Zulassung als Doktorand betrachtet hat und dadurch das Kulturabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador beachtet und mit Leben erfüllt haben sollte, wie der Kläger auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 11. August 1994 (Bl. 187 der Gerichtsakten) vorgetragen hat, kommt es auf diesen Umstand hier letztlich nicht an, weil aus den oben genannten anderen Gründen der vom Kläger erworbene Doktortitel materiell den im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworbenen juristischen Doktortiteln nicht gleichwertig ist.
Nicht entscheidungserheblich ist weiter der Umstand, daß der Kläger Mitglied in der für Cuenca/Ecuador zuständigen Anwaltskammer ist (vgl. dazu Nr. 4 in der Berufungsbegründung vom 9. September 1996). Ob der vom Kläger erlangte Doktorgrad mit deutschen Doktorgraden materiell gleichwertig ist, hängt nicht davon ab, ob der Kläger Mitglied von ausländischen berufsständischen Vereinigungen ist. Abgesehen davon wird auch nicht deutlich, inwiefern die Mitgliedschaft des Klägers in der für Cuenca/ Ecuador zuständigen Rechtsanwaltskammer Aussagen auf die Wertigkeit eines bei der UCC erlangten Doktorgrades zuläßt. Daß der Kläger bei der UCC eine Arbeit eingereicht und ein Gespräch mit Mitgliedern der UCC hatte, ist unstreitig, ändert aber nichts daran, daß das den Kläger betreffende Verfahren zur Erlangung einer juristischen Doktorwürde der UCC den vergleichbaren deutschen Promotionsverfahren materiell nicht gleichwertig ist, wie oben bereits dargelegt wurde.
Hinsichtlich des Bescheidungsantrags - im Berufungsverfahren des Antrags zu 7. - hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, daß ein Bescheidungsurteil nicht in Betracht kommt, weil die Entscheidung des Beklagten nicht in dessen Ermessen steht und die Sache spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO). Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zum einen geht es um die Auslegung des § 2 Abs. 1 GFaG und der dazu ergangenen 2. DVO-GFaG, und damit um die Auslegung von Landesrecht. Hierfür ist allein der Hessische Verwaltungsgerichtshof als letztinstanzliches Landesverwaltungsgericht zuständig. Zum anderen handelt es sich um einen Einzelfall, in dem zu beurteilen ist, ob bei der besonderen Sachverhaltsgestaltung - anerkannte ausländische Hochschule, Anfertigung einer Dissertation durch den Antragsteller, Durchführung einer mündlichen Disputation, Bewertung von Dissertation und Disputation durch Prüfer, die keine Fachleute für das die Dissertation betreffende Fachgebiet sind - ein Anspruch auf eine Führungsgenehmigung besteht.
Hessischer VGH:
Urteil v. 04.03.1998
Az: 8 UE 1136/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c64a1d221ef0/Hessischer-VGH_Urteil_vom_4-Maerz-1998_Az_8-UE-1136-96