Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. März 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 224/01

(BPatG: Beschluss v. 18.03.2002, Az.: 30 W (pat) 224/01)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Juli 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Für die international unter der Nummer 736 272 für Waren der Klassen 7, 8 und 9 registrierte Marke RAYTOOL ist in der Bundesrepublik Deutschland um Schutz nachgesucht worden.

Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke den nachgesuchten Schutz verweigert. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Markestelle für die so gekennzeichneten Waren eine beschreibende Angabe in dem Sinn dar, daß es sich um Werkzeuge handele, die in Verbindung mit Strahlentechnik stehen bzw für diesen Anwendungsbereich geeignet seien.

Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält sie die Marke, die eine Wortneubildung darstelle, für schutzfähig, weil sie in ihrer Gesamtheit keinen eindeutigen Begriffsinhalt habe; in Großbritannien sei die Marke im Rahmen des Schutzerstreckungsverfahrens nicht beanstandet worden.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis der IR-Marke eingeschränkt durch den Zusatz:

"all goods in all classes except such which work by use of rays of all kind, e. g. machining, examining, putting together or separating of material."

Die Markeninhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Warenverzeichnisses kann der IR-Marke RAYTOOL der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nicht verweigert werden.

Gemäß Art 5 Abs 1 MMA iVm Art 6 quinquies B Nr 2 PVÜ sind Marken - ebenso wie nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG - von der Schutzbewilligung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl zB BGH WRP 2002, 91, 92 - AC mwRspr). Um eine solche Angabe handelt es sich bei der schutzsuchenden IR-Marke nicht; denn es ist nicht (mehr) ersichtlich, daß RAYTOOL als konkrete unmittelbare Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der IR-Markeninhaberin freigehalten werden müßte.

Das englische Wort "ray tool" bedeutet in der deutschen Sprache "Strahlwerkzeug", wie die der Anmelderin übersandten Nachweise belegen. Danach wird entweder - zum Beispiel bei Laserstrahlen - der Strahl selbst als "Strahlwerkzeug" bezeichnet oder auch - zum Beispiel bei Röntgen- und Gammastrahlen - das Gerät bzw Werkzeug, das unter Nutzung dieser Strahlen arbeitet. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, stellt die Bezeichnung RAYTOOL für solche Waren eine beschreibende Angabe dar. Auf der Grundlage des durch den Zusatz "all goods in all classes except such which work by use of rays of all kind, e. g. machining, examining, putting together or separating of material" eingeschränkten Warenverzeichnisses sind indessen keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß mit einer Marke, die einen speziellen Bezug zu Strahlen bzw mittels Strahlen arbeitenden Gerätschaften hat, noch wesentliche Eigenschaften, Inhalte oder Zweckbestimmungen der (verbleibenden) Waren beschrieben werden könnten. Der genannte Zusatz schließt unmittelbare Berührungspunkte insoweit aus. Damit läßt sich nicht feststellen, daß die schutzsuchende Marke insoweit freihaltebedürftig iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ist.

Der schutzsuchenden Marke kann in Bezug auf diese Waren auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung zB BGH aaO S 93 - AC). Die Unterscheidungskraft kann entfallen, wenn die Wortmarke einen für die fraglichen Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen; daß RAYTOOL insoweit keine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltebedürfnisses festgestellt. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen ihre Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion sprechen.

Der Marke kann auch nicht nach §§ 113, 107, 8 Abs 2 Nr 4, § 37 Abs 3 MarkenG der Schutz verweigert werden. Denn die Eignung, das Publikum insbesondere über die Art oder die Beschaffenheit der Waren zu täuschen, ist nicht ersichtlich im Sinne von § 37 Abs 3 MarkenG. Ersichtlich täuschend ist ein Zeichen nämlich nur, wenn ein Fall nicht täuschender Verwendung nicht denkbar ist (vgl zB BPatG GRUR 1999, 746 Omeprazok, bestätigt durch die Entscheidung des BGH vom 11. Oktober 2001 - I ZB 4/99 -, veröffentlicht in JURIS). Hierbei wird die tatsächliche Verwendung der Marke eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Diese ist im Eintragungsverfahren unbekannt. Eine nicht ersichtlich täuschende Verwendung kann daher nicht ausgeschlossen werden.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 18.03.2002
Az: 30 W (pat) 224/01


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