Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 24. Februar 2005
Aktenzeichen: 5 U 75/04
(OLG Hamburg: Urteil v. 24.02.2005, Az.: 5 U 75/04)
OP-Abdecktücher, §§ 6 Abs. 2 Nr. 2 + 3 + 5, 5 Abs. 1, Abs. 3 UWG, 130 Nr. 3 bis 5 ZPO
1. Wird einer bestimmten Eigenschaft (hier: erhöhtes Risiko der Brennbarkeit von OP-Abdecktüchern) in technischen (Sicherheits)Vorschriften für die konkrete Produktkategorie keine weitergehende bzw. herausgehobene Bedeutung beigemessen, ist ein Wettbewerber gleichwohl nicht gehindert, dieses Merkmal im Rahmen eines Produktvergleichs wahrheitsgemäß werbend herauszustellen, ohne sich dem Vorwurf einer unlauteren Wettbewerbshandlung auszusetzen.
2. Wesentlich ist eine Produkteigenschaft bereits dann, wenn sie für die konkrete Verwendung nicht völlig unerheblich ist. Hierbei kommt es auf die Erwartungen der angesprochenen Verkehrskreise in dem vorgesehenen Einsatzbereich an. Dabei ist es zumindest bei der Werbung gegenüber Fachverkehrskreisen in der Regel deren Beurteilung zu überlassen, ob einer bestimmten Eigenschaft für ihre Verwendungszwecke eine wesentliche Bedeutung zukommen kann, mit der z.B. eine erhöhte, über das normale Maß hinausgehende Gefährdung in besonderen Situationen vermieden werden kann.
3. In der kritischen Gegenüberstellung von Schwächen des Konkurrenzprodukts und Stärken des eigenen Produkts im Rahmen eines Werbevergleichs (Brennbarkeitstest) ist selbst dann keine pauschale Herabsetzung oder Verunglimpfung des Konkurrenzprodukts zu sehen, wenn das Konkurrenzprodukt trotz der hervorgehobenen Schwächen den erforderlichen Sicherheitsvorschriften entspricht.
4. Inländische oder europäische Normen wie DIN bzw. EN sind nicht Bestandteil der geltenden inländischen Rechtsordnung, welche das zur Entscheidung berufene Gericht zu kennen oder von Amts wegen zu ermitteln hat. Sie sind nur zu berücksichtigen, wenn sie von den Parteien vorgetragen werden. Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.02.05, 5 U 75/04 (rechtskräftig)
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 20.04.2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I.
Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von OP-Bekleidung und OP-Abdeckmaterial. Die Antragstellerin bietet u.a. OP-Bekleidung unter der Bezeichnung "Foliodress" (Anlage ASt1) sowie OP-Abdecktücher unter der Bezeichnung " Foliodrape " an (Anlage ASt3).
Am 08.10.03 suchte eine Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin, Frau C.S., das Diakoniekrankenhaus in S. (SA) auf. Sie stellte der dortigen OP- und Pflegedienstleiterin, Frau F., die Produkte der Antragsgegnerin vor. In diesem Zusammenhang wies Frau S. ihre Gesprächspartnerin u.a. darauf hin, dass OP-Abdeckmaterialien von Konkurrenzunternehmen brennbar seien, während dies bei den Produkten der Antragsgegnerin insbesondere bei der Berührung mit punktuellen Wärmequellen nicht der Fall sei. Um die Unterschiede der Verhaltenseigenschaften der Materialien zu demonstrieren, führte Frau S. einen Entflammbarkeitstest durch.
Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin als wettbewerbswidrig. Sie ist der Auffassung, ihre Produkte seien Gegenstand des von der Antragsgegnerin durchgeführten Vergleichstest gewesen. Zumindest bezögen die angesprochenen Verkehrskreise das (negative) Testergebnis auch auf ihre OP-Abdeckmaterialien. Der von der Antragsgegnerin durchgeführte Vergleich sei unlauter gewesen. Denn die Entflammbarkeit sei keine wesentliche bzw. relevante Eigenschaft der verglichenen Waren. Im Übrigen seien auch die Produkte der Antragsgegnerin entzündbar bzw. bildeten gefährliche Schmelztropfen.
Die Antragstellerin hat bei Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz nach Rücknahme ihres weitergehenden Verfügungsantrags noch beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000.-, <Bei dem in der Antragsschrift angegebenen Betrag von EUR 260.000.- handelt es sich im Hinblick auf § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO um einen offensichtlichen Schreibfehler> Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), zu unterlassen ,
bei dem Vergleich von OP-Abdecktüchern der Antragsgegnerin und OP-Abdecktüchern der Antragstellerin darauf hinzuweisen, dass die OP-Abdecktücher der Antragstellerin brennbar sind.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
Das Landgericht hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 12.12.03 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet, diese Verfügung aber auf Widerspruch der Antragsgegnerin unter Zurückweisung des Verfügungsantrags mit Urteil vom 20.04.04 wieder aufgehoben.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin. Sie verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihren Verfügungsantrag weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt auf der Grundlage des bereits erstinstanzlich gestellten Abweisungsantrags das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Das Berufungsvorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:
1. Gegenstand des Verfügungsantrags ist ausschließlich ein Vergleich der OP-Abdecktücher der Antragsgegnerin mit den OP-Abdecktüchern der Antragstellerin. Verfügungsgegenstand ist damit nicht jeder unzutreffende Vergleich von Konkurrenzprodukten bei OP-Abdeckmaterialien, sondern nur ein solcher, der konkret die von den Parteien dieses Rechtsstreits verwendeten Erzeugnisse zum Gegenstand hat und diese Materialien mit einander vergleicht.
2, Der Verfügungsantrag ist bereits deshalb unbegründet, weil es der Antragstellerin nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass diese nach dem Verfügungsantrag vorausgesetzte Ausgangslage vorgelegen hat. Auf der Grundlage der sich gegenüber stehenden eidesstattlichen Versicherungen besteht schon keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin deren Erzeugnisse gerade mit OP-Abdeckmaterialien der Antragstellerin verglichen hat.
a. Zwar hatte ihre Mitarbeiterin E.W. am 08.12.03 eidesstattlich versichert (Anlage ASt2), die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin, C.S., habe den Test konkret mit OP-Abdecktüchern von Hartmann " Foliodrape " durchgeführt. Dieser Darstellung hat C.S. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 31.01.04 (Anlage W2) aber ausdrücklich widersprochen und erklärt, sie habe den Vergleich nicht mit Produkten der Antragstellerin durchgeführt und solche Waren auch gar nicht bei sich geführt. Diese Darstellung ist mit der eidesstattlichen Versicherung vom 08.10.04 (Anlage W4) nochmals bekräftigt worden. Für den Senat sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die eine oder andere Erklärung eine signifikant höhere Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen könnte, so dass der Antragstellerin die Glaubhaftmachung eines unmittelbaren Produktvergleichs der Parteien nicht gelungen ist. Zwar ist C.S. das angegriffene Wettbewerbsverhalten zuzurechnen, so dass ihre Angaben unter Umständen mit einer gewissen Zurückhaltung zu würdigen sind. Andererseits gibt E.W. keine eigenen Wahrnehmungen wieder, sondern als Zeugin vom Hörensagen solche Angaben, die sie telefonisch von einer dritten Person erfahren hat. Dieser Umstand kann die Verlässlichkeit ihrer Bekundungen beeinträchtigen, zumal die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt - was nahe gelegen hätte - eine eidesstattliche Erklärung der eigentlichen Auskunftsperson, der OP-Leiterin des Diakoniekrankenhauses in S., Frau F., vorgelegt hat. Die Folgen dieses Mangels in der Glaubhaftmachung hat die Antragstellerin zu tragen.
b. Sollte die zweitinstanzliche Behauptung der Antragstellerin zutreffen, wonach ihre OP-Abdecktücher gar nicht aus Papier-Polyester, sondern aus einem Vliesstoff und damit aus textilen Materialien bestehen, wäre der Verfügungsanspruch ebenfalls von vornherein unbegründet. Denn in diesem Fall wäre die Antragstellerin durch den von ihr angegriffenen Brenntest als unmittelbare Mitbewerberin auch deshalb nicht betroffen, weil sie keine derartigen Produkte herstellt. Aus der eidesstattlichen Versicherung von C.S. ergibt sich unmissverständlich, dass diese - unabhängig von der Herstellerzuordnung - jedenfalls ein Vergleichsprodukt aus Papier-Polyester verwendet hat.
aa. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 08.02.05 nochmals unstreitig gestellt, dass ihre Produkte nicht aus Papier-Polyester bestehen. Diese prozessuale Darstellung der Antragstellerin stützt nicht etwa die eidesstattliche Versicherung ihrer eigenen Mitarbeiterin, sondern diejenige von C.S. Denn diese abweichende Materialbeschaffenheit ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin gerade nicht die Produkte der Antragstellerin zum Vergleich herangezogen hatte.
bb. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, die angesprochenen Verkehrskreise bezögen den Vergleich selbst dann auf ihre Produkte, wenn nur von "den meisten anderen Herstellern" die Rede sei, fehlt dieser Behauptung jedenfalls dann jede Überzeugungskraft, wenn zugleich - wie hier - auf eine bestimmte Produktbeschaffenheit hingewiesen wird, die die Produkte der Antragstellerin eben nicht aufweisen. Gerade dann, wenn die Antragstellerin die bedeutendste und bekannteste Anbieterin ist, spricht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise einen solchen Vergleich gleichwohl auf die abweichend zusammengesetzten Produkte der Antragstellerin übertragen.
cc. Die weitergehende Behauptung der Antragstellerin, den angesprochenen Verkehrskreisen sei die Materialzusammensetzung der Wettbewerbsprodukte nicht im Einzelnen bekannt, ist nach Auffassung des Senats jedenfalls für die im konkreten Fall zu entscheidende Vergleichssituation lebensfremd. Die umworbene Ansprechpartnerin im Diakoniekrankenhaus S., Frau F., war als OP-Leitung besonders fachkundig. Als - offenbar auch für die Einkaufsentscheidung - Verantwortliche für den OP-Bereich spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie über fundierte Kenntnisse der Gefahrenquellen sowie der Eigenschaften der verwendeten Instrumente und Materialien verfügen musste, um ihre Aufgabe überhaupt zweckentsprechend erfüllen zu können. Bei derart fachkundigen Verkehrskreisen kann es nach Auffassung des Senats nicht zu der von der Antragstellerin dargestellten Unkenntnis der Materialzusammensetzung kommen.
dd. Dies gilt umso weniger deshalb, weil die Wettbewerber die Zusammensetzung ihrer OP-Materialien offensiv in den Mittelpunkt ihrer Werbebemühungen stellen. Der von der Antragstellerin selbst als Anlage ASt1 vorgelegte Prospekt "Foliodress Comfort - Die neue Generation der OP-Bekleidung" befasst sich intensiv und in großformatigen farbigen Abbildungen mit der Zusammensetzung der verwendeten Materialien. Er lässt den Leser nicht im Unklaren darüber, dass die Antragstellerin für ihre OP-Kittel ein Material verwendet, das aus "drei Schichten Polypropylen" besteht. Zwar bezieht sich diese Werbung nicht ausdrücklich auf OP-Abdecktücher. Sie zeigt indes, dass die Kaufentscheidung der angesprochenen Verkehrskreise bei OP-Materialien aus der Sicht der Anbieter maßgeblich auch in Kenntnis der konkreten Materialzusammensetzung und -eigenschaften getroffen werden soll. Soweit die Antragstellerin z.B. bei dem von ihr für Kittel verwendeten Material die die besondere Barrierewirkung der Mikrofaser-Mittelschicht (" Meltblown ") gegenüber von außen eindringenden Keimen betont, kann sich auch bei OP-Abdecktüchern kaum eine grundlegend andere Situation ergeben.
3. Selbst für den Fall, dass der Verfügungsantrag nicht bereits daran scheitert, dass die Produkte der Antragstellerin von dem durchgeführten Vergleichstest gar nicht betroffen sind, ergibt sich indes keine abweichende Rechtslage. Denn die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin auch aus Gründen des materiellen Rechts nicht verlangen, dass diese Äußerungen mit dem Inhalt des Verfügungsantrags unterlässt. Die angegriffenen Hinweise sind wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Verhalten der Antragsgegnerin stellt sich im Rahmen vergleichender Werbung weder als sachwidriger Eigenschaftsvergleich nach §§ 6 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG noch wegen Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers nach §§ 6 Abs. 2 Nr. 5, 3 UWG als unlauter dar. Er ist auch nicht i.S.v. § 5 Abs. 1 + 3 UWG irreführend. Zumindest ist die von der Antragstellerin behauptete Wettbewerbswidrigkeit nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht überwiegend wahrscheinlich.
a. Mit Ausnahme der oben unter Ziffer 2 beschriebenen konkreten Bezüge auf die Antragstellerin sind die übrigen relevanten Umstände zur Beurteilung des Sachverhalts zwischen den Parteien im Wesentlichen unstreitig.
aa. Es steht nicht im Streit, dass die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin, Frau C.S., bei einem Besuch im Diakoniekrankenhaus in S. im Zusammenhang mit der Bewerbung der Produkte der Antragsgegnerin darauf hingewiesen hat, dass die aus Papier-Polyester gefertigten OP-Abdecktücher und/oder OP-Kittel der Konkurrenz brennbar, während die aus Polypropylen gefertigten Produkte der Antragsgegnerin nur schwer entzündbar sind. Bei einer Berührung mit einer punktuellen Wärmequelle (wie z.B. einem Laser) entzünde sich das Material nicht, sondern schrumpfe von der Kontaktstelle und bilde ein Loch. Diese Darstellung ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der C.S. vom 31.01.04 (Anlage W2). Sie steht zu den entscheidungserheblichen Umständen im Einklang mit dem Vortrag der Antragstellerin sowie der eidesstattlichen Versicherung ihrer Mitarbeiterin E.W. vom 08.12.03 (Anlage ASt2).
bb. In Bezug auf die von der Antragstellerin verwendeten Materialien steht die beschriebene Eigenschaft (Brennbarkeit) auch im Einklang mit ihrem prozessualen Sachvortrag.
aaa. Der Antragsteller-Vertreter hatte auf S. 4 des Verfügungsantrags ausgeführt. "Ich selbst habe heute Morgen im Büro den Brenntest gemacht. Das OP-Abdeckmaterial der Antragstellerin brennt. Das OP-Abdeckmaterial der Antragsgegnerin brennt nicht, dafür schmilzt es aber und es fallen Schmelztropfen herunter". Zu dem Verhalten des Materials der Antragsgegnerin bei Kontakt mit Wärmequellen bzw. Feuer ergibt sich hierzu weiter aus der eidesstattlichen Versicherung von Herrn Dr. M.H., eines Mitarbeiters der Antragstellerin, vom 20.04.04 (Anlage Ast11): "Wenn man das OP-Abdeckmaterial von Hakle-Kimberly horizontal hält und seitlich eine Flamme an das Material hält, schrumpft das Material weg. [...] Hält man die Flamme von unten unter das hängende Abdeckmaterial, dann schrumpft dieses Material. Gleichzeitig löst sich die brennende Schmelze und fällt brennend auf die Unterlage, die dann weiterbrennt." (Anschauungsobjekte des Vergleichstests in Anlage ASt 11.1).
bbb. Mit der Darstellung durch ihren Prozessbevollmächtigten hat die Antragstellerin die Brennbarkeit des von ihr verwendeten Materials mit aller wünschenswerten Deutlichkeit bereits bei Einleitung des Verfügungsverfahrens ausdrücklich außer Streit gestellt. Selbst wenn ihrer diesbezüglichen Darstellung wegen der nur schriftsätzlichen Ausführung nicht die prozessuale Wirkung eines gerichtlichen Geständnisses i.S.v. § 288 Abs. 1 ZPO zukommt, ist die Antragstellerin jedenfalls gehindert, sich nunmehr in zweiter Instanz wieder auf den Standpunkt zu stellen, eine solche Brennbarkeit liege tatsächlich nicht vor. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat anschaulich dargelegt, welche konkrete Versuchsanordnung er vorgenommen hat und zu welchem Ergebnis er gelangt ist. Damit steht die Brennbarkeit des Materials der Antragstellerin - bei dem es sich noch nicht einmal um Papier-Polyester handeln soll - fest, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf an kommt, ob der Entflammbarkeitstest des Antragsteller-Vertreters normgerecht durchgeführt worden ist.
ccc. Deshalb muss der Senat auch nicht darüber entscheiden, ob der erst unmittelbar vor dem Senatstermin als Anlage ASt6 vorgelegte Prüfbericht des Forschungsinstituts H. vom 06.10.04 in der Berufungsinstanz noch nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 3 Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähig ist. Immerhin lag der Zeitpunkt der Erstellung des für den vorliegenden Rechtsstreit angefertigten Parteigutachtens bei seiner Vorlage schon mehr als 4 Monate zurück. Denn die Antragstellerin hatte in erster Instanz das deutlich unterschiedliche Verhalten der Produkte der Parteien in einem Entflammbarkeitstest ausdrücklich vorgetragen und damit unstreitig gestellt. Hieran hat sich die Antragstellerin auch in zweiter Instanz grundsätzlich festhalten zu lassen. Allein der Umstand, dass dieser Test möglicherweise nicht unter normgerechten Bedingungen durchgeführt worden ist, kann daran schon deshalb nichts ändern, weil auch die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin bei ihrem Besuch in dem Diakoniekrankenhaus S. erkennbar - und unstreitig - die OP-Materialien nicht normgerecht unter Laborbedingungen entzündet hat.
b. Es wird weiterhin von der Antragsgegnerin nicht in Abrede gestellt, dass das OP-Abdeckmaterial der Antragstellerin in jeder Hinsicht verkehrsfähig ist, insbesondere den Vorgaben des MPG sowie nationaler und europäischer Richtlinien sowie Verordnungen entspricht. Dies ergibt sich zudem aus der Stellungnahme des TÜV Product Service vom 16.04.04 (Anlage Ast10). Insbesondere entspricht das OP-Abdeckmaterial der Antragstellerin der deutschen Norm DIN EN 13795-1 "Operationsabdecktücher, -mäntel und Rein-Luft-Kleidung zur Verwendung als Medizinprodukte für Patienten, Klinikpersonal und Geräte". Die Brennbar- bzw. Entflammbarkeit ist - wie sich aus Tabelle 2 ergibt - in dieser Norm nicht als "Bei Operationsabdecktüchern zu bewertende Eigenschaften" genannt. Eine nach der harmonisierten Norm DIN EN 14971 durchgeführte Risikobewertung hat bezüglich der Gefährdung einer "Entflammbarkeit/Brennbarkeit" u.a. von OP-Abdeckungen der Marke H. ergeben, dass bei normaler, zweckbestimmter Anwendung dieser Produkte keine Gefährdung bzgl. des in Punkt 9.3 der Grundlegenden Anforderungen (Annex I der EU-Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte) aufgeführten Brand- oder Explosionsrisikos besteht. Hierzu hat Dr. Anton Eckle, Mitarbeiter der Antragstellerin, in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 19.04.04 als Bewertung weiter ausgeführt: "Begründung: Die Produkte enthalten keine leicht entflammbaren oder brandfördernden Materialien, welche hier zu einer erhöhten, über das normale Maß hinausgehenden Gefährdung führen könnten." (Anlage ASt16).
c. Obwohl sich danach ergibt, dass ein erhöhtes Risiko der Brennbarkeit als Kriterium von technischen (Sicherheits-)Vorschriften nach diesen Regelungswerken keine weitergehende bzw. herausgehobene Bedeutung beigemessen wird, bedeutet dies nicht zugleich, dass sich ein werbender Hinweis hierauf im Rahmen eines Produktvergleichs ohne weiteres als unlauter darstellt. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass der Antragstellerin dahingehende Verbietungsansprüche nicht zustehen. Der Werbevergleich stellt sich, selbst wenn hierbei - was streitig ist - konkret auf die Produkte der Antragstellerin Bezug genommen worden ist, nicht pauschal herabsetzend oder verunglimpfend i.S.v. §§ 6 Abs. 2 Nr. 5, 3 UWG dar.
aa. Zur Rechtslage nach dem UWG alter Fassung war anerkannt, dass nicht jede herabsetzende Wirkung, die einem kritischen Werbevergleich immanent ist, ausreicht, um den Vergleich unzulässig erscheinen zu lassen (BGH GRUR 02, 72, 73 -Preisgegenüberstellung im Schaufenster; BGH GRUR 99, 501 - Vergleichen Sie). Werbung erfüllt ihren Zweck nur, wenn sie das Angebot des werbenden Unternehmens anpreisend herausstellt, womit naturgemäß eine Abgrenzung gegenüber dem Angebot der Mitbewerber verbunden ist (BGH GRUR 98, 824 - Testpreis-Angebot). Deshalb setzt eine Herabsetzung mehr voraus, als die einem kritischen Werbevergleich immanente Gegenüberstellung der Vorteile und Nachteile der verglichenen Produkte (BGH WRP 02, 828, 831 Hormonersatztherapie; BGH GRUR 99, 501 Vergleichen Sie). Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlich gebotenen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Herabsetzend i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG a.F, entsprechend § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG n.F., ist ein Vergleich deshalb nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (BGH WRP 02, 828, 831 - Hormonersatztherapie; BGH GRUR 02, 72, 73 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; BGH GRUR 99, 501 Vergleichen Sie).
bb. Solche Umstände vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht festzustellen. Der Hinweis auf die Brennbarkeit des Vergleichsmaterials war unstreitig zutreffend. Soweit die Antragstellerin meint, damit sei ihr zugleich unterstellt worden, sie biete Produkte an, die nicht den erforderlichen Sicherheitsvorschriften entsprechen, teilt Senat diese Sichtweise nicht. Es ist zunächst nichts dafür vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, dass die Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin über den Brennbarkeitstest und den zum Gegenstand des Verfügungsantrags zu 2. gemachten Hinweis hinaus weitere Angaben oder Äußerungen gemacht hat, die geeignet waren, die Produkte der Antragstellerin herabzusetzen oder in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Insbesondere ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht, dass die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin behauptet hat, die Produkte der Antragstellerin entsprächen nicht den einzuhaltenden technischen oder sonstigen Normen. Der Brennbarkeitstest als solcher stellt nicht mehr als objektiv zutreffend das Verhalten von zwei Produkten in bestimmten Situationen gegenüber. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände - für die nichts vorgetragen ist - hält sich ein solcher Vergleich noch im Rahmen der zulässigen Anpreisung der Vorzüge des eigenen Produkts im Gegensatz zu den Eigenschaften von Konkurrenzprodukten. Es fehlt einem derartigen Vergleich an einer spezifisch herabsetzend auf den Mitbewerber gerichteten Zielsetzung, die eine wettbewerbliche Unlauterkeit begründen könnte.
d. Eben sowenig ist der Vergleich gem. §§ 6 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG zu beanstanden, weil er sich nicht objektiv auf eine wesentlich, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft des Konkurrenzprodukts bezieht.
aa. Maßgebend für die Zulässigkeit des Eigenschaftsvergleichs ist im Zweifel, ob der betreffende Umstand einen Bezug zur Ware oder Dienstleistung hat und für die Nachfrageentscheidung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmers eine Rolle spielen und dieser insoweit eine für ihn nützliche Information erhalten kann (BGH GRUR 2004, 607, 611 - Genealogie der Düfte). Der Eigenschaftsbegriff erfasst daher nicht nur die physischen Beschaffenheitsmerkmale einer Ware oder Dienstleistung und ihre tatsächlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für ihre Brauchbarkeit und ihren Wert von Bedeutung sind (vgl. Plaß WRP 1999, 766, 768), sondern darüber hinaus alle Faktoren, die für die Nachfrageentscheidung aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine Rolle spielen können. Außerdem müssen die genannten Faktoren einen unmittelbaren Bezug zu den beworbenen Waren oder Dienstleistungen aufweisen (Baumbach-Hefermehl, 23. Aufl., § 6 Rdn. 50). Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Brennbarkeit von OP-Abdecktüchern eine Eigenschaft ist, die einem Produktvergleich zugänglich ist.
bb. Die konkret verglichene Eigenschaft ist zudem wesentlich.
aaa. Dies ist der Fall, obwohl die Brennbarkeit kein Kriterium der Produktsicherheitsüberprüfungen nach den einschlägigen technischen Normen ist. Hierauf beschränkt sich - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - der Kreis der im Rahmen von § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG für die Produkteigenschaften wesentlichen Merkmale nicht. Denn durch dieses Tatbestandsmerkmale sollen (nur) Vergleiche mit völlig unwichtigen und bedeutungslosen Eigenschaften ausgeschlossen werden, weil dadurch der Gesamteindruck verzerrt wird. Für die Beurteilung ist maßgebend, welche Bedeutung die Eigenschaft objektiv (Tilman GRUR 1997, 790, 796), d.h. bei vernünftiger Betrachtung für den Bedarf des Verbrauchers und die Zweckbestimmung des Produkts, hat. Wesentlich ist eine Eigenschaft dann, wenn ihre Bedeutung für den Verbraucher im Hinblick auf die vorgesehene Verwendung des Produkts nicht völlig unerheblich ist (BGH GRUR 2004, 697, 612 - Genealogie der Düfte). Dabei ist auf die Sichtweise des Durchschnitts der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen.
bbb. Vor diesem Hintergrund kann der Frage der Brennbarkeit von OP-Abdecktüchern das Kriterium der Wesentlichkeit nicht abgesprochen werden. Auch wenn im OP-Bereich im Regelfall offenes Feuer nicht zur Anwendung kommt, besteht eine Brandgefahr durch Wärme- und Lichtquellen gleichwohl. Dies hat die Antragsgegnerin insbesondere unter Hinweis auf den Einsatz hochgebündelter Laserstrahlen in verschiedenen Operationsverfahren nachvollziehbar dargelegt. Es liegt für den Senat jedenfalls nicht außerhalb der Möglichkeiten eines vorhersehbaren Geschehensablaufs, dass bei Fehlfunktionen oder unsachgemäßer Handhabung von Laserstrahlen u.U. auch OP-Abdecktücher Gegenstand übermäßiger Wärmeentwicklung werden können, die ein Brandrisiko in sich birgt. Die Frage, ob eine solche Möglichkeit im konkreten Einsatzbereich besteht oder auszuschließen ist, kann letztlich nur der umworbene Kunde selbst beurteilen, der die Gegebenheiten sowie die technische Ausstattung des OP-Bereichs seines Krankenhauses kennt. Es ist auf der Grundlage der eidesstattlichen Versicherung der E.W. (Anlage ASt2) unstreitig, dass deren Gesprächspartnerin, von der sie die Informationen über das Verhalten der Außendienstmitarbeiterin der Antragsgegnerin erhalten hatte, insoweit unmittelbar selbst fachkundig war. Die genannte Frau F. war u.a. als OP-Leitung in der Klinik tätig und konnte deshalb ohne weiteres aus eigenem Erfahrungswissen beurteilen, ob die Frage einer Brennbarkeit von OP-Abdecktüchern für ihren konkreten Einsatzbereich von Bedeutung war. Nur auf ihre Sichtweise kommt es bei der hier vorzunehmenden wettbewerbsrechtlichen Beurteilung für die Wesentlichkeit einer Eigenschaft an. Diese ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen auch nach Auffassung des Senats gegeben.
ccc. Diese zutreffende Einschätzung des Landgerichts zur Wesentlichkeit der Eigenschaft wird auch durch weitere objektive Kriterien gestützt. Die von der Antragstellerin angeführte deutsche Norm DIN EN 13795-1 enthält zwar in Tabelle 2 die "Bei Operationsabdecktüchern zu bewertenden Eigenschaften". Gleichwohl handelt es sich hierbei aus dem Regelungszusammenhang der Norm entgegen der Auffassung der Antragstellerin offenbar nicht um eine abschließende Regelung für alle denkbaren Einsatzbereiche, die für weitergehende Beurteilungskriterien keinen Raum lässt. Die zitierte Norm bestimmt in Absatz 3 von Ziffer 1 ihren Anwendungsbereich selbst wie folgt: "EN 13795 befasst sich nicht mit Anforderungen an die Entflammbarkeit von in der Laserchirurgie verwendeten Produkten. Geeignete Prüfverfahren für die Entflammbarkeit und den Widerstand gegen die Durchdringung durch Laserstrahlen, zusammen mit einer geeigneten Klassifizierung, sind in EN ISO 11810 angegeben." Daraus folgt nach dem Verständnis des Senats, dass jedenfalls für den speziellen Einsatzbereich der Laserchirurgie weitere Eigenschaften von Bedeutung sein können, die von den allgemeinen Kriterien der Verkehrsfähigkeit von OP-Abdecktüchern nicht bzw. nicht vollständig erfasst werden. Diesem Verständnis vermag auch der als Anlage ASt25 vorgelegte Versuchsbericht der E. Elektromedizin GmbH nicht die Grundlage zu entziehen, wonach das Material unterschiedlicher Hersteller - auch der Parteien - bei einer Exposition von OP-Abdecktüchern mit heißen Elektroden oder einem heißen Plasmastrahl nicht entflammt ist. Denn DIN EN 13795-1 besagt im unmittelbaren Anschluss an die oben zitierte Passage: "Zusätzliche grundlegende Anforderungen, die für Operationsmäntel und -abdecktücher gelten, sind in weiteren Europäischen Normen festgelegt." Danach erscheint es so, als ob zumindest der Normgeber auch für OP-Materialien im Einsatzbereich der Laserchirurgie im Hinblick auf deren Brennbarkeit weitere Prüfungs- und Klassifizierungsvoraussetzungen für erforderlich hält. Vor diesem Hintergrund muss es der Antragsgegnerin gestattet sein, in objektiver Weise vergleichend auf die Frage der Brennbarkeit hinzuweisen. Nichts anderes besagt auch die von dem Mitarbeiter der Antragstellerin, Dr. A.E., für die Erfüllung der Normvoraussetzungen zur Brennbarkeit gegebene Begründung: "Die Produkte enthalten keine leicht entflammbaren oder brandfördernden Materialien, welche hier zu einer erhöhten, über das normale Maß hinausgehenden Gefährdung führen könnten." (Anlage ASt16). Diese Erklärung lässt ohne weiteres erkennen, dass die OP-Tücher der Antragstellerin zwar den insoweit einzuhaltenden Mindeststandards entsprechen, aber ohne weiteres zusätzliche Verbesserungen denkbar sind. Denn die - negative - Abwesenheit von leicht entflammbaren bzw. brandfördernden Materialien besagt nichts Abschließendes über die Möglichkeit weiterer - positiver - Maßnahmen zur Brandverhütung. Die Tatsache, dass eine erhöhte, über das normale Maß hinausgehende Gefährdung bei den Produkten der Antragstellerin nicht vorhanden ist, muss die Antragsgegnerin nicht daran hindern, damit zu werben, dass ihre Produkte diese Vorgaben übertreffen und Brandgefahren in besonderem Maße verhindern. Selbst das von der Antragstellerin zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes in zweiter Instanz eingereichte Privatgutachten "Brennbarkeit von OP-Textilien" durch o. Technologie & Innovation GmbH vom 05.08.04 (Anlage ASt22) stützt letztlich die Auffassung der Antragsgegnerin. Der Gutachter führt unter Ziff. 2.4. u.a. aus: "In Abhängigkeit vom chemischen Aufbau der Fasern und der Gewebestruktur unterscheiden sich verschiedene Textilien in ihrem spezifischen Brandverhalten und das kann auch Einfluss auf das Brandgeschehen haben. Wie groß und relevant dieser mögliche Einfluss in einem realen Brandfall tatsächlich ist, darüber lassen sich seriös keine allgemeingültigen Aussagen treffen" (Unterstreichung durch den Senat). Wenn dem auch aus sachverständiger Sicht so ist, kann es der Antragsgegnerin wettbewerbsrechtlich nicht verwehrt sein, auf die Frage des Brandverhaltens verschiedener OP-Materialien vergleichend hinzuweisen.
ddd. Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die in zweiter Instanz unmittelbar vor dem Senatstermin als Anlage ASt26 vorgelegte Norm EN ISO 11810 "Optik und optische Instrumente - Laser und Laseranlagen - Prüfverfahren zur Laserresistenz von Operationstüchern und/oder anderen Abdeckungen zum Schutz des Patienten" nunmehr erstmalig hinreichend konkret vorträgt, der Verordnungsgeber habe die von der Antragsgegnerin herausgehobene Entflammbarkeit in weiteren relevanten technischen Normen gerade nicht als wesentliche Eigenschaft angesehen, ist ihr Sachvortrag in der Berufungsinstanz nicht mehr berücksichtigungsfähig.
(1) Inländische oder europäische Normen wie DIN bzw. EN sind nicht Bestandteil der geltenden inländischen Rechtsordnung, welche das zur Entscheidung berufene Gericht zu kennen bzw. von Amts wegen zu ermitteln hat. Es handelt sich bei ihnen auch nicht um Statuten i.S.v. § 293 ZPO, die ebenfalls in bestimmten Umfang Gegenstand der Amtsermittlung sein können. DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (BGH NJW 1998, 2814, 2815; BGH NJW-RR 91, 1445, 1447 - Sahnesiphon). Deshalb sind sie nur zu berücksichtigen, wenn sie von den Parteien im Rahmen von § 130 Nr. 3 bis 5 ZPO vorgetragen werden.
(2) Die Vorlage der EN ISO 11810 erst in der Berufungsinstanz unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung - verbunden mit umfangreichem, hierauf bezogenem Vortrag - beruht auf Nachlässigkeit der Antragstellerin. Ihre Berücksichtigung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist gem. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 3 ZPO prozessual unzulässig. Die Norm datiert von September 2002 und konnte damit bei Einleitung des Verfügungsverfahrens bereits vorgetragen werden. Hierzu hatte die Antragstellerin auch jede Veranlassung. Denn in der von der Antragstellerin bereits erstinstanzlich als Anlage ASt14 eingereichten Norm DIN EN 13795-1 wird in Ziffer 1 Abs. 3 unter der Überschrift "Anwendungsbereich" ausdrücklich auf die EN ISO 11810 Bezug genommen. Dort heißt es: "Geeignete Prüfverfahren für die Entflammbarkeit und den Widerstand gegen die Durchdringung durch Laserstrahlung, zusammen mit einer geeigneten Klassifizierung sind in EN ISO 11810 angegeben." Diesem Hinweis konnte die Antragstellerin - ebenso wie der Senat (s.o.) - mit aller Deutlichkeit entnehmen, dass zusätzliche Normen bestanden. Sofern sie sich hierauf zur Begründung ihres Antrags ebenfalls stützen wollte, hätte es ihr oblegen, diese Normen so rechtzeitig vorzulegen, wie es dem Gebot der Prozessförderungspflicht entsprach. Selbst wenn die Antragstellerin - die die Anlage ASt14 erst bei Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung im Kammertermin vorgelegt hatte - zu diesem Zeitpunkt aus berücksichtigungsfähigen Gründen keine Gelegenheit mehr gehabt haben sollte, die weitere Norm zu ermitteln und vorzulegen, hätte sie dies spätestens mit der Berufungsbegründung nachholen müssen. Eine spätere Vorlage - zumal 2 Tage vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz - beruht erkennbar auf Nachlässigkeit.
(3) Dementsprechend hat der Senat keine Veranlassung, sich mit den inhaltlichen Vorgaben der EN ISO 11810 konkret auseinander zu setzen und diese der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zu Grunde zu legen. Es hat bei den oben unter ccc. angestellten allgemeinen Überlegungen zu bleiben. Allerdings zeigt schon der Wortlaut der Norm, dass der Frage der Brennbarkeit von OP-Abdeckmaterial - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - unter bestimmten Umständen ohne weiteres eine erhebliche Relevanz zu kommen kann. Der Senat hat wegen der prozessual unzulässig verspäteten Vorlage dieser Norm auch keine Veranlassung, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der von der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin durchgeführte Entflammbarkeitstest auf der Grundlage der Vorgaben der EN ISO 11810 sachgerecht war und zu verwertbaren Ergebnissen führen konnte.
cc. Der Vergleich verliert jedenfalls auch dann nicht seine Objektivität, wenn man unterstellt, dass die Materialien der Antragsgegnerin Schmelztropfen ausbilden, die ihrerseits schwerwiegende Folgen haben können und u.U. Brandherde darstellen. Zwar mögen die insoweit von Dr. M.H. und dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin durchgeführten Brennversuche den Vorgaben der DIN 66083 über den "Kennwert für das Brennverhalten textiler Erzeugnisse - Textile Flächengebilde für Arbeitskleidung" sowie der EN ISO 6041 zur "Messung der Flammenausbreitungseigenschaften vertikal angeordneter Proben" entsprochen haben. Die dort niedergelegten Untersuchungsbedingungen sind aber für die Beurteilung der Brennbarkeit von OP-Abdecktüchern erkennbar ungeeignet. Denn eine vertikale Probenanordnung ist insbesondere für das Brandrisiko durch Laserstrahlen praktisch auszuschließen. Dies dürfte nunmehr auch die Antragstellerin mit der Vorlage der EN ISO 11810 erkannt haben, die etwa unter Ziffer 4.2.2. detaillierte Vorgaben für die Prüfungsanordnung bei laserinduzierter Entzündung enthält. Dementsprechend ist es ohne Erkenntniswert, dass sich von dem Material der Antragsgegnerin Schmelztropfen bilden, wenn man eine Feuerquelle vertikal darunter hält. Für den praktischen Anwendungsbereich bei Operationen z.B. im Bereich der Laserchirurgie ist - soweit der Senat dies beurteilen kann - allein das seitliche Auftreffen einer Flamme auf horizontal liegende OP-Abdeckmaterialien von Bedeutung. Denn der Laser trifft im Regelfall in einem Winkel von weniger als 90° von oben bzw. seitlich auf den Operationsbereich. Bei dieser Art von Anwendung hat selbst der Mitarbeiter der Antragstellerin nur ein Schrumpfen des Materials der Antragsgegnerin ohne Tropfenbildung festgestellt. Dies ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung von Dr. M.H. (Anlage ASt11 mit Testmustern in Anlage ASt11.1). Dementsprechend besteht bei bestimmungsgemäßer Anwendung der OP-Materialien der Antragsgegnerin weder eine Brandgefahr noch das Risiko des Ablösens von Schmelztropfen. Darum kann der Antragsgegnerin ebenfalls nicht die Objektivität des von ihr vorgenommenen Vergleichs abgesprochen werden. Dem steht auch nicht der als Anlage ASt20 vorgelegte "Warnhinweis" entgegen, der den Produkten der Antragsgegnerin beigepackt ist und auf dem darauf hingewiesen wird: "Vorsicht: Nicht mit potenziellen Zündquellen in Berührung kommen lassen." Denn die Antragsgegnerin hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass sich ihr Produkt vollkommen resistent gegenüber Zündquellen verhält. Die Reaktionen dieses Produkts - die u.a. zur Zerstörung bzw. Unbrauchbarkeit führen - hat die Antragstellerin selbst durch ihren Versuch in Anlage ASt11 und ASt11.1. dargelegt. Das Zurückschmelzen und - je nach Winkel zur Zündquelle - Abschmelzen von Tropfen vom Material der Antragsgegnerin hat diese nicht in Abrede genommen. Ihr Vergleich bezieht sich aber auch nicht auf Brandresistenz, sondern auf Brennbarkeit. Dies sind unterschiedliche Produkteigenschaften, die auch werblich unterschiedlich betont werden dürfen.
dd. Die übrigen Eigenschaftsmerkmale im Rahmen von § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegen ebenfalls vor, wobei sich die Kriterien jedenfalls für den konkreten Anwendungsbereich weitgehend überschneiden. Eine Eigenschaft ist dann relevant, wenn ihr Vorliegen den Kaufentschluss eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers beeinflussen kann (vgl BGH GRUR 2004, 607, 612 - Genealogie der Düfte). Dies ist bei der Frage der Brennbarkeit nach den obigen Ausführungen der Fall. Die Eigenschaft ist zudem typisch. Dies ist dann der Fall, wenn die die Eigenart der verglichenen Produkte aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den Bedarf oder die Zweckbestimmung prägt und damit repräsentativ oder aussagekräftig für deren Wert als Ganzes ist (BGH GRUR 04, 607, 612 - Genealogie der Düfte). Auch diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats angesichts der vorangegangenen Ausführungen gegeben.
4. Aus den genannten Gründen scheidet eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit auch unter dem Gesichtspunkt eines von § 3 UWG zu erfassenden, den konkreten Wettbewerber entgegen § 6 Abs. 1 UWG nicht erkennbar machenden Systemvergleich aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
OLG Hamburg:
Urteil v. 24.02.2005
Az: 5 U 75/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c656e3b8fde8/OLG-Hamburg_Urteil_vom_24-Februar-2005_Az_5-U-75-04