Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Januar 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 112/08

(BPatG: Beschluss v. 27.01.2009, Az.: 27 W (pat) 112/08)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. April 2008 wird aufgehoben.

Die Marke Nr. 306 14 717 ist aufgrund des beschränkten Widerspruchs aus den Marken IR 496 380 und EU 108 274 für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" zu löschen.

Gründe

I.

Die Widersprechende hat gegen die am 16. Juni 2006 veröffentlichte Eintragung der am 6. März 2006 angemeldeten, u. a. für Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen geschützten Marke Nr. 306 14 717 dbridge -beschränkt auf die vorgenannten Waren -Widerspruch eingelegt aus ihren folgenden Marken:

1.

der seit dem 26. Juni 1985 international registrierten Marke Nr. IR 496 380 THE BRIDGE die in der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist für die Warenclasse 28: Sacs de golf sowie 2.

der am 1. April 1996 angemeldeten und seit 1. Oktober 2003 u. a. für die Waren Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reiseund Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Klasse 25: Bekleidungsstücke (ausgenommen Strümpfe, Socken, Strumpfhosen und Unterwäsche); Kopfbedeckungeneingetragenen Gemeinschaftsmarke Nr. EU 108 274 THE BRIDGE.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patentund Markenamts hat mit Beschluss vom 14. April 2008 die Widersprüche zurückgewiesen, weil trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken die jüngere Marke den erforderlichen Zeichenabstand zu diesen noch einhalte; denn infolge der unterschiedlichen Wortanfänge "THE" und "d" bestehe keine hierfür ausreichende Zeichenähnlichkeit in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht, weil diese Unterschiede nicht zu überlesen seien und der weiche Wortanfang bei der teils als "di bridsch", teils als "de bridsch" ausgesprochenen angegriffenen Marke einen anderen Klangcharakter besitze als die Widerspruchsmarken. Da beide Marken auch nicht allein durch den übereinstimmenden Bestandteil "BRIDGE" geprägt würden und die Widersprechende sich auch nicht auf eine hiermit gebildete Zeichenserie berufen könne, bestehe auch aus sonstigen Gesichtspunkten keine Verwechslungsgefahr.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die sie im Wesentlichen damit begründet, dass ihrer Ansicht nach eine kollisionsbegründende Zeichennähe in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht bestehe.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. April 2008 aufzuheben und die Marke Nr. 306 14 717 für die angegriffenen Waren der Klasse 25 zu löschen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Beschwerde hat er innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben.

In der mündlichen Verhandlung, zu welcher der ordnungsgemäß geladene Markeninhaber nicht erschienen ist, hat die Widersprechende ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, weil die einander gegenüberstehenden Marken der Gefahr einer Verwechslung unterliegen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 107, § 114 MarkenG i. V. m. Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies BN1 PVÜ bzw. § 125b Nr. 1 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität und Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von ihnen erfassten Waren. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und -davon abhängig -der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) -PICASSO; BGH GRUR 2007, 321, 322 -COHIBA). Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen den Vergleichsmarken die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr.

a) Die Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" sind in den Warenverzeichnissen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke EU 108 274 identisch enthalten. Die Schuhwaren der angegriffenen Marke sind mit den Bekleidungsstücken und Kopfbedeckungen der Widerspruchsmarke EU 108 274 durchschnittlich ähnlich (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 279 f.).

Eine durchschnittliche Ähnlichkeit besteht auch zwischen den zugunsten der Widerspruchsmarke IR 496 380 in Deutschland allein geschützten "Sacs de golf" und den Bekleidungsstücken, Schuhwaren, Kopfbedeckungen der angegriffenen Marke als sich ergänzende Waren (ebenso Richter/Stoppel, a. a. O., S. 126 zum Verhältnis Golfschläger/Bekleidungsstücke). Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Golfgeschäften bzw. den Golfabteilungen von Warenhäusern Golftaschen neben speziellen Bekleidungsstücken, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für den Golfsport angeboten werden.

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte durchschnittlich.

c) Im schriftbildlichen Gesamteindruck sind sich die Vergleichsmarken nicht in einer verwechslungsbegründenden Weise ähnlich, da die Widerspruchsmarken sich aus zwei Wortelementen zusammensetzen, wogegen die jüngere Marke nur aus einem Wort besteht. Hinzu kommen die nicht zu übersehenden schriftbildlichen Unterschiede zwischen dem ersten Buchstaben "d" der jüngeren Marke und dem den Widerspruchsmarken vorangestellten Wort "THE". Dabei ist zu beachten, dass Anfangselemente von Wörtern den bildlichen Gesamteindruck stärker bestimmen als die Wortmitte (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 9 Rdn. 143).

Anders verhält es sich bei einem phonetischen Vergleich der Marken "dbridge" und "THE BRIDGE". Beachtliche Teile des Verkehrs werden den Anfangsbuchstaben der jüngeren Marke als "de" aussprechen. In diesem Fall stimmen die Marken in der Silbenzahl, der Vokalfolge und insbesondere in dem Bestandteil "BRIDGE" überein. Bei einer nicht ganz ordnungsgemäßen Aussprache des "TH" der Widerspruchsmarken sind Fälle des Sich-Verhörens nicht mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. Vor allem unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen, etwa bei telefonischen Bestellungen, kann es zu Markenverwechslungen kommen.

Die Gesamtabwägung teilweiser Warenidentität und im Übrigen durchschnittlicher Warenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und nicht unbeträchtlicher phonetischer Markenähnlichkeit ergibt, dass vom Bestehen einer Verwechslungsgefahr auszugehen ist. Die angegriffene Marke ist deshalb, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, im beantragten Umfang zu löschen.

Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Dr. Albrecht Schwarz Kruppabr/Me






BPatG:
Beschluss v. 27.01.2009
Az: 27 W (pat) 112/08


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