Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 21. Februar 2002
Aktenzeichen: 1 K 8523/99

(VG Köln: Urteil v. 21.02.2002, Az.: 1 K 8523/99)

Tenor

Die Beklagte wird unter Ànderung des Bescheides der Regulierungsbe-hörde für Telekommunikation und Post vom 13.09.1999 verpflichtet, der Klägerin die Genehmigung der Entgelte für die Óberlassung von Standard-Kollokationsräumen in den in diesem Bescheid aufgeführten 33 Städten in zuerkannter Höhe rückwirkend zum 30.06.1999 zu erteilen.

Die Klage im Óbrigen wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin schloss mit mehreren Netzbetreibern Vereinbarungen über die Zusammenschaltung der jeweiligen öffentlichen Telekommunikationsnetze. Darin enthalten sind jährliche Entgelte für die Überlassung von Standard- Kollokationsräumen in zahlreichen Standorten in unterschiedlicher Höhe.

Unter dem 30.06.1999 beantragte die Klägerin bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) rückwirkend zum 15.04.1999 die Genehmi- gung dieser Entgelte, welche sich aus der jeweiligen Kostenposition für die Kaltmiete, einem einheitlichen Betrag für die Überlassung der gesicherten Energieversorgung (GEV) und einem Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 14,96 % zusammenset- zen.

Mit Bescheid vom 13.09.1999 genehmigte die RegTP die beantragten Entgelte nur für die Raummieten (kalt; ohne Miete der RLT- und GEV-Anlage), und zwar in erheblich geringerer, je nach Standort variierender Höhe. Die Genehmigung wurde ohne Rückwirkung erteilt und bis zum 31.12.1999 befristet. Sie bezog sich nur auf Kollokationsräume an 33 Standorten, soweit diese in bereits geschlossenen oder bis zum 22.09.1999 noch zu schließenden Zusammenschaltungsverträgen aufgeführt waren. Zur Begründung führte die RegTP im Wesentlichen aus: Aus § 39 TKG und § 6 Abs. 5 NZV folge, dass nur für solche Kollokationsräume Entgelte genehmigt wer- den könnten, die zumindest mit einem Zusammenschaltungspartner vereinbart seien. Die geltend gemachten Raummieten entsprächen nicht dem gesetzlichen Maßstab, sondern enthielten Aufschläge, die nur aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin durchzusetzen seien. Sie hätten daher nicht genehmigt werden können. Statt dessen habe sie - die RegTP - auf den Vergleichsmaßstab der RDM- Büromieten mit gutem Nutzungswert zurückgegriffen. Auf die Standorte Coburg, Göppingen, Greven/Westfalen und Ravensburg sei dieser Maßstab zwar nicht an- wendbar, da es dafür an Feststellungen für Büromieten fehle. Doch habe sie insoweit entsprechend der im Verfahren C. 00a 0 0000/E 00.00.00 angewandten Berech- nungsmethodik einen Durchschnittswert von 16,- DM/qm angesetzt. Eine rückwir- kende Teilgenehmigung komme nicht in Betracht, da dies dem Sinn und Zweck des TKG widerspreche.

Die Klägerin hat am 13.10.1999 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Entgelte für die Bereitstellung von Standard- Kollokationsräumen seien nicht gemäß § 39 TKG genehmigungspflichtig, da die Leis- tung nicht als Gewährung eines Netzzugangs beurteilt werden könne. Der Begriff des Netzzugangs in der Form der Zusammenschaltung werde vom Gesetz eng verstan- den und beschränke sich daher auf die Herstellung der physischen und logischen Verbindung der in Betracht kommenden Netze. Falls eine Genehmigung doch erfor- derlich sein sollte, habe sie - die Klägerin - darauf auch insoweit einen Anspruch, als die RegTP für die im angegriffenen Bescheid aufgeführten 33 Standorte den Antrag abgelehnt habe. Bei der Ermittlung der zulässigen Kaltmiete habe die RegTP zu Un- recht ausschließlich eine Vergleichsmarktbetrachtung vorgenommen, statt zunächst die nach § 2 TEntgV vorgelegten und ausreichenden Kostennachweise zu prüfen. Zudem sei der Mietmarkt für Büroflächen als Vergleichsmaßstab ungeeignet, da Kol- lokationsräume anderen Anforderungen hinsichtlich ihrer Lage und baulichen Aus- führung genügen müssten und für Technikgebäude eine geringere Abschreibungs- dauer anzusetzen sei. Schließlich habe sie auch einen Anspruch auf Erteilung einer nur auf den Standardvertrag bezogenen einzelvertragsunabhängigen Genehmigung, und zwar rückwirkend zum 15.04.1999. Unter diesem Datum sei erstmals eine Ver- einbarung über die Nutzung von Kollokationsräumen geschlossen worden.

Die Klägerin beantragt,

1) den Bescheid der RegTP vom 13.09.1999 aufzuheben und festzustel- len, dass die Entgelte für die Überlassung von Standard-Kollokationsräumen in den im Bescheid aufgeführten 33 Städten nicht der Genehmigungspflicht unterliegen,

2) hilfsweise, die Beklagte unter Änderung des Bescheides der RegTP vom 13.09.1999 zu verpflichten, ihr die Genehmigung der Entgelte für die Über- lassung von Standard-Kollokationsräumen in den im Bescheid aufgeführten 33 Städten in beantragter Höhe für die Zeit vom 15.4.1999 bis zum 31.12.1999 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt über die Begründung des angegriffenen Bescheides hinaus im Wesentlichen aus: Die Genehmigungspflichtigkeit der in Rede stehenden Entgelte ergebe sich aus § 39, 1. Alt. TKG. Die Überlassung von Standard-Kollokationsräumen in der von der Klägerin bereitgestellten Form falle unter das Tatbestandsmerkmal der Gewährung eines Netzzugangs. Denn darunter seien auch die nicht über das Netz erbrachten Zusatzleistungen zu verstehen, die erforderlich seien, um den Netzzugang sicherzustellen. Die teilweise Ablehnung der Entgeltgenehmigung sei zu Recht erfolgt. Eine Überprüfung der Raummiete sei anhand der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht möglich. Der Ansatz der Klägerin beruhe auf zu hohen Gebäudewerten. Um den Antrag nicht wegen Unvollständigkeit der Kostennachweise insgesamt ablehnen zu müssen, habe die RegTP den Vergleichsmaßstab der RDM- Büroraummieten mit gutem Nutzungswert herangezogen. Dieser sei geeignet. Abgesehen davon habe die Klägerin ihren Zusammenschaltungspartnern die technische Ausstattung der Kollokationsräume bereits durch die besonders genehmigten Bereitstellungsentgelte in Rechnung gestellt, so dass sie nicht nochmals über die Kollokationsraummiete in Ansatz gebracht werden dürfe. Eine rückwirkende Genehmigungserteilung komme nicht in Betracht, da eine Rückwirkung dem Sinn und Zweck der TKG-Vorschriften über die exante-Regulierung widerspre- che.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der RegTP sowie auf den Inhalt der Verfahrensakten 1 K 7079/98 (nebst Beiakten) und 1 K 4866/99 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet.

1. Der Hauptantrag ist unbegründet, da Entgelte der Klägerin für die Überlassung von Standard-Kollokationsräumen genehmigungspflichtig sind.

Nach § 39, 1. Alt. TKG gilt § 25 Abs. 1 TKG, und damit die dort geregelte Rechtsfolge der Genehmigungspflicht, für die Regulierung der Entgelte "für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35". Diese Voraussetzung ist erfüllt.

Unter dem Begriff der "Gewährung" ist all das zu verstehen, was die Nutzung des Netzzugangs erst ermöglicht. Das folgt zunächst daraus, dass § 39 TKG auf § 35 TKG Bezug nimmt und dass dort in Absatz 1 die Gewährung eines Netzzugangs mit den Worten beschrieben wird: "..hat anderen Nutzern Zugang zu seinem Telekommunikationsnetz oder zu Teilen desselben zu ermöglichen". Ferner ist auf den Wortlaut des § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG hinzuweisen, wonach durch Rechtsverordnung geregelt wird, "in welcher Weise" ein besonderer Netzzugang, insbesondere für die Zusammenschaltung, zu ermöglichen ist. Dementsprechend regelt die Netzzugangsverordnung (NZV) nicht nur die Herstellung der physischen und logischen Netzverbindung als solche. Vielmehr betrifft sie auch die Art und Weise des räumlichen Zugangs am Zusammenschaltungspunkt. Das ergibt sich bereits aus der Überschrift des § 3 NZV: "Räumlicher Zugang (Kollokation)". Noch deutlicher heißt es in § 3 Abs. 2 NZV, der Betreiber habe der Verpflichtung zur entbündelten Leistung nach Abs. 1 "durch die Unterbringung der für die Nutzung der Leistung nach Absatz 1 erforderlichen Einrichtungen in seinen Räumen nachzukommen ("physische Kollokation") und dem Nutzer oder dessen Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren".

Dass auch im vorliegenden Falle mit der Überlassung eines Kollokationsraumes der Netzzugang in diesem Sinne erst ermöglicht wird, ergibt sich schließlich mit Deutlichkeit aus den Erläuterungen der Klägerin, die diese im Rahmen eines vergleichbaren anderen Antrages gemacht hat. Dort (BA II, 199 zu 1 K 7079/98) heißt es nämlich: "Die E. bietet ihren ICP für die Zusammenschaltung IC-Anschlüsse in der Ausführung Physical Co-Location an. Hierfür wird ein multifunktionaler Raum bereitgestellt, der die Basis für die physische Kollokation bildet (Grundausstattung). Zweck dieses Raumes ist es, für die ICP der E. eine geeignete Infrastruktur bereitzustellen, um die Zusammenschaltung bzw. den Anschluss des Inter-Building-Abschnittes in den Räumlichkeiten der E. zu realisieren".

2. Der Hilfsantrag ist im Wesentlichen ebenfalls unbegründet.

2.1 Das Telekommunikationsgesetz normiert nicht ausdrücklich, unter welchen Voraussetzungen eine Entgeltgenehmigung zu erteilen ist. Es regelt in § 27 Abs. 3 nur den Fall der Versagung der Genehmigung. Doch kann aus dieser Vorschrift sowie aus dem Umstand, dass wegen der Grundrechtsrelevanz (Art. 14 und 12 GG) des Genehmigungserfordernisses nichts für eine Ermessensentscheidung spricht, jedenfalls im Umkehrschluss gefolgert werden, dass die Genehmigung zu erteilen ist, wenn keine Versagungsgründe vorliegen.

Nach § 39 i.V.m. §§ 25 Abs. 1, 27 Abs. 1 Nr. 1 und 27 Abs. 3 TKG ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Entgelte den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 TKG oder offenkundig den Anforderungen des § 24 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 TKG nicht entsprechen oder wenn sie mit diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang stehen. Im Sinne der vorletzten Alternative steht ein Entgelt "mit diesem Gesetz" u.a. dann nicht in Einklang, wenn es sich abweichend von § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientiert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Orientierung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht nur eine bloße gesetzgeberische Zielvorstellung, der neben den Anforderungen des § 24 Abs. 2 TKG keine selbständige regulatorische Bedeutung zukommt. Ebenso wenig lässt sich einwenden, aus § 24 Abs. 1 TKG ergebe sich lediglich eine Bezugsgröße, die eine Prüfung der maßgeblichen Tatbestände des § 24 Abs. 2 TKG erleichtere bzw. ermögliche,

so aber: Wegmann, Regulierte Marktöffnung in der Telekommunikation, 1. Aufl. 2001, S. 310, 311.

Gegen eine derartige Sichtweise spricht bereits der eindeutige Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG, wonach Entgelte sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu orientieren und den Anforderungen nach Absatz 2 zu entsprechen haben. Es handelt sich somit um kumulativ normierte Voraussetzungen. Das bedeutet, dass die Genehmigung schon dann zu versagen ist, wenn eine dieser Voraussetzungen - hier möglicherweise die der Orientierung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung - fehlt. Ob darüber hinaus auch einer der in § 25 Abs. 2 TKG normierten sog. Missbrauchstatbestände erfüllt ist oder nicht, ist dann nicht entscheidungserheblich.

Darauf, dass die Orientierung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung vom Gesetzgeber als unerlässliche Genehmigungsvoraussetzung auch gewollt ist, deutet ferner die Begründung des mit dem Text des § 24 TKG übereinstimmenden § 23 des Gesetzentwurfs hin. Denn dort

BT-Drs. 13/3609, S. 42,

heißt es, die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung seien Ausgangspunkt der Entgeltprüfung. Daraus lässt sich zwanglos ableiten, dass die Genehmigung - jedenfalls - dann zu versagen ist, wenn die Entgeltprüfung bereits im Ausgangspunkt negativ verläuft.

Bestätigt wird diese Auslegung durch § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG, worin für Fälle der Einzelentgeltgenehmigung der Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung sogar ausschließlich genannt wird.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass § 25 Abs. 1 TKG den Maßstab für die Entgeltbeurteilung nicht etwa auf die in § 24 Abs. 2 TKG genannten, am Kartellrecht ausgerichteten negativen (Missbrauchs-) Voraussetzungen beschränkt, sondern eine Genehmigung "nach Maßgabe der §§ 24 und 27 bis 31", also einschließlich der Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 TKG, vorsieht.

Gegen die hier vertretene Auffassung

ebenso ohne weiteres: Schuster/Stürmer, a.a.O., § 24 Rn. 13 ff; Spoerr in Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 1. Aufl., § 24 Rn. 62

spricht auch nicht die Vorschrift des § 30 Abs. 4 TKG über die ex post- Regulierung. Zwar ist darin nur eine Entgeltprüfung anhand des Maßstabes des § 24 Abs. 2 TKG vorgesehen. Doch beruht dies auf den Besonderheiten einer nachträglichen Regulierung, die sich - ebenso wie die Preismissbrauchskontrolle nach § 19 Abs. 4 GWB - wesentlich von der hier einschlägigen ex ante-Regulierung nach § 25 Abs. 1 TKG unterscheidet.

Zusätzlich ist bei der Auslegung zu beachten, dass das Telekommunikationsgesetz neben der Realisierung des Verfassungsauftrages aus Art. 87 f GG auch der Umsetzung der europäischen Entscheidungen zur Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte dient,

so die Begründung des TKG-Gesetzentwurfs: BT-Drs. 13/3609, S. 34.

Mithin ist u.a. bedeutsam, was das Gemeinschaftsrecht im Zeitpunkt des Erlasses des Telekommunikationsgesetzes den Mitgliedstaaten in Bezug auf den Kostenmaßstab vorgab. Schon in Anhang 2, Ziffer 4 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28.06.1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs, ABl. EG Nr.L 192 S. 1, hieß es, dass Tarife "grundsätzlich an den Kosten orientiert" sein müssen. Ähnlich heißt es in Art. 7 Abs. 2 der den hier maßgeblichen Bereich der Zusammenschaltung betreffenden Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997, ABl. EG Nr.L 199 S. 32, dass Zusammenschaltungsentgelte dem Grundsatz der Kostenorientierung unterliegen. Ist aber ein Tarif, der nicht dem Grundsatz der Kostenorientierung entspricht, gemeinschaftsrechtlich ohne weiteres, d.h. ohne Erfüllung zusätzlicher Missbrauchskriterien, unzulässig, so besteht keinerlei Anlass, das diesen Maßstab umsetzende nationale Recht abweichend auszulegen. Andernfalls würde der sich klar und deutlich aus der Gesetzesbegründung ergebende Wille des TKG- Gesetzgebers zur Erfüllung gemeinschaftsrechtlicher Umsetzungsverpflichtungen verfehlt.

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der telekommunikationsrechtliche Verordnungsgeber die exante-Entgeltregulierung nicht auf die Prüfung der Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 TKG reduziert. Vielmehr hat er in § 3 Abs. 1 TEntgV der RegTP den obligatorischen Prüfauftrag erteilt, "ob und inwieweit die beantragten Entgelte sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Sinne des Absatzes 2 orientieren". Er hat damit den Maßstab des § 24 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. TKG als eigenständige Genehmigungsvoraussetzung ausdrücklich bestätigt.

Wie sich die Absätze 1 und 2 des § 24 TKG ansonsten zueinander verhalten, insbesondere welche nicht schon von Absatz 1 erfassten Fälle in Absatz 2 geregelt sind, braucht aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht beantwortet zu werden, da die RegTP - wie noch darzustellen sein wird - eine ordnungsgemäße Prüfung anhand des Maßstabes des Absatzes 1 hier nicht durchgeführt hat.

2.2 Zur Beantwortung der mithin entscheidungserheblichen Frage, ob und inwieweit sich die über die erteilte Genehmigung hinaus von der Klägerin beantragten Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientieren, ist die diesen Maß- stab konkretisierende

so auch: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, Kommentar, a.a.O., § 27 Anhang Rn. 22,

Vorschrift des § 3 Abs. 2 TEntgV heranzuziehen. Danach ergeben sich die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung "aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, jeweils einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind".

Wie sich aus § 3 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 TEntgV ergibt, muss die RegTP von den vom beantragenden Unternehmen gemäß § 2 Abs. 2 TEntgV vorzulegenden Kostennachweisen ausgehen. Das bedeutet, dass sie zunächst zu prüfen hat, welche der geltend gemachten Kosten durch diese Unterlagen nachgewiesen und ob diese nachgewiesenen Kosten nach § 3 Abs. 2 TEntgV berücksichtigungsfähig sind,

ähnlich: Manssen, a.a.O. § 27 Anhang Rn. 7 und 20; Schütz/Müller, MMR 1999, 128 (131); Schuster/Stürmer, a.a.O., Anh § 27 § 3 TEntgV, Rn. 1.

Zusätzlich soll die Regulierungsbehörde in diesem Prüfungsrahmen insbesondere eine Vergleichsmarktbetrachtung nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 TEntgV durchführen.

Anschließend ist in einem weiteren Schritt gemäß § 3 Abs. 4 TEntgV zu prüfen, ob nachgewiesene weitere Aufwendungen, die den Rahmen des § 3 Abs. 2 TEntgV übersteigen und daher für die effiziente Leistungsbereitstellung nicht notwendig sind, gleichwohl berücksichtigt werden können, weil hierfür eine rechtliche Verpflichtung besteht oder das beantragende Unternehmen eine sonstige sachliche Rechtfertigung nachweist.

Die Kammer hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen. Insbesondere bestehen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, dass darin nicht nur Verfahrensfragen normiert sind, sondern wesentliche materielle Kostenregelungen getroffen werden. Die Ermächtigung in § 27 Abs. 4 Satz 1 TKG, "die in Absatz 1 genannten Genehmigungsarten näher zu regeln", beschränkt sich nämlich nicht auf Verfahrensfragen. Vielmehr umfasst der Begriff der Genehmigungsarten auch die Frage, was mit der in § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG - im Unterschied zu Nr. 2 - genannten "Grundlage der auf die einzelne Dienstleistung entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung" gemeint ist. Lässt sich aber - wie hier - der Inhalt der Verordnungsermächtigung durch Auslegung (Wortlaut und Systematik) ermitteln, genügt diese auch den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG,

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4.5.1997, NJW 1998, 669 (670) und vom 01.08.1987, NVwZ 1988, 345 (346).

2.3 Ausgehend davon hat die RegTP im Ergebnis zu Recht eine im Vergleich zum angegriffenen Bescheid betragsmäßig höhere Entgeltgenehmigung abgelehnt. Im Einzelnen ist dazu auszuführen:

2.3.1 In Bezug auf die Raummiete sind die Angaben in der Anlage zum Entgeltantrag vom 30.06.1999 als "Kostennachweis" i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 TEntgV anzusehen. Die darin enthaltene bloße Bezifferung der Raummiete pro Quadratmeter in den jeweiligen Städten stellt aber nur eine Kostenbehauptung dar. Von einem Nachweis im materiellen Sinne kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil es an Belegen dafür fehlt, dass es sich bei diesen Beträgen um der Klägerin tatsächlich entstandene Kosten handelt. Zwar hat sie in der mündlichen Verhandlung erstmals behauptet, diese Betragsangaben seien zwischen ihr und der U. tatsächlich geschlossenen Mietverträgen entnommen. Doch lässt sich für die Richtigkeit dieser Behauptung nichts aus den für die Kostenprüfung gemäß § 3 Abs. 1 TEntgV allein maßgeblichen Antragsunterlagen entnehmen. Außerdem hat die Klägerin die entsprechenden Mietverträge nicht vorgelegt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Mietbeträge von der U. in Rechnung gestellt wurden, fehlte es an nachprüfbaren Anhaltspunkten oder gar an Belegen dafür, dass auch eine entsprechende tatsächliche Vermögensverschiebung zwischen der Klägerin und ihrer 100%-igen Tochter U. stattgefunden hat. Zwar mag es entsprechende Buchungsvorgänge geben. Doch besagt dies nichts darüber, ob diese Buchungen aussagekräftig und realistisch sind. Abgesehen davon wird deren Bedeutung zusätzlich dadurch verringert, dass die U. nicht Eigentümerin der Kolloka- tionsräume ist, von der Klägerin rechtlich beherrscht wird und nur die Verwaltung der Immobilien der Klägerin betreibt. Insgesamt gesehen kann derartigen Buchungsvor- gängen im Rahmen einer TKG-Entgeltprüfung somit kein höherer Stellenwert zukom- men, als wenn die Klägerin sich selbst eine Kostenrechnung unmittelbar, d.h. ohne den buchungstechnischen Umweg über die U. , ausgestellt hätte. Wollte man dies gleichwohl als Kostennachweis ausreichen lassen, könnte von einer den Zielen des TKG entsprechenden regulatorischen Entgeltprüfung nicht mehr die Rede sein. Denn diese erfordert angesichts des auf Herstellung eines chancengleichen und funktionsgerechten Wettbewerbs gerichteten Zwecks der Regulierung (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 TKG), dass die vom Marktbeherrscher präsentierten Zahlen und Rechenwerke genau und besonders sorgfältig hinterfragt werden. Dieser kritische Ansatz hat - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin - nichts mit Voreingenommenheit oder unberechtigtem Misstrauen zu tun. Vielmehr ergibt er sich aus dem Sinn und Zweck einer echten Kostenprüfung und ist in tatsächlicher Hinsicht durch von der Klägerin nicht dementierte, glaubhafte Pressedarstellungen über ihre Immobilienbewertung

vgl. etwa: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.12.2001 (Bilanzwert der Grundstücke nach unten korrigiert/Wertberichtigung von 900 Millionen DM) und vom 07.07.2001 (Rechnungshof prüft Telekom-Bilanz/Immobilien-Ab- wertung wird untersucht),

hinreichend veranlasst.

Ob andererseits der Ansatz der RegTP, die Mietkosten unter Berufung auf § 3 Abs. 3 TEntgV anhand des Immobilienpreisspiegels für RDM-Büromieten mit gutem Nutzungswert zu ermitteln, rechtmäßig ist oder ob sich die Vergleichsmarktbetrachtung nach dieser Vorschrift etwa nur auf Unternehmen aus Telekommunikationsmärkten erstrecken darf, kann hier auf sich beruhen. Denn die Klägerin hat die Entgeltgenehmigung insofern mit ihrem Hilfsantrag nicht angegriffen.

2.3.2 Soweit im Entgeltantrag Kosten für die Miete der GEV-Anlage geltend gemacht werden, sind diese im Ablehnungsbescheid ohne Begründung unberücksichtigt geblieben. Doch hat auch die Klägerin weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung irgendetwas dazu vorgetragen. Unter diesen Umständen geht die Kammer davon aus, dass diese Kostenposition nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

2.3.3 Was den Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 14,96 % angeht, so hat die Klägerin in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen zwar ebenfalls nichts an Klagebegründung vorgetragen. Andererseits hat sie jedoch in der mündlichen Verhandlung sinngemäß auf ihren umfangreichen Vortrag zu diesem Punkt in dem parallel verhandelten Verfahren 1 K 4866/99 Bezug genommen, so dass dieser Aspekt doch als Teil des Streitgegenstandes angesehen werden kann.

Der Gemeinkostenzuschlag ist in den Anlagen zum Entgeltantrag vom 30.06.1999 nur beziffert, so dass es schon aus diesem Grunde an dem erforderlichen Kostennachweis fehlt. Zusätzlich ist in Bezug auf diese Kostenposition § 2 Abs. 2 Satz 2 TEntgV zu berücksichtigen. Danach ist beim Nachweis der Gemeinkosten anzugeben "und zu erläutern", wie die Gemeinkosten der jeweiligen Dienstleistung zugeordnet werden.

Selbst wenn man jedoch entsprechend dem Hinweis auf Seite 3 (unten) des ebenfalls Kollokationsraumentgelte betreffenden Antrages aus dem Verfahren 1 K 4866/99 ergänzend auf die Angaben im Entgeltantrag vom 22.05.1998 (BA I, 146/147 zu 1 K 7079/98) zurückgreifen würde, führte dies zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Aus der dort wiedergegebenen Berechnung ergibt sich nämlich zum einen, dass z.B. Personalkosten, Managementkosten, Vertriebsprovisionen und eine Konzernumlage der Konzerncostcenter des gesamten "KGF LDC" (= Konzerngeschäftsfeld "Lizensierte Diensteanbieter/Carrier") umgelegt werden. Dies geht jedoch weit über den Bereich der hier berücksichtigungsfähigen Gemeinkosten hinaus. Zwar betrifft der Begriff der Gemeinkosten gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 TEntgV "Kosten, die sich der Leistung nicht unmittelbar zuordnen lassen", die also - wie es in § 3 Abs. 2 TEntgV heißt - "leistungsmengenneutral" sind. Bereits auf dieser Ebene fehlt es in der oben genannten zweiseitigen Darstellung indes an einer nachvollziehbaren, gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 TEntgV aber erforderlichen Erläuterung der Zuordnung der einzelnen Kostengruppen zur in Rede stehenden Dienstleistung,

vgl. dazu: Manssen, a.a.O., § 27 Anhang Rn. 16, 22; Schuster/Stürmer, a.a.O. Anh § 27 § 3 TEntgV, Rn. 9, 11, 12.

Nach § 3 Abs. 2 TEntgV kommt es ferner inhaltlich u.a. darauf an, ob der Zuschlag für die der jeweiligen Leistung zuordnungsfähigen Gemeinkosten "angemessen" und ob er gerade "für die Leistungsbereitstellung notwendig" ist,

vgl. dazu: Manssen, a.a.O., § 27 Anhang Rn. 25 - 27; Schuster/Stürmer, a.a.O. Anh § 27 § 3 TEntgV, Rn. 20; Spoerr, a.a.O., § 24 Rn. 25; Wegmann, a.a.O., S. 303.

Mit diesen zusätzlichen Anforderungen werden nicht etwa die Gemeinkosten begriffswidrig eingegrenzt. Vielmehr wird damit ermöglicht, was in der Betriebswirtschaftslehre für eine sachgerechte, den Anforderungen u.a. des Verursacherprinzips und der Proportionalität Rechnung tragenden Zuordnung von Gemeinkosten allgemein vertreten wird,

vgl. Busse von Colbe/Pellens, Lexikon des Rechnungswesens, 4. Aufl., Stichworte: Einzel- und Gemeinkosten sowie Prozesskostenrechnung; Wöhe, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 20. Aufl., S. 1120 ff.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich nicht feststellen, was z.B. die in der Aufstellung auf Bl. 146 (BA I zu 1 K 7079/98) genannten Kostenpositionen, wie Vertriebsprovisionen, Zinsen auf Forderungen, "Verrechnung, Querschnitt und Seko" und die Konzernumlage der Konzerncostcenter, mit der Überlassung von Kollokationsräumen auch nur mittelbar zu tun haben und dass sie für die Bereitstellung dieser Leistung sogar notwendig sind. Abgesehen davon ist zu bemängeln, dass Kosten des gesamten, von der Klägerin als übergeordneter Querschnitts-Funktionsbereich bezeichneten Konzerngeschäftsfeldes LDC umgelegt werden, obwohl die Geschäftsbeziehungen zu lizensierten Diensteanbietern/Carriern weit über das hinausgehen, was dem hier allenfalls einschlägigen Funktionsbereich der Netzzusammenschaltung/Netzzugänge für Wettbewerber zugeordnet werden kann. Schließlich fehlt es an einer prüfungsfähigen Angabe und Erläuterung der auf Bl. 147 (BA I zu 1 K 7079/98) unter Ziff. 2 bis 6 aufgeführten "Kosten des KGF ohne Gemeinkosten" und an entsprechenden Belegen.

All diese Mängel sind derart gravierend, dass sie sich auf den geltend gemachten Gemeinkostenzuschlag insgesamt auswirken, so dass dieser auch nicht teilweise anerkannt werden kann.

2.4 Soweit die Beteiligten darüber streiten, ob die Entgeltgenehmigung vom einzelnen Zusammenschaltungsvertrag unabhängig oder nur einzelvertragsbezogen erteilt werden kann oder muss, ist diese Frage im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich.

Dem Genehmigungsantrag vom 30.06.1999 ist nichts dafür zu entnehmen, dass er losgelöst von Einzelverträgen gestellt werden sollte. Im 2. Abschnitt dieses Antrages heißt es nämlich:

"Zur Vermeidung von Missverständnissen weisen wir noch einmal ausdrücklich auf die von uns vertretene Rechtsauffassung zur Genehmigungspflicht und zur Frage der Einzelgenehmigung hin; die Antragstellung erfolgt daher rein vorsorglich und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht".

Daraus folgt, dass dieser Antrag gerade nicht einzelvertragsunabhängig gestellt sein sollte.

Auch ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem Klageantrag zu 2) inhaltlich über diesen Genehmigungsantrag vom 30.06.1999 hinausgehen will.

2.5 Teilweise begründet ist der Hilfsantrag insoweit, als er auf rückwirkende Erteilung der Genehmigung in der bewilligten Höhe gerichtet ist.

Die Kammer und das OVG NRW

vgl.: VG Köln, Urteil vom 30.08.2001 - 1 K 10404/98 -; OVG NRW, Beschluss vom 14.12.2001 - 13 B 1362/01 -,

haben die Frage der rückwirkenden Erteilung der Genehmigung von Wettbewerberentgelten bereits bejaht. Die Gründe sind den Beteiligten bekannt und müssen daher hier nicht wiederholt werden.

Was jedoch den Zeitpunkt der Rückwirkung angeht, so spricht nichts für das beantragte Datum des 15.04.1999. Die Klägerin behauptet nur, dass an diesem Tage erstmals eine Vereinbarung über die Nutzung von Kollokationsräumen in 33 Städten getroffen worden sei. Doch fehlt es am Nachweis, dass für die Kollokationsräume in den im Bescheid genannten Städten bereits am 15.04.1999 - insgesamt oder zumindest zum Teil - mit Nutzern geschlossenene Einzelverträge vorlagen. Unter diesen Umständen kann die grundsätzlich für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzunehmende Rückwirkung hier keine Berücksichtigung finden. Vielmehr ist als minus der Zeitpunkt des Genehmigungsantrages (30.06.1999) anzusetzen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 21.02.2002
Az: 1 K 8523/99


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