Landgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 23. September 2008
Aktenzeichen: 3-5 O 110/08, 3-5 O 110/08

(LG Frankfurt am Main: Beschluss v. 23.09.2008, Az.: 3-5 O 110/08, 3-5 O 110/08)

Tenor

Der Antrag auf Auskunftserteilung wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben jeweils Hälfte der gerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen; und der Antragsgegnerin jeweils die Hälfte der außergerichtliche Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf EUR 20.000,-- festgesetzt.

Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin.

Am 29.5. 2008 fand die ordentliche Hauptversammlung 2008 der Antragsgegnerin statt. Gegenstand der Tagesordnung war unter anderem die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2), die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Jahr 2007 (Top 3 und 4), die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2008 (TOP 5) sowie die Wahl von zum Aufsichtsrat (TOP 9) und weitere Beschlussfassungen. Wegen der Einzelheiten der Tagesordnung wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung der Bekanntmachung (Anlage AG 1als Anlage 1 zur notariellen Niederschrift, Anlagenband Anlagen zum Schriftsatz vom 9.7.2008) verwiesen.

Die Antragsteller hielten vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt €auf der Hauptversammlung Redebeiträge und stellten Fragen. Über die Hauptversammlung erstellte der Notar Dr. €. eine notarielle Niederschrift zu UR-NR. 56/08. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Protokolls (Anlage AG 1, Sonderband Anlagen zum Schriftsatz vom 9.7.2008) verwiesen. Ebenso wurde ein stenographisches Protokoll der wörtlichen Beiträge in der Hauptversammlung angefertigt.

Die streitgegenständlichen Fragen von 1-22 sind vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller gestellt worden, die weiteren Fragen hätten Aktionäre oder Aktionärsvertreter gestellt und alle sind als unbeantwortet zu Protokoll des Notars gerügt worden.

Die Antragsteller behaupten, diese Fragen seien ihnen unzureichend oder überhaupt nicht beantwortet worden, wohingegen Fragen beantwortet worden seine, die niemand gestellt habe. Dies sei auch in der Hauptversammlung vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller gerügt worden. Es habe von Beginn an eine Rede- und Fragezeitbeschränkung gegeben, weswegen der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller seine als nicht beantworteten Fragen am Saalmikrofon nicht zu Protokoll des Notars habe geben können.

Gegenüber der vom Versammlungsleiter gemachten Feststellung an Ende der Hauptversammlung, sämtliche Fragen seinen beantwortet worden, habe sich der Verfahrensbevollmächtigter Antragsteller ebenso wie andre Aktionäre verwahrt.

Mit dem Antrag vom 8. Juni 2007 macht der Antragsteller einen Auskunftsanspruch gemäß § 132 AktG geltend und verlangt die Beantwortung folgender Fragenkomplexe:

1. Können Sie der Hauptversammlung mit einfachen und verständlichen Worten € so, dass sie auch ein Laie versteht € erklären, was ein CMS Spread Ladder Swap, was ein Zins-Währungs-Swap und was ein Cross Currency Swap ist und welche Chancen ein Kunde bei derartigen Derivategeschäften hat und welche Risiken eingeht € Bitte teilen Sie uns € jeweils sowohl bezogen auf den Berichtszeitraum wie auch auf die vergangenen fünf Jahre, untergliedert nach einzelnen Jahren € die jeweilige Gesamtsumme der vorgenannten Derivategeschäfte, die dadurch erzielten Erlöse, die Anzahl der Kunden und die betroffenen Kundenkreise, den Gesamtbetrag der Verluste der Kunden, die Höhe der € untergliedert € außergerichtlich und gerichtlich geltend gemachten Schadensersatzansprüche, die Höhe und die Empfänger der € ich bitte um Einzelangabe - aufgrund von Urteilen oder Vergleichen gezahlten Beträge, Anzahl und Schadensvolumen der ganz oder teilweise zugunsten von Kunden ergangenen Urteile und das maximal mögliche Schadensrisiko für unser Unternehmen mit. Wie hoch ist der Gesamtbetrag der möglicherweise noch drohenden Ansprüche, in wie vielen Fällen ist € untergliedert € die Deutsche Bank AG rechtskräftig oder nicht rechtskräftig unterlegen oder hat Vergleiche abgeschlossen, wie hoch ist der jeweilige Gesamtbetrag und hat die Deutsche Bank AG und wenn ja, in welcher Höhe, im Einzel- oder Konzernabschluss Rückstellungen für diese Ansprüche gebildet€

2. Wie viele und welche Zweckgesellschaften (SPV, SIV) € ich bitte um namentliche Nennung - unterhält die € AG und/oder hat sie in den vergangenen fünf Jahren unterhalten, die nicht im Konzernabschluss konsolidiert werden€ In welchem Umfang handelt es sich um "eigene" Zweckgesellschaften und welche Zweckgesellschaf ten werden im Interesse von welchen Kunden betrieben€ Wie hoch ist das Gesamtvolumen der von diesen Zweckgesellschaften als Assets gehaltenen und der von diesen Zweckgesellschaften ausgegebenen Wertpapiere€ Gibt es und wenn ja, in welcher Höhe, offene oder verdeckte Finanzierungszusagen, Non- oder Limited-Recourse Finanzierungen oder sonstige Vereinbarungen, aus denen in der Vergangenheit oder Zukunft Finanzierungsnotwendigkeiten erwachsen oder erwachsen sind€ Wo sind diese Zweckgesellschaften örtlich angesiedelt und in welcher Rechtsform€

3. Wie man lesen und hören kann, ist die € AG einer der weltweit größten Akteure im Geschäft mit der Verbriefung von Krediten. Wie hoch ist das Gesamtvolumen - untergliedert nach dem Berichtszeitraum und den vorangegangenen fünf Jahren € von der unter Mitwirkung der € AG emittierten Kreditverbriefungen, und zwar untergliedert in Wohn- und Gewerbeimmobilien in den USA, in Europa und Fernost sowie bei Übernahmefinanzierungen, wie hoch ist € prozentual und nach absoluten Beträgen € bei der Kreditverbriefung der Anteil eigener und der Anteil fremder Kredite, über welche Zweckgesellschaften platziert die € AG und/oder ihre Konzerngesellschaften eigene Kredite oder hat sie in den vergangenen fünf Jahren platziert und wie hoch sind die aus der Platzierung eigener Kredite resultierenden wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken€

4. Welche Funktionen haben die € AG und/oder ihre Konzernunternehmen im Bereich der strukturierten Kredite und namentlich der Verbriefung von US-Immobilienkrediten sowie Krediten zur Übernahmefinanzierung übernommen€ In welchem Umfang war die € AG selbst oder über Konzernunternehmen als Investor, Underwriter, Asset Manager und/oder Trustee and Co/lateral Administrator tätig und wenn ja € aufgegliedert nach den einzelnen Funktionen

€ bei wie vielen Emissionen mit welchem Gesamtvolumen und wie hoch waren

€ aufgegliedert nach den vergangenen fünf Jahren € die damit erzielten Erlöse, und zwar untergliedert in unter schiedliche Arten der Vergütung wie Provisionen, Festvergütungen, Gewinnbeteiligungen etc.€

5. In welchen Funktionen war die € AG und/oder Konzernunternehmen für die Zweckgesellschaften der €. AG ("I.. AG") € namentlich €. € sowie bei den von diesen Zweckgesellschaften erworbenen und emittierten strukturierten Krediten und den die Asset Backed Securities verbriefenden anderen Zweckgesellschaften tätig, welche Erlöse € untergliedert nach den einzelnen Arten € hat die € AG und/oder ihre Konzerngesellschaften aus oder im Zusammenhang mit Tätigkeiten bei den Zweckgesellschaften der .. AG und namentlich aus den Zweckgesellschaften erzielt, die die von den Zweckgesellschaften der € AG erworbenen Asset Backed Securities platziert hatten€ Hat die €. AG und/oder eine ihrer Konzerngesellschaften über die Verbriefung von Krediten die von der € AG und/oder einer ihrer Konzerngesellschaften gewährt worden waren, Kreditausfallrisiken bei der .. € AG und/oder ihren Zweckgesellschaften oder bei der .. Kreditanstalt für Wiederaufbau platziert und wenn ja, wann und in welchem Umfang€ Hat die € AG oder eine ihrer Konzerngesellschaf ten und wenn ja, wann, durch wen und mit welchem Inhalt den Vorstand oder den Aufsichtsrat und/oder einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder andere Mitarbeiter der .. AG über die Markteinschätzung durch die eigenen Analysten und/oder die eigenen Marktpositionen des Eigenhandels informiert oder auf die drohenden Risiken hingewiesen, dabei namentlich die Informationen von Herrn Dr. .. aus den Gesprächen mit dem amerikanischen Notenbankpräsidenten weitergegeben und sind diese Gespräche durch Herrn € vermittelt worden oder war er an ihnen beteiligt€

6. Ist es richtig, dass in dem Zeitraum von Mitte bis Ende Juli 2007 aus rund 160 Depots € eigene oder fremde € durch Wertpapierhändler der € AG und/oder ihrer Konzerngesellschaften Aktien der .. AG mit einem Kurswert in Millionenhöhe verkauft worden sind und wenn ja, um wie viele einzelnen Verkaufsvorgänge handelt es sich, sind die Verkäufe auf eigene Rechnung der Bank erfolgt, wie viele Depots welcher Kunden sind betroffen, waren diese Kunden über die Verkäufe - vorher oder nachher € unterrichtet, wie viele und welche Personen waren beteiligt, welche Informationen hat die ermittelnde Staatsanwaltschaft verlangt und erhalten, welche Rückstellungen sind hierfür gebildet worden, wie hoch waren die durch die Verkäufe erzielten Erlöse und Gewinne, welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um eine Wiederholung zu verhindern und seit wann € taggenau € sind die einzelnen Mitglieder des Vorstandes und des Group Executive Committee sowie des Aufsichtsrates hierüber erstmals und umfassend informiert€

7. Hat die € AG und/oder eine ihrer Konzerngesellschaften selbst oder durch von ihr verwaltete Fonds während der heute endenden Aufsichtsratsperiode Schulden von insolventen oder in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen in- und ausländischen Unternehmen übernommen, welche in- und ausländischen Unternehmen € ich bitte um namentliche Auflistung € waren hiervon betroffen, wie hoch waren die für die € AG und/oder ihre Konzernunternehmen und/oder von diesen verwaltete Fondsgesellschaften durch Verwertung der Kreditsicherheiten, Umwandlung von Schulden in Eigenkapital oder in sonstiger Weise erzielten Erträge und Erlöse, welche rechtlichen Risiken und welche möglichen Schadensersatzansprüche waren und sind mit diesen geschäftlichen Aktivitäten verbunden und hat der Aufsichtsrat und/oder ein Aufsichtsratsausschuss € vorher oder nachher€ - diesen Aktivitäten zugestimmt€

8. Welche wirtschaftlichen Verbindungen bestehen im Hinblick auf Ziff. 5.4.2 des Deutscher Corporate Governance Kodex heute und/oder bestanden in der Vergangenheit zwischen der € AG und/oder ihren Konzernunternehmen und den Unternehmen/Unternehmensgruppen, in denen die Aufsichtsratsmitglieder der vergangenen Wahlperiode und/oder die heutigen Kandidaten für die Aufsichtsratswahl Organfunktionen ausüben oder ausgeübt haben oder an denen diese rechtlich oder wirtschaftlich beteiligt sind oder waren, gab oder gibt es Gemeinschaftsunternehmen, Beratungsverträge, Lieferbeziehungen und wenn ja, welche und mit welchen Konditionen bzw. welchen vertraglichen Gestaltungen und welchem Vertragsinhalt und resultieren daraus direkt oder indirekt wirtschaftliche Vorteile für einzelne Aufsichtsratsmitglieder und/oder -kandidaten und wenn ja, in welcher Höhe€

9. Wann haben in der heute endenden Wahlperiode des Aufsichtsrates welche Sitzungen des Aufsichtsrates und welche Sitzungen welcher Aufsichtsratsausschüsse mit welcher Besetzung und mit welchen Beschlussgegenständen stattgefunden€ Bitte teilen Sie Datum und Uhr zeit der Sitzung, teilnehmende, entschuldigte und nicht entschuldigte Mitglieder unter Angabe der Entschuldigungsgründe, die Tagesordnung sowie die gefassten Beschlüsse mit. Welche heute zur Wahl stehenden Aufsichtsratskandidaten haben in der Vergangenheit an welchen Sitzungen des Aufsichtsrates und an welchen Sitzungen seiner Aufsichtsratsausschüsse teilgenommen und an welchen Sitzungen des Aufsichtsrates und seiner Ausschüsse mit welcher Begründung nicht teilgenommen€

10. Wann hat der Vorstand und wann hat der Aufsichtsrat die Entsprechenserklärungen vom 30.10.2007, vom 31.10.2006, vom 02.04.2006, vom 27.10.2005, vom 28.10.2004, vom 29.10.2003, vom 30.07.2003 und vom 30.10.2002 beschlossen€ Haben alle Organmitglieder teilgenommen und wenn nein, warum nicht€ Welche Bestimmungen des Deutschen Corporate Governance Kodex in der Fassung vom 14.06.2007 hat die Gesellschaft während der vergangenen Wahlperiode des Aufsichtsrates über die in den Entsprechenserklärungen hinaus genannten Regelungen nicht eingehalten€

11. Zu welchen Terminen in der vorangegangenen Wahlperiode hat der Vorstand dem Aufsichtsrat schriftlich und zu welchen Terminen mündlich berichtet. Hat der Vorstand und wenn ja, wann und durch wen und in welcher Form über die Verwertung der Kreditsicherheit der € GmbH, die bekannten und kolportierten Kaufinteressenten, die Absprachen und Gespräche, insbesondere zwischen Dr. .. und Frau € sowie mit der € AG und die beabsichtigte Platzierung der nicht an Frau Dr. € verkauften Aktien berichtet€ Hat der Vorstand den Aufsichtsrat und wenn ja, wann, durch wen und in welcher Form darüber informiert, dass die eigenen Analysten, namentlich Herr . € angesichts der wachsenden Probleme am amerikanischen Immobilienmarkt von massiven Beeinträchtigungen des Marktes für Asset Backed Securities ausgehen, dass der Eigenhandel der Bank aufgrund dieser Analysen, namentlich durch Herrn € € ab wann, mit welchem Umfang und mit welchem Ertrag im Berichtszeitraum € durch Verkäufe von Indexkontrakten € oder wie sonst€ € auffallende Kurse der Asset Backed Securities spekuliert und/oder spekuliert hat und dass zugleich die ebenfalls im Geschäftsbereich "Global Markets" angesiedelte Abteilung für die Verbriefung von Wertpapieren strukturierte Papiere, in denen Immobilien und Übernahmekredite verbrieft waren, an Kunden und Kreditinstitute vertrieben hat€

12. Welche Unternehmen neben Siemens, in denen Aufsichtsratsmitglieder oder -kandidaten Organfunktionen innehaben, innehatten, leitend tätig sind oder waren, haben sich in der Vergangenheit und/oder Gegenwart rechtlich zweifelhafter Vertriebsmethoden, namentlich Bargeldzuwendungen, Beratungsverträge ohne Gegenleistung etc. selbst oder durch Einsatz von Vertriebsmittlern bedient, war die €. AG und/oder ihre Konzerngesellschaften hieran beteiligt und wenn ja, wann, wie und in welchem Umfang und welchen Umfang haben die daraus resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken€

13. Wie hoch ist der eigene Bestand der €. AG und/oder ihrer Konzerngesellschaften € jeweils zum 31.12.2007 und zum Tag der heutigen Hauptversammlung € an Krediten und strukturierten Kreditprodukten € jeweils aufgegliedert nach den einzelnen Krediten und Kreditproduktarten sowie dem Finanzierungszweck € für US-Wohnimmobilien, US-Gewerbeimmobilien und für die Finanzierung von Unternehmensübernahmen€ Bitte benennen Sie alle auf die vor genannte Weise finanzierten Immobilien mit einem Marktwert von mehr als 50 Mio. US-$ sowie alle Unternehmen, deren Übernahme finanziert worden ist.

14. Hat die € AG und/oder ihre Konzerngesellschaften nach dem 30.06.2007 eigene Kredite, die im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen oder zur Finanzierung von Immobilen gewährt worden waren, verbrieft und/oder weiterplatziert und wenn ja, an wen und in welchem Umfang, war die .. AG und/oder ihre Konzerngesellschaften an der Finanzierung des Erwerbers, namentlich durch Non-recourse€Finanzierungen und wenn ja, in welchem Umfang beteiligt, welche Erlöse sind dabei erzielt worden und sind diese Verkäufe und die erzielten Preise in irgendeiner Weise in die Bewertung noch vorhandener Positionen eingeflossen€

15. Welche Prüfungsschwerpunkte gab es bei der Prüfung des Einzel € und Konzernabschlusse zum 31.12.2007 und in den vier vorangegangenen Geschäftsjahren, wie lange war der zeitliche Abstand zwischen dem Erhalt des Prüfungsberichts (durch die Mitglieder des Aufsichtsrates) und der Feststellung des Jahresabschlusses, wer hat in den letzten fünf Jahren den Prüfungsauftrag erteilt und wer hat diese Prüfungsaufträge auf Seiten der € AG und auf Sei ten der Prüfungsgesellschaft unterschrieben€

16. Sind die in der Satzung in ihrer aktuellen Fassung in § 4 angegebenen bedingten Kapitalia unter Beachtung der im Urteil des Kammergerichts vom 03.08.2007, Az. 14 U 72/06 vertretenen Rechtsauffassung wirksam und wenn nein, warum nicht, seit wann ist das durch das vorerwähnte sowie verschiedene andere vorangegangene und nachfolgende Urteile aufgeworfene Problem Vorstand und Aufsichtsrat bekannt, wer € externe Berater oder interne Mitarbeiter trägt dafür die Verantwortung, ist von den Ermächtigungen Gebrauch gemacht worden und wenn ja, in welchem Umfang und drohen Schadensersatzansprüche in welcher Höhe€

17. Hat die € AG selbst oder über Konzernunternehmen oder über von ihr verwaltete Fonds bestrittene oder anerkannte Forderungen gegen oder von insolventen Unternehmen der €Gruppe erworben und wenn ja, um welche Forderungen handelt es sich, welche Preise sind vereinbart und tatsächlich gezahlt worden, waren diese Preise marktüblich, welche sonstigen Vereinbarungen mit Insolvenzverwaltern der .. Gruppe mit welchem Inhalt gab oder gibt es, wer verantwortet im Vorstand diese Geschäfte, haben Vorstand und Aufsichtsrat diese Geschäfte beschlossen und war der Aufsichtsrat und/oder ein Ausschuss und wenn ja, wann darüber informiert und wenn ja, mit welchem Inhalt€

18. Ich habe gelesen, es sei nicht das Geschäftsmodell der € AG, Kredite zu vergeben und dies von der Erteilung von Aufträgen in Investment Banking abhängig zu machen. Ist das richtig, Herr Dr. €€ Wenn nein, wie hoch sind die Kredite insgesamt, die die €. AG und/oder ihre Konzernunternehmen an Kunden vergeben haben, von denen Aufträge für das Investment Banking vergeben worden sind€ Wie hoch sind die erzielten Provisionen, und wie haben sich die vorstehend ergebenen Zahlen in den Vorjahren entwickelt€

19. Unter welchen Voraussetzungen sieht sich die Verwaltung gezwungen, zur Sicherung des Eigenkapitals eine Kapitalerhöhung unter Verwendung genehmigten Kapitals durchzuführen€ Wie hoch ist der bei den heutigen Kursen maximal erzielbare Erlös bei Verwendung des gesamten genehmigten Kapitals, und welche Alternativen € Anleihen, Genussrechte, Mezzanine-Finanzierungen € könnten in welchem Umfang zur Stärkung der Kapitalbasis € wenn nötig € ein gesetzt werden€

20. Sind und wenn ja, wann die Vorschläge des Aufsichtsrats heute und in der zurückliegenden Wahlperiode im Vorstand erörtert worden, und waren frühere Kandidaten - Entschuldigung -€ waren frühere Kandidaturen heutiger Kandidaten Gegenstand von Vorstandssitzungen€

21. Wann hat wer mit Herrn Dr. €. über seinen Rückzug gesprochen€ Wann hat der Nominierungsausschuss und wann hat der Aufsichtsrat die Ersatznominierung beschlossen€

22. Im Geschäftsbericht auf den Seiten 178 bis 180 stellen Sie Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten dar. Diese Liste war in den letzten Jahren deutlich umfangreicher. Deshalb möchte ich wissen, worauf die Veränderung beruht, ob und gegebenenfalls wie die Streitigkeiten beendet wurden, ob es weitere nicht erwähnte Streitigkeiten - gerichtliche oder außergerichtliche - gibt und welche Unterlagen - ich bitte um einzelne Angabe aller Unterlagen - den Abschlussprüfern bei der Prüfung der ausreichenden Dotierung von Rückstellungen vorlagen.

23. Uns reichten eigentlich die Investitionen, die Politiker in anderer Leute Wälder tätigten. Warum haben Sie unser Geld in anderer Leute Immobilien gesteckt€ War das wirklich nötig€ Wer hat dies zu verantworten€ - Das sind doch die Fragen, die man zur Finanzkrise stellen muss. Wie hoch sind die Dornenbüsche, hinter denen Sie möglicher weise noch Risiken haben, Herr ..€

Was kann da noch auf uns zukommen€ Wann und warum überhaupt haben Sie diese Aktiva gekauft€

24. Warum konnte dieses Lemminge-Syndrom überhaupt passieren€ Kann es noch einmal passieren€ - Das ist doch viel schlimmer und viel wichtiger! Haben Sie dieses Lemminge-Syndrom so analysiert, dass es weder in Kanada noch in Frankfurt noch in Peking jemals wieder vorkommen kann€

25. Ich habe eben von Ihnen gehört: Weitere Synergien gibt es zwischen Investment Banking - das soll ja böse sein, wird gleich noch jemand behaupten und Private Banking. Was für Synergien sehen Sie konkret€ Wo sind die Brücken des gemeinsamen Geschäftemachens€

26. Wo wir gerade dabei sind: Bitte sagen Sie uns doch auch einmal etwas zu unseren Risiken aus ausstehenden Übernahmefinanzierungen. Was steht uns denn da an kleinlauten Geständnissen noch bevor€ Wie groß sind wir in diesem Bereich engagiert€ Wie viel Kapital haben wir den berühmten Heuschrecken für ihre Übernahmen zur Verfügung gestellt€ Welches Ausfallpotenzial haben wir vor dem Hintergrund der Tatsache, dass auch diesen Investoren in dem schwieriger gewordenen Marktumfeld bislang ebenfalls oft das Wasser bis zum Halse steht€

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

Sie macht zunächst geltend, dass Auskunftsbegehren sei wegen seines Umfangs rechtsmissbräuchlich. Im Übrigen habe sie alle Fragen hinreichend beantwortet, soweit sie nicht beantwortet worden seien, habe eine Rechtspflicht zur Beantwortung nicht bestanden. Es sei auch unstatthaft, dass die Antragsteller die Fragen pauschal zum Gegenstand eins Auskunfterzwingungsverfahrens machen, ohne sich mit den gegebenen Antworten auseinander zu setzen und darzulegen, warum die gegebenen Auskünfte nicht zur sachgerechten Beurteilung der Tagesordnungspunkte ausreichen.

Eine Redezeitbeschränkung sei nicht von Beginn an verhängt worden, sondern zu Beginn der Aussprache um 11.35 Uhr habe der Versammlungsleiter gebeten, eine Redezeit von 10 Minuten einzuhalten. Erst um 16.45 Uhr sei eine Redezeitbeschränkung auf 5 Minuten erfolgt.

Zur Antragserwiderung haben die Antragsteller weder innerhalb der gesetzten Frist bis 7.8.2008 noch bis zur vorliegenden Entscheidung der Kammer Stellung genommen.

II.

Der Antrag ist zunächst zulässig. Die Antragsteller sind antragsberechtigt und haben die gesetzliche Frist gewahrt. Ob wie die Antragsgegnerin meint - das Auskunftsverlangen rechtsmissbräuchlich gestellt ist, betrifft nicht die Zulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung über das Auskunftsrecht, sondern einen materiellen Auskunftsverweigerungsgrund.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ist jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist. Durch die Gewährung des Auskunftsrechtes soll der Aktionär in die Lage versetzt werden, die Gegenstände der Tagesordnung beurteilen zu können und von seinem Stimmrecht sowie den sonstigen Mitgliedschaftsrechten einen sinnvollen Gebrauch zu machen. Dazu sind ihm diejenigen konkreten Informationen zu erteilen, die er zur sachgerechten Ausübung seines Rechtes auf Teilnahme an der Hauptversammlung benötigt. Zugleich soll das Auskunftsrecht auch zur Meinungs- und Urteilsbildung anderer Aktionäre, insbesondere der Minderheitsaktionäre beitragen. Nach seiner Zweckbestimmung ist das Auskunftsrecht auf solche Auskünfte beschränkt, die zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstandes der Tagesordnung der Hauptversammlung erforderlich sind. Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung ist hierfür ein objektiver Maßstab geboten. Allgemein wird eine Auskunft für erforderlich gehalten, wenn sie aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittsaktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt, ein wesentliches Element für, seine Urteilsfindung bildet und deshalb von ihm benötigt wird (vgl. BGH AG 2005, 87; BayObLG AG 1996, 563 und NJW-RR 1996, 680; KG ZIP 1995, 1585; OLG Düsseldorf WM 1986, 1435; OLG Frankfurt am Main AG 1994, 39 und 2006, 460; MünchKomm-Kubis AktG, 2. Aufl. § 131 Rn. 1; Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 131 Rn. 1; jeweils m. w. N.). Die Frage der Erforderlichkeit und Beurteilungserheblichkeit kann jeweils nur im Zusammenhang mit dem konkret betroffenen Tagesordnungspunkt der Hauptversammlung beurteilt und beantwortet werden (vgl. BayObLG AG 1996, 563 und 01, 424; OLG Stuttgart AG 2001, 540; KG ZIP 1995, 1585; OLG Frankfurt AG 1994, 39 und 2006, 460).

Die Antragsteller sind jedoch der ihnen in dem vorliegenden Verfahren obliegenden Darlegungslast, dass die von dem Vorstand der Antragsgegnerin in der streitgegenständlichen Hauptversammlung gegebenen Antworten diesen Voraussetzungen nicht genügten nicht nachgekommen. In echten FGG-Streitverfahren wie dem vorliegenden Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG trifft die Beteiligten insofern eine Darlegungslast, als es ihnen obliegt, durch Vorbringen des ihnen bekannten Sachverhalts dem Gericht Anhaltspunkte dafür zu liefern, in welche Richtung es mit seinen Ermittlungen ansetzen kann (vgl. Bumiller/Winkler FFG, 8. Aufl., § 12 Anm. 1). Werden solche Anhaltspunkte nicht dargetan, ist nach der sog. Feststellungslast zu entscheiden, die regelmäßig denjenigen trifft, der aus dem materiellen Recht eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will. Da es hier um private Interessen geht, trifft den Aktionär die Darlegungs- und Förderungspflicht für die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 AktG (vgl. Siems in Spindler/Stilz AktG § 132 RZ. 17 m.w.Nachw.).

Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten fehlt es an einer konkreten Darlegung der Antragsteller, dass ein vernünftig denkender Durchschnittsanleger für seine Beurteilung die weiteren Informationen haben muss, die die Antragsteller begehren. Die Antragsteller haben zunächst schon unterlassen, in der Antragsschrift die von dem Vorstand der Antragsgegnerin auf die Fragenkomplexe gegebenen Antworten auseinanderzusetzen. In der Antragserwiderung hat die Antragsgegnerin die jeweils gegebenen Antworten dargestellt. Jedenfalls dann hätte es aber den Antragstellern oblegen, darzulegen, warum ihrer Ansicht nach entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin diese Antworten nicht für den Durchschnittsaktionär zur Beurteilung bestimmter Tagesordnungspunkte ausreichen sollen. Die Antragsteller haben aber zur Antragserwiderung in der gesetzten Frist und weiter ausreichend belassener Zeit bis zur jetzigen Entscheidung durch die Kammer nicht mehr Stellung genommen.

Das Erfordernis dieser Darlegung in einem Auskunftserzwingungsverfahren ist den Antragstellern bekannt. Die Kammer hat jedenfalls bereits im Auskunftserzwingungsverfahren für das Vorjahr (Beschluss vom 15.1.2008 - 3-05 O 146/07) die gleiche Rechtsansicht vertreten hat und aus den gleichen Gründen den damaligen Auskunftserzwingungsantrag der Antragsteller zurückgewiesen. Jedenfalls nachdem die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung entsprechendes vorgebracht hat, hätten die Antragsteller Veranlassung gehabt, entsprechende Darlegungen zu den gegebenen Antworten vorzutragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 132 Abs. 5 AktG; § 100 Abs. 1 ZPO. Es entsprach wegen des Unterliegens der Antragssteller der Billigkeit ihnen die Gerichtskosten aufzuerlegen. Zudem entsprach es der Billigkeit eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin anzuordnen. Die Antragsteller haben die Antragsgegnerin mit einem (kostenauslösenden) gerichtlichen Verfahren überzogen, ohne jedoch ihren prozessualen Darlegungs- und Förderungsverpflichtungen nachzukommen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes hat ihre Rechtsgrundlage in § 132 Abs. 5 AktG, § 30 Abs. 2 KostO. Im Hinblick auf den Umfang der begehrten Auskunft war das Vierfache des Regelwertes anzusetzen.

Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung nicht anstanden. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf der Verletzung prozessualer Mitwirkungspflichten durch die Antragsteller. Die prozessuale Verpflichtung der Antragssteller im Auskunftserzwingungsverfahren zur Darlegung der Voraussetzungen für das Bestehen einer Auskunftspflicht durch die Gesellschaft ist aber in Rechtsprechung und Literatur anerkannt.






LG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 23.09.2008
Az: 3-5 O 110/08, 3-5 O 110/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c6d2ef6f68da/LG-Frankfurt-am-Main_Beschluss_vom_23-September-2008_Az_3-5-O-110-08-3-5-O-110-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share