Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 2. Oktober 1995
Aktenzeichen: 12 U 190/94

(OLG Köln: Urteil v. 02.10.1995, Az.: 12 U 190/94)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 22.9.1994 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 83 O 43/94 - abgeändert. Der Klägerin sind gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft in Firma B., früher eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter der Register-Nr. HRA x. auf der Schuldnerseite vollstreckbare Ausfertigungen folgender Ti-tel und daraus resultierender Forderungen zu erteilen:- notarielle Urkunde vom 6.4.1981 - UR.-Nr. 475/1981 des Notars H. mit dem Amtssitz in Düsseldorf - bezüglich einer persönlichen Forderung in Höhe von 2.316,26 DM,- notarielle Urkunde vom 6.4.1981 - UR.-Nr. 476/1981 des Notars H. mit dem Amtssitz in Düsseldorf - bezüglich einer persönlichen Forderung in Höhe von 13.281,02 DM,- notarielle Urkunde vom 21.7.1981 - UR.-Nr. 901/1981 des Notars H. mit dem Amtssitz in Düsseldorf - bezüglich persönlicher Forderungen in Höhe von 58.986,50 DM und 78.119,71 DM. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 DM abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse geleistet werden.

Tatbestand

Die Fa. B. Grundstücksgesellschaft mbH & Co.

Baubetreuungs-Kommanditgesellschaft (B.) übernahm im Zusammenhang

mit der Finanzierung mehrerer Grundstücksgeschäfte gegenüber der

Klägerin gem. notariellen Urkunden vom 6.4.1991 und 21.7.1991 des

Notars H. in Düsseldorf die persönliche Haftung und unterwarf sich

ihr gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes

Vermögen. Wegen der Einzelheiten des Umfangs der Unterwerfung wird

auf die notariellen Urkunden vom 6.4.1981 - UR.-Nr. 475/1981 (GA

23-37) sowie UR.-Nr. 476/1981 (GA 38- -53) - und 21.7.1981 UR.-Nr.

901/1981 (GA 54-59) verwiesen.

Unter dem 15.10.1991 schrieb der beurkundende Notar die Titel

wegen der aus dem Tenor ersichtlichen Teilbeträge gegen die

Beklagte als Rechtnachfolgerin der B. um. Auf eine Erinnerung der

Beklagten hin wurde die Zwangsvollstreckung aus diesen Klauseln mit

Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17.3.1992 - 65 a II

27-29/91 - (GA 84-86) für unzulässig erklärt.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage ihr Begehren auf

Umschreibung der Klauseln weiter und leitet dieses aus folgendem

Sachverhalt her:

Anfang 1988 hatte die B. drei Gesellschafter, nämlich

die T. GmbH & Co. Vermietungs-Kommanditgesellschaft (T.),

die wiederum eine 100 %-ige Tochter der B. war,

und

Herrn Dr. M.

als Kommanditisten

sowie

die Beklagte, die sich seit 1983 in Liquidation befindet, als

Komplementärin.

Der Gesellschaftsvertrag der B., auf den wegen der weiteren

Einzelheiten Bezug genommen wird (GA 276-289), enthält u. a.

folgende Regelungen:

§ 4

Die Dauer der Gesellschaft ist unbestimmt.

Jeder Gesellschafter ist berechtigt, die Gesellschaft mit einer

Frist von einem Jahr zum Ende eines Geschäftsjahrs zu kündigen.

...

§ 6

Zur Vertretung und Geschäftsführung ist die persönlich haftende

Gesellschafterin allein berechtigt und verpflichtet.

...

Die geschäftsführende Gesellschafterin und ihre Organe sind von

den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Die geschäftsführende Gesellschafterin erhält alle Kosten, die

ihr bei der Geschäftsführung und bei der Vertretung der

Gesellschaft entstehen, sowie alle von ihr im Interesse der

Gesellschaft gemachten Aufwendungen ersetzt.

§ 9

Die Gesellschafterversammlung ist zur Entscheidung folgender

Angelegenheiten zuständig:

a) Ànderung des

Gesellschaftsvertrages

...

f) Auflösung der Gesellschaft

§ 12

Wird die Gesellschaft von einem Kommanditisten gekündigt, so

wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern mit allen

Aktiven und Passiven ohne Liquidation und unter der bisherigen

Firma fortgeführt. Der Kündigende scheidet mit demTag des

Wirksamwerdens seiner Kündigung aus.

In gleicher Weise wird die Gesellschaft von den übrigen

Gesellschaftern mit allen Aktiven und Passiven ohne Liquidation und

unter der bisherigen Firma fortgesetzt, wenn ein Gesellschafter,

aus welchem Grund auch immer, unter Lebenden aus der Gesellschaft

ausscheidet.

§ 14

Der Beschluß über die Auflösung der Gesellschaft bedarf einer

Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen und der Zustimmung der

persönlich haftenden Gesellschafterin.

Im Falle der Liquidation ist die persnlich haftende

Gesellschafterin Liquidatorin.

Nachdem zuvor, und zwar zeitnah hiermit die Beklagte die

Kommanditeinlage des Dr. M. übernommen und die T. aus der

Gesellschaft ausgetreten war, faßte der damalige Geschäftsführer A.

der Komplementär-GmbH der Beklagten (E. GmbH) am 4.3.1988 handelnd

sowohl für diese wie auch für die Beklagte folgenden

Gesellschafterbeschluß:

Unter Ausschluß der Form- und

Fristvorschriften sind heute die unterzeichneten Gesellschafter der

B. ... zusammengetreten und haben folgenden Beschluß gefaßt:

Die geschäftsführende Gesellschafterin Gesellschaft für

Bauplanung E. mbH tritt mit Wirkung vom 4.3.1988 aus der

Gesellschaft aus.

Es tritt keine neue Komplementärin ein.

Das Vermögen der Kommanditgesellschaft wird mit allen Aktiven

und Passiven von der alleinigen Kommanditistin der Gesellschaft für

Bauplanung E. mbH & Co. Kommanditgesellschaft i. L.,

übernommen.

..."

Ebenfalls unter dem 4.3.1988 meldete Herr A. zur Eintragung in

das Handelsregister an, daß die E.-GmbH aus der B. ausgeschieden

und damit die Kommanditgesellschaft aufgelöst worden sei. Das

Unternehmen sei mit allen Aktiven und Passiven von der einzig

verbliebenen Gesellschafterin, der Beklagten, übernommen worden.

Die Firma sei erloschen. Daraufhin wurde die T. am 6.4.1988 im

Handelsregister gelöscht. In der Folgezeit wickelte die Beklagte

die Geschäfte der B. ab. Sie verfügte über Forderungen der B. und

traf mit Gläubigern Vereinbarungen über die Tilgung von

Verbindlichkeiten. Die einem Bericht des Wirtschaftsprüfers und

Steuerberaters Brechters vom 30.4.1987 über den Jahresabschluß der

B. zum 31.12.1987 beigefügte Bilanz wurde von dem Geschäftsführer

der Beklagten unterzeichnet, und zwar unter Verwendung des

Firmenstempels der Beklagten sowie eines weiteren Stempels, in dem

sie sich als Rechtsnachfolgerin der B. bezeichnete.

Die B. war ihrerseits einzige Gesellschafterin der E.-GmbH

gewesen. In einer gegenüber dem Registergericht zum Zwecke der

Eintragung eingereichten Niederschrift über einen Beschluß einer

Gesellschafterversammlung E.-GmbH vom 1.9.1988 über die Bestellung

der derzeitigen gesetzlichen Vertreterin dieser Firma zur weiteren

Geschäftsführerin, den Herr A. gefaßt hatte, heißt es, daß das

Vermögen der Tr. mit allen Aktiven und Passiven der Beklagten

angewachsen sei. Auch wurde in einer am 11.10.1988 erstellten

Gesellschafterliste die Beklagte als neue Gesellschafterin der E.

GmbH bezeichnet (Bl. 90-91 des Auszugs aus den Registerakten HRB AG

Cottbus). Schließlich wurde in einem Rechtsstreit zwischen den

Parteien (28 O 143/90 LG Köln) von der Beklagten in ihrer

Klageerwiderung vom 1.6.1990 Vortrag der Klägerin über eine

Rechtsnachfolge als zutreffend bestätigt.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß ihr

Vollstreckungsklausel zur Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte

als Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft in Firma B. Grundstücks

GmbH § Co. Baubetreuungs-KG, eingetragen im Handelsregister des

Amtsgerichts Köln unter der Register-Nr. HRA X., auf der

Schuldnerseite zu erteilen ist, und zwar hinsichtlich folgender

Titel und daraus resultierender Forderungen:

notarielle Urkunde vom 6.4.1981 - UR.-Nr. 475/1981 des Notars

H. mit dem Amtssitz in Düsseldor - bezüglich einer persönlichen

Forderung in Höhe von 2.316,26 DM,

notarielle Urkunde vom 6.4.1981 - UR.-Nr. 476/1981 des Notars

H. mit dem Amtssitz in Düsseldor - bezüglich eienre persönlichen

Forderung in Höhe von 13.281,02 DM,

notarielle Urkunde vom 21.7.1981 - UR.-Nr. 901/1981 des Notars

H. mit dem Amtssitz in Düsseldor - bezüglich persönlicher

Forderungen in Höhe von 58.986,50 DM und 78.119,71 DM.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, der Beschluß vom 4.3.1988 sei unwirksam, weil -

wie sie behauptet hat - Herr A. weder von ihr noch von der E.-GmbH

von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen und auch keine

nachträgliche Genehmigung erteilt worden sei. Das Auftreten im

Rechtsverkehr als Rechtsnachfolgerin der T. habe darauf beruht, daß

der Verstoß gegen § 181 BGB zunächst übersehen worden sei, bis

dieser im Zusammenhang mit einem Versuch, Titel zugunsten der T.

auf sie umzuschreiben, aufgefallen sei. Ferner hat sie die

Auffassung vertreten, die notarielle Urkunde vom 21.7.1981 - UR-Nr.

901/1981 - sei wegen der Unterwerfungserklärung zu unbestimmt und

daher zur Zwangsvollstreckung nicht geeignet.

Mit Urteil vom 22.9.1994 hat das Landgericht die Klage

abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die

Beendigung einer KG führe nicht dazu, daß eine Gesellschafterin

deren Rechtsnachfolgerin im Sinne des § 727 werde. Eine

Klauselumschreibung nach § 729 ZPO scheitere daran, daß wegen § 181

BGB die Beklagte nicht wirksam das Vermögen der B. übernommen

habe.

Gegen dieses am 11.10.1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin

mit einem am 11.11.1994 eingegangenen Schriftsatz Berufung

eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 12.1.1995 mit

einem am 11.1.1995 eingegangenen weiteren Schriftsatz

begründet.

Die Klägerin behauptet unter Ergänzung ihres erstinstanzlichen

Vorbringens, daß der Beschluß vom 4.3.1988 mit den Gesellschaftern

der Beklagten abgestimmt und die hiermit verbundene Abwicklung der

T. von diesen gewollt gewesen sei. Ferner tritt sie dem Landgericht

mit rechtlichen Erwägungen entgegen. Insbesondere macht sie

geltend, daß § 181 BGB bei Gesellschafterbeschlüssen nicht gelte,

jedenfalls eine nachträgliche Genehmigung anzunehmen sei.

Schließlich meint sie, daß eine etwaige schwebende Unwirksamkeit

des Beschlusses vom 4.3.1988 durch die Registerintragungen vom

6.4.1988 i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 242 Abs. 2

AktG geheilt sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen

Urteils nach ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen zu

erkennen,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet, es habe zwar dem Willen ihrer

Gesellschafter entsprochen, die B. zu löschen. Es habe indes weder

bei ihr noch bei der E.-GmbH Gesellschafterversammlungen gegeben,

in denen die von Herrn A. mit dem Beschluß vom 4.3.1988

praktizierte Verfahrensweise besprochen worden sei. Die Anregung

hierzu habe Notar K. gegeben, und zwar um die Liquidation zu

vereinfachen und Kosten für die Erstellung von Liquidationsbilanzen

zu vermeiden. In Gesellschafterkreisen sei insbesondere nie die

Rede davon gewesen, daß sie Rechtsnachfolgerin der B. habe werden

sollen. Sie habe nur "technisch" die Abwicklung der gelöschten B.

übernehmen sollen, soweit es noch Schriftverkehr oder ähnliches

gegeben habe. An eine Fortführung des Geschäftsbetriebs der B. in

irgendeiner Form durch sie als Liquidationsgesellschaft sei nicht

gedacht gewesen. In diesem Sinne sei deshalb weder ein

Gesellschafterbeschluß gefaßt noch Herrn A. eine Weisung erteilt

worden. Soweit überhaupt in ihrem Gesellschafterkreis über die

Löschung der B. gesprochen worden sei, sei hiermit nicht die

Vorstellung verbunden gewesen, Herrn A. eine Einzelgestattung und

damit eine Befreiung vom Verbot des § 181 BGB zu erteilen. Sie habe

nur ihre eigene sowie - soweit erforderlich - die Liquidation der

B. betrieben.

Im übrigen verteidigt sie das angefochtene Urteil mit

rechtlichen Erwägungen und macht geltend, die Klage diene letztlich

nur dazu, den früheren Kommanditisten der B. Dr. M. dazu zu

bewegen, die Klägerin aus privaten Mitteln zu befriedigen. Sie sei

vermögenslos, und eine Vollstreckung aus den Urkunden werde

fruchtlos verlaufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien

wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die

hierin in Bezug genommenen Urkunden verwiesen.

Die Handelsregisterakten 41 HRA X. und 41 HRA X. des

Amtsgerichts Köln sowie ein Auszug aus den Registerakten HRB X. des

Amtsgerichts Cottbus lagen vor und waren Gegenstand der

Verhandlung.

Gründe

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der

Sache Erfolg.

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die als Teilklage erhobene Klage auf Erteilung von

Vollstreckungsklauseln gem. den §§ 731, 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 797

Abs. 5 ZPO, zu der das Rubrum dahingehend zu berichtigen war, daß

die Beklagte durch ihre Liquidatorin vertreten wird, ist zulässig.

Die Klägerin hat in ihren Anträgen die Teilbeträge der gegen die B.

titulierten Forderungen, zu denen sie die Erteilung von

Vollstreckungsklauseln begehrt, bestimmt bezeichnet. Auch hat die

Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der Umschreibung der Klausel

im Klageverfahren, nachdem die ursprünglich von dem beurkundenden

Notar erteilten Klauseln auf Erinnerungen der Beklagten hin mit dem

Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 28.2.1992 - 65 a II

27-29/91 - aufgehoben worden sind. Auch wenn die Klage aus § 731

ZPO, die voraussetzt, daß die Voraussetzungen für eine

titelumschreibende Klausel nicht durch öffentliche oder öffentlich

beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden können, ein subsidiärer

Rechtsbehelf ist, ist dieser Weg bereits dann eröffnet, wenn im

Klauselverfahren eine der Gläubigerin nachteilige richterliche

Entscheidung vorliegt, ohne daß die Rechtsmittel des

Klauselverfahrens ausgeschöpft zu werden brauchen (vgl.

Stein-Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Auflage, § 731 Rdn. 6 ,

Thomas/Putzo, ZPO 19. Auflage, § 731 Rdn. 6; Zöller/Stöber, ZPO 18.

Auflage, § 731 Rdn. 2 jeweils mit weitern Nachweisen zum

Meinungsstand). Zudem wäre in concreto die Erfolgsaussicht einer

Beschwerde höchst zweifelhaft gewesen, da sich aus den zutreffenden

Gründen des Beschlusses des Amtsgerichts Düsseldorf weder aus den

Registereintragungen noch der notariell beglaubigten

Registeranmeldung vom 4.3.1988 die Voraussetzungen der §§ 727, 729

ZPO nachvollziehbar entnehmen lassen. Der Gesellschafterbeschluß

vom 4.3.1988, aus dem die Klägerin eine Rechtsnachfolge bzw. eine

Vermögensübernahme herleitet, ist gerade nicht notariell

beglaubigt.

Der Umstand schließlich, daß die Beklagte ihrem Sachvortrag

zufolge realisierbare Vermögenswerte nicht besitzt, läßt das

Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht entfallen. Auch wenn kaum

Aussicht auf eine Realisierung der Forderungen nach Umschreibung

bestehen, handelt die Klägerin nicht rechtsmißbräuchlich, wenn sie

- vorsorglich - die Schaffung allgemeiner

Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 750 ZPO anstrebt.

II.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin sind gegen die Beklagte

vollstreckbare Ausfertigungen der notariellen Urkunden zu erteilen.

Der Beklagten sind in entsprechender Anwendung des § 142 HGB i. V.

m. § 161 Abs. 2 HGB die Aktiva und Passiva der B. angewachsen mit

der Folge, daß sie deren Rechtsnachfolgerin im Sinne des § 727 ZPO

geworden ist.

Der Gesellschaftsvertrag der B. sieht keine Liquidation der

Gesellschaft für den Fall des Ausscheidens einer Gesellschafterin

vor, sondern enthält in § 12 Abs. 1 und 2 Fortsetzungsklauseln für

den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters. Bei einer

derartigen Gestaltung wächst der Anteil des Ausscheidenden am

Gesellschaftsvermögen den anderen Gesellschaftern ohne besonderen

Óbertragungakt an (Baumbach/Hopt, HGB, 29. Auflage, § 138 Rdn. 11).

Ferner ist bei Gesellschaften mit nur noch zwei Gesellschaftern die

Fortsetzungsklausel, auch dann, wenn diese ursprünglich mehr

Gesellschafter hatte, dahingehend auszulegen, daß im Falle des

Ausscheidens des einen Gesellschafters der andere ein

Óbernahmerecht analog § 142 HGB hat und bei dessen Ausübung die

Aktiva und Passiva der Personengesellschaft auf ihn im Wege der

Gesamtrechtsnachfolge als Alleininhaber übergehen, und zwar sowohl

bei der noch werbenden wie auch bei einer schon im

Liquidationsstadium befindlichen (Hopt a.a.O. Rdn. 6 u. § 142 Rdn.

18). Eine derartige in entsprechender Anwendung des § 142 HGB

allgemein anerkannte Óbernahmevereinbarung, die keiner besonderen

Form bedarf und auch auch "ad hoc" getroffen werden kann, hat die

Wirkung, daß der Óbernehmende kraft Gesetzes ohne weiteres Inhaber

des bisher gemeinsam betriebenen Unternehmens mit allen Aktiva und

Passiva wird (vgl. BGH NJW 1989, 1030, 1031 = BGHR HGB § 142 Abs. 1

- Geschäftsübernahme 1 - sowie BGH, Urteil vom 6.5.1993 - IX ZR

73/92 - = BGHR HGB § 142 - Bürgschaft 1 -; Schlegelberger/K.

Schmidt, HGB, 5. Auflage, Rdn. 26 ff., 46; Piehler in Münchener

Hdb. des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, § 37 Rdn. 4, 19). Dies hat die

weitere Folge, daß für Verbindlichkeiten der Gesellschaft der

Óbernehmer nicht nur als früherer Gesellschafter nach Maßgabe der

§§ 128, 171 HGB, sondern nunmehr als eigentlicher Schuldner der

Gesellschaftsgläubiger haftet und Titel gegen die Gesellschaft in

entsprechender Anwendung der §§ 727 ff. ZPO umgeschrieben werden

können (vgl. Piehler a.a.O. Rdn. 21 f.).

Eine derartige Verfahrensweise wurde hier entsprechend der

Anregung des Notars K. realisiert. Am 4.3.1988 bestand die B. als

Zweipersonengesellschaft. Die Beklagte hielt zu diesem Zeitpunkt

bereits alle Anteile an der B., da sie zuvor die

Kommanditbeteiligungen von Herrn Dr. M. und der T. übernommen, die

E.-GmbH keine Kapitaleinlage erbracht hatte und ihr auch sonst

keine Ansprüche am Gesellschaftsvermögen, sondern nur

Aufwendungsersatzansprüche zustanden. Beiden Gesellschaftern der B.

war es daher möglich, mit sofortiger Wirkung und unabhängig von der

in § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen

Kündigungsfrist eine Vereinbarung über die Óbernahme des

Unternehmens zu treffen mit der Folge, daß die B. von diesem

Zeitpunkt an als Rechtspersönlichkeit nicht mehr bestand und ihre

Aktiva und Passiva der Beklagten zugewachsen waren. An dieser Folge

ändert sich auch dadurch nichts, daß die Beklagte sich ihrerseits

in Liquidation befand. Wie bereits ausgeführt wurde, setzt eine

einvernehmliche Óbernahme nicht voraus, daß die bisherige

Gesellschaft mit einem neuen Rechtsträger ihre Geschäfte fortsetzt,

sondern kann auch im Liquidationsstadium erfolgen. Wenn sodann die

Óbernehmerin ihrerseits eine Liquidationsgesellschaft ist, ist sie

diejenige, die nunmehr auch die Geschäfte der Ursprungsgesellschaft

abwickelt, was letztlich auch von den Gesellschaftern der Beklagten

gewollt war.

Der Wirksamkeit der Vereinbarung steht § 181 BGB nicht entgegen,

so daß es offen bleiben kann, ob Herrn A. von den Gesellschaftern

der Beklagte und der E.-GmbH ein Selbstkontrahieren gestattet war.

Diese Norm hindert - worüber die Parteien vom rechtlichen

Ansatzpunkt her nicht streiten - den Gesellschafter einer

Personengesellschaft grundsätzlich nicht daran, bei

Gesellschafterbeschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung und

sonstige Gesellschaftsangelegenheiten als Vertreter eines anderen

Gesellschafters und zugleich im eigenen Namen mitzuwirken, es sei

denn daß die Maßnahmen satzungsändernden Charakter haben (vgl. BGHZ

65, 93; BGH DNotZ 1989, 26 mit Anm. Kirstgen; MünchKomm/Schramm,

BGB 3. Auflage, § 181 Rdn. 19).

Mit dem sowohl im Namen der Beklagten wie auch ihrer

gesetzlichen Vertreterin, der E.-GmbH gefaßten Beschluß vom

4.3.1988 bewegte Herr A. sich auf dem Boden des

Gesellschaftsvertrags der B.. Ein Auflösungsbeschluß, der

normalerweise eine Liquidation nach § 14 des Gesellschaftsvertrags

i. V. m. den §§ 145 ff. HGB zur Folge gehabt hätte, wurde nicht

gefaßt. Vielmehr wurde gerade zur Vermeidung einer derartigen

Liquidation von einer Möglichkeit Gebrauch gemacht, die bereits im

Gesellschaftsvertrag der B. angelegt war, um eine Auflösung der

Gesellschaft ohne Liquidation durch Anwachsung aller Aktiva und

Passiva bei der Beklagten zu erreichen. Die E.-GmbH hatte

gesellschaftsvertraglich die Möglichkeit, die Gesellschaft zu

kündigen, wobei nach § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags in einem

derartigen Fall die Gesellschaft in Abweichung von dispositivem

Gesetzesrecht nicht liquidiert, sondern fortgeführt werden sollte.

Auch für den Fall eines Ausscheidens eines Gesellschafters aus

sonstigen Gründen war in § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages

eine Fortsetzung vorgesehen. Der Beschluß vom 4.3.1988 enthält

mithin letztlich nur eine Verständigung über ein derartiges

Ausscheiden. Die weiteren Folge, daß die Aktiva und Passiva der B.

auf die Beklagte, die bereits zuvor alle Kapiatalanteile in Händen

hielt, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergingen, beruhte

wiederum auf der Fortsetzungsklausel in § 12 Abs. 2 des

Gesellschaftsvertrags i. V. m. § 142 HGB, war also

gesellschaftsvertraglich vorgesehen.

Die Erteilung der Rechtsnachfolgeklauseln hat sich auch auf die

Hauptfordrungen von 58.986,50 DM und 78.119,71 DM aus der Urkunde

vom 21.7.1981 - UR-Nr. 901/ 1981 - zu erstrecken. Jedenfalls wegen

dieser Hauptforderungen ist der Titel inhallich hinreichend

bestimmt. In der Anlage zu der Schuldurkunde, die mitverlesen

worden ist, sind die einzelnen Grundschulden genau nach

Grundbuch-Blatt, lfd. Nr. der Abtlg. III, Grundschuldbetrag, Datum

der Bestellung sowie Nr. der Bestellungsurkunde bezeichnet worden

(GA 57). Offen bleiben kann es, ob - was allenfalls zweifelhaft

sein kann - auch wegen der in der Anlage bezeichneten Zinsen und

der Nebenleistungen dem Bestimmtheitserfordernis Genüge getan ist.

Eine etwaige Unbestimmtheit der Unterwerfung wegen dieser Ansprüche

hätte auf die Vollstreckbarkeit im übrigen keinen Einfluß, da § 139

BGB bei Unterwerfungserklärungen als Prozeßhandlungen nicht - auch

nicht analog - gilt (vgl. BGH NJW 1985, 2423; Thomas-Putzo a.a.O. §

794 Rdn. 54).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708

Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 152.703,49

DM






OLG Köln:
Urteil v. 02.10.1995
Az: 12 U 190/94


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