Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Mai 2009
Aktenzeichen: 29 W (pat) 75/08
(BPatG: Beschluss v. 27.05.2009, Az.: 29 W (pat) 75/08)
Tenor
Die Beschlüsse des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. Februar 2007 und vom 27. August 2008 werden aufgehoben.
Gründe
I Die Wortmarke 303 56 786 Pigdog ist für die Waren und Dienstleistungen "mit maschinenlesbaren Text-, Bildund Toninformationen versehene Datenträger; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Druckerzeugnisse; Ausund Fortbildung, Motivationstraining, Verkaufstraining, Erziehung" am 29. Januar 2004 eingetragen und am 5. März 2004 veröffentlicht worden.
Gegen die Eintragung ist Widerspruch erhoben worden aus der am 14. Mai 2002 eingetragenen, am 14. Juni 2002 veröffentlichten Wortmarke 302 09 582 Schweinehunddie nach Teillöschung der Waren "Kaffee, Tee, Reis, Kaffee-Ersatzmittel, Eis" eingetragen ist für
"Präparate für die Gesundheitspflege; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; Audiound Video-Kassetten, Audiound Video-CDs, Audiound Video DVDs; Computerspiele und Konsolenspiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren, Zeitmessgeräte; Schlüsselanhänger; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, insbesondere Bücher, Zeitschriften, Comics; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Webstoff und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bettund Tischwäsche; Bekleidungsstücke, Sportbekleidung, Kopfbedeckungen; Stickereien, Bänder, Knöpfe, künstliche Blumen; Spiele, nämlich Brettspiele, Puzzles, Lernspiele, Kartenspiele, Computerspiele und Konsolenspiele, ausgenommen als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; kleine in der Hand zu haltende elektronische Geräte für Spiele in der Art von Computerspielen; Rätsel, Spielwaren, nämlich Plüschund Stofftiere, Plastikspielzeug; elektronische Spielfiguren; Sportartikel, nämlich Bälle, Frisbies, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielkarten; Lebensmittel, nämlich Kakao, Zucker, Mehle und Getreidepräparate, Brot, Backwaren und Konditorwaren, Süßigkeiten, nämlich Fruchtgummi, Bonbons, Schokolade, soweit in Klasse 30 enthalten; Tabak, Raucherartikel, Streichhölzer; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen eines Texters, ausgenommen Dienstleistungen eines Werbetexters; Produktion von Kinound Fernsehfilmen; Herausgabe und Veröffentlichung von Daten (Informationen, Bildern, Texten, Nachrichten) auch über das Internet und Internetportale, ausgenommen Statistiken und Werbetexte; Durchführung von Internetspielen".
Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patentund Markenamts die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke aufgrund des Vorliegens einer begrifflichen Verwechslungsgefahr angeordnet. Die dagegen gerichtete Erinnerung wurde mit Beschluss vom 27. August 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, die Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit denen der Widerspruchsmarke identisch bzw. hochgradig ähnlich. Ferner sei eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde zu legen, da der Begriff "Schweinehund" für die relevanten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend sei. Zwischen den Vergleichsmarken sei eine begriffliche Übereinstimmung zu bejahen. Sowohl bei "pig" als auch "dog" handele es sich um Worte des englischen Grundwortschatzes, deren Aneinanderreihung die inländischen Verkehrskreise ohne weiteres mit "Schweinehund" übersetzen würden.
Hiergegen haben die Markeninhaber Beschwerde eingelegt, mit der sie sinngemäß beantragen, die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 12. Februar 2007 und vom 27. August 2008 aufzuheben.
In ihrer Beschwerdebegründung vom 25. September 2008 haben sie die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Ferner sei die von der Markenstelle festgestellte Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken zu verneinen. Bei der Widerspruchsmarke "Schweinehund" handele es sich um einen Begriff der deutschen Alltagssprache, dem eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme. Die Markenstelle habe aufgrund einer falschen Einschätzung der Englischkenntnisse der beteiligten Verkehrskreise in ihren Beschlüssen angenommen, diese würden den Begriff "Pigdog" ohne weiteres mit "Schweinehund" übersetzen. Es sei dem Verkehr aufgrund seiner Englischkenntnisse ohne Weiteres bewusst, dass die Übersetzung des Wortes "Pigdog" ins Deutsche nicht "Schweinehund" laute. Somit sei für das Publikum auch keine begriffliche Übereinstimmung der beiden Begriffe erkennbar.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bestreitet den Vorwurf der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke und bringt Unterlagen bei, aus denen sich ihrer Auffassung nach eine Glaubhaftmachung der Benutzung ergebe. Die Unterlagen umfassen eine Rechnung des Bayerischen Rundfunks, mit der glaubhaft gemacht werden soll, dass im Bayerischen Fernsehen eine Sendung unter der Verwendung der Widerspruchsmarke "Schweinehund" produziert worden sei. Zudem ergebe sich eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke aus mehreren vorgelegten Lizenzverträgen zwischen der Widersprechenden und Dritten bezüglich der Nutzung der Marke "Schweinehund" sowie einem Verlagsvertrag zwischen der Widersprechenden und einem Dritten, dessen Vertragsgegenstand ein Buch der Widersprechenden mit dem Titel "Lernabenteuer mit dem Schweinehund" sei. Bezüglich der Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verweist die Widersprechende auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Markeninhaber halten die von ihnen erhobene Einrede der Nichtbenutzung aufrecht und bestreiten weiterhin die Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung der Widerspruchsmarke.
II 1. Die gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet, da die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht hat.
1.1. Die von den Inhabern der angegriffenen Marke durch Schriftsatz vom 25. September 2008 erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist zwar nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht zulässig, da die Widerspruchsmarke am 14. Mai 2002 in das Register eingetragen, die Eintragung der angegriffenen Marke am 5. März 2004 veröffentlicht worden ist und somit zu diesem Zeitpunkt die fünfjährige Benutzungsschonfrist noch nicht abgelaufen war. Die Zulässigkeit der Nichtbenutzungseinrede ergibt sich jedoch aus § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG, da die Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke nach der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke endete.
1.2. Der Widersprechenden obliegt es daher, die Benutzung der Widerspruchsmarke für den Zeitraum von Mai 2004 bis (mindestens) Mai 2009 glaubhaft zu machen.
Die Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung hat sich auf alle maßgeblichen Umstände einer Markenbenutzung zu erstrecken. Die Erfordernisse einer Glaubhaftmachung müssen insgesamt erfüllt sein. In jedem Fall muss sich aus den vorgelegten Unterlagen die funktionsgemäße Benutzung der Marke, die Verwendung der Marke in ihrer eingetragenen oder einer davon abweichenden Form, die Benutzung der Marke für die registrierten Waren und Dienstleistungen, die Markenbenutzung im maßgeblichen Zeitraum, der relevante Umfang der Benutzung sowie der Ort der Benutzung ergeben (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 6. Auflage, § 43, Rn. 43).
1.3. Die Widersprechende hat keine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Für einen ausreichenden Benutzungsnachweis ist zwar die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung nicht zwingend erforderlich, sofern sich aus den vorgelegten Unterlagen eine Benutzung der Widerspruchsmarke zweifelsfrei ergibt. Dies ist vorliegend zu verneinen.
Von den Anlagen ihres Schriftsatzes vom 17. Dezember 2008, durch die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht werden soll, fallen nur die Anlagen 5 bis 8 in den relevanten Benutzungszeitraum der letzten fünf Jahre, d. h. in den Zeitraum von Mai 2004 bis Mai 2009. Bei den betreffenden Anlagen 5 bis 8 handelt es sich um Lizenzvereinbarungen zwischen der Widersprechenden und Dritten bezüglich der Benutzung der Widerspruchsmarke "Schweinehund". Nach § 26 Abs. 2 MarkenG gilt die Benutzung einer Marke mit Zustimmung des Markeninhabers als Benutzung der Marke durch den Inhaber. Aus den vorgelegten Lizenzvereinbarungen geht auch die Zustimmung der Widersprechenden zur Benutzung ihrer Marke durch die jeweiligen Lizenznehmer hervor. Allerdings ist weder den Ausführungen der Widersprechenden in ihrem Schriftsatz vom 17. Dezember 2008 noch den Anlagen 5 bis 8 selbst zu entnehmen, ob die Widerspruchsmarke im Rahmen der besagten Lizenzvereinbarung auch tatsächlich benutzt worden ist. Über die Lizenzvereinbarungen hinaus wurden von der Widersprechenden keine weiteren Unterlagen vorgelegt, die eine ernsthafte Benutzung der Marke glaubhaft machen könnten. Mithin bleibt ungeklärt, in welchem Umfang (z. B. durch Vorlage von Umsatzzahlen) und in welchem konkreten Zeitraum eine Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegen hat. Darüber hinaus geben die Lizenzverträge hinsichtlich der Frage einer funktionsgemäßen Benutzung der Widerspruchsmarke sowie des Umstands, ob die Marke in der eingetragenen Form nach § 26 Abs. 3 MarkenG benutzt worden ist, keinen Aufschluss.
1.4.
Für einen entsprechend ergänzten Sachvortrag und der Einreichung zusätzlicher Glaubhaftmachungsunterlagen bedurfte es keiner besonderen Aufforderung durch das Gericht im Rahmen seiner Hinweispflicht nach § 139 ZPO. Die Widersprechende hat nach Übermittlung der Einrede von sich aus die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Einer der Ausnahmefälle, in dem im Markenbeschwerdeverfahren bezüglich der Nichtbenutzungseinrede ein gerichtlicher Hinweis für erforderlich erachtet wird, ist vorliegend nicht gegeben (vgl. Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band 1, Markenverfahrensrecht, Nationales Markenverfahren BPatG Rdnr. 253, 254; BPatG Mitt. 2006, 567 -VisionArena/@rena vision).
Die Widersprechende hat vorliegend ausreichend Gelegenheit gehabt, ergänzend zur Nichtbenutzungseinrede vorzutragen; insbesondere hat sie auch nicht angekündigt, weitere Unterlagen zum Nachweis der Benutzung einreichen zu wollen (vgl. BPatG a. a. O. -VisionArena/@rena vision), so dass eine Entscheidung durch den erkennenden Senat ohne weiteres Zuwarten unmittelbar getroffen werden konnte.
2.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
Grabrucker Kopacek Dr. Kortbein Hu
BPatG:
Beschluss v. 27.05.2009
Az: 29 W (pat) 75/08
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