Landgericht Hamburg:
Urteil vom 31. Mai 2005
Aktenzeichen: 407 O 96/05
(LG Hamburg: Urteil v. 31.05.2005, Az.: 407 O 96/05)
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Zivilkammer vom 10. März 2005 wird aufgehoben. Der zugrunde liegende Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Zugangsvermittlung zum Internet im Wege der DSL-Technologie. Bei beiden Parteien basieren die Zugänge auf einem Telefonanschluss der D.T.. Im Gegensatz zu Anbietern wie den Firmen A. und H. verfügen die Parteien des Verfügungsverfahrens nicht über eigene Telefonanschlüsse, auf denen ihre Leistungen aufbauen könnten.
Die Antragsgegnerin warb im Internet wie aus Anlage K 6, auf die Bezug genommen wird, ersichtlich für ihre Internet-Dienstleistungen. Innerhalb dieser Werbung wies die Antragsgegnerin nicht auf die unstreitig bestehende Notwendigkeit eines Telefonanschlusses der D.T. bei Nutzung des DSL-Angebots der Antragsgegnerin hin, durch den weitere Kosten für den Verbraucher entstehen.
Im Hinblick auf diesen Sachverhalt erging die einstweilige Verfügung der Zivilkammer vom 10. März 2005, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Internet-Dienstleistungen, die mittels der DSL-Technologie vermittelt werden und für deren Nutzung ein Telefonanschluss der D.T. AG Voraussetzung ist, insbesondere ("f. DSL") zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass ein solches Angebot nur mit einem Telefonanschluss der D.T. AG genutzt werden kann.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch. Sie ist der Ansicht, die angesprochenen Verkehrskreise wüssten, dass ein Internet-Zugang einen Telefonanschluss voraussetzt. Kunden, die von der D.T. AG zu einem anderen "Vollanschlussanbieter", z.B. A. oder H., wechseln würden, wüssten, dass mit dem Wechsel der Teilnehmeranschluss von der D.T. AG auf den neuen Anbieter übergehe. Im Gegensatz zur D.T. seien kleine Anbieter nicht verpflichtet, anderen Anbietern die Vermarktung von DSL-Anschlüssen zu ermöglichen. Kunden, die bei diesen Anbietern einen Vollanschluss haben, wüssten, dass ein Wechsel des DSL-Anbieters zwangsläufig mit einem Wechsel des Telefondienste-Anbieters verbunden sei.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Antragstellerin sei die Art dieser Werbung bereits seit Dezember 2004 bekannt; ein Verfügungsgrund stehe ihr deshalb nicht zur Seite. Mangels eines Wettbewerbsverstoßes stehe ihr aber auch kein Verfügungsanspruch zur Seite. Da die angesprochenen Verkehrskreise darüber informiert seien, dass ein Internet-Zugang einen Telefonanschluss voraussetze, scheide auch eine Irreführung des Verkehrs aus, so dass ein Wettbewerbsverstoß nicht vorliege.
Die Antragsgegnerin beantragt
wie erkannt.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung der Zivilkammer vom 10. März 2005 aufrechtzuerhalten.
Sie verteidigt den Bestand der einstweiligen Verfügung mit dem Vortrag, der zu ihrem Erlass geführt hat, und vertieft diesen. Sie weist darauf hin, dass die DSL-Technik von verschiedenen regionalen Netzbetreibern angeboten werde, insbesondere auch über das Fernsehkabel oder über Satellit oder Funk.
Sie ist der Ansicht, die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG sei nicht widerlegt, da die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht habe, die Antragstellerin habe zu einem dringlichkeitsschädlichen Zeitpunkt positive Kenntnis von der in Rede stehenden Werbung der Antragsgegnerin gehabt.
Wegen der Sachdarstellung im Übrigen, wegen der Rechtsausführungen und der Glaubhaftmachungsmittel der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die einstweilige Verfügung der Zivilkammer ist aufzuheben. Sie hat sich unter Berücksichtigung des Vortrags de Parteien im Widerspruchsverfahren nicht als gerechtfertigt erwiesen.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Antragstellerin nicht zu.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin zur Erbringung ihrer auf der DSL-Technologie basierenden Internet-Dienstleistungen auf einen Telefonanschluss angewiesen ist, und zwar auf einen Anschluss der D.T.. Ferner ist unstreitig, dass für einen solchen Anschluss weitere Kosten entstehen, was für einen Kostenvergleich durch den Verbraucher von Relevanz ist.
Vorliegend steht die Werbung der Antragsgegnerin gemäß Anlage K 6 im Streit. Hierbei handelt es sich um eine Werbung innerhalb des Internet-Auftritts der Antragsgegnerin. Daraus folgt, dass derjenige Verbraucher, der mit der beanstandeten Werbung konfrontiert wird, sich bereits im Internet bewegt, also sowohl über einen Internet-Zugang verfügt, als auch mit den Grundzügen des Zugangs zum Internet vertraut ist. Er verfügt in der Regel auch über einen Telefonanschluss
Die Mitglieder der Kammer, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, gehen davon aus, dass dem aufgeklärten Verbraucher, der sich mit Internet-Dienstleistungen, insbesondere mit sog. "schnellen" Zugangsmöglichkeiten zum Internet befasst, darüber informiert ist, dass ein Internet-Zugang einen Telefonanschluss voraussetzt. Dies ist unabhängig davon, ob der Nutzer über ein Analog- oder ISDN-Modem Zugang zum Internet erlangt oder über einen DSL-Anschluss. Der von der Werbung angesprochene Verbraucher weiß somit, dass die Preise, die ihm für Anschluss- und Zugangsleistungen genannt werden, nicht die Kosten für den Telefonanschluss enthalten. Dies ist nur dann der Fall, wenn Anbieter von Internet-Dienstleistungen zugleich einen Telefonanschluss mit anbieten, was zu den von den Parteien als "Vollanschluss" bezeichneten Leistungen führt.
Sofern solche Teilnehmer am Verkehr der Werbung gemäß Anlage K 6 ausgesetzt sind, die über einen "Vollanschluss" verfügen, so ist diesen Personen nach der Überzeugung der Kammer bewusst, dass sie bei einem Wechsel des Internet-Anbieters auch den Telefonanbieter wechseln müssen, so dass ihnen auch nach einem Wechsel Kosten für den Telefonanschluss entstehen werden.
Festzuhalten ist, dass vorliegend die Entbehrlichkeit eines Hinweises auf Kosten für einen Telefonanschluss für den Fall einer Internet-Werbung deshalb bejaht wird, weil die hier angesprochenen Verkehrskreise das Bestehen eines Telefonanschlusses und damit verbundene Kosten als selbstverständlich voraussetzen.
Ob dies auch bei einer Werbung beispielsweise in Printmedien angenommen werden könnte, kann an dieser Stelle dahinstehen, da eine Begehungsgefahr für eine inhaltsgleiche Werbung außerhalb des Mediums Internet nicht dargelegt und auch nicht erkennbar ist. Für den über den Bereich des Internets hinausgehenden Umfang des Verbots besteht daher von vornherein keine Berechtigung.
Auf die Frage des Verfügungsgrundes kommt es angesichts des Fehlens eines Verfügungsanspruches nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 6, 711 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 31.05.2005
Az: 407 O 96/05
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