Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 129/99
(BPatG: Beschluss v. 02.02.2000, Az.: 26 W (pat) 129/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. März 1998 und 31. März 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 33 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit den beiden vorgenannten Beschlüssen der für die Waren
"Vodka"
in der Bundesrepublik Deutschland um Schutz nachsuchenden - farbigen - IR-Marke 648 883 siehe Abb. 1 am Endeden Schutz verweigert, weil das Zeichen ausschließlich aus freihaltungsbedürftigen warenbeschreibenden Angaben bestehe und zudem nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge (Art 5 Abs 1 MMA, Art 6 quinquies B Nr 2 PVÜ iVm §§ 113, 37, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG).
Während es sich bei dem Wortbestandteil "PREMIUM" unbestritten um einen gebräuchlichen Hinweis auf Produkte gehobener Qualität handele, sei das im Englischen und im Französischen "Zitrone" bedeutende Wortelement "CITRON" auch für die inländischen Verbraucher unschwer in diesem Sinne verständlich und zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Ware geeignet. Da auch Wodka mit Zitronengeschmack angeboten werde, stelle der Markenbestandteil "CITRON" lediglich einen schlagwortartigen Hinweis auf die betreffende Geschmacksrichtung dar. Auch in ihrer Kombination beschrieben die beiden Wortbestandteile für Wodka nur werbeüblich ein Spitzenerzeugnis mit Zitronengeschmack, wobei es keine Rolle spiele, in welcher Reihenfolge man die Angaben "CITRON" und "PREMIUM" lese. Die weitere bildliche und farbliche Gestaltung der Marke sei üblich und hebe den beschreibenden Charakter der freizuhaltenden Einzelbestandteile nicht auf. Wegen des rein warenbeschreibenden Charakters der Wortbestandteile und der nicht hinreichend originellen bildlichen Ausgestaltung fehle der IR-Marke auch das erforderliche Minimum an betriebskennzeichnender Eigenart.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie verweist auf die Gesamtheit der schutzsuchenden Marke, die aus einer Kombination ungewöhnlich angeordneter Wortbestandteile und eines speziellen grüngolden umrahmten gelben Rechtecks bestehe. Da alle diese Elemente in ihrer Gesamtheit den Schutz der konkreten Marke bestimmten und beschränkten, sei ein Freihaltebedürfnis zu verneinen.
Mangels einer im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussage könne der schutzsuchenden Kombination auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Demgemäß beantragt die Markeninhaberin sinngemäß die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.
Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2000 hat die Markeninhaberin noch einen nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Februar 2000 eingereicht. Außerdem hat sie eine Flasche mit dem Etikett übersandt, mit dem die beanspruchten Waren entsprechend der schutzsuchenden IR-Marke vertrieben würden.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn dem vorliegenden Schutzerstreckungsgesuch stehen nach Ansicht des Senats die Bestimmungen des MarkenG, der PVÜ sowie des MMA nicht entgegen.
1. Nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind - nur - Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis nur dann besteht, wenn eine derartige Benutzung als Sachhinweis bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich angeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Diese Voraussetzungen liegen im Bezug auf die hier aus Wortbestandteilen sowie farblichen und graphischen Elementen zusammengesetzte Kombinationsmarke nicht vor.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Marke in ihrer Gesamtheit ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtige Benutzung der Marke als Sachangabe beruhenden Freihaltebedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen aber auch Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit der Spirituose Wodka in Zukunft eine Benutzung der kombinierten Marke als Sachangabe erfolgen wird. Zwar kann der Markenstelle insoweit zugestimmt werden, daß die schutzsuchende Marke ua aus für sich gesehen schutzunfähigen Wortelementen besteht. So handelt es sich bei "PREMIUM" um eine nicht schutzfähige beschreibende Angabe, mit der unbestritten und vielfältig auf Produkte gehobener oder bester Qualität von Waren hingewiesen wird. Ebenso ist das weitere Wortelement "CITRON" für die inländischen Verbraucher ohne weiteres als fremdsprachiger Begriff für "Zitrone" verständlich und damit geeignet, schlagwortartig auf eine bestimmte Geschmacksrichtung der betreffenden Spirituose hinzuweisen. Diese Feststellungen rechtfertigen jedoch keine Schutzversagung, denn maßgeblich für die Schutzfähigkeit einer Marke ist deren Gesamteindruck, so daß selbst eine Verbindung von Markenbestandteilen, die für sich gesehen alle schutzunfähig sind, eintragungsfähig sein kann. Vielmehr ist auch eine auf den ersten Blick nicht besondere Ausgestaltung einer schutzsuchenden Marke zu berücksichtigen, die deren Schutzbereich bestimmt und ggf auch beschränkt (vgl dazu BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN). Hierbei ist von der Möglichkeit einer sehr starken Einschränkung des Schutzumfangs zusammengesetzter Marken auszugehen. Wenn der Schutzumfang der hier zu beurteilenden Kombinationsmarke auch gering sein mag, so weist sie jedenfalls in ihrer Gesamtheit gerade noch einen hinreichenden schutzfähigen "Überschuß" auf, auf den ihr Schutz bezogen werden kann. Dieser Überschuß besteht in der nicht als üblich nachweisbaren Anordnung der Wortbestandteile in Form eines rechteckigen Winkels in einem viereckigen Rahmen, wobei die ungewöhnliche Anordnung der Wortbestandteile die Reihenfolge der Worterfassung offen läßt. Es kommt hinzu, daß der Verkehr den Begriff "PREMIUM" möglicherweise auch als Hinweis auf die "beste Qualität" der der Spirituose zugesetzten Zitronen versteht. Unter diesen Umständen vermag der Senat nicht festzustellen, daß etwa Mitbewerber der Markeninhaberin die hier schutzsuchende Marke in ihrer Gesamtheit ungehindert verwenden können müßten.
2. Ebensowenig kann der schutzsuchenden Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Marke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Zeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH MarkenR 1999, 349 - YES).
Hiervon ausgehend kann der Kombinationsmarke "PREMIUM CITRON" oder "CITRON PREMIUM" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden. Eine eindeutig warenbeschreibende Aussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Waren selbst Bezug nimmt, stellt die besagte Wortfolge nicht dar (s. o.). Jedenfalls aufgrund der Anordnung ihrer Wortbestandteile und ihrer sonstigen farblichen und graphischen Elemente kann der schutzsuchenden Kombinationsmarke nicht die erforderliche Hinweiseignung abgesprochen werden, zumal das Wortelement "PREMIUM" auch als werbende Sachaussage oder Anpreisung gewertet werden kann, die die Aufmerksamkeit auf das betreffende Produkt richten soll und die es verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl BGH aaO - FOR YOU).
Die angefochtenen Beschlüsse waren demnach aufzuheben.
Kraft Reker Ederbr/prö
Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)129-99.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 02.02.2000
Az: 26 W (pat) 129/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c7758c27904a/BPatG_Beschluss_vom_2-Februar-2000_Az_26-W-pat-129-99