Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Mai 2009
Aktenzeichen: 19 W (pat) 305/09
(BPatG: Beschluss v. 25.05.2009, Az.: 19 W (pat) 305/09)
Tenor
Das Patent 103 50 490 wird aufrechterhalten.
Gründe
I.
Für die am 29. Oktober 2003 im Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 25. August 2005 veröffentlicht worden. Es betrifft einen Steckverbinder, insbesondere zur Kontaktierung einer Leiterplatte.
Gegen das Patent hat die H... GmbH in N... mit Eingabe vom 18. November 2005, eingegangen am 22. November 2005, Einspruch beim Deutschen Patentund Markenamt erhoben mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 103 50 490 in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Patentinhaber stellt den Antrag, das Patent 103 50 490 mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 9, Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2, Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 3, Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 4, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, jeweils mit anzupassender Beschreibung sowie Zeichnungen gemäß Patentschrift.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, entsprechend einer Merkmalsanalyse der Einsprechenden mit einer Gliederung versehen, lautet:
"Steckverbindera) zum Anschluss einer Anzahl Kabel (30), die je mit einer Kabelisolierung (33) versehen sind, und deren abisolierte Kabelenden (32) Steckkontaktelemente bilden, b) an einem zu kontaktierenden Substrat, das gegengleiche Kontaktelemente aufweist, c) mit einem Steckverbinderkörper (21), in den sämtliche Kabel (30) in einer gemeinsamen vorgegebenen Eintrittsrichtung eintreten und aus dem sämtliche Kabel (30) in einer gemeinsamen Austrittsrichtung austreten, die im Wesentlichen unter einem rechten Winkel zur Eintrittsrichtung ausgerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, d) dass dieser Steckverbinderkörper (21) ein Spritzgusskörper ist, d2.1) der durch Einbringung einer schmelzflüssigen Spritzgussmasse in eine Spritzgussform und anschließende Verfestigung erzeugt worden ist, d2.2) in deren Formhohlraum die im Steckverbinderkörper (21) befindlichen Kabelabschnitte (31) vorher passend eingelegt und angeordnet worden sind, so dass diese Kabelabschnitte (31) vollständig in diesem Spritzgusskörper eingebettet sind;
e) die innerhalb des Spritzgusskörpers befindlichen Kabelabschnitte (31) über ihre gesamte Länge mit der ursprünglichen Kabelisolierung (33) versehen sind;
f) jedes Kabel nach seinen Austritt aus dem Spritzgusskörper noch eine gewisse Strecke lang mit einem Stück (34) der ursprünglichen Kabelisolierung versehen ist, bevor das abisolierte Kabelende (32) beginnt; undg) an der Unterseite (23) des Steckverbinderkörpers (21) einstückig eine Leiste (24) angeformt ist, die eine Höhe aufweist, welche der Länge dieses Stückes (34) der ursprünglichen Kabelisolierung (33) entspricht."
Bezüglich der Hilfsanträge 1 bis 4 wird auf die Akte verwiesen.
Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, einen einfacher aufgebauten und einfacher herstellbaren Steckverbinder der gattungsgemäßen Art (DE 196 14 697 C1) zu schaffen, an welchem die Länge an blank, offen und ungeschützt zugänglichen abisolierten Kabelabschnitten vermindert ist, und der in stabiler Anordnung an einem zu kontaktierenden Substrat, insbesondere einer Leiterplatte abgestützt werden kann (Abs. 0004 der Streitpatentschrift).
Der Patentinhaber ist der Auffassung, dass das Merkmal g) des erteilten Patentanspruchs in der EP 1 396 909 A1 nicht angesprochen sei und sich daraus auch nicht entnehmen lasse. Damit sei der Anspruchsgegenstand gegenüber dem in der EP 1 396 909 A1 beschriebenen neu. Der Patentinhaber vertritt außerdem die Auffassung, gegenüber einem älteren Recht sei die Neuheitsbetrachtung so anzuwenden, dass nur das als nicht neu angesehen werden könne, was explizit in der Druckschrift stehe.
Die Einsprechende ist der Meinung, dass der sachkundige Leser aus der Figur 1 der EP 1 396 909 A1 das Merkmal g) entnehme. In der Figur 1 sei gezeigt, dass die Höhe der Leiste der Länge des Stückes der ursprünglichen Isolierung entspreche. Der Fachmann entnehme dies auch, weil die Isolierung als zusätzliche Abstützung diene.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsregelung in § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den zulässigen, vor dem 30. Juni 2006 eingelegten Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts.
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
Der Einspruch ist zulässig, hatte aber keinen Erfolg.
1.
Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein FH-Elektroingenieur mit Kenntnissen in der Konstruktion von Kunststoff-Steckverbindern sowie den Gegebenheiten und Anforderungen beim Einbau solcher Steckverbinder auf Leiterplatten. Zusätzlich hat dieser Fachmann Grundkenntnisse auf dem Gebiet des Spritzgießens.
2.
Unter der Angabe im Merkmal g), dass die Leiste (24) eine Höhe aufweist, welche der Länge des Stückes (34) der ursprünglichen Kabelisolierung (33) entspricht, versteht der Fachmann nach Überzeugung des Senats, dass die Leiste (24) eine Höhe aufweist, welche im Rahmen von Fertigungstoleranzen gleich ist der Länge des Stückes (34) der ursprünglichen Kabelisolierung (33).
3.
Der Steckverbinder gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist neu.
Nach Auffassung des Senats sind die Merkmale a) bis f) des Patentanspruchs 1 aus der EP 1 396 909 A1, Stand der Technik gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG zu entnehmen.
Das Merkmal g) ist aus dieser Druckschrift jedoch nicht zu entnehmen. Zwar zeigt die nicht als Maßzeichnung ausgeführte Figur 1 in einer perspektivischen Darstellung einen Steckverbinder, bei dem an der Unterseite des Steckverbinderkörpers (4) einstückig eine Leiste (6) angeformt ist, die eine Höhe aufweist, welche ungefähr der Länge des Stückes (bei 2) der ursprünglichen Kabelisolierung (2) entspricht. Über die tatsächliche Länge dieses Stückes (bei 2) ist in der Druckschrift jedoch nichts ausgesagt. Es finden sich in ihr weder im Text noch in der Zeichnung Angaben, in welchem Verhältnis die Länge des Stückes (bei 2) und die Höhe der Leiste (6) zueinander stehen.
4.
Die erfinderische Tätigkeit ist gegenüber der älteren Anmeldung EP 1 396 909 A1 nicht zu prüfen und die im Verfahren vor der Patenterteilung genannten und weder von der Einsprechenden noch vom Senat aufgegriffenen Druckschriften bringen gegenüber dem abgehandelten Stand der Technik keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht eingegangen werden muss.
5.
Mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind auch die hierauf direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 patentfähig.
Bertl Dr. Kaminski Kirschneck Groß
Pr
BPatG:
Beschluss v. 25.05.2009
Az: 19 W (pat) 305/09
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