Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Oktober 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 175/03
(BPatG: Beschluss v. 26.10.2004, Az.: 33 W (pat) 175/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die Eintragung der für die Waren
"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel, Feuerlöschmittel, Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Folien für Verpackungszwecke, Kautschuk, Guttapercha, Gummi und Waren aus Kautschuk, Guttapercha oder Gummi, in Form von Blöcken, Platten, Stangen, Folien, Schnüren oder Bändern (sämtlich als Halbfabrikate); Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial, insbesondere Folien, soweit in Klasse 17 enthalten, Schläuche (nicht aus Metall)
registrierten Marke 398 36 391 aufgrund der für die Waren
"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, Kunstharze und synthetische Harze im Rohzustand in Form von Flüssigkeiten, Pulvern, Pasten oder Granulaten sowie in Form von Folien, Platten, Blöcken oder Stangen als Halbfabrikate, Klebstoffe für gewerbliche und Bastlerzwecke, Zement- und Betonzusatzmittel; Seifen, flüssige und pastöse Wasch- und Reinigungsmittel, Putz- und Poliermittel, chemische Mittel zum Entfetten, Entölen und Reinigen von Maschinen, Metallen, Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien; Klebebänder für gewerbliche Zwecke, Klebebahnen für Bauzwecke, Dichtungsmassen zur Absicherung von Schrauben, Muttern und Bolzen zur Lagerbefestigung von Gleit- und Wälzlagern und zur Flanschdichtung, Fugenvergussmassen, Fugenkitte, Fugenschäume, Baustoffe nicht aus Metall, insbesondere Dämmstoffe, Schall- und Isolierschichten für das Baugewerbe, handbetätigte, maschinelle Werkzeuge, insbesondere nichtelektrische und elektrische Dosiergeräte und Auftragsgeräte für Klebstoffe und Anstrichmittel sowie zum Entfetten von alten Lacken und Farben"
am 16. Juni 1988 eingetragenen Marke 1 123 462 Pattexund aufgrund der für die Waren
"Klebstoffe für gewerbliche, Büro-, Haushalts- und Bastlerzwecke, Lösungs- und Verdünnungsmittel für Farben, Lacke und Klebstoffe; elektrische Auftragsgeräte für Klebstoffe"
am 8. Oktober 1982 eingetragenen Markeam 9. April 1999 Widerspruch erhoben worden. Die Markenstelle für Klasse 1 hat die Widersprüche durch Erstprüferbeschluß vom 13. Mai 2001 zurückgewiesen.
Im Erinnerungsverfahren hat die Widersprechende den Widerspruch ausdrücklich beschränkt auf:
"Klebstoffe für gewerbliche Zwecke".
Die Markenstelle für Klasse 1 hat auch die Erinnerung mit Beschluss vom 31. März 2003 zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die sich gegenüberstehenden Marken für identische bzw im engen Warenähnlichkeitsbereich liegende Waren bestimmt seien. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden in Bezug auf die Waren "Klebstoffe" eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken unterstelle, seien Verwechslungen insgesamt nicht zu befürchten. Die vorliegenden Abweichungen prägten den klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck so verschieden, dass ein sicheres Auseinanderhalten der Marken gewährleistet werden könne.
In klanglicher Hinsicht unterschieden sich die Marken markant im Vokal der ersten Sprechsilbe. Auch die gravierenden konsonantischen Unterschiede im Auslaut trügen wesentlich zu einem unterschiedlichen Klangeindruck bei. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit komme allein deshalb nicht in Betracht, weil die angegriffene Marke sich in zwei (drei) von fünf (sechs) Buchstaben von den Widerspruchsmarken unterscheide. Hinzu kommen die bildlichen Unterschiede.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat sie sich zur Sache nicht geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie vorgetragen, dass die Widerspruchszeichen auf dem Gebiet der Klebstoffe berühmte Marken seien und ihnen deshalb ein entsprechend großer Schutzumfang zukomme. Der Sprachrhythmus der Marken, die stark durch "PT-EC" bzw Ptex" geprägt würden, sei identisch. Das "c" und das "x" am Ende unterschieden sich unerheblich.
Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat sich ebenfalls im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er vorgetragen, dass - auch bei unterstellter Bekanntheit der Widerspruchsmarken - keine Verwechslungsgefahr im Sinne des Markenrechts erkannt werden könne. Sowohl klanglich, mehr noch schriftbildlich und sinnbildlich unterschieden sich die gegenüberstehenden Zeichen hinreichend.
Der Senat hat auf Antrag der Widersprechenden einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Daraufhin hat die Widersprechende ihren Terminsantrag zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.
Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen.
Für die Frage der Warenähnlichkeit ist insoweit von der Registerlage auszugehen. Der Widerspruch richtet sich nur noch gegen "Klebstoffe für gewerbliche Zwecke". Diese Waren liegen im Identitätsbereich zu den Waren der Widerspruchsmarken, die ebenfalls Klebstoffe (für verschiedene Zwecke) enthalten.
b) Die Widersprechende hat eine erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken behauptet und auf den hohen Bekanntheitsgrad von "Pattex" hingewiesen. Dies wurde vom Markeninhaber auch nicht bestritten, er hat vielmehr lediglich ausgeführt, dass auch bei unterstellter Bekanntheit der Widerspruchsmarken eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Der Senat legt daher seiner Beurteilung zugunsten der Widersprechenden ebenfalls eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken zugrunde.
c) Den insoweit erforderlichen erheblichen Abstand hält die angegriffene Marke zu beiden Widerspruchsmarken jedoch in jeglicher Hinsicht noch ein. Zwar enthalten die sich gegenüberstehenden Marken die Bestandteile "P-TE" und sind hinsichtlich Silbenzahl und Sprechrhythmus identisch. Sie weichen jedoch hinsichtlich der jeweils ersten Vokale erheblich voneinander ab. Die angegriffene Marke enthält das heller klingende "E", das zudem wegen des nur einen nachfolgenden Konsonanten gedehnt gesprochen wird. Die Widerspruchsmarken dagegen enthalten das dunkel klingende und aufgrund des nachfolgenden doppelten Mitlauts kurz artikulierte "a". Auch unterscheiden sich die Marken im Auslaut hinsichtlich der dort enthaltenen Konsonanten, was ebenfalls wesentlich zu einem unterschiedlichen Gesamtklangeindruck beiträgt. Das "C" am Ende der angegriffenen Marke wird als "K" gesprochen. Auch wenn in dem "x" der Widerspruchsmarken ein "k" mit anklingt, enthält dieses jedoch am Ende das scharf gesprochene "s".
Auch eine Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht ist nicht zu befürchten. Die sich gegenüberstehenden Marken unterscheiden sich bereits hinsichtlich der Buchstabenzahl (angegriffene Marke: 5 Buchstaben, Widerspruchsmarken: 6 Buchstaben); insbesondere auch die Unterschiede an den Wortenden - es stehen sich insoweit "C" und "x" gegenüber - werden die angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachkreisen auch das allgemeine Publikum, ohne weiteres erkennen. Auffallend ist in der jüngeren Marke auch die symmetrische Anordnung der beiden "E"-Buchstaben, die in der älteren Marke keine Entsprechung hat. Deren bildlicher Gesamteindruck wird demgegenüber von dem doppelten "t" gebildet. Hinzu kommen die Abweichungen in der grafischen Gestaltung.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl
BPatG:
Beschluss v. 26.10.2004
Az: 33 W (pat) 175/03
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