Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. November 2003
Aktenzeichen: 17 W (pat) 302/02

(BPatG: Beschluss v. 25.11.2003, Az.: 17 W (pat) 302/02)

Tenor

Das Patent Nr 38 15 375 wird in beschränktem Umfang aufrechterhalten.

Der geänderten Fassung des Patents liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 und 2, als Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2003, und Patentansprüche 3 - 12 nach der Patentschrift, Beschreibung S. 1, eingegangen am 27. Dezember 2002, und Sp. 1, Z. 41 - Sp. 7 Z 23 nach der Patentschrift, 1 Bl. Zeichnung mit Fig 1 - 4 nach der Patentschrift.

Gründe

I.

Auf die Patentanmeldung wurde die Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments"

am 31. Januar 2002 veröffentlicht.

Gegen das (Streit-)Patent ist unter Bezugnahme auf die Druckschriften 1) DE 28 24 849 A1 2) DE 27 29 830 A1 3) US 3 122 227 4) DE 29 47 958 A1 5) EP 21 093 A1 6) US 3 872 434 und 7) CH 573 634 A5 am 26. April 2002 Einspruch eingelegt worden.

Die Einsprechende hält den Gegenstand des Patents im Hinblick auf den von ihr genannten Stand der Technik nach § 21 PatG für nicht patentfähig.

Sie stellt den Antrag, das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Streitpatent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1, eingegangen am 27. Dezember 2002, und Patentansprüche 2 - 12 nach Patentschrift, Beschreibung S. 1, eingegangen am 27. Dezember 2002, und Sp. 1 Z. 41 - Sp. 7 Z. 23 nach der Patentschrift, 1 Bl. Zeichnung mit Figuren 1 - 4 nach der Patentschrift, hilfsweise Patentansprüche 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2003, und Patentansprüche 3 - 12 nach der Patentschrift, im übrigen die Unterlagen wie vorgenannt.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (mit Korrektur):

"Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments (1)

mit einem Lesekopf (3, 4, 4'), der mindestens zwei parallel nebeneinander auf einen Anschluß (3) steckbare Module (4, 4') und Photosensoren (18) zur optischen Abtastung des Dokuments (1) aufweist, sowie einer Beleuchtungseinrichtung (20, 24 bis 28) für das Dokument (1), dadurch gekennzeichnet, daß die gleichartigen, mit jeweils einer Photosensorzeile (18) versehenen Module (4, 4') mit in Abstand voneinander verlaufenden optischen Achsen (19, 19') angeordnet sind und das Dokument (1) jeweils in einem vorbestimmten Spektralbereich abtasten, der je durch den Spektralbereich begrenzende Einrichtungen bestimmt ist."

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (mit Korrektur; Änderungen gegenüber der Fassung nach Hauptantrag unterstrichen):

"Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments (1)

mit einem Lesekopf (3, 4, 4'), der mindestens zwei parallel nebeneinander auf einen Anschluß (3) steckbare Module (4, 4') und Photosensoren (18) zur optischen Abtastung des Dokuments (1) aufweist, sowie einer Beleuchtungseinrichtung (20, 24 bis 28) für das Dokument (1), dadurch gekennzeichnet, daß die gleichartigen, mit jeweils einer Photosensorzeile (18) versehenen Module (4, 4') mit in Abstand voneinander verlaufenden optischen Achsen (19, 19') angeordnet sind und das Dokument (1) jeweils in einem vorbestimmten Spektralbereich abtasten, der je durch den Spektralbereich begrenzende Einrichtungen bestimmt ist, und daß jedes Modul (4, 4') beidseits symmetrisch zur Photosensorzeile (18) angeordnete optische Leiter (20) zur Beleuchtung des Dokuments (1) aufweist, die mit einem Lichtleiter (27) der Beleuchtungseinrichtung (20, 24 bis 28) verbunden sind."

Der nebengeordnete Anspruch 12 lautet nach Haupt- und Hilfsantrag:

"Verfahren zum Einrichten einer Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 11 mit folgenden Schritten:

Auswählen der Zahl der Module (4, 4') und ihrer jeweils zugeordneten vorbestimmten Spektralbereiche, und Einsetzen der Module in den Lesekopf (3, 4, 4')."

Nach Ansicht der Patentinhaberin ist der Gegenstand des Streitpatents nach Hauptantrag patentfähig, da der hierbei vorgesehene Einsatz eines Sensors pro Farbe durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt sei. Durch die nach Hilfsantrag ergänzend vorgesehenen Maßnahmen zur Beleuchtung des zu untersuchenden Dokuments mittels Lichtleitern werde der erfinderische Abstand zum Stand der Technik noch erhöht.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der frist- und formgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Einspruch ist teilweise begründet, da lediglich der Gegenstand des Streitpatents in der gemäß Hilfsantrag beschränkten Fassung eine patentfähige Erfindung nach den §§ 1 bis 5 PatG ist.

1. Hauptantrag Das Streitpatent bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments. Die zugehörige patentgemäße Aufgabenstellung wird in der Schaffung einer derartigen Vorrichtung gesehen, die einen an das zu erkennende Dokument einfach anpaßbaren Lesekopf aufweist.

Die zur Lösung dieser Aufgabe im geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag enthaltene technische Lehre läßt sich wie folgt gliedern:

"Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments (1)

1) mit einem Lesekopf (3, 4, 4'), der mindestens 1.1) zwei parallel nebeneinander auf einen Anschluß (3) steckbare Module (4, 4') und 1.2) Photosensoren (18) zur optischen Abtastung des Dokuments (1) aufweist, 2) sowie einer Beleuchtungseinrichtung (20, 24 bis 28) für das Dokument (1), dadurch gekennzeichnet, 3) daß die gleichartigen, mit jeweils einer Photosensorzeile (18) versehenen Module (4, 4')

3.1) mit in Abstand voneinander verlaufenden optischen Achsen (19, 19')

angeordnet sind 3.2) und das Dokument (1) jeweils in einem vorbestimmten Spektralbereich abtasten, 3.2.1) der je durch den Spektralbereich begrenzende Einrichtungen bestimmt ist."

Für die Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes ist zunächst auf D2 (DE 27 29 830 A1) zu verweisen. In Fig. 12 dieser Druckschrift ist ein Baustein 12 mit einer Meßstrecke (als Bestandteil einer Banknotensortiervorrichtung) für die Zustands- bzw. Echtheitserkennung von Banknoten dargestellt, wobei die Meßstrecke in jeweils einen Abschnitt 22 zur Prüfung des Erhaltungszustandes und in einen Abschnitt 23 zur Prüfung der Echtheit einer Banknote unterteilt ist. Zu jedem dieser Abschnitte gehören 4 parallel nebeneinander angebrachte Sensoren (S1 bis S4; S5 bis S8), deren Schnittstellen in mechanischer, elektrischer und logischer Hinsicht standardisiert sind (S. 46, 47; Ansprüche 62, 63, 66). Die Fig. 14 bis 17 zeigen beispielhaft einen zur Sensorengruppe S1 - S4 gehörenden optischen Sensor zur Zustandsprüfung (Verschmutzungsgrad) mit Lichtquelle 162, Filterkombination 173, Fotodioden 172a, 172b, 172c , Transportsystem 30d für Banknoten etc. in einem Gehäuse.

In Fig. 18 bis 20 ist als Beispiel für einen zur Gruppe Echtheitserkennung (S5 - S8) gehörenden Sensor eine Dickenmessvorrichtung mit Meßrolle, Walze, Piezokraftaufnehmer etc dargestellt.

Somit zeigt D2 zunächst eine Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1, wobei der Lesekopf 3, 4, 4' dem Abschnitt 22 und die Module 4, 4' den Sensoren 1 bis 4 entsprechen.

Auf S. 48, Z.2 ff von D2 wird ausgeführt, daß mit den im Baustein 12 verwendeten Sensoren (= Module) jeweils nur ein spezifisches Kriterium einer Banknote gemessen wird. Es ist dem angesprochenen Fachmann - einem Physik-Ingenieur mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung - jedoch beispielsweise aus D3 (US 3 122 227) und D7 (CH 573 634) bekannt, daß bei der Erkennung von Dokumenten in Gestalt von Banknoten deren Überprüfung mit Licht in unterschiedlichen Frequenzbereichen einen "besonders genauen und trotzdem einfachen Test" darstellt (D3, Sp. 1, Z. 58 - 61) bzw. "beste Resultate" zeitigt (D7, Sp. 1, Z. 1 - 12 und Z. 28 - 35). Die D'en 3 und 7 vermitteln somit dem Fachmann die Anregung, bei der aus D2 bekannten Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments den zum Abschnitt 22 gehörenden optischen Sensoren unterschiedliche Spektralbereiche zuzuordnen. Der Fachmann wird hierbei selbstverständlich aus Gründen gleichbleibender Empfindlichkeit die in D2, Fig. 12 dargestellte Ausrichtung der Sensoren mit beabstandeten optischen Achsen beibehalten. Die Festlegung eines Spektralbereiches mit diesbezüglich begrenzenden Einrichtungen (Merkmal 3.2.1) geht aus D2 hervor (S. 49, le. Z. mit S. 50, Z. 1 - 3).

Für die Ausgestaltung der aus D2 bekannten Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments (Merkmale 1, 1.1, 1.2, 2, 3.2.1 ) entsprechend den Merkmalen 3) bis 3.2) ist somit für den Fachmann angesichts seiner zusätzlichen Kenntnis der D'en 3 und 7 keine erfinderische Tätigkeit erforderlich.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist demzufolge nicht patentfähig und dieser Anspruch folglich nicht rechtsbeständig.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die Unteransprüche 2 bis 11 und der Nebenanspruch 12 nicht rechtsbeständig.

2. Hilfsantrag Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist gegenüber jenem nach Hauptantrag um folgendes Merkmal ergänzt:

"....., und daß jedes Modul (4, 4') beidseits symmetrisch zur Photosensorzeile (18) angeordnete optische Leiter (20) zur Beleuchtung des Dokuments (1) aufweist, die mit einem Lichtleiter (27) der Beleuchtungseinrichtung (20, 24 bis 28) verbunden sind."

Diese Ergänzung ist dem erteilten Anspruch 2 und Sp. 3, Z. 20 ff entnommen und somit zulässig.

Die in diesem Merkmal enthaltene Gestaltung der Dokumentenbeleuchtung ist durch den eingangs genannten Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt.

In D1 (Fig. 1 mit S. 15, Z. 1 - 6) dient ein Sender 3 mit einer oder mehreren Lichtquellen 6 zur Beleuchtung des zu erkennenden Dokuments (Fig. 1 mit S. 15, Z. 1-6). In D2 wird diese Aufgabe von einer Lichtquelle 161, die sich vor einem Ellipsoidspiegel 162 befindet, übernommen (Fig. 14 mit S. 49, 4. Abs.).

Bei den Vorrichtungen zum Erkennen eines Dokuments nach D3 und D7 werden Lampen (D3: Fig. 1, 2, Bezugsziff. 119; D7: Fig. 1, Bezugsziff. 4, 5, 6) für die Dokumentenbeleuchtung eingesetzt. Da in den zitierten Druckschriften eine Lichtführung mittels Lichtleiter nicht angesprochen ist, können sie auch keine Anregung zu den entsprechenden, im Anspruch 1 nach Hilfsantrag enthaltenen Maßnahmen vermitteln.

Beim Lesekopf nach D4 wird das zur Dokumentenbeleuchtung eingesetzte Licht über ein in einer Hülle 64 befindliches kreisförmiges Lichtleiterbündel von einer Lichtquelle herangeführt. Die Lichtleiter werden dann derart verteilt, daß sie eine gradlinige Front bilden, welche längs einer Mantellinie 66 eines aus einem zylindrischen Stab aus optischem Glas bestehenden Reflektors 67 verläuft. Das zu kontrollierende Dokument wird durch das vom Reflektor 67 kommende Lichtbündel 73 beleuchtet (Fig. 10, 11 mit S. 23, 2. Abs. und S. 24, 1. Abs.).

Bei der Dokumentenerkennungsvorrichtung nach D5 wird von der Lichtquelle 9 emittiertes Licht über ein flaches Lichtleiterbündel 13 einem ellipsoidförmigen, mit reflektierendem Material beschichteten Kopf 1 zugeführt, durch Reflektion an dessen Fläche 3 in einer Linie gebündelt und über die kreisförmige Zylinderwandfläche 17 an das zu untersuchende Objekt (Papier 21) weitergeleitet (Fig. 1 mit S. 4, Z. 22 ff.).

Aus den Druckschriften 4 und 5 erhält der Fachmann somit zwar Hinweise auf den Einsatz von Lichtwellenleitern bei der Konzipierung von Dokumentenbeleuchtungen; die im Anspruch 1 nach Hilfsantrag enthaltene Beleuchtungsausführung mit beidseits symmetrisch zur Photosensorzeile angeordneten optischen Leitern wird durch diese Druckschriften aber weder bei einzelner noch bei gemeinsamer Betrachtung nahegelegt. Demnach ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag patentfähig.

Die zugehörigen Unteransprüche 2 bis 11 haben zweckmäßige, nicht selbstverständliche und somit ebenfalls patentfähige Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag zum Inhalt.

Der nebengeordnete Anspruch 12 bezieht sich auf ein Verfahren zum Einrichten einer Vorrichtung zum Erkennen eines Dokuments nach einem der Ansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag. Dieses Verfahren ist somit analog zu den bereits zum Anspruch 1 nach Hilfsantrag genannten Gründen patentfähig. Da der Patentinhaberin auch ein Rechtsschutzinteresse für den Verfahrensanspruch 12 zuzuerkennen ist (vergl. hierzu BPatGE 40, 219 und BGH GRUR 1998, 130 "Handhabungsgerät"), ist folglich das Streitpatent im Umfang des Hilfsantrages aufrechtzuerhalten.

Vorsitzender Richter Grimm ist erkrankt und daher verhindert zu unterschreiben.

Dr. Schmitt Dr. Schmitt Dr. Kraus Schuster Cl






BPatG:
Beschluss v. 25.11.2003
Az: 17 W (pat) 302/02


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