Bundesverwaltungsgericht:
Urteil vom 16. Dezember 2009
Aktenzeichen: 6 C 40.07
(BVerwG: Urteil v. 16.12.2009, Az.: 6 C 40.07)
Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem zuvor im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab. Die Frage, ob es sich bei dem Erfordernis der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde um eine Klagevoraussetzung oder um eine nachholbare Sachurteilsvoraussetzung handelt, bleibt offen.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Er bestand nach seinem Studium der Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin am 17. Februar 1994 die erste juristische Staatsprüfung vor dem Justizprüfungsamt Berlin. Vom 2. Oktober 1995 bis zum 1. Oktober 1996 befand er sich im juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Kammergerichts Berlin. Am 18. November 1997 wurde er durch den Supreme Court des Staates New York als Attorney-at-Law zugelassen.
Unter dem 7. September 1998 beantragte der Kläger nach dem seinerzeit geltenden Eignungsprüfungsgesetz bei dem durch Vereinbarung der acht beklagten Länder als Gemeinsames Prüfungsamt zur Abnahme der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (im Folgenden: Gemeinsames Prüfungsamt) bestimmten Justizprüfungsamt Berlin (nunmehr: Gemeinsames Juristisches Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg) die Zulassung zu dieser Prüfung und den Erlass aller Prüfungsleistungen. Diesen Antrag lehnte das Gemeinsame Prüfungsamt mit Bescheid vom 24. November 1998 mit der Begründung ab, der dem Kläger in den USA zuerkannte Titel eines Attorney-at-Law erfülle nicht die Voraussetzungen eines Diploms im Sinne des Eignungsprüfungsgesetzes und der durch dieses Gesetz umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Diplomanerkennungsvorschriften.
Der Kläger hat den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel angegriffen, die Beklagten - handelnd durch das Gemeinsame Prüfungsamt - zu verpflichten, ihn zur Eignungsprüfung zuzulassen. Im Verlauf des Klageverfahrens hat er unter dem 8. Mai 2002 unter Verweis auf eine seiner Ansicht nach veränderte Rechts- und Sachlage einen weiteren Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung an das Gemeinsame Prüfungsamt gerichtet. Der neuerlich ablehnende Bescheid des Gemeinsamen Prüfungsamtes vom 4. Juni 2002 ist in das Klageverfahren einbezogen worden. Das Verwaltungsgericht hat mit klagabweisendem Urteil vom 22. Januar 2003 einen Anspruch des Klägers auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach nationalem Recht und nach Gemeinschaftsrecht verneint.
Während des Verfahrens über die von dem Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist der Kläger am 15. Juli 2004 als Solicitor des Supreme Court of England and Wales zugelassen worden. Mit Datum vom 10. April 2006 hat er bei dem Gemeinsamen Prüfungsamt - erneut - beantragt, ihn zur Diplomanerkennung im Wege der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen, ihn von der Eignungsprüfung vollständig freizustellen und - weiter - ihm eine schriftliche Bestätigung darüber auszustellen, dass er die für die Ausübung des Berufs eines Rechtsanwaltes in der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Kenntnisse habe. Diesen Anträgen hat er drei Hilfsanträge hinzugefügt. Das Gemeinsame Prüfungsamt hat den Kläger in dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht am 10. August 2006 zur Eignungsprüfung zugelassen, die darüber hinausgehenden Anträge jedoch mit Bescheid vom 18. Oktober 2006 abgelehnt.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zuletzt dreizehn Anträge - teilweise mit jeweils zugehörigen Hilfsanträgen - gestellt, darunter die Anträge,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Januar 2003 zu ändern und festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 24. November 1998 und 4. Juni 2002 rechtswidrig waren und die Beklagten verpflichtet waren, ihn auf Grund seiner Berufsqualifikation als Attorney-at-Law zur Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen (mit einem Hilfsantrag),
10. den Bescheid vom 18. Oktober 2006 aufzuheben,
11. die Beklagten zu verpflichten, ihn vollständig von der Eignungsprüfung für Rechtsanwälte freizustellen (mit mehreren Hilfsanträgen),
13. die Beklagten zu verpflichten, ihm eine Diplomanerkennungsbescheinigung auszustellen, aus der hervorgeht, dass er auf Grund seiner anerkannten Qualifikation als englischer Solicitor gemäß der Richtlinie 89/48/EWG berechtigt ist, in der Bundesrepublik Deutschland die gleichen reglementierten beruflichen Tätigkeiten insgesamt, also die beruflichen Tätigkeiten des Anwaltsnotars insgesamt, auszuüben.
Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Dezember 2006 der Berufung mit den Anträgen zu 10. und 11. stattgegeben, sie im Übrigen zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Im Hinblick auf den Antrag zu 13. hat es zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausstellung der begehrten Diplomanerkennungsbescheinigung. Die Bestellung zum Notar richte sich nach § 5 BNotO, dessen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, da der Kläger die zweite juristische Staatsprüfung nicht abgelegt habe und damit nicht über die Befähigung zum Richteramt verfüge. Die gemeinschaftsrechtlichen Diplomanerkennungsvorschriften fänden wegen der staatlichen Funktionen eines deutschen Notars keine Anwendung.
Das Gemeinsame Prüfungsamt hat dem Kläger eine Bescheinigung über das Bestehen der Eignungsprüfung für Rechtsanwälte ausgestellt. In der Folge ist er zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden.
Auf die von dem Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde hat der Senat die Revision im Hinblick auf den in der Berufungsinstanz erfolglos gebliebenen Antrag zu 13. zugelassen. Die weitergehende Beschwerde hat er zurückgewiesen.
Der Kläger macht zur Begründung seiner Revision geltend, er wolle in der Bundesrepublik Deutschland als Anwaltsnotar tätig werden. Soweit das Berufungsurteil die Verpflichtung der Beklagten zur Erstreckung der gemeinschaftsrechtlichen Diplomanerkennung auf notarielle Tätigkeiten abgelehnt habe, verletze es mangels einer tragfähigen rechtlichen Begründung und wegen seines willkürlichen und überraschenden Charakters Art. 6 Abs. 1 EMRK. Der ihm, dem Kläger, nach Gemeinschaftsrecht zustehende Anspruch auf Diplomanerkennung sei erst teilweise - im Hinblick auf seine anwaltliche Berufsqualifikation - erfüllt. Als Solicitor im Vereinigten Königreich sei er darüber hinaus auch für alle Tätigkeiten, die das Anwaltsnotariat umfasse, vollständig qualifiziert. Die Bereichsausnahme nach Art. 45 Abs. 1 EG greife nicht ein. Der in dieser Vorschrift enthaltene Begriff der öffentlichen Gewalt sei wesentlich enger als der von dem Berufungsgericht herangezogene Terminus der staatlichen Funktion. Die deutschen Notare übten keine öffentliche Gewalt im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes aus. Werde in der ehemaligen DDR ausgebildeten Diplomjuristen der Zugang zum Anwaltsnotariat in Berlin eröffnet, fachlich besser qualifizierten Unionsbürgern ein solcher Zugang hingegen versagt, stelle dies eine mit Art. 43 EG nicht zu vereinbarende Diskriminierung dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. Dezember 2006 zu ändern und die Beklagten zu verpflichten, die bereits teilweise durchgeführte gemeinschaftsrechtliche Diplomanerkennung ohne Ausgleichsmaßnahme auch auf die notariellen Tätigkeiten zu erstrecken.
Die Beklagten beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie tragen vor, der von dem Kläger erstmals im Berufungsverfahren gestellte Verpflichtungsantrag auf Ausstellung einer auf die Tätigkeiten eines Anwaltsnotars bezogenen Diplomanerkennungsbescheinigung stelle eine Klageänderung dar, der sie widersprochen hätten und die das Oberverwaltungsgericht auch nicht als sachdienlich habe zulassen dürfen. Der Antrag stehe in keinem Zusammenhang mit dem zuvor allein streitgegenständlichen, auf die Eignungsprüfung für Rechtsanwälte bezogenen Klagebegehren. Nur für diese Eignungsprüfung, nicht aber für eine Feststellung der Eignung als (Anwalts-)Notar, sei das Gemeinsame Prüfungsamt für sie, die Beklagten, handlungsbefugt. Das Berufungsgericht hätte deshalb die Klage mit dem neuen Antrag allen Beklagten gesondert zustellen und ihnen rechtliches Gehör gewähren müssen. Dies habe es versäumt. Die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens für den neu hinzugekommenen Streitgegenstand sei nicht entbehrlich gewesen, so dass es an einer für die Klageerhebung notwendigen Sachurteilsvoraussetzung fehle. Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Für den von dem Kläger verfolgten Anspruch gebe es in dem innerstaatlichen Recht keine Grundlage. Der Bundesnotarordnung sei die Ausstellung einer Bestätigung über die für das (Anwalts-)Notariat erforderlichen Kenntnisse fremd. Der entsprechende Nachweis sei gegenüber der jeweils zuständigen Landesjustizverwaltung im Rahmen des Notarbestellungsverfahrens nach §§ 4 ff. BNotO zu führen. In der Hälfte der beklagten Länder gebe es überdies nicht das Anwaltsnotariat, sondern das Nur-Notariat. Auch aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe sich kein Anspruch auf eine isolierte Bescheidung der Gleichwertigkeit einer beruflichen Qualifikation, vielmehr sei eine solche bei der Entscheidung über die Berufszulassung zu berücksichtigen. Davon abgesehen verfüge der Kläger nicht über die für die erstrebte Anerkennung erforderliche Berufsqualifikation eines deutschen (Anwalts-)Notars. Dessen Berufsbild sei mit demjenigen eines englischen Solicitors nicht vergleichbar.
Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht tritt den Ausführungen der Beklagten zur fehlenden Vergleichbarkeit der Berufe des englischen Solicitors und des deutschen Notars bei. Er trägt überdies vor, die Tätigkeit der deutschen Notare unterfalle als Ausübung öffentlicher Gewalt der in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehenen Bereichsausnahme.
II.
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht zwar mit revisiblem Recht insoweit nicht in Einklang, als es die noch streitgegenständliche Verpflichtungsklage in der Sache beschieden hat, obwohl diese unzulässig ist. Da es diese Klage abgewiesen hat, erweist sich das Berufungsurteil im Ergebnis gleichwohl als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger die von ihm neben der Diplomanerkennung für den Anwaltsberuf begehrte und nunmehr als Erstreckung bezeichnete Diplomanerkennung für den Beruf des (Anwalts-)Notars nicht vor Klageerhebung bei dem von ihm auch insoweit für zuständig erachteten Gemeinsamen Prüfungsamt beantragt hat.
a) Die von dem Kläger der Sache nach erstrebte Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Bescheides, in dem ihm das Vorliegen der Voraussetzungen für die Übertragung des Notaramtes in Gestalt von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (vgl. dazu: BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 ) bestätigt wird, ist unabhängig von dem abgeschlossenen Streit um die Zulassung des Klägers zur Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und die Ausgestaltung dieser Prüfung. Das Begehren bildet, wie der Senat in seinem Beschluss vom 19. November 2007 (Az.: BVerwG 6 B 23.07) über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision festgestellt hat, einen selbstständigen Streitgegenstand. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Tätigkeit als Notar im Verhältnis zu der Tätigkeit als Rechtsanwalt einen eigenständigen Beruf, bei einem Anwaltsnotar einen Neben- oder Zweitberuf, darstellt. Rechtsanwälte und Notare haben in der Rechtspflege verschiedene Aufgaben zu erfüllen und sind demgemäß verschiedenen berufsrechtlichen Regelungen unterworfen. Der Rechtsanwalt übt einen freien Beruf aus und wird von einer Partei auf Grund privatrechtlichen Vertrages zur Wahrnehmung ihrer Interessen bestellt. Der Notar - der Anwaltsnotar ebenso wie der Nur-Notar - nimmt hingegen kraft öffentlich-rechtlicher Bestellung ein öffentliches Amt wahr und ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO unabhängiger und unparteiischer Betreuer der Beteiligten (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1964 - 1 BvL 8/62 - BVerfGE 17, 371 ; vgl. auch: BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 a.a.O. S. 306 und S. 323 f.).
b) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 30. August 1973 - BVerwG 2 C 10.73 - Buchholz 232 § 181 BBG Nr. 6 S. 12, vom 17. April 1975 - BVerwG 2 C 30.73 - Buchholz 235 § 1 BBesG Nr. 1 S. 7 f., vom 14. Dezember 1978 - BVerwG 5 C 1.78 - BVerwGE 57, 204 = Buchholz 436.36 § 12 BAföG Nr. 6 S. 22; Beschluss vom 6. Mai 1993 - BVerwG 1 B 201.92 - juris Rn. 4 und 7, Urteile vom 31. August 1995 - BVerwG 5 C 11.94 - BVerwGE 99, 158 = Buchholz 436.0 § 119 BSHG Nr. 2 S. 2 f., vom 17. Juni 1998 - BVerwG 8 C 2.97 - juris Rn. 22, , vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 = Buchholz 442.066 § 132 TKG Nr. 1 S. 7 und vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 2 S. 35) und im Schrifttum (Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 42 Rn. 37; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 42 Abs. 1 Rn. 96; Dolde/Porsch, ebendort, § 75 Rn. 5; Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 42 Rn. 36; Rennert, ebendort, § 68 Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 42 Rn. 6) ist anerkannt, dass die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts abhängt. Diese mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare Zulässigkeitsvoraussetzung folgt aus § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1 VwGO ("Antrag auf Vornahme") und zusätzlich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden. Sie ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen (Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 209 f. bzw. S. 22).
Die Zulässigkeitsvoraussetzung der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde steht unter dem Vorbehalt, dass sich dem einschlägigen bundesrechtlich geordneten Verwaltungsrecht keine anderweitigen Maßgaben entnehmen lassen (Urteile vom 2. Mai 1984 - BVerwG 8 C 94.82 - BVerwGE 69, 198 = Buchholz 454.71 § 23 WoGG Nr. 1 S. 3 f. und vom 28. November 2007 a.a.O. S. 46 bzw. S. 7). Im Hinblick auf etwa abweichende Regelungen im europäischen Recht kann nichts anderes gelten. Indes gebieten im vorliegenden Fall die entscheidungsrelevanten Vorschriften beider Rechtskreise kein Abweichen von dem in Rede stehenden allgemein anerkannten prozessrechtlichen Grundsatz, sie bestätigen ihn vielmehr.
Nicht einschlägig sind aus dem nationalen Rechtskreis das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) vom 9. März 2000 (BGBl I S. 182, 1349) und als dessen Vorgängerregelung das Gesetz über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Eignungsprüfungsgesetz) vom 6. Juli 1990 (BGBl I S. 1349), denen die Maßstäbe für den abgeschlossenen Teil des Klageverfahrens zu entnehmen waren. Das nationale Regelwerk, dem das von dem Kläger weiterhin verfolgte und hier streitgegenständliche Begehren auf Diplomanerkennung im Hinblick auf den Beruf des (Anwalts-)Notars der Sache nach zugeordnet werden muss, ist die Bundesnotarordnung. Diese befindet sich im Hinblick auf den Vorrang der behördlichen vor der gerichtlichen Sachbefassung sowohl verwaltungsverfahrensrechtlich als auch prozessual in Gleichklang mit den allgemeinen Regelungen. Die verwaltungsverfahrensrechtliche Vorschrift des § 64a Abs. 1 BNotO und die prozessrechtliche Bestimmung des § 111b Abs. 1 BNotO verweisen in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung, die sie durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl I S. 2449) erhalten haben, jeweils auf die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung. Auch nach der zuvor geltenden Rechtslage ergab sich der Vorrang des Verwaltungsantrages vor der Verwaltungsklage. So war Regelungsgegenstand des § 64a Abs. 2 Satz 2 BNotO a.F. der Antrag auf Gewährung von Rechtsvorteilen, nahm § 111 Abs. 2 Satz 2 BNotO a.F. auf den Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts Bezug und knüpfte § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO a.F. i.V.m. § 41 Abs. 3 Satz 2 BRAO a.F. an die Ablehnung der Vornahme der beantragten Amtshandlung an.
Dem für die Beurteilung des streitgegenständlichen Begehrens des Klägers in Betracht kommenden Gemeinschaftsrecht in Gestalt der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl EG Nr. L 255 S. 22) lässt sich ebenfalls kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass gerichtlicher Rechtsschutz auch ohne vorherigen Antrag bei der Verwaltungsbehörde gewährt werden müsste. Im Gegenteil sieht diese Richtlinie in Art. 50 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 und 2 ausdrücklich vor, dass der Niederlassungsberechtigte, der im Aufnahmemitgliedstaat auf Grund seiner Berufsqualifikation die Zulassung zu einem reglementierten Beruf erreichen will, einen Antrag unter Beifügung der erforderlichen Unterlagen und Bescheinigungen bei der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates stellen muss. Ein Rechtsbehelf nach innerstaatlichem Recht ist erst gegen eine ablehnende oder unterbliebene Entscheidung garantiert (Art. 51 Abs. 3). Entsprechende Bestimmungen enthielt bereits Art. 8 der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl EG Nr. L 19 S. 16) als Vorgängerregelung der Richtlinie 2005/36/EG.
c) Der Antrag, den der Kläger unter dem 7. September 1998 an das Gemeinsame Prüfungsamt richtete, bezog sich allein auf die Zulassung zur Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach dem seinerzeitigen Eignungsprüfungsgesetz. § 2 Satz 1 dieses Gesetzes kennzeichnete die Eignungsprüfung - insoweit in Übereinstimmung mit dem seit dem 14. März 2000 geltenden § 17 Satz 1 EuRAG - als eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des jeweiligen Antragstellers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts in der Bundesrepublik Deutschland auszuüben, beurteilt werden sollte. In diesem Zusammenhang diente der in der Begründung des Antrages enthaltene Hinweis des Klägers, dass ihm als Attorney-at-Law am Supreme Court des Staates New York zusätzlich zu den Befugnissen, die deutsche Rechtsanwälte hätten, auch diejenigen Befugnisse übertragen worden seien, die in der Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen dem Notar vorbehalten seien, so dass sein Beruf hier als der eines Anwaltsnotars bezeichnet werden würde, ersichtlich nur dem Zweck, den Wert des vorgelegten Drittlanddiploms, dessen Anerkennung der Kläger seinerzeit erstrebte, hervorzuheben.
Ebenfalls nur den Zugang zum Beruf des Rechtsanwaltes, nicht hingegen einen solchen zum Notarberuf, hat der Kläger mit dem Klageantrag verfolgt, den er in der ersten Instanz des gegen den Bescheid des Gemeinsamen Prüfungsamtes vom 24. November 1998 anhängig gemachten gerichtlichen Verfahrens gestellt hat. Dass es ihm allein um dieses Ziel ging, hat er auf der verwaltungsbehördlichen Ebene verdeutlicht, indem er mit Datum vom 8. Mai 2002 erneut seine Zulassung zur Eignungsprüfung bei dem Gemeinsamen Prüfungsamt beantragt hat, um - wie es in der Antragsbegründung heißt - die Zulassung als Rechtsanwalt zu erreichen.
Ein erster Hinweis auf die Forderung des Klägers, Zugang auch zu notariellen Tätigkeiten zu erhalten, findet sich in seinem Schriftsatz vom 4. Juni 2003 zur Begründung der gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Berufung. In diesem Schriftsatz hat er unter anderem den Antrag angekündigt, die Beklagten zu verpflichten, ihn zur Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und zum Notariat zuzulassen, hilfsweise ein innerstaatliches Verfahren einzurichten und anzuwenden, um seinen Zugang zum Anwalts- und Notarberuf im Wege der materiellen Gleichwertigkeitsprüfung zu gewährleisten. Dieses Begehren war allerdings erheblich enger gefasst als die nunmehr erhobene Forderung nach einer prüfungslosen Diplomanerkennung für den Beruf als Anwaltsnotar unter Erteilung einer darauf bezogenen Bescheinigung. Diesen prozessualen Antrag hat der Kläger erstmals in dem zweiten Verhandlungstermin vor dem Oberverwaltungsgericht am 16. November 2006 unter Bezugnahme auf einen im Termin zur Akte gegebenen und an die Beklagtenseite weitergereichten Schriftsatz vom 14. November 2006 gestellt und sodann im dritten Verhandlungstermin am 20. Dezember 2006 aufrechterhalten.
Die Frage, ob die Schriftsätze des Klägers vom 4. Juni 2003 und vom 14. November 2006, die das Berufungsgericht gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO dem für die Beklagten handelnden Gemeinsamen Prüfungsamt übermittelt hat, geeignet sein können, den fehlenden Verwaltungsantrag mit heilender Wirkung für die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage zu ersetzen, kann offenbleiben. Selbst wenn es sich bei dem Erfordernis der vorherigen Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde nicht um eine Klagevoraussetzung handeln sollte (so aber ausdrücklich oder dem Sinn nach: Urteile vom 30. August 1973 a.a.O. S. 12, vom 17. April 1975 a.a.O. S. 8, vom 31. August 1995 a.a.O. S. 160 bzw. S. 2 f. und vom 17. Juni 1998 a.a.O. Rn. 22; ebenso: Happ, a.a.O. § 42 Rn. 36; Rennert, a.a.O. § 68 Rn. 22; Dolde/Porsch, a.a.O. § 75 Rn. 5), sondern um eine bloße Sachurteilsvoraussetzung, die erst im Zeitpunkt der abschließenden gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss (so Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 209 f. bzw. S. 22, Beschluss vom 6. Mai 1993 a.a.O. Rn. 7; offenlassend: Urteile vom 4. August 1993 - BVerwG 11 C 15.92 - Buchholz 436.36 § 46 BAföG Nr. 16 S. 14 f. und vom 28. November 2007 a.a.O. S. 50 bzw. S. 10 f.), scheidet die Annahme einer heilenden Wirkung nach den Umständen des konkreten Falles aus.
Dies ergibt sich im Hinblick auf die Berufungsbegründung vom 4. Juni 2003 - abgesehen davon, dass sich das in dieser enthaltene Begehren mit dem zur Entscheidung stehenden Antrag nicht deckt - bereits aus dem Umstand, dass der Kläger nach seiner Zulassung vom 15. Juli 2004 zum Solicitor des Supreme Court of England and Wales unter dem 10. April 2006 auf der verwaltungsbehördlichen Ebene einen weiteren Sachantrag an das Gemeinsame Prüfungsamt gerichtet hat, der ausdrücklich nur auf eine Diplomanerkennung im Wege der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, deren Ausgestaltung in Form einer vollständigen Freistellung von Prüfungsleistungen sowie auf die Ausstellung einer Bestätigung über das Vorliegen der für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs erforderlichen Kenntnisse gerichtet war. Hierdurch hätte ein etwa anhängiger, auf die berufliche Tätigkeit eines (Anwalts-)Notars bezogener Verwaltungsantrag seine Erledigung gefunden.
Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2006. Denn der Kläger konnte nicht damit rechnen, dass das Gemeinsame Prüfungsamt diesen prozessualen Antrag, den er erst kurz vor Abschluss des bereits seit langem andauernden Berufungsverfahrens angebracht hat, auch als Verwaltungsantrag bewerten und als solchen bescheiden würde. Wie dargelegt, hatte der Kläger auf der Verwaltungsebene zuletzt noch unter dem 10. April 2006 nur auf eine Diplomanerkennung für den Beruf des Rechtsanwalts, nicht jedoch für den des (Anwalts-)Notars angetragen. Ferner lag es auf der Hand, dass - unabhängig von der Frage der Zuständigkeit des hier für die Beklagten handelnden Gemeinsamen Prüfungsamtes auch für die Diplomanerkennung für den Notarberuf und den damit im Übrigen verbundenen rechtlichen Fragestellungen - bereits die Prüfung, ob die Tätigkeit des englischen Solicitors im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG mit derjenigen des deutschen (Anwalts-)Notars vergleichbar ist, eine nicht zu vernachlässigende Zeit - nach den Vorgaben des Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG bis zu drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen - in Anspruch nehmen würde. Der damit verbundene zeitliche Aufschub kam in dem späten Stadium des anhängigen gerichtlichen Verfahrens ersichtlich nicht mehr in Frage. Von einer sachlichen Bescheidung des im Verhandlungstermin vom 16. November 2006 gestellten Prozessantrages durch das Gemeinsame Prüfungsamt konnte der Kläger im Übrigen um so weniger ausgehen, als der Beklagtenvertreter dem Antrag noch im Termin sogleich als nicht sachdienlich widersprochen hat.
Aus dem geschilderten zeitlichen Ablauf ergibt sich zugleich, dass im Hinblick auf die von dem Kläger erstrebte Diplomanerkennung für den Notarberuf von einer mit dem gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot oder Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht vereinbaren unangemessenen Verfahrensdauer keine Rede sein kann.
2. Im Übrigen könnte die - unzulässige - Verpflichtungsklage auch in der Sache nicht zum Erfolg führen. Denn selbst wenn das deutsche Notariat nicht der Bereichsausnahme des Art. 45 Abs. 1 EG (seit dem 1. Dezember 2009: Art. 51 Abs. 1 AEUV) unterfallen und - was weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedürfte - die Tätigkeit des englischen Solicitors mit der des deutschen (Anwalts-) Notars vergleichbar sein sollte, fehlte es jedenfalls an der Zuständigkeit des Gemeinsamen Prüfungsamtes, das der Kläger für sein Anerkennungsbegehren mit Wirkung für alle Beklagten ausdrücklich in Anspruch nimmt.
Dieses Amt ist zum Zweck der Durchführung der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 Satz 1 des vormals geltenden Eignungsprüfungsgesetzes - der Vorgängerregelung des gleichlautenden § 18 Abs. 2 Satz 1 EuRAG - durch Vereinbarung der beklagten Länder gebildet worden. Das Eignungsprüfungsgesetz und das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland dienten bzw. dienen ihrerseits der Umsetzung der Richtlinie 89/48/EWG und deren Nachfolgeregelung, der Richtlinie 2005/36/EG, für den Beruf des Rechtsanwaltes. Entsprechend ist die Befugnis des Gemeinsamen Prüfungsamtes, für die Beklagten zu handeln, auf die Abnahme der Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beschränkt.
Für den Notarberuf hat die Bundesrepublik Deutschland keine Vorschriften zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Diplomanerkennungsvorschriften erlassen. Hieraus würde zwar - vorausgesetzt, die Bereichsausnahme des Art. 45 Abs. 1 EG (seit dem 1. Dezember 2009: Art. 51 Abs. 1 AEUV) griffe nicht ein - die unmittelbare Anwendbarkeit der richtlinienbestimmten Berufszugangsberechtigung folgen (vgl. EuGH, Urteile vom 29. April 2004 - Rs. C-102/02, Beuttenmüller - Slg. 2004, I-5405 Rn. 55 und vom 14. Juli 2005 - Rs. C-142/04, Aslanidou - Slg. 2005, I-7181 Rn. 33). Auch in einer solchen Konstellation wäre aber im Bereich der beklagten Länder eine Zuständigkeit des Gemeinsamen Prüfungsamtes für die Diplomanerkennung im Notarwesen nicht gegeben. Dass diesem allein für Anerkennungsmaßnahmen im Rahmen der Rechtsanwaltschaft handlungsbefugten Amt - wie es der Kläger vor dem Hintergrund der Art. 10 und 43 EG (seit dem 1. Dezember 2009: im Wesentlichen Art. 4 Abs. 3 EUV-Lissabon und Art. 49 AEUV) für geboten erachtet - die Zuständigkeit für die Diplomanerkennung im Hinblick auf den eigenständigen Notarberuf gewissermaßen angewachsen sein könnte, wäre auszuschließen, ohne dass es insoweit der von dem Kläger angeregten Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 Abs. 3 EG (seit dem 1. Dezember 2009: Art. 267 Abs. 3 AEUV) bedürfte. Denn in der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist der Sache nach bereits geklärt, dass im Falle der fehlenden Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Diplomanerkennungsvorschriften ein Niederlassungsberechtigter sein Anerkennungsbegehren direkt gegenüber derjenigen Behörde geltend machen kann, die tatsächlich für die Regelung des Zugangs zu einem bestimmten Beruf nach der jeweils anwendbaren nationalen Regelung zuständig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2005 a.a.O. Rn. 39 f.). Einer Ausdehnung der Zuständigkeit anderer mitgliedstaatlicher Behörden bedarf es daneben nicht.
Zuständig für die Bestellung von Notaren sind nach §§ 12, 112 BNotO die Behörden der Landesjustizverwaltungen. Allein in deren Kompetenz könnte deshalb auch die Ausstellung der von dem Kläger erstrebten Diplomanerkennungsbescheinigung fallen, dies jedoch nur für den Bereich des jeweiligen Landes und nicht - wie von dem Kläger gefordert - mit Wirkung für alle beklagten Länder. Auf den Umstand, dass zudem von den Beklagten die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und die Freie und Hansestadt Hamburg - Beklagte zu 2, 5, 7 und 4 - nicht das Anwaltsnotariat nach § 3 Abs. 2 BNotO, sondern das Nur-Notariat im Sinne des § 3 Abs. 1 BNotO eingeführt haben (vgl. Bracker, in: Schippel/Bracker, BNotO, 8. Aufl. 2006, § 3 Rn. 13 ff.), käme es nicht mehr an.
3. Den von dem Kläger weiter angebrachten, bisher nicht erwähnten verfahrensrechtlichen Anträgen und Anregungen musste der Senat nicht nachkommen.
Für das Begehren, der Europäischen Kommission Abschriften aller zu den Gerichtsakten gereichten Dokumente zu übersenden, ihr eine angemessene Frist zur schriftlichen Beteiligung im Gerichtsverfahren zu gewähren sowie ihr die Möglichkeit zur Entsendung eines Vertreters des Gemeinschaftsinteresses in die mündliche Verhandlung einzuräumen und diesem die gleichen Rechte zu gewähren wie dem nach § 35 VwGO am Verfahren beteiligten Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht, gibt es in der Verwaltungsgerichtsordnung keine rechtliche Grundlage. Auch gemeinschaftsrechtlich gehört die Beteiligung an Verfahren vor den mitgliedstaatlichen Gerichten nicht zu den Aufgaben der Kommission. Diese kann zwar zu einer von ihr angenommenen Verletzung des Gemeinschaftsrechts nach Maßgabe des Art. 226 EG (ab 1. Dezember 2009: Art. 258 AEUV) eine begründete Stellungnahme abgeben, jedoch nur gegenüber der Regierung des jeweiligen Mitgliedstaates. Die Wahrung des Gemeinschaftsrechts obliegt neben den gemeinschaftlichen Rechtsprechungsorganen den mitgliedstaatlichen Gerichten. Die Mitgliedstaaten sind zwar aus dem Gemeinschaftsrecht verpflichtet, einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vorzusehen, der durch nationale Rechtsvorschriften nicht beeinträchtigt werden darf. Die mitgliedstaatliche Zuständigkeit für die Organisation des Gerichtswesens bleibt hiervon jedoch unberührt (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juli 2002 - Rs. C-50/00, UPA - Slg. 2002, I-6677 Rn. 38 ff.; BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - NJW 2009, 2267 und seit 1. Dezember 2009: Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV-Lissabon). Die einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts wird durch das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG (ab 1. Dezember 2009: Art. 267 AEUV) gewährleistet.
Entgegen dem Ansinnen des Klägers bestand keine Veranlassung, eine Vor-abentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu der von ihm des Weiteren aufgeworfenen Rechtsfrage herbeizuführen, ob ein nationales höchstes Verwaltungsgericht, vor dem Fragen des Gemeinschaftsrechts erörtert werden, die bereits Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Gerichtshof sind, nach Art. 10 EG (ab 1. Dezember 2009: im Wesentlichen Art. 4 Abs. 3 EUV-Lissabon) zur Beteiligung der Kommission in dem oben beschriebenen Sinne verpflichtet ist. Mit dem vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Vertragsverletzungsverfahren, auf das der Kläger Bezug nimmt (Rs. C-54/08), will die Kommission die Feststellung erreichen, dass die Bundesrepublik Deutschland, indem sie in § 5 BNotO die deutsche Staatsangehörigkeit zur Voraussetzung für den Notarberuf macht und indem sie die Richtlinien 89/48/EWG bzw. 2005/36/EG für den Notarberuf nicht umgesetzt hat, gegen Art. 43 und 45 EG (ab 1. Dezember 2009: Art. 49 und 51 AEUV) und gegen die genannten Richtlinien verstoßen hat (Mitteilung der Kommission über die am 12. Februar 2008 eingereichte Klage, ABl EG Nr. C 107 S. 16). Diese Fragen sind, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht erheblich.
Mangels Entscheidungserheblichkeit bedurfte es auch keiner Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu den von dem Kläger weiter bezeichneten Fragen, ob Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl EG Nr. L 77 S. 36), von einer Vergleichbarkeit bzw. Identität der Tätigkeiten des Notars lateinischer Prägung und des Solicitors im Vereinigten Königreich ausgeht und ob ein englischer Solicitor, was die Anerkennung der Qualifikation für notarielle Tätigkeiten anbelangt, vor dem Hintergrund des Art. 43 EG (ab 1. Dezember 2009: Art. 49 AEUV) in der Bundesrepublik Deutschland Rechte aus der Behandlung der Diplomjuristen aus der ehemaligen DDR herleiten kann.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
BVerwG:
Urteil v. 16.12.2009
Az: 6 C 40.07
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