Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. April 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 168/99

(BPatG: Beschluss v. 05.04.2000, Az.: 26 W (pat) 168/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juni 1997 und 4. August 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung

"Galerie Culinaire"

für die Waren und Dienstleistungen

"Bier; Alkoholfreie Getränke, Mineralwässer, Tafelwässer, Quellwässer, Fruchtsäfte; Alkoholische Getränke (außer Bier); Spirituosen, Liköre, Wein, Sekt; Beherbergung und Verpflegung von Gästen"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Bezeichnung von der Eintragung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Bezeichnung fehle jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Sie stamme aus der französischen Sprache und werde von dem überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Sinne von "kulinarische Galerie" übersetzt. Die angemeldete Wortfolge wirke daher nur wie eine allgemeine Bezeichnung für eine Einkaufspassage oder ein überdachtes Einkaufszentrum mit einem besonderen Angebot für Feinschmecker. Die Verwendung des Begriffs "Galerie" sei derzeit ebenso wie die Verwendung des Begriffs "kulinarisch" sehr verbreitet. Ein beachtlicher Teil der Verkehrs werde in der beanspruchten Wortfolge deshalb nur einen (allgemeinen) Hinweis auf den Ort, an dem die betreffenden Waren und Dienstleistungen angeboten würden, erblicken, jedoch mangels eines darüber hinausreichenden Phantasiegehalts nicht das Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens. Gerade die Verwendung französischer Ausdrücke liege in Anbetracht der bekannten französischen Eßkultur im kulinarischen Sektor nahe.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Der angemeldeten Bezeichnung stehe kein Eintragungshindernis entgegen. Zum einen bestünden Zweifel darüber, ob die französischsprachige Bezeichnung von den angesprochenen Verbrauchern ohne weiteres übersetzt und verstanden werden könne. Zum anderen habe die angemeldete Wortfolge weder einen waren- noch dienstleistungsbeschreibenden Sinngehalt. Im übrigen werde das Wort "Galerie" sehr häufig auch im Sinne einer Empore oder einer Kunstgalerie verstanden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Danach sind nur solche Bezeichnungen vom Schutz als Marke ausgeschlossen, die eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage enthalten, die auf eine bestimmte, für die umworbenen Abnehmerkreise bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Eine solche konkrete Aussage über eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der beanspruchten Waren enthält die angemeldete Bezeichnung jedoch nicht.

Die aus der französischen Sprache stammende Wortfolge "Galerie Culinaire" bedeutet im Deutschen soviel wie "kulinarische Galerie" (Langenscheidts Handwörterbuch, Französisch-Deutsch, 1995, S 347 und 203). Dies hat bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt. In der französischen Sprache hat "galerie" mehrere Bedeutungen und wird in Verbindung mit dem Adjektiv "marchande" als "Einkaufspassage, Ladengalerie" verstanden (Langenscheidts, aaO, S 347). In der deutschen Sprache wird das Wort "Galerie" unter anderem auch in dem Sinne von "langer, an einer Seite offener oder verglaster Gang" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, S 513; Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1878, S 1164) verstanden. Eine kulinarische Galerie ist damit ein langgestrecktes räumliches Gebilde, an dessen Seite Geschäftslokale erlesene Speisen anbieten. Diese Bezeichnung ist aber für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar und konkret beschreibend, denn sie benennt keine der in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG im einzelnen aufgeführten Angaben, sonstige Merkmale der Waren oder unmittelbar mit ihr in Beziehung stehende Umstände. Die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen können zwar in einer "kulinarischen Galerie" vertrieben bzw erbracht werden, dies ist jedoch nicht ihre ausschließliche und spezielle Zweckbestimmung. Zudem können in einer "kulinarischen Galerie" so viele unterschiedliche Waren vertrieben und Dienstleistungen erbracht werden, daß der Hinweis auf den Vertriebsort auch aus diesem Grunde insgesamt zu unbestimmt ist. Das Bedürfnis, eine Bezeichnung für bestimmte Herstellungs- oder Verkaufsstätten freizuhalten, rechtfertigt es nicht, die Eintragung des Zeichens auch für dort hergestellte oder verkaufte Waren bzw dort erbrachte Dienstleistungen zu versagen (BGH GRUR 1999, 988, 989 - HOUSE OF BLUES). Ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltebedürfnisses an allgemeinen, nicht waren- und dienstleistungsbezogenen und in verschiedenen Waren- und Dienstleistungsbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entnommen werden (BGH aaO - FOR YOU). Ein gegenwärtiges oder bereits jetzt absehbares zukünftiges Freihaltebedürfnis besteht damit an der angemeldeten Bezeichnung nicht.

Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, d h jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 408, 409 - YES).

Die angemeldete Wortmarke weist, wie im Hinblick auf das Schutzhindernis des§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG bereits festgestellt wurde, keinen konkret beschreibenden Begriffsgehalt auf. Es fehlen auch Anhaltspunkte, daß die beanspruchte Marke als beschreibende Angabe auf Produkten oder für Dienstleistungen der Mitbewerber oder ganz allgemein in der Werbung verwendet wird. Weder der Senat noch die Markenstelle haben entsprechende, auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezogene Feststellungen zu treffen vermocht.

Die angefochtenen Beschlüsse waren mithin aufzuheben.

Kraft Reker Ederprö






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Beschluss v. 05.04.2000
Az: 26 W (pat) 168/99


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