Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2010
Aktenzeichen: 24 W (pat) 75/08
(BPatG: Beschluss v. 30.03.2010, Az.: 24 W (pat) 75/08)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Am 2. März 2005 wurde die Darstellungals farbige Bildmarke (grün und rot) für die Dienstleistungen
"42: Rechtsberatung und -vertretung"
angemeldet.
Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 28. Februar 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Der Begriff "KANZLEI" bezeichne das Büro eines Rechtsanwalts, "WESERBERG-LAND" stelle eine Gebietsangabe (Bergund Hügelland beiderseits der oberen Weser) dar. Die graphische Gestaltung halte sich im Rahmen der heute hoch entwickelten Werbeund Gebrauchsgraphik und diene lediglich als Blickfangmittel. Angesichts des im Vordergrund stehenden Bedeutungsgehalts der Wortbestandteile fehle ihr die Eignung, dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen.
Die Erinnerung der Anmelderin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 24. Juni 2008 zurückgewiesen worden. Die Erinnerungsprüferin -eine Beamtin des höheren Dienstes -hat ergänzend auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 25. Oktober 2004, 30 W (pat) 163/03 -Praxis Lichtenstein -hingewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat schriftsätzlich (sinngemäß) beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts vom 28. Februar 2008 und vom 24. Juni 2008 aufzuheben.
Eine -zunächst angekündigte -Begründung ist nicht zur Gerichtsakte gelangt. Die Anmelderin war auch nicht in der mündlichen Verhandlung vertreten.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Darstellung für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 42 jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Dienstleistungen (oder Waren) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 29 -Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 -STREETBALL; GRUR 2009, 952, Nr. 9 -DeutschlandCard). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen (oder Waren) zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.).
Nicht Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Verfahren ist, ob die angemeldete Darstellung sich als Geschäftsbetriebsbezeichnung (nach § 5 Abs. 2 MarkenG) eignet. Denn für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft gelten andere (nämlich strengere) Grundsätze.
Im vorliegenden Fall steht der Wortcharakter der Marke deutlich im Vordergrund, wobei die Wortbestandteile als solche glatt beschreibend sind. Das Wort "KANZLEI" bezeichnet nicht nur das Büro (im engeren räumlichen Sinn), sondern auch den Betrieb eines Rechtsanwalts (oder mehrerer Anwälte in Gemeinschaft). "WESERBERGLAND" ist eine allgemein bekannte geographische Angabe für das Bergund Hügelland beiderseits des Oberlaufs der Weser. Auch in der Gesamtheit beider Wortbestandteile ergibt sich kein Sinngehalt, der einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft so gekennzeichneter Dienstleistungen vermitteln könnte.
Die angemeldete Darstellung ist auch unter Mitberücksichtigung der bildlichen bzw. typographischen Gestaltung nicht schutzfähig. Zwar kann eine Wort-/Bildmarke, deren Wortbestandteile nicht unterscheidungskräftig sind, aufgrund der Gesamtgestaltung über Unterscheidungskraft verfügen, wenn die bildlichen bzw. typographischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache graphische Gestaltungselemente oder Variationen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen jedoch nicht aus, um in Kombination mit nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteilen einem Gesamtzeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs;
z. B. GRUR 2001, 1153 -antiKALK; GRUR 2008, 710, Nr. 20 -VISAGE; GRUR 2009, 954, Nr. 16 -Kinder III).
Vorliegend sind die Gestaltungselemente einfach und unauffällig. Die Schrifttype als solches hebt sich von einer der üblichen Schriftarten in Versalien nicht erkennbar ab. Auch dass zwei der Großbuchstaben, nämlich die beiden "A", in roter Farbe erscheinen, während die übrigen grün gehalten sind, stellt kein hinreichend ungewöhnliches Gestaltungselement dar, welches dem Verkehr Anlass geben könnte, allein deshalb zu einem markenmäßigen Verständnis des Gesamtzeichens zu gelangen. Der Bundesgerichtshof hat erst im letzten Jahr in einem ganz ähnlichen Fall, in dem der -glatt warenbeschreibende -Wortbestandteil "Kinder" in farblich unterschiedlichen Buchstaben (schwarz und rot) gehalten war, die Schutzfähigkeit von Hause aus verneint (GRUR 2009, 954, Nr. 15 -Kinder III).
Angesichts der dienstleistungsbeschreibenden Aussage der Wortbestandteile bedurfte es auch vorliegend erheblicher gestalterischer Elemente, damit der Verkehr im angemeldeten Gesamtzeichen von Haus aus -d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung -einen Herkunftshinweis sehen könnte. Denn je verbreiteter und allgemein geläufiger unmittelbar dienstleistungsbezogen verwendete Begriffe sind, umso höhere Anforderungen sind an die bildliche/typographische Gestaltung einer solche enthaltende Kombinationsmarke zu stellen (vgl. z. B. BPatGE 36, 29 -Color COLLECTION; BPatG GRUR 1998, 441 -Jean's etc.).
Nach allem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Dr. Hacker Eisenrauch Viereckbr/Fa
BPatG:
Beschluss v. 30.03.2010
Az: 24 W (pat) 75/08
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