Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 8. Februar 2005
Aktenzeichen: 12 E 186/04

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 08.02.2005, Az.: 12 E 186/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde ist zwar zulässig. Namentlich ist der der Klägerin beigeordnete Rechtsanwalt gemäß § 128 Abs. 3 und 4 BRAGO, die hier nach Maßgabe von §§ 60 Abs. 1 und 61 Abs. 1 RVG weiterhin Anwendung findet, zur Erhebung der Beschwerde im eigenen Namen befugt. Die Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Eine Erledigungsgebühr nach § 24 BRAGO zuzüglich der anteiligen Mehrwertsteuer gemäß § 25 Abs. 2 BRAGO steht dem beigeordneten Rechtsanwalt nicht zu. Nach § 24 BRAGO erhält der Rechtsanwalt neben den sonstigen Gebühren eine besondere Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts erledigt und der Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hat. Kennzeichnend für diese besondere Art der Erledigung ist es, dass der Streit - regelmäßig nach vollem oder teilweisem Einlenken der Behörde - ohne die Notwendigkeit einer streitigen Entscheidung der angerufenen Instanz beigelegt, die Erledigung also "auf sonstige Weise" erreicht wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981

- 4 C 60.79 -, NVwZ 1982, 36; Urteil vom 4. Oktober 1985 - 8 C 68.83 -, Buchholz 362 § 24 BRAGO Nr. 3; BayVGH vom 17. September 1993

- 24 C 93.30264 - NVwZ-RR 1994, 299, OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 1997 - 25 E 449/97 -.

Die dabei erforderliche Mitwirkung liegt jeweils nur dann vor, wenn sich eine über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehende, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichtete Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten feststellen lässt und die über die gewöhnliche Mitwirkung im Prozess hinaus gehenden Bemühungen nicht bereits durch die Prozess-, Erörterungs- bzw. Beweisgebühr abgegolten werden.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1985

- 8 C 68.83 -, BayVBL 1986, 158 und Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 60.79 -, NVwZ 1982, 36; OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Oktober 2000 - 4 E 668/00 -, vom 6. Januar 1999 - 7 E 934/98 -; vom 6. August 1999 - 3 E 514/99 -, AnwBL. 2000, 376; vom 31. Oktober 1995 - 25 E 1092/95 -; vom 25. Mai 1992 - 19 E 510/92 -, NVwZ-RR 1993, 111, und vom 28. Januar 1975 - 3 B 927/74 -, NJW 1976, 261.

Eine im Sinne von § 24 BRAGO besondere Mitwirkung des der Klägerin beigeordneten Rechtsanwaltes ergibt sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch ist sie sonst ersichtlich.

Die Erledigungserklärung als solche rechtfertigt den Ansatz der Gebühr nicht, sie ist bereits durch die Prozessgebühr abgegolten.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 1998 - 24 E 595/97 -.

Die Erledigungserklärung war notwendig, um den Rechtsstreit ohne Urteil zur Erledigung zu bringen, stellt aber keine Mitwirkung bei der Aufhebung des angefochtenen Bescheides dar.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom19. Oktober

2000 - 4 E 668/00 -, Beschluss vom 25. Mai 1992

- 19 E 510/92 - , NVwZ-RR 1993, 111.

Die für das Entstehen der Erledigungsgebühr erforderliche besondere anwaltliche Mitwirkungshandlung kann auch nicht darin erblickt werden, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zuvor zugeraten hat, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Nachdem der Beklagte dem Anfechtungsbegehren durch die Aufhebung des angefochtenen Kostenersatzbescheides vom 14. August 2002 in Form des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2002 der Sache nach entsprochen hatte, drängte sich die Erledigungserklärung geradezu auf, da anderenfalls die Klage schon wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses mit entsprechender nachteiliger Kostenfolge für die Klägerin hätte abgewiesen werden müssen; besondere anwaltliche

"Überzeugungsarbeit" kann es insoweit nicht bedurft haben.

Vgl. zu einem ähnlichen Fall: OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 1999 - 7 E 934/98 -.

Die Reaktion des mit der Prozessführung betrauten Rechtsanwaltes auf eine entsprechende Änderung der Prozesssituation nach Maßgabe der Erfolgsaussichten bei einer Fortführung des Prozesses ist als ohne Weiteres geschuldete "normale" Prozessführung anzusehen, die bereits durch die Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) abgegolten ist.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 1999 -3 E 809/98 -.

Daraus, dass der beigeordnete Prozessbevollmächtigte der Klägerin gleichzeitig von einem Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage abgeraten hat, ergibt sich keine andere Qualität der anwaltlichen Mitwirkung.

So schon OVG NRW, Beschluss vom 25. Mai 1992

- 19 E 510/92 -, NVwZ-RR 1993, 111.

Denn ein solches Einwirken ist ausschließlich ursächlich für die Entscheidung, ob das Klageverfahren beendet oder in anderer Weise fortgesetzt werden soll; darin liegt jedoch kein besonderes Tätigwerden bezüglich der Aufhebung des Bescheides als des erledigenden Ereignisses, weil diese durch den Beklagten bereits vorher erfolgt ist.

So auch Gerold/Schmidt/V. Eicken/Mardert, BRAGO, 15. Aufl., § 24 Anm. 7 a.E. m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 1998 - 17 B 3043/89 -.

Letztendlich erfüllt auch die vom beigeordneten Rechtsanwalt als besondere Mitwirkungshandlung geltend gemachte Empfehlung an die Klägerin, die ausschlaggebende Entscheidung des Arbeitsamtes zu erwirken, nicht die Voraussetzungen des § 24 BRAGO. Bei diesem Einwirken auf die Klägerin handelt es sich nicht um eine über das Betreiben des Verfahrens hinaus gehende und auf die unstreitige Beilegung des Verfahrens gerichtete Bemühung. Sie zählt vielmehr zu der durch die Prozessgebühr abgegoltenen Tätigkeit des Rechtsanwaltes, zu der er seiner Mandantin gegenüber ohnehin verpflichtet ist, um eine obsiegende Entscheidung zu erreichen.

Soweit der der Klägerin beigeordnete Rechtsanwalt die Festsetzung von Kosten in Höhe von 33,35 Euro hilfsweise auf § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO oder jedenfalls auf eine entsprechende Anwendung von § 35 BRAGO i.V.m. § 128 Abs. 3 ZPO stützen will, vermag er mit seinem Begehren auch insoweit nicht durchzudringen. Die geltend gemachte Verhandlungsgebühr gemäß § 31 Nr. 1 Satz 2 BRAGO ist nicht entstanden, da eine Verhandlung über die schriftlich gestellten Kostenanträge nicht stattgefunden hat.

So auch Gerold/Schmidt/V. Eicken/Mardert, BRAGO, 15. Aufl., a.a.O., § 31 Anm. 60 a.E.

§ 35 BRAGO ist im Verwaltungsprozess nur entsprechend anwendbar, wenn eine Entscheidung aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne die ansonsten notwendige mündliche Verhandlung ergeht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Dezember 1969 - III B 616/69 - , NJW 1970, 963 (964).

Das trifft für die das Verfahren beendende Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung nicht zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.

Eine weitere Beschwerde findet nicht statt (§ 128 Abs. 4 Satz 2 BRAGO, § 152 Abs. 1 VwGO).






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 08.02.2005
Az: 12 E 186/04


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