Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Oktober 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 7/00
(BPatG: Beschluss v. 08.10.2001, Az.: 9 W (pat) 7/00)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der angefochtene Beschluß abgeändert und das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
- Patentansprüche 1 bis 12 nebst Beschreibung Spalten 1 bis 5, in der mündlichen Verhandlung am 8. Oktober 2001 überreicht,
- 1 Zeichnung, Figuren 1 und 2, gemäß Patentschrift.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Kostenauferlegung wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Patentabteilung 51 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung des Einspruchs das am 29. April 1994 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"System zur Sicherung eines Fahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung"
durch Beschluß vom 24. September 1999 beschränkt aufrechterhalten, weil der beschränkt verteidigte Patentgegenstand nach ihrer Auffassung neu, gewerblich anwendbar und nur durch erfinderische Tätigkeit zu erreichen war.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung eine weiter beschränkte Anspruchsfassung vorgelegt, deren Gegenstände ihrer Meinung nach neu und durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt seien. Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
System zur Sicherung eines Fahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung, wobei im Fahrzeug eine Überwachungseinrichtung mit einem Sende/Empfangsgerät für ein Mobilfunknetz mit mindestens einer für den Betrieb des Fahrzeugs erforderlichen Fahrzeugeinrichtung, insbesondere Zündung, Kraftstoffpumpe, Anlasser derart verbunden ist, daß die Funktion der Fahrzeugeinrichtung durch die Überwachungseinrichtung blockierbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Überwachungseinrichtung von Zeit zu Zeit eine Meldung über das Mobilfunknetz an eine Zentralstelle sendet und daß die Überwachungseinrichtung die Funktion der Fahrzeugeinrichtung blockiert, wenn nach einer bestimmten, von der Zentrale gesendeten Anzahl von Betriebsereignissen des Fahrzeugs keine Rückmeldung empfangen worden ist.
Rückbezogene Patentansprüche 2 bis 12 sind dem Patentanspruch 1 nachgeordnet.
Die Einsprechende vertritt, wie bereits im Einspruchsverfahren, auch gegenüber dem beschränkt aufrechterhaltenen System die Auffassung, es sei aus der DE 43 20 174 A1 neuheitsschädlich vorbekannt.
Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Darüber hinaus beantragt sie, den Antrag als verspätet zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragt sie, die Sache an die Patentabteilung zurückzuverweisen.
Schließlich beantragt sie, der Patentinhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche nebst Beschreibung sowie Zeichnung, Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift, beschränkt aufrechtzuerhalten und im übrigen die Beschwerde und den Kostenantrag zurückzuweisen.
II.
Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig; in der Sache hat sie eine Beschränkung zur Folge, deren Umfang sich aus dem Beschlußwortlaut ergibt.
1. In der geltenden Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift sind sogenannte "immobilizer" oder "Wegfahrsicherungen" beschrieben, bei denen verschiedene für die Benutzung des Kraftfahrzeugs wichtige Funktionen blockiert sind und nur mit einem Schlüssel freigegeben werden. Bei der durch die DE 42 40 458 C1 bekannte Vorrichtung ist zum Schutz des Kraftfahrzeugs und elektronischer Geräte im Kraftfahrzeug ein Code-Sender im Zündschlüssel vorgesehen. Derartige Vorrichtungen weisen allerdings den Nachteil auf, daß kein wirksamer Schutz mehr besteht, wenn die unberechtigte Benutzung mit einem gestohlenen Fahrzeugschlüssel erfolgt.
Bei dem Alarmsystem gemäß der DE 42 43 415 C1 befindet sich eine Empfangs- und Sendeeinheit für ein Mobilfunknetz im Fahrzeug. Über die Funkverbindung sind dem Fahrzeug verschiedene Alarmcodes zuführbar, die im Falle einer unberechtigten Benutzung Alarm auslösen und das Fahrzeug blockieren können. Vom Fahrzeug ausgesandte Signale können außerdem zur Ortung des Fahrzeuges genutzt werden. Eine Sicherung des Fahrzeugs durch dieses Alarmsystem sei folglich nur bei intakter Funkverbindung möglich.
Das mit der Aufgabe formulierte Problem besteht darin, ein System zur Sicherung eines Fahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung anzugeben, bei welchem auch nach dem Beginn der unberechtigten Benutzung eine Einflußnahme des Fahrzeughalters möglich ist.
Diese Aufgabe wird durch ein System mit den Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 gelöst, wobei es wesentlich darauf ankommt, daß die Überwachungseinrichtung von Zeit zu Zeit eine Meldung über das Mobilfunknetz an eine Zentralstelle sendet und daß die Überwachungseinrichtung die Funktion der Fahrzeugeinrichtung blockiert, wenn nach einer bestimmten, von der Zentrale gesendeten Anzahl von Betriebsereignissen des Fahrzeugs keine Rückmeldung von der Zentralstelle empfangen worden ist.
2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 besteht in der Hauptsache aus dem erteilten Patentanspruch 1, der auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 2 zurückgeht. Die im geltenden Patentanspruch 1 bezeichneten "Betriebsereignisse des Fahrzeugs" sind durch Aufnahme der zusätzlichen Eigenschaft, daß sie "von der Zentrale gesendet" werden, in dem geltenden Patentanspruch 1 konkretisiert worden. Die Übersendung einer Anzahl von Betriebsereignissen von der Zentrale an das Fahrzeug ist in der Beispielsbeschreibung der Streitpatentschrift offenbart, vgl insb Sp 4 Z 27 bis 29 und 34, und ebenso in den Ursprungsunterlagen, vgl insb S 7 Abs 3. Die zusätzliche Eigenschaft beschränkt somit in zulässiger Weise das patentierte System, welches dem angegriffenen Beschluß zugrunde liegt. Da es sich gegenüber dem von der Patentabteilung beschränkt aufrecht erhaltenen Patent um ein "Weniger" handelt, so daß der Patentinhaber sein ursprünglich gewährtes Patent nicht mehr verteidigt hat, bedurfte es daher -im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin- nicht der Einlegung einer Anschlußbeschwerde.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die im Zusammenhang mit den vorgenannten Offenbarungsstellen beschriebene Rückmeldung der Zentrale (vgl insb Sp 4 Z 30 bis 35 der Streitpatentschrift) sei nur mit sämtlichen dort angeführten Meldungsteilen (Kennzeichnung der Art der Meldung; Authentifikation; Anzahl der Betriebsereignisse; neue temporäre Teilnehmernummer) offenbart und deshalb auch nur vollständig in einen beschränkenden Patentanspruch aufnehmbar, damit kein Aliud entstünde, teilt der Senat nicht.
Die Offenbarung richtet sich an einen Durchschnittsfachmann, im vorliegenden Fall an einen Ingenieur der Nachrichtentechnik, welcher beruflich mit der Konzipierung von Diebstahlschutzsystemen für Kraftfahrzeuge befaßt ist. Für diesen ergibt sich aus der Beschreibung des Ausführungsbeispiels, daß die Bestandteile der Meldung dort lediglich beispielhaft aufgeführt sind. Einen diesbezüglich eindeutigen Hinweis erhält er durch das Wort "insbesondere" am Beginn desjenigen Teils der Beispielsbeschreibung, der sich mit den Bestandteilen der Meldung des Fahrzeugs befaßt, mit welcher der Funkverkehr mit der Zentrale aufgenommen wird, vgl insb Sp 4 Z 18 ff. Dort heißt es wörtlich:
"Eine solche Meldung enthält insbesondere folgende Informationen:
- Meldung-ID zur Kennzeichnung des Typs dieser Meldung,
- eine Fahrzeug-Identifikation,
- Authentifikationscode des Fahrzeugs,
- temporäre Teilnehmernummer."
Für den Durchschnittsfachmann ist es damit klar, daß die hier aufgezählten Bestandteile der Meldung allenfalls den Charakter einer bevorzugten Ausgestaltung haben und in keinem Fall ausschließlich zu verstehen sind. Selbstverständlich ist außerdem, daß die Rückmeldung der Zentrale auf diese Meldung des Fahrzeugs antworten muß und deshalb -ebenfalls insbesondere- die in der Beispielsbeschreibung a.a.O. aufgeführten Bestandteile umfaßt. Anhand der dort bezeichneten Bestandteile der Rückmeldung erkennt der Durchschnittsfachmann im übrigen, daß neben den erforderlichen Informationen zur Daten- und Übertragungssicherheit (Art der Meldung; Authentifikation; neue temporäre Teilnehmernummer) die übersandte "Anzahl der Betriebsereignisse" die einzige zusätzliche, fahrzeugbezogene Information der Rückmeldung ist.
Die geltenden Patentansprüche 2 bis 12 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 2 bis 12 und sind inhaltlich identisch mit den ursprünglichen Patentansprüchen 3 bis 13.
3. Das gewerblich anwendbare System zur Sicherung eines Fahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung nach dem Patentanspruch 1 ist neu, denn ein derartiges System mit sämtlichen im Patentanspruch 1 enthaltenen Merkmalen ist weder im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentamt noch von der Einsprechenden nachgewiesen worden.
Die prioritätsältere, jedoch nicht vorveröffentlichte DE 43 20 174 A1 beschreibt ein System zur Sicherung eines Kraftfahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung, wobei im Fahrzeug eine Überwachungseinrichtung mit einem Sende/Empfangsgerät für ein Mobilfunknetz vorgesehen ist, vgl insb Ansprüche 1 und 6 iVm Sp 1 Z 54 bis 56. Die Überwachungseinrichtung ist mit einer sogenannten Betriebssperre verbunden, welche eine Fahrzeugeinrichtung unter bestimmten Umständen blockiert und damit den Betrieb des Fahrzeugs entweder von Anfang an verhindert oder nach einem Diebstahl unmöglich macht, vgl insb Anspruch 1 iVm Sp 2 Z 2 bis 4 und Z 31 bis 35. Die Überwachungseinrichtung sendet von Zeit zu Zeit ein Prüfsignal über das Mobilfunknetz an eine Zentralstelle, vgl insb Anspruch 1 iVm Sp 1 Z 42 bis 44 und Sp 2 Z 21/22. Wird von dort kein Bestätigungssignal empfangen, blockiert die Überwachungseinrichtung die Funktion einer Fahrzeugeinrichtung nach einer bestimmten Anzahl von Betriebsereignissen, beispielsweise nach einer begrenzten Zeit und/oder nach einer maximal möglichen Wegstrecke, vgl insb Anspruch 5 iVm Sp 2 Abs 1 ab Z 4, insb Z 10 bis 13.
Im Gegensatz zum streitpatentgemäßen System wird mit dem Bestätigungs- bzw Rückmeldesignal von der Zentralstelle keine fahrzeugbezogene Information übermittelt, sondern lediglich das Zustandekommen der telefonischen Verbindung mit der Telefonzentrale bestätigt, vgl insb Sp 1 Z 59 bis 62. Der Verzicht auf einen direkten Dialog und den Austausch fahrzeugbezogener Daten wird in der DE 43 20 174 A1 ausdrücklich als besonderes vorteilhaft für die Verringerung des Datenverkehrs mit der Zentrale hervorgehoben, vgl insb Sp 1 Z 62 bis 65. Vor diesem Hintergrund ist es für den Durchschnittsfachmann unmöglich, in der DE 43 20 174 A1 die streitpatentgemäße Übermittlung einer bestimmten Anzahl von Betriebsereignissen von der Zentrale ohne weiteres mitzulesen, denn derartiges steht der Offenbarung der Druckschrift diametral entgegen, wie vorstehend dargetan.
In der DE 39 18 052 C1 ist eine Anlage zur Sicherung von Fahrzeugen vor Diebstahl dargestellt, bei welcher eine im Fahrzeug angeordnete Überwachungseinrichtung mit Sende- und Empfangseinrichtung über ein Mobilfunknetz mit einer Zentrale kommuniziert, um von dort einen Freigabebefehl für den Anlasser oder eine andere Fahrzeugkomponente zu erhalten, vgl insb Anspruch 1. Aus der Funktionsbeschreibung ab Sp 2 Z 21 ff geht hervor, daß die Kommunikation einmalig zu Beginn der Benutzung stattfindet und nicht von Zeit zu Zeit wiederholt wird, wie beim streitgegenständlichen System. Der Freigabebefehl der Zentrale enthält auch keine Anzahl von Betriebsereignissen, sondern lediglich einen Bestätigungs-Code und ein Zeitdatum, vgl insb Sp 1 Z 44 bis 61.
Ein Alarmsystem für bewegliche Güter, vorzugsweise Kraftfahrzeuge, ist Gegenstand der DE 42 43 415 C1. Das Kraftfahrzeug ist dabei mit einem Funktelefon ausgerüstet, welches an ein Steuergerät angeschlossen ist, vgl insb Anspruch 1. Wird dem Steuergerät durch eine ebenfalls im Fahrzeug befindliche Sensoreinheit eine unberechtigte Benutzung/Inbetriebnahme gemeldet, setzt es eine Alarmanzeige, zBsp die Hupe oder das Licht des Fahrzeugs intermittierend in Betrieb und gleichzeitig eine Funkmeldung über des Mobilfunknetz an eine ortsfeste Zentrale ab, auf Grund derer eine Standortbestimmung des gestohlenen Fahrzeugs erfolgen kann, vgl insb Sp 4 Z 13 bis 37. Bei einem Diebstahl ohne Ansprechen der Sensoreinheit ist vorgesehen, die Alarmanzeige des Fahrzeugs durch einen codierten Funkbefehl der Zentrale auszulösen und ggf bestimmte Fahrzeugfunktionen (Zündung, Brennstoffzufuhr oder Lenkung) zu verriegeln, vgl insb Anspruch 1 iVm Sp 5 Z 40 ff. Ähnlich wie bei der vorstehend dargestellten Anlage zur Sicherung von Fahrzeugen findet eine Kommunikation auch hier nur einmalig und zwar anlaßabhängig statt und nicht von Zeit zu Zeit wiederholt, wie beim streitgegenständlichen System. Der anlaßabhängige Funkbefehl der Zentrale enthält ebenfalls keine Anzahl von Betriebsereignissen, sondern lediglich einen Code zum Auslösen der Alarmanzeige und einer Standortbestimmung.
Schließlich ist aus der DE 42 40 458 C1 noch eine Vorrichtung zum Schutz von Kraftfahrzeugen vor Diebstahl bekannt, bei der ein Code-Sender im Zündschlüssel integriert ist und in festgelegten Zeitabständen Signale aussendet, wenn die Zündung eingeschaltet ist. Der Code-Empfänger ist in einem elektronischen Gerät im Kraftfahrzeug integriert und gibt bei fehlendem oder fehlerhaftem Signal ein Alarmsignal aus und/oder stellt den eigenen oder den Betrieb weiterer Baugruppen des Fahrzeugs ein, vgl insb Ansprüche 1 und 8 iVm Sp 2 Z 15 bis 24 und Sp 3 Z 22 bis 32. Abgesehen davon, daß bei dieser Vorrichtung kein Mobilfunknetz wie beim streitgegenständlichen System genutzt wird, sondern der Code-Austausch zwischen Sender und Empfänger ausschließlich innerhalb des Fahrzeugs abläuft, findet sich in der Druckschrift auch keinerlei Hinweis darauf, daß Bestandteil des Codes die Übermittlung einer Anzahl von Betriebsereignissen sein könnte, wie dies patentgemäß vorgesehen ist. Weil der Code-Austausch innerhalb des Fahrzeugs abläuft, ist derartiges ohne ersichtlichen Vorteil und deshalb nicht selbstverständlich mitlesbar.
4. Zur Ausgestaltung des patentierten Systems zur Sicherung eines Fahrzeugs gegen unberechtigte Benutzung war am Anmeldetag eine erfinderische Tätigkeit erforderlich.
Dies ergibt sich unmittelbar aus der Würdigung hinsichtlich der Neuheit der in Betracht gezogenen Druckschriften DE 39 18 052 C1, DE 42 40 458 C1 und DE 42 43 415 C1, wobei die nicht vorveröffentlichte DE 43 20 174 A1 unberücksichtigt bleiben muß, § 4 Satz 2 PatG.
Aus keiner der vorstehend ausführlich gewürdigten Entgegenhaltungen geht eine Anregung hervor, eine bestimmte Anzahl von Betriebsereignissen mit der Rückmeldung von der Zentrale an das Fahrzeug zu senden. Wie dieser Stand der Technik vielmehr zeigt, sind verschiedene andere Wege begangen worden, die auf keinen Fall zum Patentgegenstand führen. Mithin bedurfte es zur Ausgestaltung des streitpatentgemäßen Systems mit seinen speziellen Merkmalen einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Der Antrag der Patentinhaberin, das Patent auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüche aufrecht zu erhalten, ist nicht verspätet, so daß entgegen der Auffassung der Einsprechenden eine Zurückweisung nicht in Betracht kommt. Das Patentgesetz sieht eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht vor. Es kann auch nicht in entsprechender Anwendung der §§ 296, 528 ZPO zurückgewiesen werden, da diese Bestimmungen auf dem für Zivilprozesse geltenden Beibringungsgrundsatz beruhen und daher für das dem Untersuchungsgrundsatz unterliegende Einspruchsverfahren nicht anwendbar sind ( Schulte PatG 6. Aufl. vor § 34 Rdn 166).
6. Auch der Antrag, die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, ist unbegründet. Nach § 79 Abs. 3 PatG käme eine Zurückverweisung in Betracht, wenn eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist, und es angezeigt erscheint, das Deutsche Patent- und Markenamt hiermit zu betrauen (vgl Schulte aaO § 79 Rdn 15). Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Die Patentinhaberin hat ihre Ansprüche lediglich beschränkt, so daß sie sich im Rahmen des ursprünglich offenbarten, eine weitere Sachaufklärung nicht erfordernden Patentbegehrens gehalten hat.
7. Der Antrag, der Patentinhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist ebenfalls nicht begründet. Nach § 80 Abs. 1 S. 1 PatG kann das Bundespatentgericht in einem Beschwerdeverfahren, an dem mehrere Personen beteiligt sind, einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies setzt indes voraus, daß die Kosten durch ein Verhalten veranlaßt worden sind, das mit der bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht in Einklang steht (vgl BGH GRUR 1996, 399, 401 "Schutzverkleidung"). Ein derartiger Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht ergibt sich entgegen der Auffassung der Einsprechenden nicht aus der Einreichung eingeschränkter Ansprüche. Im Einspruchsverfahren ist es auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht zulässig, daß der Patentinhaber sein Schutzrecht beschränkt (BGH GRUR 1998, 901, 903 "Polymermasse"). Dies kann auch erst in der mündlichen Verhandlung geschehen, weil sich oft erst dort nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Notwendigkeit hierzu ergibt. Da mithin ein Verstoß der Patentinhaberin gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht nicht vorliegt, verbleibt es bei dem Grundsatz, daß jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat.
Petzold Winklharrer Dr. Fuchs-Wissemann Borkprö
BPatG:
Beschluss v. 08.10.2001
Az: 9 W (pat) 7/00
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c8ad715db11f/BPatG_Beschluss_vom_8-Oktober-2001_Az_9-W-pat-7-00