Verwaltungsgericht Karlsruhe:
Urteil vom 11. Juli 2001
Aktenzeichen: 3 K 187/01

(VG Karlsruhe: Urteil v. 11.07.2001, Az.: 3 K 187/01)

1. Der Betrieb eines Radarwarngerätes begründet eine gegenwärtige Gefahr, die eine Beschlagnahme und anschließende Einziehung sowie die Anordnung der Vernichtung rechtfertigen.

2. Die Nicht-mehr-Strafbarkeit des Betriebs von Radarwarngeräten nach dem TKG steht der Beschlagnahme, Einziehung und Vernichtung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs 1-3 PolG (PolG BW) nicht entgegen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Einziehung seines Radarwarngerätes.

Am 11.08.1999 wurde er als Fahrer des Kraftfahrzeuges DB 210, amtliches Kennzeichen xxx, gegen 20.50 Uhr auf der BAB A 5 Heidelberg-Darmstadt auf Gemarkung Weinheim durch Beamte des Autobahnpolizeireviers xxx einer Verkehrskontrolle unterzogen. Beim Geben des Anhaltezeichens beobachteten die Beamte im Fahrzeug des Klägers eine rote Leuchtanzeige (LED) auf dem Armaturenbrett. Bei der Personen- und Fahrzeugkontrolle stellten die Beamten fest, dass auf dem Armaturenbrett ein Radarwarngerät mittels eines Klettbandes befestigt war. Das Gerät war mit einem Kabel mit der Stromversorgung verbunden. Im Zeitpunkt der Kontrolle leuchtete die LED nicht mehr und war das Gerät ausgeschaltet. Es handelte sich um das Radarwarngerät der Marke BEL Typ Super Wideband with Laser Vector STi Europa.

Die Polizeibeamten erklärten die Beschlagnahme des Radarwarngerätes. Der Kläger gab das Gerät unter Protest und Hinweis darauf heraus, dass das Gerät ein CE-Zeichen besitze und nach dem FAG betrieben werden dürfe.

Das Autobahnpolizeirevier xxx legte das Gerät am 27.08.1999 mit Schreiben vom 16.08.1999 der Beklagten als zuständiger Ortspolizeibehörde mit dem Antrag gem. § 34 Abs.1-3 PolG BW vor, das Gerät einzuziehen und die Vernichtung anzuordnen.

Bereits zuvor, mit Schreiben vom 14.08.1999, hatte sich der Kläger beim Innenministerium Baden-Württemberg "wegen Raubes eines Breitbandempfängers durch Beamte des Einflussbereiches des Innenministeriums" beschwert. Das Innenministerium leitete dieses Schreiben dem Regierungspräsidium und der Beklagten zu.

Mit Verfügung ihres Rechts- und Ordnungsamtes vom 14.01.2000 ordnete die Beklagte die Einziehung und anschließende Vernichtung des Radarwarngerätes Marke BEL Typ Super Wideband with Laser Vector STi Europa an: Die Beschlagnahme des Radarwarngerätes nach § 33 PolG BW sei rechtmäßig gewesen. Ein Verkehrsteilnehmer, der wie der Kläger ein Radarwarngerät mit sich führe, begründe durch seine Absicht, Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht anzuerkennen, die gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 33 Abs.1 PolG. Nach Art und Weise der Anbringung des Radarwarngerätes müsse davon ausgegangen werden, dass das Gerät betrieben worden sei und es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft betrieben worden wäre. Eine Herausgabe des Radarwarngerätes scheitere daran, dass dadurch bei einer sinnvollen Nutzung des Gerätes erneut die Voraussetzung für eine Beschlagnahme nach § 33 PolG eintreten würde. Als logische Konsequenz daraus sei das Radarwarngerät nach § 34 Abs.1 PolG einzuziehen. Um die Gefahr einer weiteren Benutzung des Gerätes zu verhindern, müsse es vernichtet werden, weil bei einer Verwertung im Wege der öffentlichen Versteigerung die Beschlagnahme- und Einzugsgründe erneut eintreten würden. Die Vernichtung sei daher die einzig sachgerechte Maßnahme, § 34 Abs.3 PolG. Die angedrohte Vernichtung sei auch nicht unverhältnismäßig, weil er, der Kläger, das Radarwarngerät gerade in der Absicht erworben habe, bei der Begehung von Ordnungswidrigkeiten unentdeckt zu bleiben. Insofern sei ein Ermessen nach § 5 Abs.1 PolG ausgeübt worden und die Maßnahme in Betracht gezogen worden, die angemessen und erforderlich im vorliegenden Fall sei. Der Hinweis auf das Telekommunikationsgesetz (TKG) sei nicht relevant. Allein die Tatsache, dass das Mitführen eines Radarwarngerätes nach herrschender Meinung keinen Ordnungswidrigkeitentatbestand nach § 96 TKG erfülle, begründe keine Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme und der Einziehung. Der Zweck der Beschlagnahme bzw. Einziehung bestehe darin, eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wegen Missachtung der Verkehrsvorschriften abzuwehren. Das Mitführen eines Radarwarngerätes verfolge nur den Zweck, Geschwindigkeitsüberschreitungen folgenlos begehen zu können, und stehe damit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung. Nach der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung komme es nicht darauf an, ob das Mitführen eines an die Fahrzeugstromversorgung angeschlossenen und empfangsbereiten Radarwarngerätes unter die Vorschriften der §§ 86 und 95 TKG falle, weil das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gänzlich andere Ziele verfolge als das TKG. Der Kläger sei auch als Handlungsstörer gem. § 6 Abs.1 PolG BW der ordnungsgemäße Adressat des Verwaltungshandelns, die unmittelbaren Maßnahmen seien daher zu Recht gegen ihn gerichtet. Die Festsetzung der Gebühr auf 100,00 DM beruhe auf § 1 Abs.1, § 4 Abs.1 Nr.1 LGebG i.V.m. § 2 Abs.1 LGebG und Geb.Verz.Nr.2 der Verwaltungsgebührensatzung der Beklagten.

Gegen diese ihm am 19.01.2000 zugestellte Verfügung legte der Kläger am 15.02.2000 Widerspruch ein.

Dieser Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2000 kosten- und gebührenpflichtig (DM 250,00) als unbegründet zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoße die Einziehung des Gerätes nicht gegen internationale Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland (UN-Menschenrechtscharta, Europäische Menschenrechtskonvention, Verbot von Handelshemmnissen nach dem GATT) und auch nicht gegen bundesrechtliche Vorschriften, nämlich das das Fernmeldeanlagengesetz ablösende Telekommunikationsgesetz. Die Einziehung und Verfügung sei rechtmäßig, denn die beschlagnahmte Sache könne nicht herausgegeben werden, ohne dass die Voraussetzungen der Beschlagnahme erneut eintreten würden. Die am 11.08.1999 erfolgte Beschlagnahme des Radarwarngerätes sei nach § 33 Abs.1 Nr.1 PolG rechtmäßig gewesen, eine Herausgabe des Gerätes könne nicht erfolgen, weil sodann die Beschlagnahmevoraussetzungen erneut eintreten würden. Zum Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle am 11.08.1999 habe der Kläger das Radarwarngerät in seinem Wagen eingeschaltet betrieben. Ein derartiges Verhalten könne vernünftigerweise nur das Ziel verfolgen, radargestützte Verkehrsüberwachung durch ein von diesem Gerät ausgehendes akustisches Signal rechtzeitig zu erkennen und die Fahrgeschwindigkeit in diesem Fall der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit auf dem gerade befahrenen Straßenteil anzupassen. Gleichzeitig offenbare das Mitführen eines betriebsbereiten und eingeschalteten Radarwarngerätes in einem Kraftfahrzeug die Absicht eines Fahrers, sich im Übrigen, sofern das Gerät also keine Signale gebe, gerade nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten zu wollen. Damit gebe derjenige Fahrzeugführer, der ein Radarwarngerät mit sich führe, zu erkennen, dass er beabsichtige, Verkehrsordnungswidrigkeiten begehen zu wollen, indem er nämlich Vorkehrungen dafür trifft, dass dies nur auf solchen Strecken geschieht, die nicht entsprechend überwacht werden. Der Kläger habe den einschreitenden Beamten somit durch sein Verhalten Anlass zu der Annahme gegeben, dass er beabsichtige, bei Fortsetzung seiner Fahrt Verkehrsordnungswidrigkeiten zu begehen, sofern das von ihm mitgeführte Gerät keine Warnsignale geben werde. In einem solchen Verhalten liege eine unmittelbar bevorstehende, d.h. in allernächster Zeit zu erwartende Störung der öffentlichen Sicherheit, die von den einschreitenden Beamten habe verhindert werden dürfen. Die Beschlagnahme des Geräts sei die den Kläger im Sinne des § 5 Abs.1 PolG am wenigsten belastende und sogleich die geeignete Maßnahme zur Verhinderung bei solchen Störungen gewesen. Sie habe sich auch zu Recht gegen den Kläger als Verursacher und damit als Handlungsstörer im Sinne von § 6 Abs.1 PolG gerichtet. An dieser Beurteilung ändere nichts, dass die Straf- und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes a.F. seit Ende Juli 1996 aufgehoben seien und die einschlägigen Bestimmungen des neuen Telekommunikationsgesetzes (vgl. §§ 95, 96 TKG) den Betrieb eines Radarwarngerätes nicht erfassten. Die Strafbarkeit des unerlaubten Betriebs des Radarwarngerätes nach dem Fernmeldeanlagengesetz sei auch unter der Geltung des alten § 15 FAG nur Nebeneffekt einer Vorschrift gewesen, die anderen, nämlich fernmeldetechnischen Zielsetzungen gedient habe. Die Aufhebung der Strafbarkeit könne somit nicht als Ausdruck einer grundsätzlichen Billigung des Gesetzgebers gegenüber Geräten dieser Art angesehen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers besage die bundesrechtliche Rechtslage nach dem Telekommunikationsgesetz nichts zu der Frage, ob ein Radarwarngerät nach dem dem Landesrecht unterfallenden Gefahrenabwehrrecht des Polizeigesetzes beanstandet bzw. beschlagnahmt und eingezogen werden dürfe. Die durch das Gerät vermeintlich oder tatsächlich vermittelte Sicherheit, rechtzeitig vor einer Geschwindigkeitskontrolle die Geschwindigkeit auf das erlaubte Maß reduzieren zu können und nicht auf frischer Tat ertappt zu werden, fördere die Bereitschaft zu ordnungswidrigem Verhalten und gefährde die Zielsetzung der gesetzlichen Regelung der Straßenverkehrsordnung, eine größere Sicherheit für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer durch je nach Verkehrslage reduzierte Geschwindigkeit zu erreichen. Dieser Bewertung des Einsatzes des Radarwarngerätes stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass teilweise von den zuständigen Behörden selbst durch entsprechende Beschilderung und über die Medien auf Geschwindigkeitskontrollen hingewiesen werde. Einer solchen behördlichen Vorgehensweise könne sogar ein positiver generalpräventiver Aspekt zukommen, weil diese Angaben das Bewusstsein der Kraftfahrer für die Bedeutung von Geschwindigkeitsbeschränkungen allgemein steigerten und darüber hinaus die fahrerische Aufmerksamkeit dafür schärften, dass in dieser Region mit Kontrollen zu rechnen sei. Derartige Ankündigungen vermittelten jedoch anders als individuell betriebene Radarwarngeräte nicht das Gefühl, man werde, auch ohne sein Fahrverhalten darauf einzustellen, rechtzeitig Radarkontrollen erkennen. Hierin liege auch der entscheidende Unterschied zu den vom Kläger wiederholt angesprochenen und von den Ordnungsbehörden zumindest geduldeten Warnhinweisen auf Geschwindigkeitskontrollen in verschiedenen privaten Radiostationen. Sei somit die Beschlagnahme durch die Beamten des Autobahnpolizeireviers Mannheim am 11.08.1998 rechtmäßig gewesen, wie die Beklagte in ihrer Verfügung vom 14.01.2000 zutreffend ausgeführt und diesbezüglich den Widerspruch insoweit beschieden habe, habe die Beklagte auch nach § 34 Abs.1 PolG die Einziehung des Radarwarngerätes anordnen dürfen. Dem Verhalten und der Argumentation des Klägers sei ohne weiteres zu entnehmen, dass er die Warnfunktionen des Radarwarngerätes auch weiterhin in Anspruch nehmen wolle. Weil er auch künftig am Straßenverkehr teilzunehmen beabsichtige, würde er ohne die Einziehung des Gerätes im Falle von dessen Herausgabe jederzeit erneut in die Lage versetzt, unentdeckt Verkehrsordnungswidrigkeiten begehen zu können. Da infolge des ausschließlich sinnvollen Verwendungszwecks des Gerätes, polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen durch Radarmessungen feststellen zu können, eine Verwertung, die die Überlassung des Geräts an Dritte voraussetze, ausscheide, sei die eingezogene Sache nach § 34 Abs.3 PolG zu vernichten. Die diesbezüglichen Kosten würden nach Abs.4 der genannten Vorschrift dem Kläger zur Last fallen. Die Vernichtung des Geräts sei auch nicht unverhältnismäßig im Sinne von § 5 Abs.2 PolG, weil angenommen werden müsse, dass der Kläger das Radarwarngerät gerade in der Absicht erworben habe, bei der Begehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten unentdeckt zu bleiben. Auch die Sechs-Monate-Frist des § 33 Abs.3 PolG sei nicht überschritten worden, weil die angegriffene Verfügung innerhalb dieser Frist erfolgt sei.

Auf diesen ihm am 30.12.2000 zugestellten Widerspruchsbescheid hin hat der Kläger am 29.01.2001 Klage erhoben:

Die angefochtenen Verfügungen und Bescheide seien rechtswidrig. Sie seien daher aufzuheben und das Gerät ihm auszuhändigen. Er werde in seinem Eigentumsrecht verletzt, und zwar nicht aufgrund eines Gesetzes. Der Besitz und der Betrieb eines Breitbandempfängers, wie sein Radarwarngerät Marke BEL eines sei, sei gem. § 95 TKG zulässig und nicht strafbar. Die Argumentationen der Beklagten und der Widerspruchsbehörde seien nicht haltbar, denn das beschlagnahmte Gerät erzeuge zu 95 % Fehlalarme und sei damit zu dem ihm von der Beklagten und vom Regierungspräsidium unterstellten Zweck untauglich. Die unregelmäßig auftretenden akustischen Signale beim Betrieb seien für ihn eine Hilfe auf sehr langen Strecken mit ihren Schilderwänden und Schildertunnels. Die angefochtene Verfügung verstoße auch gegen Art.10 der Konvention von Rom 1950, die garantiere, dass alle Bürger das Recht haben, sich Informationen auf schriftlichen oder elektronischen Wegen frei und ohne Einschränkungen zu beschaffen. Genau das habe er getan. Da das Gerät mit einem "CE-Kennzeichen" versehen sei, habe es nach Art.8 der Richtlinien zum freien Warenverkehr nicht eingezogen werden dürfen.

Der Kläger beantragt,

die Verfügung der Beklagten vom 14.01.2000 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.12.2000 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, ihm das beschlagnahmte Radarwarngerät der Marke BEL Typ Super Wideband with Laser Vector STi Europa herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ihre Verfügung vom 14.01.2000 und der Widerspruchsbescheid vom 28.12.2000 seien aus den in ihnen genannten Gründen rechtmäßig.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Verfügung der Beklagten vom 14.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 28.12.2000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 S.1 VwGO), demgemäß hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rückgabe des Radarwarngerätes (§ 113 Abs.1 S.2 VwGO).

Die Beklagte hat die Einziehung und anschließende Vernichtung des Radarwarngerätes zu Recht verfügt. Entgegen der Auffassung des Klägers hat sie ohne Verstoß gegen höherrangige bundes- und/oder europarechtliche Vorschriften die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 34 Abs.1-3 PolG BW zu Recht bejaht und sodann auch von ihrem Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten und der Widerspruchsbehörde in den angefochtenen Entscheidungen, denen das Gericht folgt, wird gemäß § 117 Abs.5 VwGO zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Der Vortrag des Klägers im gerichtlichen Verfahren gibt keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung:

Dass die Beklagte die angefochtenen Maßnahmen auf § 34 Abs.1-3 PolG als Rechtsgrundlage gestützt hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers rechtlich nicht zu beanstanden, denn bei der Einziehung und Vernichtung des streitgegenständlichen Radarwarngerätes handelt es sich um Maßnahmen, die nicht der Durchsetzung von Vorschriften wie des Telekommunikationsgesetzes (TKG), des Gesetzes über Funkanlagen, des Telekommunikationssendeeinrichtungsgesetzes (FTEG), der EG-Richtlinien zum freien Warenverkehr oder anderer die Telekommunikation betreffenden Vorschriften über die Zulassung und den Verkehr von (End-)Einrichtungen der Telekommunikation dienen, sondern allein um das - präventive - Vorgehen der Polizei gegen den Kläger als Handlungsstörer wegen von ihm erwarteter Verstöße gegen Verkehrsvorschriften, also zur Verhinderung von unmittelbar bevorstehenden Ordnungswidrigkeiten.

Als Rechtsgrundlage hat die Beklagte somit zu Recht § 34 PolG BW herangezogen. Danach kann (Abs.1) die zuständige allgemeine Polizeibehörde - hier also die Beklagte, vgl. § 62 Abs.4 S.1 PolG BW - eine beschlagnahmte Sache einziehen, wenn diese nicht mehr herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Beschlagnahme erneut eintreten, und kann - Abs.3 - eine eingezogene Sache unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden, wenn sie nicht verwertet werden kann. Durch das Mitführen eines betriebsbereiten Radarwarngerätes in seinem Kraftfahrzeug bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr und dessen Inbetriebnahme zu den Zeiten, in denen nicht gerade z.B. aus Anlass der Sonnenfinsternis auf den Autobahnen in Baden-Württemberg kilometerlange Staus bestanden, hat der Kläger als Verursacher, als sog. Handlungsstörer, die unmittelbare Gefahr begründet, dass er das Gerät bei freier Fahrt, wenn er mit polizeilichen Radarkontrollen rechnen musste, einschaltete, um seine Fahrgeschwindigkeit zwar beim Passieren der jeweiligen Überwachungseinrichtungen den geltenden Geschwindigkeitsregeln anzupassen, sich im Übrigen jedoch in Stand zu setzen, diese Geschwindigkeitsbegrenzungen zu überschreiten. Denn das Einschalten des Radarwarngerätes macht nur dann einen Sinn, wenn man die Bereitschaft und die Absicht hat, sich ansonsten, d.h. außerhalb der Überwachungsstellen, nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Das heißt, gerade der Betrieb eines Radarwarngerätes ermöglicht es dem Verkehrsteilnehmer, sich ungestraft über Bestimmungen der Verkehrssicherheit hinwegzusetzen und dadurch andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Insofern verleitet das Mitführen eines Radarwarngerätes gerade zu entsprechenden Verkehrsordnungswidrigkeiten und begründet eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des Polizeirechts (VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 02.12.1999, DAR 2000, 282). Demgegenüber stellt sich die Einlassung des Klägers, dass er -außer z.B. wegen des langen Staus am 11.08.1999- das Gerät eingeschaltet habe bzw. einschalte, um angesichts der Vielzahl und zum Teil Unübersichtlichkeit der Verkehrszeichen, der "Schilderwände und Schildertunnel", den notwendigen Durchblick zu erhalten und konzentriert, alle Verkehrszeichen erkennend ordnungsgemäß zu fahren, als unglaubhafte Schutzbehauptung dar. Denn das Radarwarngerät hat nur eine beschränkte Funktion und ist nicht dazu geeignet, "Schilderwände und Schildertunnel" zu erhellen und zu erklären. Wenn überhaupt, kann es im Gegenteil zur Ablenkung und zu Irritationen gerade in prekären Situationen führen. Für den vom Kläger nunmehr behaupteten Zweck ist das Radarwarngerät weder geeignet noch bestimmt, noch wird es in der Praxis dazu benutzt. Zweck ist vielmehr, und so wird es auch jedenfalls von Fahrzeugführern bei einer Anbringung wie im Falle des Klägers offensichtlich allein genutzt, sich mit Hilfe des Radarwarngerätes in den Stand zu versetzen, sich faktisch von rechtlichen Bindungen, hier Geschwindigkeitsbegrenzungen, freizustellen. Das Radarwarngerät ist hier Mittel zum Zweck, nämlich der ungestraften Überschreitung von Geschwindigkeitsbegrenzungen. Wenn daher -wie hier- die Polizei einschreitet, geschieht dies, um dieses Überschreiten von Geschwindigkeitsbegrenzungen und damit um Gesetzesübertretungen zu verhindern. Das Radarwarngerät wird daher lediglich als "Werkzeug" für ordnungswidrigkeitsrechtliches Verhalten beschlagnahmt und eingezogen, nicht jedoch aus telekommunikationsrechtlichen, informationsrechtlichen o.ä. Gründen. Die vom Kläger insoweit genannten Vorschriften TKG u.ä. sind nicht einschlägig und stehen daher auch der Anwendung der §§ 33, 34 PolG BW nicht entgegen.

Das vom Polizeivollzugsdienst rechtmäßig gemäß § 33 Abs.1 Nr.1 und Abs.2 PolG BW beschlagnahmte Radarwarngerät durfte daher von der Beklagten als zuständiger allgemeiner Polizeibehörde eingezogen werden, weil das Radarwarngerät nicht mehr herausgegeben werden konnte und kann, ohne dass die Voraussetzungen der Beschlagnahme erneut eintreten. Der Kläger hat weder dargelegt noch gar bewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht, dass er das rechtmäßig beschlagnahmte Radarwarngerät außer zu dem bereits oben genannten Zweck, sich in die Lage zu versetzen, sich faktisch von rechtlichen Bindungen, hier Geschwindigkeitsbegrenzungen, frei zu machen, noch gebrauchen könnte und gebrauchen will. Sowohl nach Lage der Akten als auch nach dem Vortrag des Klägers erschöpfen sich die tatsächlichen Möglichkeiten und der Verwendungszweck des Radarwarngeräts in dem bereits oben geschilderten Zweck, ungestraft Ordnungswidrigkeiten, nämlich Geschwindigkeitsbegrenzungen, begehen zu können.

Dies haben die Beklagte und die Widerspruchsbehörde zutreffend erkannt und hiernach auch von ihrem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht.

Dies gilt konsequenterweise dann auch für die Anordnung der Vernichtung des Radarwarngerätes nach § 34 Abs.3 PolG BW.

Nachdem vorliegend allein über die Frage der Anwendung des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg zu entscheiden war, weil die Anwendung und Umsetzung europarechtlicher Richtlinien und der sie umsetzender Bundesgesetze nicht einschlägig ist, bestand auch weder Anlass noch Grund für eine Vorlage des Rechtsstreits an den Europäischen Gerichtshof.

Die Anfechtungsklage gegen die die Einziehung und die anschließende Vernichtung anordnende Verfügung der Beklagten war daher abzuweisen. Hieraus folgt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Herausgabe des Radarwarngerätes als sog. Folgenbeseitigungsanspruch zusteht. Die Klage war daher auch mit dem zweiten Antrag als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.

Die Kammer sah keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 VwGO).






VG Karlsruhe:
Urteil v. 11.07.2001
Az: 3 K 187/01


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