Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. März 2010
Aktenzeichen: 7 W (pat) 304/06
(BPatG: Beschluss v. 17.03.2010, Az.: 7 W (pat) 304/06)
Tenor
Das Patent DE 10 2004 028 378 wird widerrufen.
Gründe
I.
Gegen das Patent 10 2004 028 378 mit der Bezeichnung Verfahren zum Gesenkschmieden und Schmiedevorrichtung zur Durchführung des Verfahrensdessen Erteilung am 15. September 2005 veröffentlicht worden ist, haben die Einsprechende I und die Einsprechende II jeweils am 15. Dezember 2005 Einspruch erhoben.
Sie machen u. a. jeweils geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.
Die Einsprechende I und die Einsprechende II verweisen u. a. auf den Gegenstand der Druckschrift DE 199 58 846 A1 (D5), die bereits im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt berücksichtigt wurde.
Gegenstand der mündlichen Verhandlung ist des weiteren die ebenfalls bereits im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt berücksichtigte Druckschrift Erxleben, Stefan und Bauersachs, Lothar, Automatisches Schmieden mit Gesenkschmiedehämmern, Schmiede-Journal, September 2003, S. 18 -21 (D1).
Die Einsprechenden haben jeweils beantragtdas Patent 10 2004 028 378 zu widerrufen, und mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden (Schriftsatz der Einsprechenden I vom 9. Februar 2010 und Schriftsatz der Einsprechenden II vom 8. März 2010).
Die Patentinhaberin widerspricht den Einsprechenden I und II in allen Punkten und legt in der mündlichen Verhandlung einen neuen Patentanspruch 1 (Hauptantrag) sowie in Zusammenhang mit einem Hilfsantrag 2 einen neuen Patentanspruch 8 vor.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 10 2004 028 378 aufrechtzuerhalten, jedoch mit der Maßgabe, dass in Patentanspruch 1 die Worte "nächst vorgesehenen" hinter die Worte "nachfolgend die weiteren" und vor dem Wort "Gravuren" eingefügt wird.
Hilfsweise beantragt sie, 1. Hilfsantragdas Patent 10 2004 028 378 beschränkt mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
-Patentansprüche 8 bis 20 in der erteilten Fassung als neue Patentansprüche 1 bis 13
-entsprechend anzupassende Beschreibung sowie Zeichnungen gemäß erteiltem Patent.
2. Hilfsantragdas Patent 10 2004 028 378 beschränkt mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
-Patentanspruch 8 in der in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2010 überreichten Fassung -Patentansprüche 1 bis 7 und 9 bis 20 in der erteilten Fassung, Patentanspruch 1 jedoch mit der Maßgabe wie im Hauptantrag -entsprechend anzupassende Beschreibung sowie Zeichnungen gemäß erteiltem Patent.
3. Hilfsantragdas Patent 10 2004 028 378 beschränkt mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
-Patentanspruch 8 in der in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2010 überreichten Fassung als neuer Patentanspruch 1
-Patentansprüche 9 bis 20 in der erteilten Fassung als neue Patentansprüche 2 bis 13
-entsprechend anzupassende Beschreibung sowie Zeichnungen gemäß erteiltem Patent.
Die Patentansprüche 1 und 8 sind nach Hauptantrag und Hilfsanträgen nebengeordnet. Die Patentansprüche 1 und 8 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 lauten:
Hauptantrag 1. Verfahren zum Gesenkschmieden, mit einer einen Bär (7) und ein Gesenk (9, 9«) aufweisenden Schmiedevorrichtung (1), wobei weiter die Schmiedevorrichtung (1) zwei Führungssäulen (2, 3) für den Bär (7) aufweist, zwischen welchen das Gesenk (9) aufgenommen ist, wobei durch einen Hammerschlag ein im Gesenk (9, 9«) einliegendes Teil (T) umgeformt wird, wobei weiter in dem Gesenk (9, 9«) eine Mehrzahl von Gravuren (a, b, c, d, e) ausgebildet ist und ein Rohling (R) zunächst in eine erste Gravur (a) eingelegt wird und nachfolgend die weiteren nächst vorgesehenen Gravuren (b, c, d) bis zu einer Endgravur (e) durchläuft und wobei weiter das Teil (T) während der Umformung durch einen Schmiedegreifer (25, 26, 28) gegriffen ist, dadurch gekennzeichnet, dass bei jedem Hammerschlag in einer Mehrzahl von Gravuren (a, b, c, d, e) ein Teil (T) aufgenommen ist, bei im Hinblick auf eine Belastung des Bären (7) symmetrischen Verteilung zwischen belegten und nicht belegten Gravuren (a, b, c, d, e), welche Teile (T) jeweils während der Umformung durch den Schmiedegreifer (25, 26, 28) gegriffen sind, und nach jedem Hammerschlag eine sukzessive Versetzung der Teile (T) in eine weitere Gravur vorgenommen wird unter Herausnahme eines Teils (T) aus der Endgravur (e) oder der letzten vor der Endgravur
(e)
durch ein Teil belegten Gravur, und Einlegung des Rohlings
(R)
in die erste zu belegende Gravur (a).
8. Schmiedevorrichtung mit einem Bär (7) und mit einem Gesenk (9, 9«), wobei die Schmiedevorrichtung (1) zwei Führungssäulen (2, 3) für den Bär (7) aufweist, zwischen welchen das Gesenk (9«) aufgenommen ist, wobei durch einen Hammerschlag ein in dem Gesenk (9, 9`) einliegendes Teil (T) umgeformt wird, wobei weiter in einem Gesenk (9, 9«) eine Mehrzahl von Gravuren (a, b, c, d, e) ausgebildet ist und weiter darüber hinaus dem Gesenk (9, 9«) eine Fördervorrichtung (14, 22) zugeordnet ist, mittels der ein Teil (T) von einer Gravur zur nächsten zu bewegen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Fördervorrichtung (14, 22) so ausgelegt ist, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren (a, b, c, d, e) gleichzeitig einliegende Teile (T), bis auf ein in der Endgravur (e) einliegendes Teil (T), zugleich in die in Durchsetzungsrichtung (x) benachbarte Gravur transportiert werden.
Hilfsantrag 1 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 stimmt mit dem Patentanspruch 8 des Hauptantrags überein.
Hilfsantrag 2 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 stimmt mit dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags überein. Der nebengeordnete Patentanspruch 8 des Hilfsantrags 2 lautet:
8. Schmiedevorrichtung mit einem Bär (7) und mit einem Gesenk (9, 9«), wobei die Schmiedevorrichtung (1) zwei Führungssäulen (2, 3) für den Bär (7) aufweist, zwischen welchen das Gesenk (9«) aufgenommen ist, wobei durch einen Hammerschlag ein in dem Gesenk (9, 9`) einliegendes Teil (T) umgeformt ist, wobei weiter in einem Gesenk (9, 9«) eine Mehrzahl von Gravuren (a, b, c, d, e) ausgebildet ist und weiter darüber hinaus auch dem Gesenk (9, 9«) eine Fördervorrichtung (14, 22) zugeordnet ist, mittels der ein Teil (T) von einer Gravur zur nächsten zu bewegen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Fördervorrichtung (14, 22) so ausgelegt ist, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren (a, b, c, d, e) gleichzeitig einliegende Teile (T), bis auf ein in der Endgravur (e) einliegendes Teil (T), zugleich in die in Durchsetzungsrichtung (x) benachbarte oder nächst vorgesehene Gravur transportiert werden und dass in dem Gesenk (9, 9«) mindestens zwei formgleiche Gravuren (b, c) derart nebeneinander oder in symmetrischer Abfolge ausgebildet sind, dass dasselbe Teil beim Durchsetzen der Schmiedevorrichtung zweioder mehrfach in formgleichen Gravuren schmiedbar ist.
Hilfsantrag 3 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 stimmt mit dem Patentanspruch 8 des Hilfsantrags 2 überein.
Gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 2 sind die erteilten Patentansprüche 2 bis 7 auf die Ausgestaltung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 und die erteilten Patentansprüche 9 bis 20 auf die Ausgestaltung des Gegenstandes des Patentanspruchs 8 gerichtet. Gemäß Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 3 sind die erteilten Patentansprüche 9 bis 20 als jeweils neue Patentansprüche 2 bis 13 auf die Ausgestaltung des Gegenstandes des jeweils geltenden Patentanspruchs 1 gerichtet. Zum Wortlaut dieser Ansprüche wird auf die Akte verwiesen.
Nach Abs. [0006] und [0007] der Patentschrift liegen dem Streitpatentgegenstand die einerseits dem Verfahren und andererseits der Vorrichtung zuordbaren Aufgaben zugrunde, ein Verfahren zum Gesenkschmieden mit einer einen Bär und ein Gesenk aufweisenden Schmiedevorrichtung anzugeben, das unter Nutzung der allgemein günstigeren Anlagekosten und hohen erreichbaren Taktzahlen einer solchen Vorrichtung gleichwohl einen hohen Automatisierungsgrad ermöglicht, ohne Nachteile bei der für solche Vorrichtungen üblichen Schmiedequalität hinnehmen zu müssen, bzw. eine Vorrichtung zum Gesenkschmieden, mit einem Bär und einem Gesenk, anzugeben, die unter Nutzung der günstigen Anlagekosten einer solchen Vorrichtung ein Schmieden mit einem hohen Automatisierungsgrad und hohen erreichbaren Taktzahlen ermöglicht, ohne dass Nachteile bei der Qualität in Kauf zu nehmen sind.
II.
1.
Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der -mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten -Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG noch auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG analog zuständig (vgl. BGH, GRUR 2009, 184, 185 -Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. -Informationsübermittlungsverfahren II).
2.
Die fristund formgerecht erhobenen Einsprüche sind zulässig. Sie sind jeweils auch begründet und führen zum Widerruf des Patents.
3.
Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt weder in den Fassungen der Patentansprüche 8 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 2 noch nach dem Wortlaut der Patentansprüche 1 nach Hilfsanträgen 1 und 3 eine patentfähige Erfindung nach §§ 1 bis 5 PatG dar.
Der zuständige Fachmann ist ein Maschinenbau-Ingenieur mit mindestens Fachschulabschluss und langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Umformanlagen, insbesondere Gesenkschmieden für Serienteile.
3.1 Zum Hauptantrag Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 8 (Hauptantrag) mag neu sein. Er beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Es wird auch von der Patentinhaberin nicht in Zweifel gezogen, dass aus der Druckschrift "Erxleben, Stefan und Bauersachs, Lothar, Automatisches Schmieden mit Gesenkschmiedehämmern, Schmiede-Journal, September 2003, S. 18 -21" (nachfolgend als D1 geführt), eine den Oberbegriff des Patentanspruchs 8 darstellende Schmiedevorrichtung mit einem Bär und mit einem Gesenk bekannt ist, wobei die Schmiedevorrichtung zwei Führungssäulen für den Bär aufweist, zwischen welchen das Gesenk aufgenommen ist (Gesenkschmiedehammer 1, Bild Layout einer automatischen Hammerschmiedeanlage, S. 18 der D1). Bei dem Gesenkschmiedehammer der D1 wird durch einen Hammerschlag ein in dem Gesenk einliegendes Teil umgeformt. In dem Gesenk der D1 ist auch eine Mehrzahl von Gravuren ausgebildet und darüber hinaus ist dem Gesenk durch die Anordnung zweier Schmiederoboter 3 und 4 eine Fördervorrichtung zugeordnet, mittels der ein Teil von einer Gravur zur nächsten zu bewegen ist. Die Fördervorrichtung der D1 ist dabei so ausgelegt, dass nach jedem Hammerschlag in dem Gesenk mit mehreren Gravuren das zumindest eine einliegende Teil von einer ersten in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte Gravur transportiert wird (vergl. hierzu auch die Angaben in der Streitpatentschrift [0005]). Dass dabei ein in der Endgravur einliegendes, also fertig geschmiedetes Teil nicht in eine weitere Gravur eingelegt wird, versteht sich von selbst.
Die im Kennzeichenteil des erteilten Patentanspruchs 8 dargelegte aufgabenhafte Wirkungsangabe besagt, dass die Fördervorrichtung so ausgelegt sein soll, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren gleichzeitig einliegende Teile zugleich in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte Gravur transportiert werden können. Diese im Kennzeichenteil des erteilten Patentanspruchs 8 vorgegebene Anweisung für die Fördereinrichtung impliziert die gleichzeitige Belegung mehrerer Gravuren des Gesenks mit mehreren umzuformenden Schmiedeteilen.
Sowohl die gleichzeitige Belegung mehrerer Gravuren eines Gesenks mit mehreren umzuformenden Schmiedeteilen als auch die Auslegung einer Fördervorrichtung derart, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren gleichzeitig einliegende Teile zugleich in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte Gravur transportiert werden können, kennt der Fachmann aus der Druckschrift DE 199 58 846 A1 (D5), die ebenfalls eine Gesenkschmiedevorrichtung zeigt, jedoch im Unterschied zum Streitpatentgegenstand dies nicht im Zusammenhang mit einem Gesenkschmiedehammer offenbart, sondern für eine Gesenkschmiedepresse (vergl. in der D5, Fig. 1 sowie Sp. 3, Abs. 1 bis 3). Bei der aus der D5 bekannten Vorrichtung sind dazu in jeder Werkzeugstufe 1 bis 5 mit den Gravuren 7, 8, 7a, 7b, 8a, 8b jeweils zu schmiedende Teile (z. B. Pleuel) eingelegt, die getaktet durch ein Transfersystem
(z. B. Hubbalken) in Durchsetzungsrichtung von einer Werkzeugstufe zur benachbarten Werkzeugstufe wie beim Streitgegenstand im Sinne einer hohen erreichbaren Taktzahl transportiert werden.
Die Gesenkschmiedevorrichtung mit der darauf abstimmten Fördervorrichtung der D5 gibt dem Fachmann den entscheidenden Hinweis darauf, dass, wenn er die aus der D1 bekannte Gesenkschmiedevorrichtung in Richtung auf eine höhere Leistungsfähigkeit weiterentwickeln will, dieses Ziel erreicht werden kann, wenn er die gleichzeitige Belegung mehrerer Gravuren eines Gesenks mit mehreren umzuformenden Schmiedeteilen nach dem Vorbild der D5 vornimmt und gleichzeitig die für einen hohen Automatisierungsgrad geeignete Fördervorrichtung ebenfalls nach dem Vorbild der D5 so ausbildet, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren gleichzeitig einliegende Teile zugleich in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte Gravur transportiert werden. Ausgehend vom Gegenstand der D1 gelangt der Fachmann durch die aus der D5 hervorgehende und angeregte Maßnahmenübertragung in nahe liegender Weise zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 8 Der Gegenstand des Patentanspruchs 8 gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da mit dem Hauptantrag ein nicht patentfähiger Gegenstand beansprucht wird und über einen Antrag nur ganzheitlich entschieden werden kann, konnte dem Hauptantrag insgesamt nicht stattgegeben werden.
3.2 Zum Hilfsantrag 1 Da der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 mit dem Patentanspruch 8 des Hauptantrags übereinstimmt, wird auf die vorstehenden Ausführung zum Anspruch 8 des Hauptantrages verwiesen.
Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, führt dieser Antrag nicht zum Erfolg.
3.3 Zum Hilfsantrag 2 Das gegenüber dem Patentanspruch 8 des Hauptantrages beschränkend in den Patentanspruch 8 nach Hilfsantrag 2 aufgenommene Merkmal, wonach in dem Gesenk mindestens zwei formgleiche Gravuren derart nebeneinander oder in symmetrischer Abfolge ausgebildet sind, dass dasselbe Teil beim Durchsetzen der Schmiedevorrichtung zweioder mehrfach in formgleichen Gravuren schmiedbar ist, ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 9 und Abs. [0011] i. V. m. [0032] der Streitpatentschrift.
Nach dem Wortlaut des Patentanspruch 8 des Hilfsantrags 2 ist gegenüber dem des Hauptantrags auch noch vorgesehen, dass die Fördervorrichtung so ausgelegt ist, dass nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren gleichzeitig einliegende Teile zugleich in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte oder nächst vorgesehene Gravur transportiert werden, während der erteilte Anspruch 8 nur den Transport in eine benachbarte Gravur vorsieht.
Ob der geltende Wortlaut des Patentanspruchs 8 des Hilfsantrags 2, wonach die Aufnahme eines gegenüber dem erteilten Patentanspruch 8 neben der benachbarten Gravur als zusätzlich mögliches Transportziel auch noch die nächst vorgesehene Gravur für die Schmiedeteile vorsieht, auf einer unzulässigen Schutzbereichserweiterung beruht, kann dahinstehen, da der Gegenstand des Anspruchs 8 nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Ein zweioder mehrfaches Schmieden in der gleichen Gravur ist beim Gesenkschmieden bekannt und kommt z. B. bei dem Gesenkschmiedehammer der D1 dann in Betracht, wenn eine hohe Umformarbeit und/oder eine hohe Schmiedequalität erzielt werden soll (vergl. hierzu D1, S. 18. linke Spalte, vorletzter Satz und S. 20, linke Spalte, 2. Absatz 2. u. 3. Satz).
Umgesetzt auf eine Schmiedevorrichtung, bei der in strikter Befolgung der Maßgabe des Patentanspruchs 8 nach jedem Hammerschlag in allen Gravuren gleichzeitig einliegende Teile zugleich in die in Durchsetzungsrichtung benachbarte Gravur transportiert werden sollen, erfordert diese Lehre in notwendiger Weise die Anordnung von mindestens zwei formgleichen Gravuren in dem Gesenk, und zwar derart, dass diese nebeneinander oder in symmetrischer Abfolge ausgebildet werden müssen, um dasselbe Teil beim Durchsetzen der Schmiedevorrichtung wenigstens zweifach in formgleichen Gravuren schmieden zu können. Der getaktete Ablauf der Schmiedevorgänge mit dem Weitertransport der Teile nach jedem Hammerschlag lässt gar keine andere Anordnung von gleichen Gravuren zu, wenn ein zwei-(oder mehr-) faches Schmieden eines Teiles in der gleichen Gravur wie beim Gegenstand der D1 angestrebt wird. Dafür sind jedoch keinerlei über den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrages, der, wie vorstehend dargelegt, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, hinausoder weitergehende erfinderische Überlegungen erforderlich.
Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 8 gemäß Hilfsantrag 2 beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da mit dem Hilfsantrag 2 ein nicht patentfähiger Gegenstand beansprucht wird und über einen Antrag nur ganzheitlich entschieden werden kann, konnte dem Hilfsantrag 2 insgesamt nicht stattgegeben werden.
3.4 Zum Hilfsantrag 3 Da der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 mit dem Patentanspruch 8 des Hilfsantrags 2 überein stimmt, wird auf die vorstehenden Ausführung zum Anspruch 8 des Hilfstantrags 2 verwiesen.
Da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, führt dieser Antrag nicht zum Erfolg.
Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Harrer Schwarz Hilber Schlenk Hu
BPatG:
Beschluss v. 17.03.2010
Az: 7 W (pat) 304/06
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