Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. Juli 2013
Aktenzeichen: I-20 U 60/12

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 23.07.2013, Az.: I-20 U 60/12)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. März 2012 verkündete Urteil der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 7. September 2011 insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits werden der Klägerin auferlegt; ausgenommen sind die Kosten der erstinstanzlichen Säumnis, die die Beklagte zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin stellt Staubsaugerbeutel her und vertreibt diese unter dem Zeichen "Z", das für sie seit dem 21. August 1985 als deutsche Wortmarke, Registernummer DE ...50, unter anderem für Staubsaugerbeutel eingetragen ist. Das Zeichen "Z" ist ein bekanntes Zeichen, eine im Auftrag der Klägerin im Jahr 2008 durchgeführte Verkehrsbefragung hat einen Bekanntheitsgrad 79,7 Prozent ergeben. Die Klägerin ist zudem Inhaberin der deutschen Wortmarken A 06 (DE ...11), A 08 (DE ...75), A 16 (DE ...03), EIO 80 (DE ...24), M 40 (DE ...25), M 50 (DE ...08), MX 87 (DE ...77), PH 84 (DE ...79), PH 86 (DE ...09), S 62 (DE ...73), S 64 (DE ...01), S 67 (DE ...00, S 71 (DE ...29, Y 98 (DE ...35), Y 101 (DE ...37), Y 201 (DE ...89, Y204 (DE ...51), Y 298 (DE ...18) und Z 110 (DE ...30), die ebenfalls für Staubsaugerbeutel eingetragen sind und die sie als Typenbezeichnungen nutzt. Die weiteren von ihr benutzten Typenbezeichnungen "MX 93" und "Y 191" sind nicht als Marken eingetragen.

Die Beklagte handelt mit Zubehör für Staubsauger. Dieses hat sie ursprünglich über die Internetplattform eBay vertrieben. Dort bot sie unter anderem Staubsaugerbeutel an, die sie unter Verweis auf die in funktioneller Hinsicht vergleichbaren Produkte der Klägerin beschrieb. Dabei verwendete sie Angebotsüberschriften, in denen die vorgenannten Marken und Typenbezeichnungen der Klägerin vorkamen und zwar in Formen wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben:

24 Staubsaugerbeutel Vlies f. Philips ähnl. Z PH84

4+6 Miele Fliestüten ähnl. Z M40 M50 M51 M53 M54 #41

24+6 Bosch Siemens Saugerbeutel ähnl. G Z S 67 #02

24 Beutel Vlies Sauger f. Philips Oslo ähnl. PH84 PH 84

Die Klägerin beanstandete die Angebotsformulierungen als Markenverletzungen und veranlasste eBay im sogenannten VeRI-Verfahren zur Sperrung des Internetangebots der Beklagte. Die Beklagte, die hierin einen rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sah, nahm die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Ihr Antrag war in beiden Instanzen erfolglos. Der Senat hat eine Markenverletzung der Beklagten bejaht und dementsprechend einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint. Die Beklagte habe die Unterscheidungskraft der Zeichen und ihre Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt. Ein Fall zulässiger Verwendung der Marken als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, § 23 Nr. 2 MarkenG, sei nicht gegeben, die Beklagte sei auf die Benutzung der Zeichen zur Beschreibung ihrer Produkte nicht angewiesen, zur Zweckbestimmung genüge die Angabe des Staubsaugertyps (Senat, Urt. v. 30. Dez. 2010, I - 20 U 126/10, GRUR-RR 2011, 315).

Wegen der Sperrung ihrer Angebote auf eBay verlagerte die Beklagte ihr Geschäft mit Staubsaugerbeuteln auf ihre eigene Internetseite "www...de", wobei sie weiterhin ihre Produkte unter Verweis auf die in funktioneller Hinsicht vergleichbaren Produkte der Klägerin beschrieb. Auf den im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung wiedergegebenen Internetauszug wird Bezug genommen. Dabei verwendete sie Angebotsüberschriften wie die nachstehend beispielhaft wiedergegeben:

4 Vlies - für AEG - alternativ (ähnlich Z PH86)

4 Vlies - für Bosch kompatibel zu P - ähnl. Z S71

20 Papier - für Miele - alternativ -(ähnlich J F M ähnlich Z M 50 (M50) & M 51 (M51)

20 Papier - für Philipps - kompatibel zu HR 6938 HR6939 - ähnlich PH84

Die Klägerin ließ die Beklagte nunmehr - noch innerhalb der Spruchfrist des Senatsurteils - ihrerseits mit Anwaltsschreiben vom 8. Dezember 2010 wegen der Zeichenverwendungen abmahnen. Die Beklagte entfernte die klägerischen Zeichen aus der Angebotszeile und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die sie jedoch dahingehend einschränkte, dass die Verwendung der beschreibenden Angabe "ähnlich Z" und der Zusammensetzung weiterer Marken dann nicht erfasst sein solle, wenn die qualitative Gleichwertigkeit der Staubsaugerbeutel der Parteien nachgewiesen und ihre Produkte mit eigenen Marken bezeichnet seien. Die Klägerin, die in der Verwendung ihrer Zeichen in der Angebotsüberschrift auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben eine Markenverletzung, hilfsweise eine unzulässige vergleichende Werbung sieht, hat daraufhin die vorliegende Klage eingereicht.

Das Landgericht hat die säumige Beklagte antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Unterlassung der Verwendung der klägerischen Zeichen in Verbindung mit dem Adjektiv "ähnlich" wie geschehen sowie zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Dem Einspruch der Beklagten war nur insoweit ein Erfolg beschieden, als dass das Landgericht die Untersagung der Verwendung der Typenbezeichnung nicht auf die von der Klägerin vorrangig verfolgten Markenrechte, sondern auf den hilfsweise geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen unzulässiger vergleichender Werbung gestützt und dementsprechend der Klägerin ein Fünftel der Kosten auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte beute mit der Wahl des Schlüsselworts "Z" die Aufmerksamkeit, aber auch den Ruf der bekannten Marke "Z" aus, da dem Adjektiv "ähnlich" auch ein qualitativer Bedeutungsgehalt zugemessen werde. Den Übrigen Marken fehle zwar die für den Schutz einer bekannten Marke erforderliche Verkehrsbekanntheit, ihre Verwendung stelle sich jedoch als unter den Gesichtspunkten der unlauteren Rufausbeutung des fremden Zeichens als unzulässige vergleichende Werbung dar. Verbraucher, die die Produkte der Klägerin suchten, würden auf die Seite der Beklagten gelockt. Die Verwendung der Zeichen sei für den Vergleich nicht unerlässlich, die Beklagte könne ihre Produkte durch Verweis auf die Staubsaugermodelle, für die sie bestimmt seien, beschreiben, eines Verweises auf die Produkte der Klägerin bedürfe es nicht.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie trägt vor, allein die Bekanntheit der Marke "Z" könne eine Unzulässigkeit des auf die funktionelle und qualitative Vergleichbarkeit ihrer Produkte gerichteten Werbevergleichs nicht begründen. Die Aufnahme der klägerischen Zeichen in die Angebotszeile sei für einen Werbevergleich der Staubsaugerbeutel unerlässlich. Es sei daher weder eine Aufmerksamkeits- noch eine Rufausbeutung festzustellen. Es sei auch nicht entscheidend, wo die klägerischen Marken verwandt würden. Suchmaschinen beachteten auch die in der Beschreibung verwandten Schlüsselwörter, eine Rufausbeutung setze die qualitative Minderwertigkeit des Konkurrenzprodukts voraus, die vorliegend nicht gegeben sei. In die Interessenabwägung seien zudem auch die Vorteile einzubeziehen, die der Verbraucher aus dem Werbevergleich ziehe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2012 - Aktenzeichen; 2a O 153/11 - die Klage abzuweisen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2012 (2a O 153/11) im Kostenpunkt abzuändern und die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Beklagten aufzuerlegen;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Für einen legitimen Werbevergleich sei die Aufnahme ihrer Zeichen in die Angebotsüberschrift nicht erforderlich, insofern genüge eine Vergleichsliste. Durch die Verwendung in der Angebotszeile werde die ihrer Marke innewohnende Aufmerksamkeitswirkung ausgenutzt; die Beklagte verwendet die Marke als "Eye-Catcher" zum Anlocken von Interessenten. Die Tatbestände der Rufausnutzung und der Ausnutzung der Wertschätzung seien nicht auf Luxusprodukte beschränkt. Soweit das Landgericht den Unterlassungsanspruch bezüglich der Typenbezeichnungen auf Wettbewerbsrecht gestützt habe, habe es allerdings zu Unrecht eine Markenverletzung verneint. Eine Verkehrsbekanntheit sei nicht erforderlich, der Anspruch lasse sich auch auf § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG stützen.

Im Rahmen der Erörterung hat der Senat die Parteien darüber in Kenntnis gesetzt, dass er dazu neige, die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abzuweisen. Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Teddybär" (GRUR 2006, 34) halte er an seiner im vorangegangen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vertretenen Auffassung, die Benutzung fremder Zeichen sei auf solche Formen zu beschränken, die dem Verbraucher, der gezielt nach Alternativen suche, ein Auffinden des eigenen Produkts ermögliche, nicht fest. Dort habe der Bundesgerichtshof im Interesse eines effektiven Wettbewerbs eine sofort "ins Auge springende" Benutzung der fremden Bildzeichen in Originalgröße gestattet und der Verweisung auf einen zurückhaltenden Hinweis auf die funktionelle Vergleichbarkeit eine Absage erteilt. Dem Werbenden müsse offenkundig ermöglicht werden, auch solche Verbraucher auf ihr Alternativangebot hinzuweisen, die bislang nur die Produkte des Marktführers kennen. Hierfür sei eine prominente, den Suchvorgang entscheidend beeinflussende Verwendung von dessen Zeichen erforderlich. Die damit einhergehende Anlockwirkung sei im Interesse des Werbevergleichs als unvermeidbar hinzunehmen, solange keine Gefahr der Verwechslung oder der Übertragung von Gütevorstellungen auf ein minderwertiges Produkt geschaffen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, Bl. 127 ff. d. GA., wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, die Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Benutzung des Zeichen "Z" mit einem vorangestellten "ähnlich" in den Angebotsüberschriften von Staubsaugerbeuteln aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG. Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Teddybär" hält der Senat an seiner im vorangegangen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vertreten Auffassung nicht fest. Im Bereich der vergleichenden Werbung erfährt das Markenrecht Einschränkungen, allein das Vorliegen der in § 14 Abs. 2 MarkenG normierten Voraussetzungen rechtfertigt den Unterlassungsanspruch noch nicht.

Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Die Vorschrift ist nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend anzuwenden, wenn ein mit der bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen innerhalb des Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereichs der Waren oder Dienstleistungen, für die sie Schutz genießt, benutzt wird, da der Markeninhaber in diesen noch schutzbedürftiger ist als in den vom Wortlaut der Vorschriften erfassten (BGH, GRUR 2004, 235, 238 - Davidoff).

Das Zeichen "Z" ist ein bekanntes Zeichen; es ist einem bedeutenden Teil des betroffenen Publikums bekannt (vgl. BGH, GRUR 2002, 340, 341 - Fabergé). Die Klägerin ist Marktführerin im Segment Staubsaugerbeutel, wobei das Zeichen in den Augen des Verkehrs zugleich für ein qualitativ hochwertiges Erzeugnis steht. Die im Auftrag der Klägerin im Jahr 2008 durchgeführte Verkehrsbefragung hat einen Bekanntheitsgrad 79,7 Prozent ergeben; auch die Beklagte bestreitet die Bekanntheit und das Ansehen der Marke nicht.

Die Beklagte hat das Zeichen "Z" markenmäßig verwandt. Zur Verwirklichung dieses Merkmals genügt es, wenn das fremde Kennzeichen als Hinweis auf das eigene oder auf das Unternehmen des Zeicheninhabers verwandt wird (EuGH, GRUR 1999, 244, 247 - BMW/Deenik). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Bezeichnung "Z" stellt einen Hinweis auf die Klägerin als das fremde Unternehmen dar, zu dem die Beklagte mit ihren Waren in Konkurrenz treten will. Die Benutzung eines mit der Marke eines Mitbewerbers identischen Zeichens in einer vergleichenden Werbung zu dem Zweck, die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, stellt eine Benutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/95/EG (EU-Markenrichtlinie 2008) (= Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 RL 89/104/EWG) dar (EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 53 - L`Oréal/Bellure).

Insoweit besteht jedoch ein Spannungsverhältnis zur grundsätzlichen Zulässigkeit vergleichender Werbung. Folglich sind, um den Schutz eingetragener Marken und die Verwendung vergleichender Werbung in Einklang zu bringen, Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/95/EG und Art. 4 der Richtlinie 2006/114/ EG (EU-Werberichtlinie) (= Art. 3a RL 84/450/ EWG) dahin auszulegen, dass der Inhaber einer eingetragenen Marke nicht dazu berechtigt ist, die Benutzung eines mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Dritten in einer vergleichenden Werbung zu verbieten, die sämtliche in Art. 4 der EU-Werberichtlinie genannten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt (EuGH, GRUR 2008, 698 Rn. 45 - O2/Hutchison 3G; GRUR 2009, 756 Rn. 54 - L`Oréal/Bellure).

Dabei können die Zulässigkeitsbedingungen der Werberichtlinie auch dann erfüllt sein, wenn der Dritte mit der Verwendung des fremden Zeichens in seiner Werbung den Ruf des entsprechenden Kennzeichens ausnutzt. Nicht jede Rufausnutzung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 Fall 1 UWG, der der Umsetzung von Art. 4 lit. f der Richtlinie 2006/114/ EG dient, ist unlauter. Nach den Erwägungsgründen 14 und 15 der Richtlinie 2006/114/EG kann die Bezugnahme auf ein fremdes Kennzeichen für eine wirksame vergleichende Werbung unerlässlich sein; eine solche Bezugnahme verletzt das fremde Kennzeichenrecht dann nicht, wenn sie unter Beachtung der in der Richtlinie aufgestellten Bedingungen erfolgt und mit dem fremden Kennzeichen nur einer Abgrenzung der zu vergleichenden Produkte dient und damit die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede objektiv herausstellt (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 71 ff - L'Oréal/Bellure). Entsprechendes gilt, wenn das fremde Zeichen verwendet wird, um auf den Bestimmungszweck des angebotenen Produkts zu verweisen. Daher ist der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 77 - L'Oréal/ Bellure; BGH, GRUR 2011, 1158 Rn. 22 - Teddybär).

Die Feststellung, ob die Benutzung eines Zeichens dessen Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt, erfordert eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, wobei insbesondere das Ausmaß der Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft des Zeichens, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der betroffenen Produkte und der Grad ihrer Nähe sowie die möglicherweise bestehende Gefahr der Verwässerung oder Verunglimpfung des Zeichens zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 44f - L'Oréal/Bellure). Die Verwendung eines Zeichens, das einem bekannten Zeichen ähnlich ist, nutzt dessen Ruf dann in unlauterer Weise aus, wenn dadurch versucht wird, sich in den Bereich der Sogwirkung des bekannten Zeichens zu begeben, um von seiner Anziehungskraft, seinem Ruf und seinem Ansehen zu profitieren und die wirtschaftlichen Anstrengungen des Inhabers dieses Zeichens zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Image dieses Zeichens ohne finanzielle Gegenleistung auszunutzen (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 77 - L'Oréal/Bellure). Die Feststellung einer solchen Unlauterkeit erfordert daher die Abwägung zwischen den Interessen des Werbenden, des betroffenen Mitbewerbers und der Verbraucher, bei der die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher objektiv zu informieren, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2011, 1158 Rn. 23 - Teddybär).

Nach diesen Grundsätzen ist eine unlautere Rufausnutzung regelmäßig zu verneinen, wenn auf Artikelnummern von Produkten der Mitbewerber hingewiesen wird; denn ohne diese wird sich ein Vergleich schwerlich in der gebotenen Weise durchführen lassen (vgl. EuGH, GRUR 2002, 354 Rn. 59 - Toshiba/Katun). Dasselbe gilt dann, wenn Bestellnummern von Mitbewerbern vollständig oder in ihrem Kern übernommen werden und hierauf in der Werbung hingewiesen wird, weil andernfalls diese Bestellnummern anhand von Vergleichslisten herausgesucht werden müssten und hierdurch der Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher und des Werbenden unangemessen erschwert würde (vgl. EuGH, GRUR 2006, 345 Rn. 26 - Siemens/VIPA). Der Werbende muss sich jedoch nicht auf die zur Identifikation unbedingt notwendigen Artikel- oder Bestellnummernnummern beschränken, sondern darf auch andere, mit höherem Aufmerksamkeitswert versehene Kennzeichen, wie Bildsymbole, übernehmen, wenn die Vorteile, die sich aus dieser Verhaltensweise nicht nur für den Werbenden, sondern auch für die Verbraucher und den Wettbewerb als solchen ergeben, den Nachteil, der sich für den Zeicheninhaber daraus ergeben kann, dass an Stelle der nach dem Gesagten zulässigen Bestellnummernübernahme eine Übernahme der Bildmotive erfolgt, überwiegen (vgl. BGH, GRUR 2011, 1158 Rn. 24 - Teddybär).

Vorliegend überwiegen die mit der Verwendung der Marke durch die Beklagte in dem Werbevergleich verbundenen Vorteile für die Verbraucher und den Wettbewerb gegenüber der Beeinträchtigung der Marke auf Seiten der Klägerin.

Zwar geht mit der Verwendung der klägerischen Marke in der Angebotszeile eine Aufmerksamkeitsausbeutung einher, deren Intensität unbestreitbar hoch ist. Gerade bei einer Veröffentlichung im Internet ist es von Bedeutung, ob der Text Schlüsselworte enthält, die einen nicht gezielt nach der eigenen Firma suchenden Interessenten gleichwohl zu der eigenen Präsentation führten. Besondere Bedeutung kommt dabei im Rahmen klassischer Suchprogramme der Überschrift zu. Auf Grund der Verwendung des Begriffs "Z" werden die Angebote der Beklagten in der Trefferliste eines nach den Produkten der Klägerin Suchenden mit einer vorderen Platzierung erscheinen. Auf diese Weise nutzt die Beklagte gezielt die Bekanntheit aus, die das Zeichen der Klägerin für Staubsaugerbeutel genießt. Hinzu tritt eine Ausnutzung der Wertschätzung durch Rufausbeutung (Imagetransfer). Die unter der Marke "Z€ vertriebenen Staubsaugerbeutel der Klägerin stehen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit als Hinweis auf Qualitätsstaubsaugerbeutel. Diesen besonderen Ruf macht sich die Beklagte zunutze, mit der Verwendung des Adjektivs "ähnlich€ soll gerade die qualitative Vergleichbarkeit ihrer Konkurrenzprodukte betont werden.

Diese Eingriffe in die Rechtsposition der Klägerin sind jedoch erforderlich, um alle Verbraucher auf die Existenz und die Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte der Beklagten hinzuweisen. Es kann der Beklagten nicht untersagt werden, sich durch die Verwendung der Formulierung "ähnlich Z" in Kombination mit der das Produkt konkretisierenden Typenbezeichnung in der Angebotszeile auch solchen Verbrauchern zu präsentieren, die bislang allein auf das Angebot der Klägerin fixiert sind. Gerade weil die klägerische Marke "Z" die bekannteste Staubsaugerbeutelmarke ist, die in den Augen des Verkehrs für qualitativ hochwertige Staubsaugerbeutel steht, suchen viele Verbraucher im Internet nach dem Produkt der Klägerin, von dem sie als einzigem wissen, dass es für ihren Staubsauger passend ist.

Aus dem Umstand, dass die Verbraucher unter Verwendung der Marke der Klägerin suchen, kann dabei nicht geschlossen werden, sie alle allein am Erwerb des Originals interessiert. In vielen Fällen steht hinter der Suche über die Marke und die (als Marke geschützte) Typenbezeichnung der Klägerin schlicht die Unkenntnis vom Vorhandensein gleichwertiger Alternativangebote oder ein für die aufwendigere Suche über die Typenbezeichnung des Geräts nicht hinreichendes Interesse an solchen Angeboten. Solche Verbraucher sind durchaus am Erwerb von Konkurrenzprodukten interessiert, wenn sie ihnen bei ihrer routinemäßigen Suche nach dem für ihr Gerät passenden Produkt der Klägerin quasi im "Vorübergehen" präsentiert werden. Auch die Interessen dieser Verbrauchergruppe sind schützenswert. Es ist der Zweck der vergleichenden Werbung, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, aus dem Binnenmarkt den größtmöglichen Vorteil zu ziehen (EuGH, GRUR 2003, 533, 537, Tz 64 - Pippig Augenoptik). Eine Präsentation im "Vorübergehen" ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn durch die Verwendung der klägerischen Marke(n) in der Angebotszeile sichergestellt wird, dass schon auf der ersten Seite der Trefferliste auch Konkurrenzangebote erscheinen. Die Beklagte kann daher nicht auf die Verwendung der Marke "Z" im Rahmen einer Vergleichsliste verwiesen werden.

Insofern ist die Konstellation mit dem der Entscheidung "Teddybär" zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar. Auch dort bedurfte es der Verwendung der Bildsymbole nicht, um Verbrauchern, die gezielt ein Alternativprodukt suchten, die Auswahl des richtigen zu ermöglichen, da die Drucker und die Originaldruckerpatronen unverändert auch durch ihre Typenbezeichnung beziehungsweise ihre Bestellnummer gekennzeichnet waren. Deswegen hat der erkennende Senat seinerzeit die Übernahme, jedenfalls die im Streitfall erfolgte nahezu identische Übernahme der Bildmotive und ihre die beanstandeten Verpackungen ebenfalls dominierende Präsentation für unlauter erachtet (Urt. v. 9. Feb. 2010, I - 20 U 190/08; wiedergegeben in: BGH, GRUR 2011, 1058 Rn. 9 - Teddybär). Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof die Senatsentscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Er hat folglich nicht nur die (nahezu) identische Übernahme der Bildmotive, sondern auch ihre die Verpackungen dominierende, "ins Auge springende" Präsentation gebilligt. Einer solchen Verwendung eines fremden Zeichens als Blickfang bedarf es jedoch nur, wenn es für legitim erachtet wird, gerade die Verbraucher, die zunächst nach dem Original suchen, anzulocken und so erstmals auf das alternative Konkurrenzprodukt hinzuweisen. Für alle anderen Verbraucher wäre eine Kennzeichnung über die Typenbezeichnung der Drucker oder zumindest eine verkleinerte, weniger dominierende Präsentation der Bildmotive ausreichend gewesen. Dem visuellen Lockmittel eines die Verpackung dominierenden fremden Bildmotivs bei Erwerb im stationären Handel entspricht im Internet die Verwendung des fremden Zeichens in der Angebotszeile, wo es der Suchmaschine "ins Auge springt".

Soweit die Klägerin einen massenhaften Gebrauch ihrer Marke(n) durch Dritte und eine damit einhergehende Erschwerung der gezielten Suche nach dem Originalprodukt befürchtet, ist dies derzeit reine Spekulation. Zudem bleibt Verbrauchern, für die nur der Erwerb des Produkts der Klägerin in Betracht kommt, immer die Möglichkeit ,die Suche über die Zeichen der Klägerin mit dem Ausschluss der Begriffe "ähnlich" und "vergleichbar" zu kombinieren. So erlaubt es die Internetsuchmaschine "Google" im Modus "Erweiterte Suche" Wörter anzugeben, die in den angezeigten Seiten nicht enthalten seien dürfen.

Die mit der Zeichenübernahme einhergehende Rufausbeutung und der darin liegende Imagetransfer sind demnach hinzunehmen. Die Beklagte muss die Möglichkeit haben, wirkungsvoll auf die Existenz und die Vergleichbarkeit ihres Produkts hinzuweisen. Dass dieser Vergleich objektiv unrichtig gewesen ist, behauptet auch Klägerin nicht, die die Frage der Gleichwertigkeit ausdrücklich offen gelassen hat. Dies unterscheidet den Fall im Übrigen von der Entscheidung "L'Oréal/ Bellure", wo das Konkurrenzprodukt minderwertig war, aber gleichwohl als Imitation des Originals beworben worden war, wobei die Übertragung des Prestigewertes durch die Verwendung einer ähnlichen Produktaufmachung zusätzlich befördert wurde (EuGH, GRUR 2009, 756 Rnrn. 46f, 77). Auch die Gefahr einer Verwechslung besteht nicht. Das Adjektiv "ähnlich" stellt unmissverständlich klar, dass es sich nicht um ein Produkt der Klägerin handelt. Auch die Annahme, dass die Klägerin der Beklagten eine Lizenz erteilt habe oder mit dieser kooperiere oder deren Staubsaugerfiltertüten autorisiert habe, liegt nach den Umständen fern (vgl. BGH, GRUR 2011, 1058 Rn. 25 - Teddybär). Für den Verbraucher ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb sich die Klägerin selbst Konkurrenz machen sollte.

Vor diesem Hintergrund kommt auch ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht in Betracht. Für die Typenbezeichnungen der Klägerin, gleich ob diese als Marken geschützt sind oder nicht, kann nichts anderes gelten, da es deren Verwendung für eine erfolgreiche Suche ebenfalls bedarf. Auch ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht vor diesem Hintergrund nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen beantwortet. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Entscheidung "Eye-Catcher" des Kammergerichts (MMR 2005, 315) ist durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Teddybär" überholt. Die von der Klägerin nachterminlich angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg betraf eine andere, mit der vorliegenden nicht vergleichbare Fallkonstellation. Dort waren, worauf das Oberlandesgericht maßgeblich abgestellt hat, die Werbeadressaten hochspezialisierte Fachärzte, denen das vergleichende werbende Unternehmen als Herstellerin von Generika bekannt und die Zuordnung über Name und Wirkstoff möglich war (NJOZ 2013, 689, 692). Die Beklagte hingegen ist nicht allen Verbrauchern als Anbieterin von Staubsaugerbeuteln bekannt.

Der Streitwert wird in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Festsetzung auf bis zu 100.000,00 Euro festgesetzt.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 23.07.2013
Az: I-20 U 60/12


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