Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. September 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 56/03
(BPatG: Beschluss v. 06.09.2004, Az.: 30 W (pat) 56/03)
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2002 aufgehoben, soweit wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 52 250 die Löschung der Marke 399 23 971 für die Waren "Turn- und Sportartikel" angeordnet worden ist.
Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 395 52 250 zurückgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Marke STADA ist am 5. August 1999 unter der Nummer 399 23 971 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen ua für Waren der Klasse 28 nämlich für "Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck" in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 9. September 1999.
Beschränkt Widerspruch erhoben gegen die Waren der Klasse 28 hat ua am 4. Dezember 1999 die Inhaberin der Marke 395 52 250 Schadah, eingetragen seit dem 17. April 1996 für die Waren: "Kinderluftballons und Modell-Luftfahrzeuge für Spielzwecke; Spielwaren, Spiele und Spielzeug, einschließlich sportlicher Spielzeuge; Turn-, Spiel- und Sportgeräte, soweit in Klasse 28 enthalten".
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 9. Juni 2004 nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG bestritten. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung sind von der Widersprechenden vorgelegt worden.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - ausgehend von der Registerlage - wegen Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Waren der Klasse 28 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Sie hält die Unterschiede in den Wortanfängen der kurzen Markenwörter für ausreichend, um sie sicher auseinander halten zu können. Sie hat in der mündlichen Verhandlung das Warenverzeichnis durch folgenden Zusatz beschränkt: alle angegriffenen Waren (Kl. 28) ausschließlich als Werbeprodukte im Bereich der pharmazeutischen Industrie.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Oktober 2002 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 395 52 250 zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Benutzung für glaubhaft gemacht und Verwechslungsgefahr für gegeben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Markeninhaberin hat die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke im Beschwerdeverfahren nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG zulässig erhoben. Die Widersprechende hatte demnach die Benutzung der Marke für die Zeit innerhalb der letzten fünf Jahre vor Zugang dieser Entscheidung bei den Verfahrensbeteiligten (Oktober 1999 bis Oktober 2004) glaubhaft zu machen.
Den von der Widersprechenden eingereichten Glaubhaftmachungsunterlagen ist zu entnehmen, dass ein bestimmtes Spieltier (Tiger) im maßgeblichen Zeitraum mit der Marke 395 52 250 kennzeichenmäßig versehen waren. Dies ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Herrn B... vom 6. April 2004 in Verbindung mit den dazu weiter vorgelegten Anlagen mit der Abbildung einer Seite aus einem Katalog/Prospekt - mit einer jährlichen Auflage von ca. einer Million Stück in Spielwarengeschäften/-abteilungen in der Bundesrepublik Deutschland ausliegend - sowie der Abbildung eines an den Spieltieren angebrachten Anhängers; damit ist die Art der Verwendung der Marke bei Spieltieren belegt. Die von der Widersprechenden genannten Zahlen der mit der Marke vertriebenen Spieltieren haben auch einen Umfang erreicht, der die Ernstlichkeit der Benutzung belegt. Zwar enthält die eidesstattliche Versicherung hierzu Angaben nur bis zum Jahr 2002; Benutzungshandlungen müssen aber nicht den gesamten Zeitraum der fünf Jahre ausfüllen (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 26 Rdn 70ff mwN); wie der eidesstattlichen Versicherung zu entnehmen ist, ist die Marke seit vielen Jahren kontinuierlich benutzt worden, so dass fehlende Angaben zu den Jahren 2003 und 2004 keinen Anlaß zu Zweifeln an der Ernsthaftigkeit der Benutzungshandlungen geben; dass der Umfang der Benutzung seit dem Jahr 2000 abgenommen hat, kann der Widersprechenden nicht angelastet werden (vgl Ströbele/Hacker aaO § 26 Rdn 72 mwN).
Die mit der Marke 395 52 250 benutzte Ware "Spieltiere" lässt sich unter den Begriff "Spielwaren, Spielzeug" des Warenverzeichnisses subsumieren. Bei der Entscheidung sind diese Waren (Spieltiere) zu berücksichtigen (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG). Folgend der erweiterten Minimallösung (Ströbele/Hacker, aaO § 26 Rdn 212) ist nicht allein das konkrete Spieltier (Tiger) zu berücksichtigen, sondern der nächst liegende Oberbegriff (Spieltiere).
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken sowie der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling).
Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.
Die Ähnlichkeit der Marken ihrem klanglichen Gesamteindruck nach ist nicht unbedeutend. Die angegriffene Marke STADA ist in der Widerspruchsmarke Schadah weitgehend übereinstimmend enthalten; der Unterschied in den Wortanfängen "St/Sch" wirkt sich im Klang nur wenig aus, da die Buchstabenfolge "St" allgemein wie "Scht" ausgesprochen wird; dass die angegriffene Marke mit dem Vokal "A" endet und ihr hier der Schlußkonsonant "h" der Widerspruchsmarke fehlt, kommt klanglich nicht zum Tragen. Für die von der Markeninhaberin vorgetragene Ansicht, die Widerspruchsmarke werde auf der letzten Silbe betont, sind keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, die diese Betonung als üblich qualifizieren ließen. Dies führt dazu, dass die Marken in ihrer Gesamtheit sehr ähnlich klingen. Unter diesen Umständen bedarf es eines deutlichen Abstandes im Bereich der sich gegenüberstehenden Waren, um die Verwechslungsgefahr verneinen zu können.
Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist entscheidend, ob die beiderseitigen Waren in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl BGH GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS).
Zwischen den zu berücksichtigenden Waren "Spieltiere" der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Ware "Spielzeug" besteht Identität im Sinn von § 9 Abs 2 Nr 2 MarkenG (Spielzeug ist der Oberbegriff). Ähnlichkeit besteht zwischen "Spielwaren" und "Spielen" (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl S 312). Dies gilt auch für Spieltiere, da der Verwendungszweck offensichtlich sehr ähnlich ist; die Vergleichswaren können zudem in ihrer Beschaffenheit Übereinstimmungen aufweisen. Auch zu "Christbaumschmuck" ist Ähnlichkeit zu bejahen, da Christbaumschmuck auch als Spielware gestaltet sein kann (vgl Richter/Stoppel aaO S 102). Bezüglich der Waren "Turn- und Sportartikel" sind allerdings nach den oben genannten Kriterien kaum Berührungspunkte mit "Spielwaren" erkennbar, so dass allenfalls von entfernter Warenähnlichkeit ausgegangen werden kann.
Unter den Eingangs genannten Voraussetzungen ist angesichts der im Klang sehr ähnlichen Marken der erforderliche erhebliche Warenabstand im Bereich identischer und eng ähnlicher Waren nicht eingehalten; insoweit besteht Verwechslungsgefahr. Anders verhält es sich bei den Waren "Turn- und Sportartikel"; wegen allenfalls sehr entfernter Warenähnlichkeit (nach älterer Spruchpraxis war insoweit Warengleichartigkeit verneint worden, Richter/Stoppel aaO S. 313) genügen die oben genannten geringen Abweichungen im Bereich der Marken, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen.
Im Bereich identischer und eng ähnlicher Waren führt auch die Einschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke nicht zum Erfolg der Beschwerde. Der Zusatz "alle angegriffenen Waren (Kl. 28) ausschließlich als Werbeprodukte im Bereich der pharmazeutischen Industrie" ändert nichts an der Identität bzw Ähnlichkeit im oben genannten Sinn; die Überschneidungen in der Verwendung und in der Beschaffenheit werden durch Änderungen beim Vertrieb nicht beseitigt.
Zu einer Auferlegung von Kosten besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG).
Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu
BPatG:
Beschluss v. 06.09.2004
Az: 30 W (pat) 56/03
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