Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juni 2001
Aktenzeichen: 14 W (pat) 84/01
(BPatG: Beschluss v. 10.06.2001, Az.: 14 W (pat) 84/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. August 2001 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 44 D des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung 100 16 578.8-45 mit der Bezeichnung
"PVC-Folie (Plastikfolie) als Malgrund für künstliche Darstellungen und Farbauftrag"
zurückgewiesen.
Dem Beschluss liegt ein Patentanspruch zugrunde, der wie folgt lautet:
"Verfahren zur Herstellung von gemalten Kunstbildern für den generellen Verwendungszweck, diese im Außenbereich aufhängen zu können, bei dem ein Farbauftrag mit Acrylfarbe auf Plastikfolie erfolgt."
Die Zurückweisung ist im wesentlichen dadurch begründet, ein Verfahren zur Herstellung von gemalten Kunstbildern, bei dem ein Farbauftrag mit Acrylfarbe auf Plastikfolie erfolgte, beruhe im Hinblick auf den durch die Entgegenhaltung
(1) Virtual Roof: News im Internet: <URL:http://www.hackroof.de/news.html>
belegten Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Entgegenhaltung (1) beinhalte eine Auswahl von Stellungnahmen der "News"-Seite der URL: http://www.hackroof.de zu Projekten des Künstlers Hermann Josef Hack. Der Artikel
(1a) "Kunst des Teilens" Notizen zu Projekten von Hermann Josef Hackbelege, dass der Künstler H. J. Hack bereits 1998 im Bonner Kunstmuseum vor Publikum eine Malaktion durchführte, bei dem ihm neben LKW-Planen auch PVC-Folien als Malgrund dienten. Weiterhin werde hier angegeben, dass auch 1999/2000 entstandene Arbeiten auf Plastikplanen durchgeführt worden seien. Gemäß der Pressemitteilung
(1b) "Neue Bilder von H. J. Hack in Japan ausgestellt"
vom 20. April 1999 male der Künstler auf Plastikplane mit spezieller Siebdruckfarbe. Diese Kunstwerke seien ab dem 20. April 1999 in Tokyo ausgestellt worden. Gemäß eines Artikels vom 25. Februar 1999
(1c) "HACK-tion: Arme Socken und Kunstgebung vor dem Kanzleramt"
sei die Einfahrt zum Bundeskanzleramt mit Bildern des Künstlers Hack ausgelegt worden. Diesem Artikel könne auch entnommen werden, dass der Künstler Hack Folien für seine Arbeiten einsetze, die jedem Wetter trotzen könnten.
Somit würden aus (1) vor dem Prioritätstag der Anmeldung liegende offenkundige Vorbenutzungen eines Verfahrens hervorgehen, bei dem ein Künstler vor Publikum Plastikfolien im Freien bemale bzw diese Werke im Freien ausstelle. Es sei selbstverständlich, dass für die Herstellung von im Freien zu präsentierenden Kunstwerken Farben verwendet werden müssten, die wetterbeständig seien. Da die Auswahl einer geeigneten Farbe dabei im Bereich des Wissens und Könnens eines Künstlers auf dem einschlägigen Fachgebiet liege und den ursprünglichen Unterlagen bezüglich der Verwendung von Acrylfarbe kein Vorteil zu entnehmen sei, würde der Gegenstand des Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Der Patentanspruch sei daher nicht gewährbar.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der das Patentbegehren in unverändertem Umfang weiter verfolgt.
Der Anmelder macht in seiner Beschwerdebegründung im wesentlichen geltend, dass er bereits vor mehr als 20 Jahren begonnen habe, auf Plastikfolien zu malen. Die Farbe sei aber immer wieder abgeblättert oder sei klebrig geblieben und habe extrem Schmutz angezogen. Nach vielen Fehlschlägen habe er endlich eine Lösung für den Farbauftrag gefunden, der 1. nicht so gesundheitsschädlich sei, 2. die Folie nicht angreife, 3. abwaschbar und nicht so schmutzanziehend, 4. für den Außenbereich geeignet, 5. von der Art der Farbe her malbar, 6. der Plastikfolie Schutz bietend und 7. auf längere Zeit hin dauerhaft haltbar sei.
Es sei somit nicht egal, welche Art des Farbauftrags man wähle. Nur beim erfindungsgemäßen Einsatz von Acrylfarbe könnten die genannten vorteilhaften Eigenschaften der Bilder erreicht werden. Siebdruckfarbe eigne sich primär zum Drucken und nicht zum Malen. Sie werde mit Nitroverdünnung gelöst und sei in diesem Zustand sehr gesundheitsschädlich. Außerdem würde sie viel zu schnell auftrocknen. Sie ätze die Folie an, was zu einer minderen Haltbarkeit des Malgrundes beitrage. Den Folienschutz, den Acryl biete, würden kunstharzähnliche Farben nicht besitzen. Acryl bleibe elastisch, während Harze hart bleiben würden. Bei einem elastischen Foliengrund und hartem Farbauftrag komme es aber zu Abblätterungen.
Entgegen der Ausführung der Prüfungsstelle sei das angemeldete Verfahren einmalig und somit gegenüber (1) patentfähig.
Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss aufzuheben und den Patenterteilungsbeschluss zu erlassen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig; sie konnte jedoch nicht zum Erfolg führen.
Der Anmeldung liegt sinngemäß die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Kunstwerken, die auch im Freien aufgehängt werden können und die durch schlechte Luft und Umweltgifte nicht zerstört werden, bereitzustellen. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß dem gültigen Patentanspruch durch ein Verfahren zur Herstellung von gemalten Kunstbildern für den generellen Verwendungszweck, diese im Außenbereich aufhängen zu können, bei dem ein Farbauftrag mit Acrylfarbe auf Plastikfolie erfolgt. Der für die Lösung dieser Aufgabe zuständige Fachmann ist Kunstmaler oder Malermeister, der mit den besonderen Problemen bei der Beschichtung von Gegenständen, die der Witterung ausgesetzt sind, vertraut ist.
In der Pressemitteilung vom 20. April 1999, Entgegenhaltung (1b), werden neuartige Bilder beschrieben, die der Künstler H. J. Hack auf Plastikplane mit spezieller Siebdruckfarbe malt. Das Material ist wetterfest. Gegenüber der aus (1b) bekannten Vorgehensweise unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren im wesentlichen dadurch, dass der Farbauftrag mit Acrylfarbe auf der Plastikfolie erfolgt. Diese Maßnahme kann jedoch die für eine Patenterteilung notwendige erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Es ist dem hier zuständigen Fachmann bestens bekannt, dass Acrylfarben zum bemalen von Kunststoffen eingesetzt werden können und dass diese Farben hochwertige nichtgilbende wetterfeste Beschichtungen ausbilden. Siebdruckfarben werden ua zum dauerhaften Bedrucken von Kunststoffen verschiedenster Zusammensetzung hergestellt. Für den Siebdruck geeignete Farben können durchaus Acrylatpolymere als Bindemittel enthalten. Die Auswahl von Acrylfarben liegt somit bei der gegebenen Aufgabenstellung durchaus im Bereich des Wissens und Könnens des Fachmanns. Dies gilt auch insbesondere deshalb, weil Acrylfarben sehr häufig von Kunstmalern eingesetzt werden. Der Gegenstand des gültigen Patentanspruchs beruht daher bereits im Hinblick auf die technische Lehre der Entgegenhaltung (1b) nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Der Patentanspruch ist deshalb nicht gewährbar.
Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob durch den in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen Verkauf von drei erfindungsgemäßen Plastikbildern im Jahr 1984 an das Kunstmuseum in Maastricht/Niederlande bereits für die Öffentlichkeit die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestanden hat, dass diese Bilder mit Acrylfarbe auf Plastikfolie gemalt worden sind. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hinzuweisen, dass gemäß § 3 PatG eine Erfindung nur dann als neu gilt, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfasst hierbei alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Hierzu zählen auch Benutzungshandlungen, mit denen der Erfinder selbst einer beliebigen Zahl von Personen die Erfindung erkennbar zugänglich gemacht hat.
Eine mündliche Verhandlung ist vom Anmelder nicht beantragt und bei der gegebenen Sachlage vom Senat nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Zurückweisung der Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.
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BPatG:
Beschluss v. 10.06.2001
Az: 14 W (pat) 84/01
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