Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 23. Oktober 2008
Aktenzeichen: 13 K 4705/06

(VG Köln: Urteil v. 23.10.2008, Az.: 13 K 4705/06)

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 18. April 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2006 verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 7. Februar 2006 auf Erteilung einer Auskunft über diejenigen 50 Empfänger, die die höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben, seien es Interventionszahlungen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen, soweit diese bei der Beklagten vorliegen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über von ihr gewährte landwirtschaftliche Subventionen.

Der Kläger bat die Beklagte unter dem 7. Februar 2006 um "Informationen über sämtliche Empfänger von Agrarsubventionen der Europäischen Union bzw. Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004, seien es Interventionszahlungen, Exportsubventionen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen, soweit diese bei Ihnen vorliegen." Für jeden Empfänger sollten Name, Adresse und Jahressumme für das jeweilige Jahr angegeben werden. Die Informationen könnten in Papierform oder in elektronischer Form übersandt werden.

Mit Bescheid vom 18. April 2006 lehnte die Beklagte dieses Auskunftsbegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die erbetenen Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen könnten, die nach dem Informationsfreiheitsgesetz nur zugänglich gemacht werden dürften, wenn der Betroffene einwillige. Bei etwa 2000 Zahlungsempfängern seien entsprechende Nachfragen mit einem zu hohen Verwaltungsaufwand verbunden.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass der im Bescheid angeführte Verwaltungsaufwand nicht entstehe, da es sich bei den erbetenen Informationen nicht um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse handele. Die Informationen seien nicht geheim, da die Subventionszahlungen in den beteiligten Kreisen bekannt seien, weil man die Verhältnissen in den agrarischen Großbetrieben kenne. Jedenfalls hätten die Subventionsempfänger kein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung, da bei einer Weitergabe keine Schädigung des Unternehmens, jedenfalls nicht in wettbewerblicher Hinsicht zu befürchten sei. Um Subventionen könne es keinen Wettbewerb geben, da deren Vergabe nach festen Regeln erfolge. Im Hinblick auf den geltend gemachten Verwaltungsaufwand werde die erbetene Auskunft jedoch hilfsweise auf die 50 Empfänger von Agrarsubventionen beschränkt, die die höchsten Subventionen erhalten hätten. - Im übrigen handele es sich - jedenfalls in erheblichem Umfang - um Umweltinformationen mit der Folge, dass es nicht auf die Zustimmung der Betroffenen ankomme, sondern auf eine Abwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Subventionsempfängers mit dem öffentlichen Interesse. Es gehe um Umweltinformationen, da der Agrarsektor betroffen sei und alle die Landwirtschaft betreffenden Maßnahmen die Umwelt berührten; das gelte jedenfalls für Maßnahmen mit Flächenbezug (Zahlungen für Flächenstilllegungen, steuernde Interventionszahlungen wie auch für Exportförderungen). Der dabei jeweils gegebene mittelbare Umweltbezug reiche insoweit aus.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass bei ihr nur Informationen über Interventions- und Beihilfezahlungen vorhanden seien. Hinsichtlich des gestellten Hilfsantrags komme hinzu, dass die damit erbetene Information nicht vorhanden sei, weil die Beklagte nicht über eine Liste mit den Empfängern der höchsten Subventionen verfüge Die Informationsgewährung wäre mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden, da bei den Empfängern nachgefragt und anschließend die widersprechenden Zahlungsempfänger herauszufiltern seien. Deren Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse seien betroffen, da es sich durchaus um wettbewerbsrelevante Informationen handele, die für die Preisgestaltung von Bedeutung seien. Zudem erlaubte die Kenntnis der Zahlungen Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Mengen. Das Umweltinformationsgesetz sei nicht anwendbar, weil die Zahlungen nicht dem Schutz der Umwelt dienten, auch nicht mittelbar. Die Interventions- und Beihilfezahlungen stellten Instrumente der Marktsteuerung dar und bezweckten allein Marktstabilisation und Wettbewerbsfähigkeit.

Am 2. November 2006 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren im Wesentlichen ergänzend geltend macht, dass die Informationen sehr wohl und auch dann bei der Beklagten vorhanden seien, wenn sie erst in einer Liste zusammengestellt werden müssten. Der Schutz personenbezogener Daten könne ihm nicht als Ablehnungsgrund entgegengehalten werden, da es sich bei den Empfängern, jedenfalls bei Beschränkung auf die 50 höchst subventionierten Betriebe, um Großbetriebe handele, die regelmäßig nicht von Einzelpersonen, sondern von juristischen Personen geführt würden.

Für die Einordnung als Umweltinformation sei eine umweltschützende Zielsetzung nicht erforderlich; ausreichend sei eine mögliche Auswirkung, was etwa bei Flächenstilllegungsprämien, aber auch bei produktbezogenen Stützungsregelungen wie auch bei Subventionen für private Lagerhaltung und Ausfuhrerstattungen offensichtlich sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 18. April 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2006 zu verpflichten, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 7. Februar 2006 Auskunft über diejenigen 50 Empfänger, die die höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben, seien es Interventionszahlungen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen, soweit diese bei der Beklagten vorliegen, zu erteilen,

2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft die Gründe der angegriffenen Bescheide und macht darüber hinaus geltend, dass sich ein Informationsanspruch weder aus dem Informationsfreiheitsgesetz noch aus dem Umweltinformationsgesetz ergebe. Das Umweltinformationsgesetz sei nicht anwendbar, da der Kläger keine Umweltinformationen begehre. Wenn auch mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt ausreichten, genügten allenfalls zufällige umweltrelevante Wirkungen jedenfalls nicht. Die Tätigkeiten müssten zum Schutz der Umwelt erfolgen und eine Verbesserung der Umwelt zum Ziel haben. Daran fehle es bei den Zahlungen der Beklagten, da es um Marktordnung und Marktsteuerung gehe. So werde etwa mit Interventionszahlungen das Ziel verfolgt, die Märkte zu stabilisieren und der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewähren.

Die Informationserteilung sei mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden, da bei den Zahlungsempfängern jeweils nachgefragt werden müsse, ob sie mit einer Offenbarung ihrer Zahlungen - zudem für jeweils drei Jahre - einverstanden seien. Dieser Nachfrage bedürfe es, weil die Zahlungen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellten. Die Betriebe hätten insbesondere ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung der Subventionszahlungen, weil bei einem Bekannt werden von Konkurrenten Rückschlüsse auf getätigte Umsätze, etwa auf eingelagerte Warenmengen und damit auch auf Marktanteile gezogen werden könnten. Ein Geschäftsgeheimnis sei aber immer dann betroffen, wenn aus dem Umfang geleisteter Zahlungen Rückschlüsse auf die Betriebsführung, auf Wirtschafts- und Marktstrategien oder auf Kostenkalkulationen und die Entgeltgestaltung gezogen werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den sonstigen Inhalt der Streitakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur teilweise, nämlich nur hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Bescheidung des Informationsbegehrens des Klägers, Erfolg.

Der mit der Klage angegriffene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 18. April 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten ( § 113 Abs. 5 S. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Der Kläger hat gegen die Beklagte mangels Spruchreife zwar keinen Anspruch auf Auskunft über diejenigen 50 Empfänger, die die höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben. Er kann aber die erneute Bescheidung seines dahingehenden Auskunftsbegehrens verlangen.

Maßgeblich für das Begehren des Klägers ist § 3 des am 14. Februar 2005 in Kraft getretenen Umweltinformationsgesetzes (UIG) vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704), wonach jede Person Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen hat, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen.

Das UIG als das gegenüber dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes - Informationsfreiheitsgesetz - (IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722) speziellere Gesetz ist auf das Auskunftsbegehren des Klägers anwendbar, weil der Kläger - wie sogleich näher darzulegen sein wird - Zugang zu einer Umweltinformation begehrt.

Die Voraussetzungen des § 3 UIG liegen vor. Der Kläger ist als natürliche Person auskunftsberechtigt. Die Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle; dazu gehören nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1 UIG neben der Regierung andere Stellen der öffentlichen Verwaltung; dazu gehört auch die als selbständige Anstalt errichtet Beklagte.

Die begehrten Angaben über Name, Anschrift und Jahresbetrag von denjenigen 50 Empfängern, die die höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben, seien es Interventionszahlungen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen, enthalten auch Umweltinformationen i.S. des UIG. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 Ziff. 3 UIG, die ihrerseits insoweit auf der Definition des Art. 2 Ziff. 1 c) der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Àffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. EG L 41/26) beruht, sind Umweltinformationen u.a. alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen oder auf Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken.

Bei den nachgefragten Auskünften zu den 50 Empfängern der höchsten Agrarsubventionszahlungen in den Jahren 2002 bis 2004 handelt es sich um Umweltinformationen.

Die Beklagte als Marktordnungsbehörde nimmt vielfältige Zahlungen an im weiteren Sinne landwirtschaftliche Betriebe und Händler landwirtschaftlicher Produkte vor, die sich zusammenfassend als Interventions- und Beihilfezahlungen bezeichnen lassen. Im einzelnen können - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - unterschieden werden Interventionsmaßnahmen etwa in Form von Zahlungen bei der Ausfuhr oder Einfuhr bestimmter landwirtschaftlicher Güter, dazu gehört auch die Zahlung von Beihilfen für die Lagerhaltung einzelner Produkte wie etwa Schweinefleisch, Rindfleisch, Käse und Milchpulver, früher auch Butter. Bei den Beihilfen seien nur angeführt Saatgutbeihilfen (bis 2005), Umstrukturierungsbeihilfen im Zuckerrübenanbau, Beihilfen bei der Produktion von Fasern aus Flachs- und Hanfstroh, im Hopfenanbau, Beihilfen für den Ankauf verbilligter Butter durch gemeinnützige Einrichtungen oder auch Beihilfen für die Herstellung von eiweißhaltigem Trockenfutter. Die Auskunft über diese finanziellen Zuweisungen betrifft Umweltinformationen in dem angeführten Sinne. Unmittelbarer Gegenstand der Auskunft ist die Zahlung bestimmter Geldbeträge an entsprechende Antragsteller. Die finanzielle Zuweisung wirkt sich aber nicht unmittelbar auf die Umwelt oder ihre Bestandteile aus. Das Erfordernis einer unmittelbaren Auswirkung auf die Umwelt ist allerdings gerade nicht Bestandteil der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 Ziffer 3 UIG. Vielmehr deutet schon die definitionsgemäße Möglichkeit einer nur wahrscheinlichen Auswirkung auf die Umwelt darauf hin, dass es nicht auf tatsächliche Auswirkungen ankommt, sondern die bloße Möglichkeit einer Auswirkung auf die Umwelt ausreicht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem die frühere Fassung des § 3 UIG vom 8. Juli 1994 (BGBl I S. 1490) betreffenden Urteil

vom 25. März 1999 -7 C 21.98 - Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 108, 369 (377) = Umwelt- und Planungsrecht (UPR) 1999, S. 313

entschieden, dass es auf die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen nicht ankommt und dazu ausgeführt:

"Entgegen der...Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Gewährung von Umweltsubventionen nicht deswegen dem freien Informationszugang entzogen, weil die Verbesserung der Umweltsituation nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar durch die Unterstützung privater Aktivitäten erreicht wird. Das Kriterium der Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit des Umweltschutzes ist weder in § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG noch in Art. 2 Buchst. a UIRL genannt und überdies zur Abgrenzung der dem Gesetz unterfallenden Umweltinformationen von anderen, den Bürgern nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich. Àhnlich wie die Umweltsubvention erreichen auch die dem Umweltschutz dienenden Maßnahmen der staatlichen Kontrolle privater umweltgefährdender Aktivitäten, die dem in § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG und in Art. 2 Buchst. a der Umweltinformationsrichtlinie beispielhaft ("...einschließlich...") genannten Begriff der "verwaltungstechnischen Maßnahmen" zuzuordnen sind und daher einen typischen Gegenstand des Informationsanspruchs der Bürger nach § 4 Abs. 1 UIG bilden (...), ihr Ziel nicht etwa unmittelbar, sondern nur mittelbar; denn die im Genehmigungs- oder Óberwachungsverfahren ergehenden Bescheide der Behörde betreffen ebenfalls private Aktivitäten, sei es, dass sie diese ermöglichen, sei es, dass sie sie vorschreiben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs setzt der in der Umweltinformationsrichtlinie und im Umweltinformationsgesetz übereinstimmend verwendete Begriff der "Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz...(der Umwelt)" nicht einmal voraus, dass die umweltschützenden Wirkungen tatsächlich eintreten; es reicht aus, dass die behördlichen Tätigkeiten oder Maßnahmen hierfür generell geeignet sind. Kennzeichnen für den Begriff ist also nicht etwa der Weg, auf dem das Ziel der Verbesserung der Umweltsituation erreicht wird, sondern die der Tätigkeit oder Maßnahme zugrunde liegende umweltschützende Zielsetzung als solche."

In diesem Sinn mag Ziel der von der Beklagten gewährten Zahlungen sein, den Markt für die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Produkte zu stabilisieren und so die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft zu stärken und zu erhalten, um auf diese Weise der deutschen landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu erhalten. Die Geldleistungen knüpfen dabei aber stets an bestimmte landwirtschaftliche Aktivitäten bzw. an den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten an. Diese Aktivitäten haben ihrerseits aber regelmäßig Auswirkungen auf Bestandteile der Umwelt oder können sie jedenfalls - was nach der Begriffsbestimmung ausreichend ist - haben. So haben Saatgutbeihilfen zur Folge, dass "besseres" Saatgut in oder auf den Boden gebracht wird, das den Boden möglicherweise anders beansprucht. Interventionsmaßnahmen wie Ausfuhrbeihilfen oder Einlagerungsbeihilfen können zur Folge habe, dass Landwirte sich wegen der sichereren Absatzmöglichkeiten der Erzeugung solcher Produkte zuwenden, die Interventionsregelungen unterliegen. Gleiches gilt für Produkte, für deren Erzeugung oder Verarbeitung Beihilfen gewährt werden, um einen Anreiz für ihre Erzeugung oder Verarbeitung zu schaffen. Eine Ànderung landwirtschaftlicher Produktionsweisen hat aber wie die landwirtschaftliche Produktionsweise selbst stets Auswirkungen auf die Umwelt und ihren Bestandteil Boden oder kann sie jedenfalls haben. Auch Auswirkungen auf andere Umweltbestandteile wie Luft, Atmosphäre, Landschaft und natürliche Lebensräume (etwa für die Tierwelt) sind nicht ausgeschlossen. Landwirtschaftliche Tätigkeit ist eben auf die Gewinnung landwirtschaftlicher Produkte aus der Natur gerichtet, so dass nach dem aufgezeigten weiten Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts ein Umweltbezug solcher Tätigkeiten nahezu zwangsläufig gegeben ist. Die Gewinnung von Gütern aus der Natur ist umweltrelevant; damit haben auch Agrarsubventionen möglicherweise Auswirkungen auf die Umwelt: Auskünfte über derartige Zahlungen stellen damit Umweltinformationen dar,

im Ergebnis ebenso Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 29. November 2007 - 12 A 37/06 -, VG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2008 - 13 K 1172/07-; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 24. August 2007 - 26 K 668/06 -.

Handelt es sich damit hinsichtlich der begehrten Auskunft über die Zahlung von Agrarsubventionen der Beklagten für die Jahre 2002 bis 2004 um Umweltinformationen i.S. von § 2 Abs. 3 Ziff. 3 UIG, ist das UIG gegenüber dem IFG vorrangig anwendbar und zugleich der Tatbestand der Anspruchsgrundlage des § 3 Abs. 1 UIG erfüllt.

Dem Anspruch steht zunächst nicht entgegen, dass bei der Beklagten keine Aufstellung oder Liste mit den Namen, Adressen und Jahressummen derjenigen 50 Empfänger mit den höchsten Agrarsubventionszahlungen in den Jahren 2002, 2003 und 2004 vorhanden ist. Daraus kann nicht etwa geschlossen werden, dass die Beklagte nicht gem. § 3 Abs. 1 UIG über diese Umweltinformation verfüge. Nach § 2 Abs. 4 UIG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese bei ihr vorhanden sind. Auch wenn bei der Beklagten noch keine Zusammenstellung der Namen dieser 50 Subventionsempfänger existiert, heißt dies aber nicht, dass diese noch nicht vorhanden seien. Eine informationspflichtige Stelle verfügt vielmehr auch dann über die Umweltinformation, wenn diese erst aus bereits vorhandenen Informationen zusammengestellt werden muss. Eine Grenze dürfte insoweit - was hier aber keiner Entscheidung bedarf - dort bestehen, wo die Aufbereitung der Informationen mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden ist. Hier ist die Feststellung der 50 Empfänger der höchsten Agrarsubventionszahlungen aus den bei der Beklagten vorhandenen Zahlungsaufstellungen aber - wie die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - ohne einen solchen unzumutbaren Arbeitsaufwand möglich. Dabei handelt es sich dann aber nicht um eine neue erstmals vorhandene Information, sondern um Ausschnitte aus bereits vorhandenen Umweltinformationen, über die die Beklagte auch schon zuvor verfügte.

Der begehrten Verpflichtung der Beklagten zur Óbermittlung der begehrten Informationen zu den 50 größten Subventionsempfängern je Bundesland steht jedoch entgegen, dass die Sache nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif ist und die Spruchreife auch nicht vom Gericht hergestellt werden kann.

Gegenwärtig kann nicht festgestellt werden, ob diesem Informationsanspruch des Klägers anspruchsvernichtende Ablehnungsgründe entgegenstehen. In Betracht kommen insoweit der Schutz personenbezogener Daten nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 UIG und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 9 Abs. 1 Ziff. 3 UIG.

Nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 UIG ist der Antrag abzulehnen, soweit durch das Bekanntgeben der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Soweit die Angaben über Subventionszahlungen natürliche Personen oder insoweit natürlichen Personen gleichstehende juristische Personen wie etwa die Ein-Mann-GmbH betreffen, handelt es sich um die Offenbarung personenbezogener Daten. Das ist zwar bei den 50 Empfängern der höchsten Zahlungen der Beklagten nicht sehr naheliegend, kann aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 2003) sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Schon soweit mit dem Auskunftsbegehren die Bekanntgabe der Namen und der Anschriften von natürlichen Personen begehrt wird, die die höchsten Agrarsubventionen erhalten haben, ist ein personenbezogenes Datum berührt, da der Name Auskunft über die persönliche Identität und die Anschrift über den regelmäßigen Aufenthaltsort gibt. Auch die Zuordnung einer Subventionszahlung an eine bestimmte natürliche Person gibt Auskunft über deren persönliche und sachliche Verhältnisse. Da nämlich jedenfalls bei den 50 Empfängern der höchsten Subventionen diese einen nicht unerheblichen Teil der Einkünfte dieser Personen ausmachen, dürften diese Zahlungen zugleich einen Rückschluss auf den Lebensstandard der betroffenen Personen zulassen. Damit sind durch die Bekanntgabe nicht nur der berufliche oder betriebliche Bereich der Subventionsempfänger, sondern sind auch deren persönliche und sachliche Verhältnisse betroffen. Abgesehen von der insoweit gleichzustellenden Ein-Mann-GmbH, bei der in der Regel von der GmbH auf eine bestimmte natürliche Person geschlossen werden kann, gilt dies allerdings nicht für juristische Personen, da sie nach dem eindeutigen Wortlaut vom Schutzbereich des § 3 BDSG und damit auch des § 9 Abs. 1 Ziff. 1 UIG ausgenommen sind.

Handelt es sich damit um personenbezogene Daten, ist damit nicht schon festgestellt, dass der Informationsanspruch nicht besteht und die Klage abzuweisen ist. Denn nach § 8 Abs. 1 Ziff. 1 UIG hängt die Entscheidung davon ab, ob die Betroffenen zugestimmt haben oder ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Ob die Betroffenen zugestimmt haben, ist von der Beklagten wegen einer anderen Rechtsauffassung zur Anwendbarkeit des UIG nicht ermittelt worden. Das Gericht kann die Frage einer etwaigen Zustimmung der Betroffenen nicht aufklären und auf diese Weise Spruchreife herstellen, weil ihm die betroffenen Betriebe nicht bekannt sind. Es kann diese Namen auch nicht in Erfüllung seiner Pflicht zur Herstellung der Spruchreife von der Beklagten ermitteln, da dadurch die Namen auch dem Kläger bekannt würden und sein Informationsanspruch insoweit erfüllt würde. Daher ist die Frage der Zustimmung der betroffenen Betriebe zunächst von der Beklagten zu ermitteln. Sofern diese ihre Zustimmung zur Bekanntgabe erteilen, steht der Erfüllung des Informationsanspruchs des Klägers insoweit nichts entgegen. Sofern diese ihre Zustimmung verweigern, kommt es weiter darauf an, ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Auch die dazu erforderliche Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der betroffenen Betriebe an der Geheimhaltung und dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe hat die Beklagte - von ihrem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bislang nicht vorgenommen. Dazu war sie auch kaum in der Lage, da ihr die konkreten Interessen der betroffenen Betriebe in der Regel kaum bekannt sein dürften. Sollen aber die konkret betroffenen Interessen gegeneinander abgewogen werden, müssen diese auch konkret ermittelt werden. Das Gericht kann schon aus den zuvor zur Frage der Einholung der Zustimmung der betroffenen Betriebe dargelegten Gründen deren Interessen an einer Geheimhaltung nicht ermitteln, da ihm die betroffenen Betriebe nicht bekannt sind und eine entsprechende Ermittlung wiederum zur Erfüllung des Anspruchs der Klägers führen würde, ohne dass die anzustellende Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausgegangen wäre.

Ist dem Gericht damit in der hier vorgegebenen prozessualen Situation eine weitere Sachverhaltsaufklärung sowohl hinsichtlich der Frage der Zustimmung der betroffenen Betriebe zu der Offenbarung als auch hinsichtlich der Ermittlung ihrer Interessen an der Geheimhaltung verwehrt, obliegt diese der Beklagten. Davon geht ersichtlich auch das UIG aus. Denn nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UIG sind die Betroffenen vor der Entscheidung über die Offenbarung der geschützten Informationen anzuhören. Im Rahmen dieser Anhörung sind sowohl die Zustimmung der betroffenen Landwirte als auch ihre Interessen an der Geheimhaltung zu ermitteln.

Weiter ist der Antrag nach § 9 Abs. 1 Ziff. 3 UIG abzulehnen, soweit durch die Bekanntgabe Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse - nicht nur von natürlichen Personen - zugänglich gemacht würden, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt, Das UIG selbst enthält keine Definition des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses. Insoweit ist aber allgemein anerkannt, dass auf die im Zivilrecht anerkannte Begriffsbestimmung zurückgegriffen werden kann. Danach ist ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis jede im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehende, nicht offenkundige, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannte Tatsache, an deren Geheimhaltung der Betriebsinhaber ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat und die nach seinem bekundeten oder doch erkennbaren Willen auch geheim bleiben soll. Dabei betrifft das Betriebsgeheimnis zuvorderst das technische Knowhow eines Unternehmens, während durch das Geschäftsgeheimnis die wirtschaftliche Seite wie etwa die Preisgestaltung und die Kalkulationsgrundlagen geschützt werden soll. Danach handelt es sich bei der Höhe der einem Betrieb gewährten Agrarsubventionen um ein Geschäftgeheimnis. Denn derartige Zahlungen machen insbesondere bei den 50 am höchsten subventionierten Betrieben einen erheblichen Teil der den Betrieben zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus, die Einfluss auf die Kostenseite haben. Es liegt auf der Hand, dass der jeweilige Betrieb je nach Höhe der gewährten Subventionen bei der Preisgestaltung für die landwirtschaftlichen Produkte geringeren wirtschaftlichen Zwängen unterworfen ist und der Betrieb so auf dem Markt flexibler reagieren kann. Aus Gründen des Schutzes vor Konkurrenten hat der Betriebsinhaber regelmäßig auch ein Interesse daran, dass diese wirtschaftlichen Kalkulationsgrundlagen seinen Konkurrenten nicht bekannt werden. Dieses Interesse ist in einer im Grundsatz noch auf den Prinzipien von Angebot und Nachfrage beruhenden Marktwirtschaft, die wohl auch noch auf dem landwirtschaftlichen Sektor herrscht, schützenswert. Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt der Schutz des Betriebsgeheimnisses nicht etwa deshalb, weil in den interessierten Kreisen ohnehin bekannt sei, welcher Betrieb die höchsten Subventionen erhalte. Dabei mag zwar zutreffen, dass die Hauptsubventionsempfänger einer bestimmten Region oder auf einem bestimmten Produktionssektor regional bekannt sind. Der Kläger hat aber nicht dargetan und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass alle 50 Hauptsubventionsempfänger ihrem Namen und ihrer Anschrift nach den interessierten Kreisen bekannt sind, keinesfalls kann aber angenommen werden, dass dies auch für die in den drei Jahren jeweils gezahlten Jahressummen gilt.

Geht es damit auch um den Schutz von Geschäftsgeheimnissen, ist für einen Erfolg der Klage nach § 9 Abs. 1 Ziff. 3 UIG weiter zu ermitteln, ob die betroffenen Betriebe der Bekanntgabe zustimmen und gegebenenfalls ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Bei Verweigerung der Zustimmung bedarf es hierzu der Aufklärung der privaten wirtschaftlichen Interessen der Inhaber der Geschäftsgeheimnisse. Aus den bei der Erörterung des Schutzes personenbezogener Daten dargestellten Gründen kann diese weitere Sachverhaltsaufklärung auch nicht zum Zwecke der Herstellung der Spruchreife vom Gericht vorgenommen werden, sondern obliegt im Wege der Anhörung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UIG der Beklagten. Dabei erweist sich die Pflicht zur Anhörung als verfahrensrechtliche Absicherung zum Schutz des durch Art. 12 GG geschützten Grundrechts der Berufsfreiheit. Stimmen die Träger der Geschäftsgeheimnisse der Bekanntgabe an den Kläger zu, kann dieser entsprechend informiert werden. Stimmen die Inhaber der Geschäftsgeheimnisse nicht zu, sind deren private wirtschaftlichen Interessen an der Geheimhaltung zu erfragen. Nach der entsprechenden Aufklärung hat die Beklagte das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe und das private Interesse der betroffenen Betriebe an der Geheimhaltung gegeneinander abzuwägen und je nach dem Ausgang dieser Abwägung den Informationsanspruch des Klägers zu erfüllen oder erneut abzulehnen mit der Folge, dass der Kläger dagegen wiederum den Rechtsweg beschreiten kann.

Der geltend gemachte Anspruch ist nicht weiter am Maßstab des IFG zu untersuchen, da das allgemeine IFG durch die Anwendbarkeit des spezielleren UIG verdrängt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; da der Kläger mit seinem auf die Verpflichtung zur Informationserteilung gerichteten Klage nicht durchdringen konnte, sondern nur die angegriffenen Bescheide aufgehoben worden sind und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet worden ist, waren die Kosten hälftig zu teilen.

Auf den Antrag des Klägers war gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, da die

Sach- und Rechtslage vorliegend nicht so einfach gelagert war, dass dem Kläger ausnahmsweise zugemutet werden konnte, seine Rechte gegenüber der Verwaltung ohne Inanspruchnahme der Hilfe eines Rechtsanwalts ausreichend zu wahren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO, § 711 ZPO.

Die Berufung ist gem. § 124 Abs. 1 Ziff. 3 VwGO zugelassen worden, weil die Frage der Anwendbarkeit des UIG auf Auskünfte über die Empfänger von Agrarsubventionen schon angesichts divergierender gerichtlicher Entscheidung grundsätzliche Bedeutung hat.






VG Köln:
Urteil v. 23.10.2008
Az: 13 K 4705/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ca1d9bc3f600/VG-Koeln_Urteil_vom_23-Oktober-2008_Az_13-K-4705-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share