Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. September 2003
Aktenzeichen: I-20 U 39/03

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 23.09.2003, Az.: I-20 U 39/03)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer - Einzel-richter -des Landgerichts Mönchengladbach vom 14. Februar 2003 abge-ändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwi-derhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrer Geschäftsführerin zu vollziehen ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine Mehrwertdiensttelefonnummer (1,86 Euro/Min.) anzukündigen gemäß der Internet-Präsentation aus der Anlage zu diesem Urteil, wenn keine andere Möglichkeit der Teilnahme an dem Gewinnspiel eingeräumt wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Klägerin vor der Vollstre-ckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Beklagte veranstaltet das Spiel "Bei Anruf Millionär". Der Interessent wird auf der entsprechenden Website "beianrufmillionaer.de" aufgefordert, die Servicetelefonnummer 0190- 802 802 zu einem Preis von 3,60 DM/Minute anzurufen. Jeder tausendste, zehntausendste, hunderttausendste und millionste Anrufer gewinnt danach Preise in unterschiedlicher Höhe, wenn er eine Frage richtig beantwortet. Die anderen Anrufer erhalten eine Information, wie viele Anrufe bis zum nächsten Anruf ausstehen; dieser Anruf dauert - wie nunmehr unstreitig ist - nicht mehr als 59 Sekunden. Zeitweise war auf der Website eine Telefonnummer angegeben, bei der das Publikum zumindest die erste Millionenfrage erfahren konnte.

Der Kläger, ein in der Liste des Bundesverwaltungsamts geführter Verbraucherverband, hält dieses Verhalten für wettbewerbswidrig, weil es sich um ein unerlaubtes Glücksspiel und damit einen Verstoß gegen § 284 StGB handele. Des Weiteren handele es sich im Hinblick auf die Telefonentgelte, die teilweise an die Beklagte flössen, um eine unzulässige Kopplung eines Gewinnspiels mit einem Warenbezug. Schließlich wende sich das Spiel an Kinder und Jugendliche.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein etwaiger Verstoß der Beklagten gegen § 284 StGB nicht wettbewerbswidrig sei. Eine Kopplung sei mangels einer anderen Ware oder Dienstleistung nicht vorhanden.

Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers. Er macht weiterhin geltend, das beanstandete Verhalten kündige ein verbotenes Glücksspiel an, kopple das Spiel unzulässigerweise mit einem Waren- bzw. Dienstleistungsbezug durch den Spieler, täusche den Spieler über die Gewinne und wende sich unzulässigerweise an Kinder und Jugendliche. Er beantragt daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrer Geschäftsführerin zu vollziehen ist, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine Mehrwertdiensttelefonnummer (1,86 Euro/Min.) - wie in der Anlage zu diesem Urteil abgebildet - anzukündigen, wenn keine andere Möglichkeit der Teilnahme an dem Gewinnspiel eingeräumt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, das von ihr angebotene Spiel sei kein Glücksspiel.

Im Übrigen wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Berufung des Klägers hat Erfolg.

II.

1. Gegenstand des Verfahrens ist die Ankündigung des Gewinnspiels "bei Anruf Millionär" in der Ausgestaltung, wie sie in dem Internet-Auftritt der Beklagten gemäß der Anlage zu diesem Urteil beschrieben wurde. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 02. September 2003 nach Erörterung darüber, gegen welche Version des Gewinnspiels er sich wende, durch Einbeziehung der betreffenden Anlage in den Antrag klar gestellt.

2. Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 4 UKlaG (vgl. auch § 16 Abs. 4 UKlaG) aus der Eintragung in die Liste des Bundesverwaltungsamts gemäß § 22a AGBG a.F..

3. Zu Recht hat das Landgericht allerdings die Beurteilung des Spiels als wettbewerbswidrig unter dem Gesichtspunkt der Koppelung mit einer Ware oder Dienstleistung abgelehnt. Es gibt nämlich keine andere von der Beklagten angebotene Ware oder Dienstleistung als die Beteiligung an dem angegriffenen Spiel. Soweit der Kläger auf die Beteiligung der Beklagten an den Telefonkosten verweist, handelt es sich um Einnahmen, die unmittelbar mit dem Spiel zusammenhängen, nicht um eine Gegenleistung für eine nicht damit zusammenhängende Ware oder Dienstleistung (insoweit zutreffend Böhm MMR 1998, 585, 587).

4. Auch für eine Täuschung (§ 3 UWG) der angesprochenen Verkehrskreise ist nichts ersichtlich. Die ausgelobten Preise werden angegeben. Dass die Preise erst nach richtiger Beantwortung einer Frage zuerteilt werden, ergibt sich gleichfalls unmissverständlich aus den Angaben auf der Homepage.

Dass die ausgelobten Preise tatsächlich nicht ausbezahlt werden, macht der Kläger nicht substantiiert geltend.

5. Die Beklagte handelt jedoch deswegen wettbewerbswidrig, weil sie ohne Genehmigung ein Gewinnspiel veranstaltet.

a) Dass die Beklagte zu Zwecken des Wettbewerbs handelt, hat das Landgericht zu Recht festgestellt.

b) Entgegen den Bedenken des Landgerichts ist ein Wettbewerbshandeln unter Verstoß gegen § 284 StGB grundsätzlich als wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG anzusehen. Dies hat auch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betont (vgl. NJW-RR 2002, 395 unter II.2. - Sportwetten-Genehmigung; NJW 2002, 2175 unter II.2. - Sportwetten).

Besondere Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit eines Verstoßes entfallen ließen, liegen nicht vor. Auch die Beklagte macht nicht geltend, die zuständigen staatlichen Stellen billigten ihr Verhalten (vgl. BGH NJW-RR 2002, 395 unter II.3. - Sportwetten). Vielmehr ist das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen als oberste ordnungsrechtliche Aufsichtbehörde ausweislich der vorgelegten Pressemitteilung der Auffassung, das Gewinnspiel der Beklagten sei unzulässig.

c) Die Beklagte hat entgegen ihrer Auffassung mit dem Gewinnspiel in der angegriffenen Variante ein öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB angekündigt und veranstaltet. Dass sie das Spiel öffentlich veranstaltet, liegt auf der Hand. Desgleichen bedarf es keiner Erörterung, dass die Teilnehmer die Chance auf einen - vermögenswerten - Gewinn - teilweiser in erheblicher Höhe - erlangen. Die Parteien streiten dementsprechend nur darüber, ob es sich um "Glücksspiel" handelte.

aa) Ein Glücksspiel liegt nach der ständigen Rechtsprechung (BGHSt 34, 171; BGHSt 36, 74; BGH NJW 2002, 2175) dann vor, wenn nach den Spielbedingungen ein Einsatz zu erbringen ist und die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den Fähigkeiten, den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler, sondern allein oder jedenfalls hauptsächlich vom Zufall abhängt. Näher zu erörtern sind damit in diesem Zusammenhang die Abgrenzung eines Glücksspiels von einem Geschicklichkeitsspiel (dazu bb)) sowie das Problem, ob die Teilnehmer einen Einsatz zu erbringen haben (dazu cc)).

bb) Ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB wird von einem - grundsätzlich nicht strafbaren - Geschicklichkeitsspiel dadurch abgegrenzt, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Spielbedingungen und den Verhältnissen, unter denen es gewöhnlich betrieben wird, nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der durchschnittlichen Spieler abhängt, sondern jedenfalls hauptsächlich von dem ihrer Einwirkungsmöglichkeit entzogenen Zufall (vgl. BGH NJW 2002, 2175 unter II.1.a) - Sportwetten; BVerwG NJW 2001, 2648 unter II.2.a)aa) - Oddset-Wetten). Danach handelt es sich bei dem Gewinnspiel, wie es die Beklagte auf ihrer Website gemäß Anlage K 2 angekündigt hat, nicht um ein Geschicklichkeitsspiel, vielmehr um ein Glücksspiel.

Dass die Chance, ob jemand tausendster Anrufer usw. ist, maßgeblich vom Zufall abhängt, wird auch im Gutachten B. (Bl. 68 - 75 GA) nicht in Frage gestellt. Das gilt auch für Folgeanrufe. Zwar erfährt der Anrufer, wie viele Anrufe noch bis zum nächsten Anruf ausstehen, bei dem eine Gewinnmöglichkeit besteht. Durch eine Vielzahl von Anrufen ließe sich zwar errechnen, wie viele Anrufe in der Zwischenzeit stattgefunden haben. Das gilt aber bereits dann nicht, wenn in der Zwischenzeit - vom Anrufer unbemerkt - ein tausendster Anruf usw. stattgefunden hat, weil die Beklagte die nächste Gewinnschwelle nicht näher bezeichnet. Abgesehen davon lässt sich die Zahl der vergangenen Anrufe nicht verlässlich für die Zukunft hochrechnen, zumal eine Gewinnchance nur bei "punktgenauem Treffen" besteht.

Die Abgrenzung zwischen Geschicklichkeitsspiel und Glücksspiel ist bei Fallgestaltungen, in denen unter den Anrufern - wie hier - per Zufall diejenigen ausgewählt werden, die an einem isoliert betrachtet als Geschicklichkeitsspiel anzusehenden Quiz teilnehmen können, streitig. B. geht in seinem zu den Akten gereichten Gutachten (Bl. 68 - 75 GA) ohne nähere Differenzierung davon aus, dass sich trotz der verhältnismäßig geringen Chancen, der tausendste Anrufer usw. zu sein, ein Schwerpunkt nicht feststellen lasse, die Gewinnmöglichkeit daher nicht hauptsächlich auf Zufall beruhe. Demgegenüber vertreten Eichmann/ Sörup (MMR 2002, 142) die Auffassung, es reiche für die Annahme eines Glücksspiels aus, wenn nur die Überwindung der ersten Stufe auf Zufall beruhe. Das Innenministerium NW scheint ausweislich der vorgelegten Presseerklärung (Bl. 184 GA) davon auszugehen, dass jedenfalls bei für jeden leicht zu beantwortenden Quizfragen ein Glücksspiel anzunehmen sei. Der Bundesgerichtshof (St 9, 39) hat entschieden, das die Zuerkennung von Preisen für den Gewinn von mehreren Spielen hintereinander selbst dann maßgeblich auf Zufall beruht, wenn die einzelnen Spiele als Geschicklichkeitsspiele anzusehen sind und der Zufall lediglich die Kombination (Gewinn mehrerer Spiele hintereinander) beeinflusst. Diese Entscheidung spricht dafür, bei der Kombination eines vorgeschalteten Glücksspiels und eines folgenden Geschicklichkeitsspiels (oder umgekehrt), die erst zusammen den Gewinn eines Preises ermöglicht, insgesamt von einem Glücksspiel auszugehen.

Bei der Entscheidung ist auf die Einfachheit der Fragen, die von den Parteien vor allem in erster Instanz erörtert worden ist, nicht abzustellen. Abgesehen davon, dass sich dieser Gesichtspunkt für eine Verallgemeinerung nicht eignet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO), hat der Kläger dieses Merkmal nicht zum Gegenstand seines Antrages gemacht, wie im Termin vom 02. September 2003 erörtert worden ist.

Die angegriffene Ankündigung (Anlage zum vorliegenden Urteil) enthält - wie in der mündlichen Verhandlung vom 02. September 2003 erörtert - die Mitteilung einer Telefonnummer, bei der Anrufer die "erste Millionenfrage" erfahren konnte (Bl. 21 GA). Demgegenüber ist Gegenstand des Verfahrens nicht die Variante, derzufolge "die Quizfrage im Internet veröffentlicht" worden ist (so der Beklagte im Schriftsatz vom 13.06.2002 Bl. 2 = Bl. 92 GA). Diese Merkmale spielen für die Beurteilung, ob es sich um ein Glücksspiel handelt oder nicht, jedoch keine Rolle. Der Senat schließt sich vielmehr der Auffassung von Eichmann/Sörup (a.a.O.) an; es kann keinen Unterschied machen, ob man ein reines Glücksspiel veranstaltet oder ob man auf ein Glücksspiel (mit der geringen Chance der Teilnahme an einem Geschicklichkeitsspiel als Gewinn) noch ein Geschicklichkeitsspiel "aufsattelt".

Dass die zum Gegenstand des Antrags gemachte Ankündigung eine für die Bewertung des Wettbewerbsverhaltens unnötige Einschränkung enthält, hat der Senat auf Grund seiner Bindung an die Berufungsanträge (§ 308 Abs. 1, § 528 ZPO) hinzunehmen und ist unerheblich, solange die Verurteilung im Rahmen des Klageantrages erfolgt (vgl. BGH NJW 2003, 2317 - Bindung an Parteianträge).

cc) Unter einem "Einsatz" versteht die Rechtsprechung (BGHSt 34, 171) "jede Leistung (...), die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des 'Gewinnens' eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass sie im Falle des 'Verlierens' dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfallt. Allerdings muss es sich dabei wegen der notwendigen Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel um einen 'Einsatz' handeln, der nicht ganz unbeträchtlich ist".

Als "Einsatz" kommt lediglich das - bei einer 0190-Diensten teilweise an die Beklagte fließende - Telefonentgelt in Betracht. Ob und wann Telefonentgelte als "Einsatz" anzusehen sind, ist ebenso streitig (dazu 1) wie die Frage, welcher Betrag noch als "unerheblich" anzusehen ist (dazu 2). Beide Fragen sind jedoch zu Lasten der Beklagten zu beantworten.

(1) Böhm (MMR 1998, 585, 587) vertritt die Auffassung, Telefonentgelte seien als bloße "Eintrittskosten" anzusehen. Demgegenüber sind Eichmann/Sörup (MMR 2002, 142, 143) der Meinung, Telefonentgelte seien bei derartigen Fallgestaltungen als "Einsatz" einzustufen. Dies trifft zu. Die Telefonentgelte werden unmittelbar für die Teilnahme am Gewinnspiel, und zwar an die Beklagte als Veranstalter des Spiels, gezahlt. "Eintrittsgelder", die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (St 34, 171) nicht als "Einsatz" anzusehen sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie für den Interessenten in jedem Falle verloren sind, und zwar unabhängig davon, ob er sich an einem Spiel beteiligt oder nicht. Dies ist aber bei dem Gewinnspiel der beanstandeten Art nicht der Fall. Mit dem Telefonanruf beteiligt sich der Anrufer unmittelbar am Gewinnspiel. Der Teilnehmer hat nach dem Spielplan nur dann eine Gewinnchance, wenn er der tausendste Anrufer usw. ist. Der Telefonanruf als solcher beeinflusst in maßgeblichem Umfange die Gewinnchance. Das ist bei dem Eintrittsgeld eines Spielcasinos anders.

Dass die Telefonentgelte nicht offen als "Einsatz" ausgewiesen sind, ist unerheblich (vgl. Buhst 3, 99; Buhst 9, 39; Buhst 11, 209).

(2) Dieser Einsatz ist auch "nicht ganz unbeträchtlich". Darüber, wo die Grenze anzusetzen ist, besteht in der Literatur keine einhellige Auffassung. Eichmann/Sörup (a.a.O.) befürworten einen Betrag von etwa 2,50 Euro, während SK-Foyer (§ 284 Rdnr. 6) die Rechtsprechung zur Unerheblichkeit eines Schadens im Rahmen des § 142 StGB (also etwa 40,00 DM) für maßgeblich hält. Durch dieses Merkmal soll das Glücksspiel von bloßen "Unterhaltungsspielen" abgegrenzt werden, bei denen der Schutzzweck des § 284 StGB von vornherein nicht berührt werden kann. Der Strafvorschrift "liegt die Einschätzung zu Grunde, dass das Glücksspiel grundsätzlich wegen seiner möglichen Auswirkungen auf die psychische (Spielsucht) und wirtschaftliche Situation der Spieler (Vermögensverlust) .... unerwünscht und schädlich ist" (BGH NJW-RR 2002, 395 unter II.2.- Sportwetten). Die Gefahr eines nennenswerten Vermögensverlusts eines Spielers scheidet - insbesondere auch wegen Möglichkeit einer wiederholten Beteiligung - lediglich bei Einsätzen in Höhe von Bagatellbeträgen von vornherein aus. Die Situation ist entgegen der Auffassung von Hoyer (a.a.O.) bei der Beteiligung an einem Verkehrsunfall anders, wo darauf abgestellt wird, ob der Schaden derart geringfügig ist, dass auf eine Anspruchsverfolgung wegen der damit verbundenen Mühen regelmäßig verzichtet wird; insoweit hat sich in der Rechtsprechung eine Grenze von 40,00 DM entwickelt.

Dabei kann auch nicht nur auf die Kosten eines einzelnen Anrufs abgestellt werden. Sie wären zwar mit höchstens 1,83 Euro als Bagatelle anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob man auf die Vermögensverhältnisse des konkreten Anrufers oder die Vermögensverhältnisse nach generellen Maßstäben abstellt (vgl. dazu Hoyer, a.a.O., § 284 Rdnr. 6; Eser/Heine in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 284 Rdnr. 6; von Bubnoff, Leipziger Kommentar, § 284 Rdnr. 12). Die Bagatellgrenze wird aber nicht nur dadurch überschritten, dass der Veranstalter die Möglichkeit hat, durch Verlängerung des Telefonats dessen Kosten in die Höhe zu treiben (für eine derartige Fallgestaltung s. Eichmann/Sörup MMR 2002, 142, 145), was hier wegen der Begrenzung eines Telefonats auf maximal 1 Minute nicht der Fall ist. Das Gewinnspiel der Beklagten ist dadurch gekennzeichnet, dass es über eine lange Zeit fortdauert und jeder Interessent mehrfach teilnehmen kann, und zwar auch dann, wenn er bei vorherigen Anrufen nicht zu den Gewinnern gezählt hat. Durch wiederholtes Anrufen, insbesondere kurz vor einer Gewinnschwelle, werden Interessenten versuchen, ihre Gewinnchancen zu erhöhen. Das Gewinnspiel ist darauf ausgerichtet, dass sich ein Interessent an die nächste Gewinnschwelle "herantelefoniert". Dazu ruft die Beklagte in ihrer Werbung auch ausdrücklich auf ("So ist es ihm möglich abzuschätzen, wann er es erneut probieren sollte"). Ob in dieser Hinsicht Kinder und Jugendliche besonders gefährdet sind, kann offen bleiben, denn dieser Gesichtspunkt gilt auch für Erwachsene. Aus diesem Grunde ist nicht auf die Kosten eines einzigen Telefonats, sondern auf die Gesamtkosten abzustellen. Die Kosten mehrerer Telefonate überschreiten die Bagatellgrenze.

d) Ob der Beklagten ein Anspruch auf Genehmigung zustünde, ist für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung unerheblich (vgl. BGH NJW 2002, 2175 unter II.c)(1), (4) - Sportwetten).

e) Dass die Beklagte die angegriffene Variante entsprechend der Anlage zum vorliegenden Urteil zwischenzeitlich aufgegeben hat, beseitigt mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht die Wiederholungsgefahr.

f) Soweit der Kläger den Antrag mit der Einschränkung versehen hat, "wenn keine andere Möglichkeit der Teilnahme an dem Gewinnspiel eingeräumt wird", ist der Senat infolge der Bindung an die Klageanträge (§ 308 Abs. 1, § 528 ZPO) gehindert, die Einschränkung fortzulassen. Sie hat allerdings für die Frage eines wettbewerbswidrigen Handelns der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Ankündigung eines unzulässigen Glücksspiels keine Bedeutung und entstammt ersichtlich der Fallgruppe der Veranstaltung eines Gewinnspiels "unter psychologischem Kaufzwangs." Dies ist für eine Verurteilung allerdings unerheblich, solange der Kläger - wie hier - die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Ankündigung eines strafbaren Glücksspiels geltend macht (vgl. BGH NJW 2003, 2317 - Bindung an Parteianträge).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich.

Berufungsstreitwert: 15.000 Euro

Sch. F.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 23.09.2003
Az: I-20 U 39/03


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