Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 26. Mai 2015
Aktenzeichen: 9 L 1284/15

(VG Köln: Beschluss v. 26.05.2015, Az.: 9 L 1284/15)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage 9 K 1486/15 gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, BK1-11/003, vom 28. Januar 2015, anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt. Denn sie kann im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, in ihren Rechten verletzt zu sein. Die mit der angefochtenen Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur vom 28. Januar 2015 (ABl BNetzA Nr. 3/2015 vom 11. Februar 2015, S. 828 ff.; im Folgenden: Präsidentenkammerentscheidung) erfolgte Vergabeanordnung (s. § 55 Abs. 10 Satz 1 Telekommunikationsgesetz in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 3. Mai 2012, BGBl I S.958 - TKG) wandelt den Anspruch auf Einzelzuteilung von Frequenzen (§ 55 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 TKG) in einen Anspruch auf chancengleiche Teilnahme am Vergabeverfahren um. Die Rechtswidrigkeit erscheint nach dem Antragsvorbringen zumindest möglich und ein Einzelzuteilungsanspruch der Antragstellerin ohne die umstrittene Vergabeanordnung ist nicht von vorneherein ausgeschlossen. Ebenso wird die materielle Rechtsposition der Antragstellerin durch die Auswahl des Versteigerungsverfahrens (§ 61 Abs. 1, 5 TKG) und die Festlegung von Vergabebedingungen (§ 61 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 TKG) berührt. Denn die Wahl des Versteigerungsverfahrens verengt den Frequenzzugang auf einen Erwerb im Wege des Höchstgebotes. Auch die Vergabebedingungen gestalten den Zugangsanspruch, insbesondere soweit sie im Zusammenhang mit der Versorgungsverpflichtung Bestandteil der abschließenden Frequenzzuteilung werden. Auch insoweit scheidet eine subjektive Rechtsverletzung jedenfalls nicht von vornherein aus.

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile 23. März 2011 - 6 C 6.10 -, Rn. 13, juris, und vom 1. September 2009 - 6 C 4.09 -, Rn. 16, 19, juris.

Dem Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin steht es nicht entgegen, dass die Antragstellerin nicht zu der anstehenden Versteigerung zugelassen ist. Die Präsidentenkammerentscheidung über die Frequenzvergabe und die Vergabebedingungen bildet das sachliche Fundament für die Frequenzzuteilungen. Bei einem etwaigen Rechtsstreit über die Frequenzzuteilungen müsste sich die Antragstellerin bzw. Klägerin eine Bestandskraft der Präsidentenkammerentscheidung entgegenhalten lassen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 2011 - 6 C 3.10 -, Rn. 15, und - 6 C 40.10 - Rn. 12, juris.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, die wie hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 137 Abs. 1 TKG entfallen ist. Die dabei im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem individuellen Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung der Präsidentenkammerentscheidung und dem öffentlichen Interesse an deren sofortigen Vollziehung fällt hier zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Präsidentenkammerentscheidung ist jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig (1.) und die von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Abwägung der widerstreitenden Interessen geht zum Nachteil der Antragstellerin aus (2.).

1. Die Präsidentenkammerentscheidung ist gemessen an den Einwendungen der Antragstellerin gegen die Bedarfsfeststellung (a.) und den Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit (b.aa) sowie das Mindestgebot (b.bb) nach hier nur möglicher summarischer Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig.

a. Die Anordnung des Vergabeverfahrens in Nr. I. der Präsidentenkammerentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 10 Satz 1 TKG. Danach kann die Bundesnetzagentur unbeschadet des § 55 Abs. 5 TKG anordnen, dass der Zuteilung von Frequenzen ein Vergabeverfahren nach § 61 TKG vorauszugehen hat, wenn für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden oder für bestimmte Frequenzen mehrere Anträge gestellt sind. Die in diesen Alternativen vorausgesetzte Frequenzknappheit kann sich entweder aus der bereits feststehenden Tatsache eines Antragsüberhangs oder aus der Prognose einer mangelnden Verfügbarkeit von Frequenzen ergeben. Diese Prognose bezieht sich unter Berücksichtigung des Gesetzeswortlautes wie auch des systematischen Zusammenhangs der beiden Fallvarianten des § 55 Abs. 10 Satz 1 TKG darauf, dass im Zuteilungszeitpunkt eine das verfügbare Frequenzspektrum übersteigende Anzahl von Zuteilungsanträgen gestellt sein wird. Grundlage dieser Prognose ist die Feststellung eines überschießenden Frequenzbedarfs. Bei dieser Feststellung als solcher steht der Bundesnetzagentur ein Beurteilungsspielraum nicht zu. Anders als bei der Prognose selbst zählt die Bedarfsfeststellung als solche zu der entscheidungserheblichen Tatsachengrundlage, die wirklich gegeben und nicht nur vertretbar angenommen worden sein muss.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. März 2011 - 6 C 6.10 -, Rn. 19, 21, und vom 22. Juni 2011 - 6 C 3.10 -, Rn. 26, 28, juris.

Zur Verfügung stehen, wie die Bundesnetzagentur in der angegriffenen Entscheidung darlegt, Frequenzen aus den Bereichen 700 MHz, 900 MHz, 1800 MHz und 1,5 GHz mit einem Spektrum von insgesamt 270 MHz (s. u.a. Rn. 379 der Präsidentenkammerentscheidung). Ob demgegenüber ein überschießender Frequenzbedarf, d.h. ein Überhang des Bedarfs an Frequenzen tatsächlich gegeben ist, wie die Präsidentenkammer als Ergebnis ihrer Prüfung der aktualisierten Bedarfsanmeldungen festhält (Rn. 378 der Präsidentenkammerentscheidung), kann das Gericht jedoch nicht ohne Einsichtnahme in die betreffenden Verwaltungsvorgänge prüfen und feststellen. Das Gericht sieht von einer Beiziehung dieser Verwaltungsvorgänge im vorliegenden Verfahren ab. Denn sie enthalten nach Angaben der Bundesnetzagentur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter. Eine Prüfung in einem incamera-Verfahren gemäß § 138 TKG, inwieweit diese Geheimnisse gegenüber der Antragstellerin zu wahren wären, würde die Erledigung des vorliegenden Eilverfahrens erheblich verzögern. Dies würde insbesondere dem Interesse der Antragstellerin - die einen wirksamen Rechtsschutz nach Vollzug der Vergabeanordnung für sich nicht mehr eröffnet sieht - an einer zügigen Entscheidung des Rechtsstreits möglichst vor Abschluss des streitigen Vergabeverfahrens zuwiderlaufen. Ob die nach § 55 Abs. 10 Satz 1 TKG vorausgesetzte Frequenzknappheit vorliegt, hat daher hier offen zu bleiben. Entsprechend sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen zu beurteilen. Die Überprüfung der Einwände der Antragstellerin, die Bundesnetzagentur habe die angemeldeten Bedarfe nicht hinreichend überprüft und die etablierten Mobilfunkunternehmen hätten einen drastisch erhöhten, strategisch beeinflussten Bedarf angemeldet, muss daher dem Hauptsacheverfahren überlassen werden.

Soweit die Antragstellerin eine § 39 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) nicht entsprechende Begründung des Bedarfsüberhangs rügt, führt dies nicht zu einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Anordnung des Vergabeverfahrens. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 TKG i.V.m. § 39 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt zu begründen und in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Diesen Anforderungen ist die Präsidentenkammer nachgekommen. Sie hat die Schritte zur Bedarfsermittlung, von den Eckpunkten für ein Bedarfsermittlungsverfahren vom Juli 2011, über das förmliche Bedarfsermittlungsverfahren vom November 2011 bis zur Aktualisierung des Frequenzbedarfs im August 2014, dargestellt, s. Rn. 56 ff., 102 ff. der Präsidentenkammerentscheidung. In Rn. 363 ff. hat sie die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen für die Feststellung der Knappheit genannt und ausgeführt, anhand welcher Kriterien sie die angemeldeten Bedarfe berücksichtigt hat. Sie führt weiter aus, dass mehrere Unternehmen qualifizierte Bedarfe angemeldet hätten und die Bedarfsanmeldungen in der Summe das verfügbare Spektrum in den verfügbaren Frequenzbereichen um mehr als 100 MHz überstiegen. Damit hat sie zwar knapp, aber angesichts der von ihr zu wahrenden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse noch im als ausreichend anzusehenden Umfang die für sie maßgeblichen wesentlichen Gründe für eine Frequenzknappheit mitgeteilt. Davon abgesehen könnte die Antragstellerin im Klageverfahren die Aufhebung der Präsidentenkammerentscheidung wegen einer Verletzung des Begründungserfordernisses gemäß § 46 VwVfG nicht verlangen, da offensichtlich ist, dass die - unterstellt - mangelhafte Begründung zum Vorliegen der Knappheit der Frequenzen die Entscheidung der Präsidentenkammer über die Anordnung des Vergabeverfahrens in der Sache nicht beeinflusst hat.

b. Die Entscheidung über die Festlegungen und Regeln des Vergabeverfahrens in Nr. III. der Präsidentenkammerentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 61 Abs. 3, 4 TKG. Nach § 61 Abs. 3 Satz 2 bestimmt die Bundesnetzagentur vor Durchführung eines Vergabeverfahrens die von einem Antragsteller zu erfüllenden subjektiven, fachlichen und sachlichen Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum Vergabeverfahren (Nr. 1), die Frequenznutzung, für die die zu vergebenden Frequenzen unter Beachtung des Frequenzplanes verwendet werden dürfen (Nr. 2), die für die Aufnahme des Telekommunikationsdienstes notwendige Grundausstattung an Frequenzen, sofern dies erforderlich ist (Nr. 3) sowie die Frequenznutzungsbestimmungen (Nr. 4). Mit diesem Bestimmungsrecht bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass der Behörde bei der Festlegung dieser Vergabebedingungen - nicht auf der Tatbestandsseite, sondern auf der Rechtsfolgenseite der Norm - ein Ausgestaltungsspielraum zusteht, der einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Bundesnetzagentur von einem richtigen Verständnis der gesetzlichen Begriffe ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend in den Blick genommen hat und bei der eigentlichen Bewertung im Hinblick auf die in § 61 Abs. 3 Satz 2 TKG ausdrücklich hervorgehobenen Kriterien widerspruchsfrei und plausibel argumentiert und insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 6 C 40.10 -, Rn. 15 f., juris.

Nach diesen Maßgaben sind die von der Antragstellerin angegriffenen Vergabebedingungen in Nr. III.1.3 und in Nr. III.5 nicht offensichtlich rechtswidrig.

aa) Nach der Regelung in Nr. III.1.3 ist im Antrag auf Zulassung zur Auktion darzulegen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren gemäß § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 4 TKG erfüllt werden; für die Antragsvoraussetzungen im Einzelnen wird auf Anlage 1 "Voraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren" verwiesen. Nach lit. D. der Anlage 1 hat der Antragsteller darzulegen und nachzuweisen, dass ihm die finanziellen Mittel für die Ersteigerung der Frequenzen zur Verfügung stehen werden und dass ihm ausreichend finanzielle Mittel entsprechend der im Frequenznutzungskonzept vorgesehenen Investitionen in den Auf- und Ausbau sowie den Betrieb des Funknetzes dauerhaft zur Verfügung stehen werden bzw. wie die Finanzierung erfolgen soll. Deren Sicherstellung ist durch Belege, z.B. schriftliche Finanzierungserklärungen der Muttergesellschaft bzw. von anderen verbundenen Unternehmen (sog. "harte Patronatserklärungen") oder von Kreditinstituten nachzuweisen. Bloße Absichtserklärungen oder Bemühenszusagen werden nicht anerkannt. Der Nachweis der erforderlichen Finanzmittel für den Netzaufbau hat sich an den Planungs- und Aufbaukosten unter Zugrundelegung der Versorgungsverpflichtung und deren Zeitrahmen sowie an den Kosten für den laufenden Betrieb zu orientieren.

Dass diese Anforderungen, wie die Antragstellerin vorbringt, unverständlich, unbestimmt und undurchführbar sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Maßgeblich ist der objektive Empfänger- bzw. Adressatenhorizont. Danach ist mit der Formulierung in lit. D der Anlage 1 der Präsidentenkammerentscheidung "nachzuweisen, dass ausreichend finanzielle Mittel [für den Netzaufbau] zur Verfügung stehen werden" klargestellt, dass diese Mittel erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Netzaufbaus verfügbar sein müssen, die (künftige) Verfügbarkeit allerdings bereits im Zeitpunkt der Zulassung zum Versteigerungsverfahren nachgewiesen sein muss. So war bereits die Regelung in Nr. IV.1.3, Anlage 5 lit. D der Entscheidung der Präsidentenkammer vom 12. Oktober 2009 über die Festlegungen und Regelungen für die Durchführung des Verfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten (ABl BNetzA Nr. 20/2009 vom 21. Oktober 2009) zu verstehen, die weitgehend wortgleich, jedoch noch ohne den Zusatz des Wortes "werden" formuliert war.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 6 C 40.10 -, Rn. 20; vgl. auch Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Nichtannahmebeschluss vom 22.04.2014 - 1 BvR 2160/11, juris, Rn. 31.

Dass, wie die Antragstellerin einwendet, ein solcher Nachweis, dass ausreichend finanzielle Mittel für den Netzaufbau zur Verfügung stehen werden, nicht geleistet werden kann, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht. So können sich bspw. gegenwärtige schriftliche Finanzierungserklärungen auch auf die zukünftige Bereitstellung von Mitteln entsprechend dem Zeitrahmen für den Netzaufbau beziehen.

Durchgreifende Bedenken gegen die Vergabebedingung zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit bestehen nicht. Dabei ist zu beachten, dass etwaige Fehler bei der Umsetzung und Anwendung dieser Vergabebedingung durch die Behörde im Verfahren auf Zulassung zum Versteigerungsverfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, das sich allein gegen die Präsidentenkammerentscheidung wendet. Zu der mit der vorliegend angegriffenen Vergabebedingung weitgehend wortgleichen Regelung in Nr. IV.1.3, Anlage 5 lit. D der Entscheidung der Präsidentenkammer vom 12. Oktober 2009 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass mit dem o.a. Inhalt

"die Vergabebedingung in Einklang mit ihrer gesetzlichen Grundlage in § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 TKG [steht]. Gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG muss eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung durch den Antragsteller sichergestellt sein. Die Systematik und der Zweck des Gesetzes gebieten es, diese subjektive Frequenzzuteilungsvoraussetzung bereits bei der Aufstellung der Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum Vergabeverfahren zu berücksichtigen. Nur so lässt sich vermeiden, dass ein Bewerber zunächst das Vergabeverfahren durchläuft, um dann nach Erhalt des Zuschlages bei der Zuteilung der Frequenzen, die gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 TKG "nach § 55" erfolgt, an der genannten Zuteilungsvoraussetzung zu scheitern ... Die effiziente Frequenznutzung, die daher bereits im Rahmen des § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 TKG überprüft werden darf, wird nur durch einen Antragsteller sichergestellt, der neben Zuverlässigkeit und Fachkunde das Kriterium der finanziellen Leistungsfähigkeit erfüllt." [Rn. 20] "Zur Erreichung des nach nationalem wie nach europäischem Recht legitimen Zwecks, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Teilnehmer eines Vergabeverfahrens vorab zu überprüfen, ist die von der Bundesnetzagentur ausgestaltete Vergabebedingung erforderlich und auch verhältnismäßig."

BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 6 C 40.10 -, Rn. 20, 22, juris; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22.04.2014 - 1 BvR 2160/11, juris, Rn. 31.

Dem ist hier nichts hinzuzufügen.

bb) Nach den oben genannten Maßgaben ist auch die von der Antragstellerin angegriffene Regelung in Nr. III.5 der Präsidentenkammerentscheidung über das Mindestgebot nicht offensichtlich rechtswidrig. Danach wird das Mindestgebot für einen Frequenzblock von 2 x 5 MHz (gepaart) auf 75 Mio. Euro in den Bereichen 700 MHz und 900 MHz und auf 37,5 Mio. Euro im Bereich 1800 MHz festgesetzt; für einen Frequenzblock von 1 x 5 MHz (ungepaart) im Bereich 1,5 GHz beträgt das Mindestgebot 18,75 Mio. Euro. Die Bundesnetzagentur hat hierzu in Rn. 706 ff. der Präsidentenkammerentscheidung insbesondere ausgeführt, dass sich die Mindestgebote an der derzeit geltenden Frequenzgebührenverordnung orientierten. Es seien keine zwingenden Gründe dafür ersichtlich, für die Frequenzen bei 700 MHz ein anderes Mindestgebot als das bei 900 MHz festzusetzen. Die Frequenzbereiche seien insbesondere in Bezug auf ihre Ausbreitungseigenschaften vergleichbar. Sofern von Kommentatoren angemerkt werde, dass die Höhe der Mindestgebote kleine und mittlere Unternehmen benachteilige, sei darauf hinzuweisen, dass die festgesetzten Beträge der Mindestgebote die gesetzliche Zuteilungsgebühr nicht überstiegen. Die Zuteilungsgebühren nach der Frequenzgebührenverordnung wären in jedem Fall bei einer Zuteilung der Frequenzen zu entrichten und stellten daher keine Markteintrittsbarriere dar.

Auf der Grundlage des § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG, wonach die Bundesnetzagentur ein Mindestgebot für die Teilnahme am Versteigerungsverfahren festsetzen kann, ist die getroffene Regelung nicht als offensichtlich rechtswidrig anzusehen. Dies gilt auch angesichts des Vorbringens der Antragstellerin, die in der aktuellen Frequenzgebührenverordnung festgelegten Zuteilungsgebühren für die 900 und 1800 MHz-Frequenzen stünden in einem groben Missverhältnis zum Wert der mit diesen Gebühren abgegoltenen Leistungen der öffentlichen Hand und seien deswegen nichtig. Die Bundesnetzagentur hat sich für die Festsetzung der Mindestgebote der in der aktuellen Frequenzgebührenverordnung festgelegten Zuteilungsgebühren ausdrücklich nur als Orientierungshilfe bedient. Dementsprechend führt eine etwaige Rechtswidrigkeit der aktuellen Frequenzgebührenverordnung oder einzelner dort festgelegter Zuteilungsgebühren nach im Eilverfahren nur möglicher summarischer Prüfung nicht offensichtlich zu einer Rechtswidrigkeit der Mindestgebote. Deren Festsetzung beruht nicht auf der gebührenrechtlichen Grundlage, sondern auf der Regelung in § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die festgesetzten Mindestgebote den Zweck dieser gesetzlichen Regelung verfehlen würden. Deren Zweck zielt - jedenfalls in erster Linie - auf Verfahrenseffizienz. Sie soll vermeiden, dass Versteigerungen sich in die Länge ziehen, weil zunächst eine Vielzahl von Auktionsrunden mit Geboten unterhalb des späteren Versteigerungsergebnisses abgehalten wird. Vor diesem Hintergrund ist es evident sachgerecht, das Mindestgebot als "Einstiegspreis" an die gesetzliche Zuteilungsgebühr anzulehnen. Denn Versteigerungserlös und Zuteilungsgebühr sind kraft Gesetzes insofern miteinander verzahnt, als letztere im Fall des Versteigerungsverfahrens in dem Umfang erhoben wird, in dem sie den Erlös übersteigt (§ 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 TKG). Da die Gebühr mithin den Mindestbetrag darstellt, der von dem erfolgreichen Bieter auf jeden Fall zu entrichten ist, erfüllt ein Mindestgebot in gleicher Höhe den ihm zugedachten Zweck der Verfahrensbeschleunigung, ohne die Versteigerungsteilnehmer zusätzlich zu belasten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 6 C 40.10 -, Rn. 45 m.w.N., juris.

2. Die wegen des hiernach nicht hinreichend verlässlich abschätzbaren Ausgangs des Hauptsacheverfahrens erforderliche, von den Erfolgsaussichten der Klage losgelöste Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Regelung andererseits geht zu Ungunsten der Antragstellerin aus.

Bei dieser Interessenabwägung ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerer die dem Betroffenen auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 -, juris, Rn. 12, m.w.N.

Für die vorzunehmende Interessenabwägung ist allerdings eine gesetzgeberische Wertentscheidung für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, wie sie auch hier in Gestalt des § 137 Abs. 1 TKG vorliegt, von erheblicher Bedeutung. Um eine Entscheidung zu rechtfertigen, die zu einer Abweichung von dem durch den Gesetzgeber angeordneten grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses führt, bedarf es besonderer Umstände. Dabei ist das Gericht zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist. Dementsprechend muss der Antragsteller die Wertung des Gesetzgebers mit Besonderheiten seiner Situation entkräften und Wege aufzeigen, die gleichwohl den öffentlichen Belangen noch Rechnung tragen. Dabei sind die Folgen, die sich für den Antragsteller mit dem Sofortvollzug verbinden, nur insoweit beachtlich, als sie nicht schon als regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzuges in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris, Rn. 22.

Ausgehend von diesem Maßstab ergibt sich, dass die Nachteile, die voraussichtlich für die Antragstellerin eintreten werden, wenn der vorliegende Antrag abgelehnt wird, die Klage jedoch später Erfolg hat, nicht die nachteiligen Folgen für das öffentliche Interesse überwiegen, die sich ergeben, wenn dem Aussetzungsantrag stattgegeben, die Klage später hingegen abgewiesen würde.

Eine möglicherweise notwendige Rückabwicklung im Falle eines Obsiegens der Antragstellerin bzw. Klägerin in der Hauptsache nimmt der Gesetzgeber mit der in § 137 Abs. 1 TKG getroffenen Entscheidung in Kauf. Die Gefahr der Rückabwicklung spricht daher nicht gegen ein öffentliches Interesse an der Vollziehung der Präsidentenkammerentscheidung.

Das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Präsidentenkammerentscheidung erwächst hier insbesondere aus den in § 2 Abs. 2 TKG festgeschriebenen Regulierungszielen, insbesondere der Wahrung der Nutzer- und Verbraucherinteressen, der Förderung effizienter Infrastrukturmaßnahmen, der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und einer effizienten Frequenznutzung. Diesen Zielen liefe eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Präsidentenkammerentscheidung, die jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig ist, zuwider. Eine solche Anordnung würde zu einer Verzögerung der Vergabe der betroffenen Frequenzen führen. Die zeitnahe Vergabe auch der GSM-Frequenzen aus den Bereichen 900 MHz und 1800 MHz, die Ende 2016 auslaufen, und der 1,5 GHz-Frequenzen, die bereits 2015 verfügbar sind, wäre dann nicht möglich. Eine effiziente Nutzung der betroffenen 1,5 GHz-Frequenzen würde damit vereitelt. Die Mobilfunkversorgung der Bevölkerung über das Jahr 2016 hinaus wäre ohne regulatorische (Not)maßnahmen gefährdet. Eine Verzögerung der Frequenzvergabe läuft auch der angestrebten Breitbandversorgung insbesondere der ländlichen Bevölkerung und der zügigen Schließung von Versorgungslücken entgegen. Zudem kann sie den bereits begonnenen Wettbewerb in den Breitbandendkundenmärkten in den bislang un- bzw. unterversorgten Gebieten beeinträchtigen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Märkte bereits auf die baldige Verfügbarkeit der entsprechenden Frequenzen ausgerichtet haben. Jede Verzögerung kann daher zu einer Verunsicherung der Märkte führen und damit wettbewerbsschädliche Folgen haben.

Vgl. VG Köln, Beschluss vom 29. Dezember 2009 - 21 L 1861/09 -.

Demgegenüber droht der Antragstellerin durch die Vollziehung der angegriffenen Präsidentenkammerentscheidung kein unmittelbarer, gegenwärtiger Rechtsverlust. Soweit sie bei Vollziehung der Präsidentenkammerentscheidung und Durchführung des Versteigerungsverfahrens befürchtet, ihre Rechte hinsichtlich der Überprüfung der Ablehnung ihrer Zulassung zum Versteigerungsverfahren verlustig zu gehen, rechtfertigt dies angesichts der dargestellten schwerwiegenden öffentlichen Belange nicht, die Vollziehung zugunsten der Antragstellerin auszusetzen. Denn im Hinblick auf ihre Zulassung zum Versteigerungsverfahren kann sie sachnäher einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen und benötigt nicht den Weg über eine vorläufige Aussetzung der Versteigerung. Soweit die Antragstellerin sich gegen die Zulassungs- und Vergabebedingungen wendet, ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar wäre. Dringt die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen der Rechtswidrigkeit dieser Bedingungen in der Hauptsache durch und wird ihrer Klage stattgegeben, müsste die Bundesnetzagentur eine Vergabe zu neuen Bedingungen durchführen, an der sich die Antragstellerin beteiligen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.






VG Köln:
Beschluss v. 26.05.2015
Az: 9 L 1284/15


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