Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 10/03

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2003, Az.: 27 W (pat) 10/03)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juli 2001 und vom 22. Oktober 2003 aufgehoben.

Gründe

I.

Die für die Waren

"Kl. 9: Computersoftware, insbesondere ein technisches und wissenschaftliches Verfahren zur Darstellung von Daten und ausgewählten Parametern, für die Simulation und Prüfung zur Durchführung von Experimenten und dessen selektiver Verwendung in Verbindung mit nicht linearen Optimierungsprogrammen, ein Vor- und Nachbearbeitungsprogramm mittels Finiter Elemente, ein Aufhängungskinematik-Analyseverfahren, ein graphisches Nachbearbeitungsprogramm für dynamische Systeme, ein Optimierungsprogramm für die Topologie, und Form mittels Finiter Elemente zur Verwendung im Ingenieurwesen, ein auf Finiten Elementen basierendes Lösungsprogramm, das die Formoptimierung beinhaltet, ein Vor- und Nachbearbeitungsprogramm für die Festkörpermodellierung zur Topologie- und Formoptimierung, ein Verfahren für wissenschaftliche Darstellungen und Zeichnungen zur Verwendung durch Ingenieure, Wissenschaftler und Studenten, und ein Vor- und Nachbearbeitungsprogramm mit einem integrierten Lösungsverfahren mittels Finiter Elemente für die Blechherstellung"

zur Eintragung als Wortmarke angemeldete Bezeichnung

"HYPERWORKS"

wurde durch zwei Beschlüsse der Markenstelle, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft, denn die Bezeichnung "HYPERWORKS" stelle in Bezug auf die beanspruchten Waren eine beschreibende Sachaussage dar. Sowohl das Präfix "Hyper-" im Sinne von "Über-, Super-" als auch "Works" seien dem inländischen Verkehr geläufig und verständlich; die Zusammensetzung werde ohne weiteres als "Super Arbeiten" oder "Arbeiten, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen" verstanden, mithin als Bezeichnung einer wesensbestimmenden Eigenschaft der beanspruchten Waren. Der Marke, die auch keine möglicherweise schutzbegründende Mehrdeutigkeit aufweise, fehle daher jegliche Unterscheidungskraft. Ob darüber hinaus auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber bestehe, könne dahingestellt bleiben.

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses anstrebt. Sie trägt vor: Auch wenn sich für Wortkombinationen aus dem Bestandteil "HYPER" und einem weiteren an sich beschreibenden Bestandteil immer ein bestimmter Bedeutungsinhalt konstruieren lasse, bedeute dies nicht in jedem Fall, dass damit ein konkreter, eindeutig beschreibender Sinngehalt gegeben wäre. Gerade die von der Markenstelle herangezogene Umsetzung von "HYPERWORKS" in "Arbeiten, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen" sei in Bezug auf die beanspruchten Waren keineswegs so eindeutig, dass er ohne zusätzliche Angaben als beschreibend verständlich wäre. Die Beschaffenheit oder Bestimmung der beanspruchten Software sei allenfalls im Sinne einer positiven Assoziation als Qualitätsanpreisung angedeutet, ansonsten aber unbestimmt.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin das Warenverzeichnis dadurch beschränkt, dass sie die Angabe "insbesondere" durch "nämlich" ersetzt hat.

II.

Die Beschwerde musste in der Sache Erfolg haben, da der Eintragung der angemeldeten Marke jedenfalls für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses verbliebenen Waren absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegenstehen.

Mit der Einschränkung des Warenverzeichnisses wird Schutz nur noch für Computersoftware beansprucht, die hoch spezialisierte technische und wissenschaftliche Verfahren zum Gegenstand hat. In Bezug auf solche Waren, die sich an einen besonders qualifizierten Abnehmerkreis, nämlich Ingenieure, Wissenschaftler und Studenten richten, ist ein Verständnis der Marke in dem von der Markenstelle genannten Sinn einer Software, mit der Arbeiten mit besonderer Qualität oder besonderem Aufwand durchgeführt werden können, nicht anzunehmen. Dagegen spricht schon, dass die Pluralform des Wortes "Arbeit" im üblichen englischen Sprachgebrauch nicht "works" lautet, denn im Sinne von "Arbeit, Mühe" bildet "work" ein Singularetantum. Im Plural bedeutet "works" dagegen ausschließlich "Bauten, Anlagen, Fabrik, Getriebe" (vgl Langenscheidts Großwörterbuch, Teil I Englisch, 2001, S 1248/1249; Webster's Encyclopedic Unabridged Dictionary of the English Language, 1996, S 1644). Dies wird den nunmehr angesprochenen Fachkreisen in der Regel ebenso bekannt sein wie die Tatsache, dass es sich bei der von der Markenstelle genannten Software "Works" um ein geschütztes Zeichen von Microsoft handelt, das nicht den Schluss zulässt, "HYPERWORKS" sei die sprachübliche Bezeichnung für ein supergutes Arbeitsprogramm bzw eine Software, mit der über das gewöhnliche Maß hinaus gearbeitet werden kann. Einem solchen Verständnis steht zu dem entgegen, dass das Präfix "HYPER" im Softwarebereich in erster Linie die spezielle Bedeutung einer "Über-Verbindung" im Sinne einer hierarchischen Informationsstruktur hat (vgl DATA BECKER, Das große Internet&PC-Lexikon 2001/2002, S 480, 481, Stichworte Hypertext, Hyperlink).

Unter diesen Voraussetzungen kann nicht festgestellt werden, dass die lexikalisch nicht nachweisbare neue Wortkombination "HYPERWORKS" eine ohne weiteres verständliche Sachaussage über die noch beanspruchte Computersoftware vermittelt. Die zur - auch experimentellen - Analyse, Berechnung und Formoptimierung von Festkörperteilen mittels der "Finite-Elemente-Methode" bestimmte Software (vgl dazu Brockhaus Enzyklopädie, 1996, Bd 7, S 326) mag zwar einen sachlichen Bezug zu Bauten oder Anlagen aufweisen. In Verbindung mit dem Präfix "HYPER" vermittelt der Begriff "WORKS" aber keine klare und eindeutige Information über den Bestimmungszweck und die Beschaffenheit der Software, sondern läßt für den Fachmann allenfalls bei einiger Überlegung einen möglichen Sachhinweis erkennen.

Die angesprochenen Abnehmerkreise werden der angemeldeten Bezeichnung folglich keine andere Bedeutung zumessen als die, auf den Hersteller oder Vertreiber der so gekennzeichneten Produkte hinzuweisen. Die angemeldete Marke entbehrt mithin als Fantasiebezeichnung für die genannte spezialisierte Computersoftware nicht jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Aus den genannten Gründen bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Bezeichnung "HYPERWORKS" von den Mitbewerbern als beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren gegenwärtig oder künftig benötigt wird (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Gegen ein Freihaltungsbedürfnis spricht dabei noch als zusätzliches Indiz die Voreintragung der angemeldeten Marke im Principal Register der USA (vgl BGH GRUR 2001, 1046 GENESCAN).

Dr. Schermer Richter Schwarzkann wegen Urlaubsnicht unterschreiben.

Dr. Schermer Dr. van Raden Pü






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Beschluss v. 09.12.2003
Az: 27 W (pat) 10/03


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