Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. März 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 57/03

(BPatG: Beschluss v. 15.03.2005, Az.: 27 W (pat) 57/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat, nach vorangegangener Beanstandung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, durch den angegriffenen Beschluss die Anmeldung der Marke CANLOG für

"Elektronische Schaltungen, industrielle Netzwerke, insbesondere Netzwerke in Kraftfahrzeugen, Komponenten und Systeme für die industrielle Netzwerktechnik; Datenerfassungs- und Auswerteeinrichtungen, Geräte für die Wiedergabe von Daten, elektronische Speicher, Ringspeicher, PROMs, Sensoren; Handbücher; Erstellen von Programmen für die Erfassung und Auswertung von Daten, Erstellung von Programmen für Aufzeichnungsfilter"

zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angemeldeten Marke stehe ungeachtet der Frage der Unterscheidungskraft jedenfalls das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Der Begriff "CAN" stelle auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung einen Fachbegriff dar, der für "Controller Area Network" stehe, "LOG" sei verständlich als "Protokoll, Datei". Die angemeldete Marke besage in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für Controller Area Networks angeboten würden oder mit diesen im Zusammenhang stünden.

Die von der Anmelderin geltend gemachte Voreintragung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt könne an dieser Beurteilung nichts ändern.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Zur Begründung führt sie aus, das Patentamt habe eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise des fantasievollen Gesamtbegriffs "CANLOG" vorgenommen. Selbst wenn man dies als zulässig ansähe, bleibe es bei der Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke, weil die einzelnen Wortbestandteile schon für sich genommen mehrdeutig seien, denn es seien jeweils verschiedene Übersetzungen möglich. Das Wort "CAN" könne beispielsweise als Abkürzung für den Kanadischen Dollar dienen, bedeute daneben auch "Büchse, Dose, Kanister, Kanne, Konservenbüchse" sowie als Verb "können"; "LOG" sei eine Ankürzung für "Logarithmus", bedeute aber auch "Baumstamm, Fahrtenbuch, Holzklotz, Protokoll oder Tagebuch". Damit sei ein eindeutig beschreibender Inhalt der Einzelbestandteile und erst recht der vielfältig interpretierbaren Gesamtbezeichnung nicht festzustellen und die Bezeichnung folglich nicht für Mitbewerber freizuhalten. Auch die erforderliche Unterscheidungskraft sei gegeben.

An der mündlichen Verhandlung, zu deren Vorbereitung der Senat mit Verfügung vom 1. September 2003 auf zahlreiche Fundstellen bezüglich der Bedeutung der Wortbestandteile "CAN" und "LOG" verwiesen hatte, hat die Anmelderin entsprechend vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung steht schon das absolute Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft des Zeichens i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Zudem spricht vieles für ein Freihaltungsbedürfnis i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Letztere Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solcher anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden.

Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rdn. 70 m.w.N.).

In diesem Sinne kommt dem angemeldeten Wortzeichen "CANLOG" die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu. Einem sprachüblich gebildeten Wortzeichen aus Bestandteilen, die aus einer geläufigen fremden Sprache stammen und die als solche schon in die deutsche Umgangssprache eingegangen sind, fehlt jede Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr das Zeichen angesichts der ohne weiteres verständlichen begrifflichen Bedeutung nur in diesem Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel versteht (BGH a.a.O. - Cityservice). Die Markenstelle hat zutreffend festgestellt, dass das angemeldete Markenwort aus den beiden ursprünglich der englischen Sprache entnommenen Bestandteile "CAN" und "LOG" gebildet ist. Auch wenn diese zu einem einzigen Wort zusammengezogen sind, handelt es sich erkennbar um zwei Wörter mit eigenem Bedeutungsgehalt, die für die Frage der Eintragungsfähigkeit zunächst separat zu betrachten sind, ohne dass es sich deshalb um eine unzulässige "zergliedernde Betrachtungsweise" handeln würde (EuGH MarkenR 2004, 393 - SAT. 2, Rdn. 28). Die Zusammenschreibung mag dem englischen Sprachgebrauch in der korrekten Schriftsprache nicht entsprechen, doch ist sie, wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen aus dem EDV-Bereich bekannt ist, jedenfalls in diesem Marktsegment nicht unüblich. Für hier verwendete Wortkombinationen, denen der Charakter generischer Begriffe zukommt, gibt es in der Praxis keine einheitliche Regel (Getrenntschreibung, Zusammenschreibung mit und ohne Binnengroßschreibung, Wiedergabe mit großen oder kleinen Anfangsbuchstaben, vgl. z.B. die - zurückweisenden - Senatsentscheidungen CITYCONNECT, Easy Dialog, EASYDRIVE, FleetDirect, FLEETFAX, JITPlant, JOB/Perfect, metatool, miniLAN, openCTI, passive USB, ProRaid u.a.m., sämtlich veröffentlicht auf PAVIS CD-ROM). Beide Wörter weisen lediglich einen rein beschreibenden Inhalt auf und ergeben auch in ihrer Kombination keine über die Summe der Einzelbestandteile hinausgehende ungewöhnliche Änderung in sprachlicher oder begrifflicher Hinsicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 111 ff., - BIOMILD, Rdn. 39). Insoweit wird auf die Ausführungen der Markenstelle Bezug genommen, denen die Anmelderin nicht überzeugend entgegengetreten ist.

Die von der Anmelderin angeführten verschiedenen Übersetzungen und Bedeutungen der beiden in Frage stehenden Wörter führen nicht zu einer die Unterscheidungskraft begründenden Mehrdeutigkeit der Gesamtwortfolge im rechtlichen Sinne, denn bei der Beurteilung, wie ein Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen wahrgenommen wird, ist grundsätzlich auf die konkreten Waren und Dienstleistungen abzustellen, für die das Zeichen angemeldet ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517- Linde u.a., Rdn. 41; MarkenR 2004, 99, 103 - Postkantoor, Rdn. 34). In Verbindung mit elektronischen Schaltungen und Komponenten, die, wie sich aus dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis und den Ausführungen der Anmelderin im Schriftsatz vom 19. Januar 2005 ergibt, in Netzwerke insbesondere in Fahrzeugen integriert sind, bei denen ein Bussystem verwendet wird, können die hier angesprochenen Abnehmerkreise, nämlich Elektronik-Spezialisten im Kraftfahrzeugbau, die Bezeichnung "CANLOG" nicht anders als in der beschreibenden Bedeutung eines mit einem "Controller Area Network" in Verbindung stehenden Bauteils bzw. einer darauf bezogenen Dienstleistung verstehen, bei der die Aufzeichnung der Inhalte dieses Networks eine Rolle spielt. Dabei mag es sein, dass mit dieser Aussage nicht auf die konkrete technische Funktionsweise oder bestimmte Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hingewiesen wird. Daraus folgt entgegen der Ansicht der Anmelderin aber nicht, dass der Verkehr mit der Bezeichnung "CANLOG" die Vorstellung eines betrieblichen Herkunftshinweises verbindet. Dagegen spricht, dass es sich bei "CAN" ebenso wie bei "LOG" um Begriffe handelt, die in der hier relevanten Fachsprache allgemein bekannt sind und auch in ihrer Kombination keinen Begriffsinhalt haben, der über die naheliegende Gesamtbedeutung "Protokoll des Inhalts eines Controller Area Network" hinausginge. Auf die im Schreiben des Senats vom 1. September 2003 genannten Fundstellen der einschlägigen Fachlexika wird insoweit Bezug genommen. Um demgegenüber zu originellen Deutungen wie "Konservendosen-Tagebuch" oder "Kanada-Dollar-Holzklotz" zu gelangen, bedürfte es einer analysierenden, hintergründigen Betrachtungsweise, zu der der Verkehr, wie die Anmelderin zu Recht anmerkt, aber nicht neigt.

Angesichts der in der angemeldeten Bezeichnung "CANLOG" verkörperten Sachaussage, die Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichnet, wird der angesprochene Verkehr, wenn er solchermaßen gekennzeichneten Produkten begegnet, keine Veranlassung haben, in dieser Kennzeichnung etwas anderes zu sehen als diese Sachaussage. Damit ist die angemeldete Bezeichnung zur Herstellerkennzeichnung nicht geeignet. Bei dieser Sachlage kann es dahin stehen, ob die Marke auch im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugunsten der Mitbewerber freizuhalten ist, was angesichts des sachbezogenen Inhalts indes nahe liegt.

Die Eintragung der wortgleichen Marke "CANLOG" beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt kann einen Eintragungsanspruch der Anmelderin nicht begründen. Im vorliegenden Verfahren war allein zu prüfen, ob die angemeldete Marke von den relevanten deutschen Verkehrskreisen als klar beschreibend erkannt und verstanden wird, was, wie dargelegt, hier der Fall ist. Eine von ausländischen oder gemeinschaftsrechtlichen Voreintragungen divergierende nationale Beurteilung der Schutzfähigkeit der Marke ist in solchen Fällen hinzunehmen.

Die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind auch nicht im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden. Die Anmelderin hat nicht hinreichend dargelegt, dass sich die Marke aufgrund von Benutzung bei den beteiligten Verkehrskreisen in Deutschland durchgesetzt hat. Die im Schriftsatz vom 19. Januar 2005 genannten "Millionen von CAN Bus Systemen" in Fahrzeugen sagen zwar über die Verwendung von "Controller Area Networks" und damit auch von CAN-Log-Systemen etwas aus, geben indes keinen Aufschluss über die Durchsetzung der konkret angemeldeten Marke für die sich zudem keineswegs auf Fahrzeuge beschränkenden Waren und Dienstleistungen.

Dr. Schermer Richterin Prietzel-Funkkann wegen Urlaubs nicht unterschreiben Dr. Schermer Dr. van Raden Na






BPatG:
Beschluss v. 15.03.2005
Az: 27 W (pat) 57/03


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