Brandenburgisches Oberlandesgericht:
Urteil vom 10. Januar 2013
Aktenzeichen: 5 U 54/11
(Brandenburgisches OLG: Urteil v. 10.01.2013, Az.: 5 U 54/11)
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das am 29. März 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 12 O 438/10, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.869,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 29. Juni 2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 8% und der Beklagte 92% zu tragen, von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 10% und der Beklagte 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert 1. Instanz: 8.152,44 €Streitwert 2. Instanz: 7.394,44 €
Gründe
I.
Die Klägerin vermittelt im Rahmen eines Versicherungsvertretervertrages für von ihr vertretene Versicherungsgesellschaften als Handelsvertreterin Kapitalanlagen, Bausparverträge und Lebensversicherungen. Der Beklagte war aufgrund eines inzwischen gekündigten Vertrages für die Klägerin als Untervertreter (€Finanzdienstleister€) tätig.
In Bezug auf die vom Beklagten vermittelten Verträge übernahm die Klägerin die monatliche Provisionsabrechnung. Sie bevorschusst die Provisionen ihrer Finanzdienstleister, indem sie deren Provision vorab aus ihrer eigenen Hauptprovision aus dem Geschäft auszahlt, obgleich in diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob die Bedingung (Policierung) eintreten wird. Von der ihm seitens der Klägerin eingeräumten Möglichkeit der kostenpflichtigen Einrichtung eines eigenen Zugangs zu dem konzerninternen O€-System hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Für ihn bestimmte Mitteilungen, insbesondere Stornogefahrmitteilung, sind deshalb über das O€-System an seine sog. Führungskraft gesandt worden.
Hierzu trifft der Finanzdienstleistervertrag folgende Regelungen:
Ziff, 12.4.1: €Nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wird die Abschlussprovision in den Sparten Lebens-, Kranken- und Sachversicherung vorbehaltlich der nach Ziff. 14 zu leistenden Sicherheiten in Höhe der zu erwartenden Provision diskontiert. Der Provisionsvorschuss ist unverdient, solange der Finanzdienstleister den Anspruch auf Provision gemäß Ziff.12.5. noch nicht endgültig erworben hat.
Ziff. 12.5.1: €Der Anspruch des Finanzdienstleisters auf Vergütung teilt das Schicksal der Prämie. Die Provision ist erst dann verdient, wenn und soweit der Kunde die Prämie, den Beitrag oder das Entgelt bezahlt hat, aus der sich die Provision nach der Provisionsliste errechnet und wenn die E€ die Provisionszahlung ihrerseits von der Partnergesellschaft erhalten hat. (€)
Zur Abrechnung enthält der Finanzdienstleistervertrag u.a. folgende Regelungen:
Ziff. 13.1: Über Vorschüsse und Provisionen, auf die der Finanzdienstleister Anspruch hat, rechnet die E€ monatlich ab. (€)
Ziff. 13.3: Die Verbundenheit der E€ mit zahlreichen Partnerunternehmen und die große Produktvielfalt bedingen komplexe Abrechnungsvorgänge. Um dem Finanzdienstleister einen Überblick über seine jeweiligen aktuellen Einkommensverhältnisse zu verschaffen, führt die E€ ein laufendes Agenturkonto für den Finanzdienstleister, auf dem sie die ihr von den Partnerunternehmen mitgeteilten Vorschüsse, Provisionen und Provisionsrückforderungen zusammenfasst, etwaige Sollsalden mit Habensalden verrechnet und das sich ergebende Guthaben nach Abrechnung an den Finanzdienstleister auszahlt (...).
Ziff. 13.5: Der Finanzdienstleister unterrichtet die E€ unverzüglich darüber, dass etwaige ihm von den Partnergesellschaften (€) mitgeteilten Storni und sich daraus ergebende Salden unrichtig sind, damit die E€ etwaige entstehende Differenzen möglichst umgehend aufklären kann.
Ziff. 13.6: Die von der E€ bis Dezember des laufenden Jahres erteilten Abrechnungen der letzten zwölf Monate sind von dem Finanzdienstleister zum 31. März des folgenden Jahres umgehend und sorgfältig auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen, Sind keine Beanstandungen zu erheben, erteilt der Finanzdienstleister der E€ jeweils bis zum Ablauf der vorstehenden Prüfungsfrist eine Saldobestätigung, mit der er die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung bestätigt. (€)
Unter der Rubrik €Nachbearbeitungsaufträge€ ist u.a. folgendes geregelt:
Ziff. 10.1: Weisen die E€ oder (€) den Finanzdienstleister auf einen Zahlungsrückstand bei einem von ihm vermittelten Vertrag hin, sodass die Stornierung des Vertrages (€) droht (Stornogefahrmitteilung), bearbeitet der Finanzdienstleister den Not leidenden Vertrag unverzüglich nach. Der Finanzdienstleister wird sich in diesem Fall spätestens innerhalb von 14 Tagen seit Zugang des Nachbearbeitungsauftrags mit dem betreffenden Kunden in Verbindung setzen. (€)
Ziff. 10.4: Wird der Nachbearbeitungsauftrag aus einem vom Finanzdienstleister zu vertretenden Grund nicht innerhalb der Frist nach Ziff. 10.1 dieses Vertrages erledigt, so verliert dieser den Anspruch auf Provision auch dann, wenn die E€ nach Fristablauf mit Erfolg Nachbearbeitungsbemühungen entfaltet (€)€
Darüber hinaus haben die Parteien am 4. Mai 2009 einen Zusatzvertrag zum Finanzleistungsvermittlervertrag über sogenannte Internetleads geschlossen, auf dessen Grundlage die Klägerin dem Beklagten Datensätze von Kundeninteressenten entgeltlich zur Verfügung stellte. Die Klägerin selbst ist kein Leads-Anbieter, die Datensätze kauft sie vielmehr ihrerseits ein. Zur Durchführung der Leadslieferungen bedient sich die Klägerin der Firma T€ GmbH, die die Leads im Auftrag der Klägerin an den Beklagten lieferte.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten wegen behaupteter Vertragsstornierungen unverdiente Provisionsvorschüsse in Höhe von insgesamt 4.489,21 € zurückgefordert, ferner Seminargebühren in Höhe von 380,00 € sowie einen Vorschuss in Höhe von 647,28 €, der mit Provisionsansprüchen verrechnet werden sollte, die aber nicht mehr verdient wurden.
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Rückzahlungsanspruch sei nicht entstanden, weil die Klägerin ihrer Pflicht aus § 87 c Abs. 2 HGB zur Vorlage eines vollständigen Buchauszuges nicht nachgekommen sei. Die Provisionsabrechnungen der Klägerin entsprächen nicht den Anforderungen des § 87 c Abs. 1 HGB, er habe sie zudem weder ausdrücklich noch stillschweigend durch Hinnahme anerkannt. Darüber hinaus habe er von der Klägerin keine Stornogefahrmitteilungen erhalten und damit keine Möglichkeit gehabt, die Verträge zu retten. Der Vortrag zu den angeblich stornierten Verträgen sei unzureichend und lasse nicht erkennen, dass die genannten Verträge tatsächlich storniert wurden. Anspruch auf Provisionsrückzahlung in Höhe von 647,38 € bestehe nicht; es sei nicht dargelegt worden, auf welches Geschäft die Vorschusszahlung erfolgt sein solle.
Mit der Hilfsaufrechnung erstrebt der Beklagte zum einen die Rückzahlung von 2.635,85 €, die er an die Klägerin für - nach Auffassung des Beklagten mangelhafte - sog. Internetleads gezahlt hat. Keine der in den sog. Internetleads genannten Personen habe Interesse an einer Beratung oder einem Vertragsschluss gehabt, er habe mit diesen Leads keine Einnahmen generieren können. Der Zusatzvertrag über die Internetleads verstoße gegen § 86a Abs. 1 HGB, da er für die Überlassung der Kundendaten habe zahlen müssen. Der Vertrag sei auch wegen unangemessener Benachteiligung nach §§ 305 ff BGB unwirksam, da er nicht habe prüfen können, ob die Daten ordnungsgemäß und unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen erhoben wurden. Dies werde mit Nichtwissen bestritten. Er sei auch außerstande gewesen, einem etwaigen Auskunftsverlangen von Betroffenen gemäß § 34 Abs. 1 BDSG zu entsprechen. Zudem erklärt er die Hilfsaufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe der Provisionsvorschüsse wegen stornierter Verträge, da er keine Stornogefahrmitteilungen erhalten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, mit der Begründung, die Klageforderung sei begründet und die Hilfsaufrechnung des Beklagten greife nur in Höhe von 2.635,85 € durch. In Bezug auf die Klageforderung hat es ausgeführt, Provisionsansprüche in Höhe von 4.489,21 € habe die Klägerin aus ihrer eigenen Hauptprovision für verschiedene Geschäfte vorab dem Beklagten ausgezahlt, diese Provision sei aber nicht endgültig ins Verdienen gebracht worden. Der Beklagte könnte nicht mit Erfolg einwenden, dass ihm Buchauszüge nicht ausgehändigt worden seien. Bezüglich der Vorgänge bis 2009 habe er entsprechende Saldenmitteilungen der Klägerin unterzeichnet und damit anerkannt, dass die jeweilige Abrechnung richtig sei. Soweit er geltend mache, zur Unterzeichnung faktisch gezwungen worden zu sein, habe er nicht vorgetragen, wenigstens versucht zu haben, die Abrechnungen inhaltlich zu überprüfen. Bezüglich der restlichen Verträge seien die entsprechenden Buchauszüge im Rechtsstreit vorgelegt und deren Inhalt vom Beklagten nicht substantiiert bestritten worden. Ein Bestreiten mit Nichtwissen sei unzulässig; es sei nicht Aufgabe des Gerichts, die Vorgänge im Einzelnen nachzuvollziehen. Eine Provision in Höhe von 647,38 € für erst zukünftig zu erwirtschaftende Umsätze ergebe sich aus der Provisionsabrechnung 01/2010. Der Beklagte habe insoweit nicht substantiiert dargelegt, dass die Verrechnungen unrichtig sind.
Die Hilfsaufrechnung greife in Höhe von 2.635,85 € durch, weil der Beklagte insoweit einen Schadensersatzanspruch aus c.i.c. habe. Der Vertrag über die Lieferung von Datensätzen sei teilweise nichtig, da er den Beklagten hinsichtlich der Reklamationsmöglichkeiten unangemessen benachteilige. Die Verwendung unwirksamer Klauseln verpflichte auch zur Leistung von Schadensersatz, hier in Höhe der nutzlos erbrachten Aufwendungen. Im Übrigen sei die Hilfsaufrechnung erfolgreich. Zwar kämen bei unterbliebenen Stornogefahrmitteilungen Schadensersatzansprüche des Handelsvertreters in Betracht; diese bestünden aber nur ausnahmsweise in Höhe der entgangenen Provision, wenn der Handelsvertreter nachweise, dass er die Geschäfte durch weitere Vermittlungsbemühungen hätte €retten€ können.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt, soweit die Klage in Höhe von 2.635,85 € wegen durchgreifender Hilfsaufrechnung abgewiesen wurde. Das Landgericht habe übersehen, dass dem Beklagten auf die in Rechnung gestellten Internetleads unstreitig eine Gutschrift i.H.v. 464,10 € erteilt wurde. Zudem sei das AGB-Recht nicht anwendbar, da der Beklagte Unternehmer i.S.v. § 14 BGB im funktionalen Sinne sei; der Haftungsausschluss stelle keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB dar. Es handele sich um einen Informationskauf, bei dem der Beklagte gemäß §§ 453, 363 BGB die nicht ordnungsgemäße Erfüllung darlegen und beweisen müsse. Vor Geltendmachung von Schadensersatz habe der Beklagte zunächst Nacherfüllung verlangen müssen. Zudem seien in Bezug auf Leads zum Preis von insgesamt 1.291,15 € keine Reklamationen erhoben worden, so dass insoweit Gegenforderungen von vornherein ausschieden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Zahlung weiterer 2.635,85 € an die Klägerin zu verurteilen,
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil, soweit das Landgericht die Hilfsaufrechnung für begründet erachtet hat. Der in der Berufungsverhandlung gemäß § 141 ZPO angehörte Beklagte hat erklärt, dass er vor Abschluss des Vertrages über die Lieferung von Internetleads vom 4. Mai 2009 bereits mindestens einen weiteren Zusatzvertrag gleichen Inhalts mit der Klägerin abgeschlossen hatte. Er trägt weiter vor, nach der ersten Lieferung unbrauchbarer Internetleads, die sich nicht habe reklamieren lassen, derartige Internetleads in der Hoffnung auf bessere Qualität noch eine Zeit lang bezogen zu haben. Mit Internetleads besserer Qualität habe er die Verluste aufgrund anfänglich unbrauchbarer Leads ausgleichen wollen.
Mit seiner eigenen Berufung wendet der Beklagte sich gegen seine Verurteilung in Höhe von 2.392,74 €. Das Urteil werde hinsichtlich der stornierten Versicherungsverträge der Kunden K€, Ha€, S€, H€ und Sch€ angegriffen. Er habe keine Stornogefahrmitteilungen erhalten, mithin keine Kenntnis von den Stornierungen gehabt. Dementsprechend habe er keinen Beweis für etwaige Rettungsversuche vortragen können. Von der Stornogefahr bezüglich der von ihm selbst nachbearbeiteten Verträge habe er über einen Mitarbeiter, nicht aber durch Benachrichtigung seitens der Klägerin Kenntnis erlangt. Das Landgericht habe ferner rechtsirrig einen Schadensersatzanspruch in Höhe der vorgenannten Provisionen wegen unterbliebener Stornogefahrmitteilungen verneint. Bezüglich der Rückforderung eines Vorschusses in Höhe von 647,38 € habe das Landgericht zu Unrecht Ziff. 13.3 des Finanzdienstleistungsvermittlervertrages angewendet; ein Saldenausgleich sei dieser Regelung nicht zu entnehmen, zudem habe die Klägerin kein abschließendes Endsaldo aufgestellt. Unter Bezugnahme auf eine Abrechnung der Klägerin vom 12. August 2011 meint er, das ihn betreffende Verrechnungskonto weise einen Stand von 0,00 € aus.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit er zur Zahlung von mehr als 758,00 € nebst Zinsen verurteilt worden ist,
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt zum Rückerstattungsanspruch wegen unverdienter Provisionsvorschüsse weiter vor, aus den Anlagen K 42 und K 43 ergebe sich, dass der Beklagte selbst in Bezug auf zwei Verträge nachbearbeitend tätig geworden sei, mithin bewusst falsch vortrage, wenn er bestreite, von der Stornogefahr keine Kenntnis gehabt zu haben.
Der Senat hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, Störfallmitteilungen betreffend Stornofälle an den Beklagten abgesandt zu haben, durch uneidliche Vernehmung des Zeugen P€ W€. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. September 2012 (Bl. 527 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg (1.), die Berufung des Beklagten nur teilweise (2.).
1.
Mit ihrer zulässigen Berufung wendet sich die Klägerin dagegen, dass das Landgericht die Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen aus dem Zusatzvertrag über Internetleads für begründet erachtet hat. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Die Berufung ist in Höhe von 464,10 € schon deshalb erfolgreich, weil die Klägerin dem Beklagten in dieser Höhe wegen Beanstandungen mit Schreiben vom 1. September 2009 eine Gutschrift erteilt hat (Anlage K 39). Der Beklagte hat seine zur Aufrechnung gestellte Forderung deshalb bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 21. Februar 2011 (dort S. 6) entsprechend reduziert.
In Bezug auf die restliche aufgerechnete Gegenforderung kann offen bleiben, welche Ansprüche der Beklagte aus der behaupteten Mangelhaftigkeit des gelieferten Internetleads geltend machen will. Bei dem Zusatzvertrag handelt es sich um einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB, da es sich bei den Internetleads jedenfalls um €sonstige Gegenstände€ i.S.v. § 453 Abs. 1 BGB handelt. Der Vertrag verstößt nicht gegen § 86a HGB. Die Klägerin war weder gesetzlich noch vertraglich verpflichtet, dem Beklagten potentielle Kunden zu benennen.
Gewährleistungsansprüche setzen einen vom Beklagten vorzutragenden und zu beweisenden Mangel des Kaufgegenstandes voraus. Bereits daran fehlt es. Der Beklagte hat zwar in zweiter Instanz in Bezug auf einzelne Daten behauptet, die jeweiligen €Kunden€ seien nicht erreichbar bzw. nicht interessiert gewesen. Die Klägerin hält den entsprechenden Vortrag aber zu Recht für nicht hinreichend substantiiert. Soweit Unerreichbarkeit behauptet wird, hätte indessen konkret vorgetragen werden müssen, zu welchen Zeiten der Beklagte versucht hat, Kontakt mit den jeweiligen Personen aufzunehmen. Der Umstand, dass sich potentielle Kunden nicht interessiert gezeigt haben mögen, ist bereits nicht als Mangel der Daten zu werten, da dem Beklagten nur die Chance einer Vertragsanbahnung eingeräumt wurde. Zudem steht Gewährleistungsansprüchen des Beklagten wegen Lieferung mangelhafter Internetleads dessen Kenntnis eines etwaigen Mangels entgegen. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren eingeräumt, bereits vor Abschluss des in Rede stehenden Vertrages Internetleads von der Klägerin bezogen zu haben, die sich allerdings als unbrauchbar erwiesen hätten. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, worauf der Beklagte bei Abschluss eines weiteren gleichartigen Vertrages seine Hoffnung auf nunmehr mangelfreie Lieferung stützte.
Schließlich hat der Beklagte auch nicht hinreichend vorgetragen, dass die jeweiligen Daten nicht ordnungsgemäß erhoben worden wären. Es ist unstreitig, dass keiner der von ihm angesprochenen Interessenten derartige Einwände erhoben hat, entsprechendes hat der Beklagte auch nicht gegenüber der Klägerin geltend gemacht. Der Beklagte behauptet zwar pauschal, von der Klägerin keine Auskunft über die Namen derjenigen Anbieter erhalten zu haben, die die Internetleads generierten, legt jedoch nicht dar, dass (und ggf. wann) er die Klägerin hierzu konkret aufgefordert hätte. Allein die Behauptung, die Daten seien möglicherweise unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen erhoben worden, reicht zur Darlegung eines Mangels nicht aus. Soweit der Beklagte schließlich bestreitet, dass die dem Beklagten berechneten Kosten angefallen sind und dass die Klägerin die Internetleads ihrerseits bezahlt hat, ist nicht erkennbar, welchen Einfluss dies auf den vertraglichen Zahlungsanspruch der Klägerin haben könnte.
2.
Die Berufung des Beklagten hat nur zum Teil Erfolg, nämlich bezüglich der zurückgeforderten Vorschusszahlung in Höhe von 647,38 € (a). Demgegenüber ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass er zur Erstattung von unverdienten Provisionsvorschüssen in Höhe von 4.111,21 € verpflichtet ist (b). Wegen eines Provisionsvorschusses in Höhe von 378,00 € sowie weiterer Forderungen in Höhe von 380,00 € hat der Beklagte das Urteil nicht angefochten.
a) Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 647,39 € besteht nicht. Der Beklagte bestreitet zwar nicht, einen Vorschuss in Höhe von 1.700,00 € erhalten zu haben, wendet aber zulässigerweise ein, dass nicht erkennbar ist, wie sich der Betrag von 647,39 € errechnet. Die Klägerin behauptet zwar unter Hinweis auf €dem Beklagten bekannte€ Abrechnungen, dass er verrechenbare Provisionen nur in Höhe von 1.052,62 € erzielt habe, legt aber auch in zweiter Instanz eine entsprechende Abrechnung nicht vor. Da der Beklagte die Richtigkeit der Abrechnung bestreitet, wäre seitens der Klägerin ein entsprechender Nachweis zu erbringen gewesen. Die vom Landgericht in Bezug genommen Regelung unter Ziff. 13.3 des Vertrages zwischen den Parteien besagt lediglich, dass Soll- und Habensalden verrechnet werden, verpflichtet den Beklagten aber nicht zum Nachweis unrichtiger Verrechnung, solange keine nachvollziehbare Abrechnung vorliegt.
b) Es ist unstreitig, dass der Beklagte Provisionsvorschüsse in Höhe von 4.489,21 € erhalten hat. Er ist zur Erstattung des in zweiter Instanz noch streitigen Betrages in Höhe von 4.111,21 € gemäß Ziff. 12.5.4 des Finanzdienstleistervertrages mit der Klägerin sowie aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet.
aa) Auf das Verhältnis der Parteien, die als Haupt- und Untervertreter tätig geworden sind, ist gemäß § 84 Abs. 3 HGB das Handelsvertreterrecht der §§ 84 ff HGB anwendbar. § 84 Abs. 3 HGB stellt klar, dass auch mehrstufige Handelsvertreterverhältnisse möglich sind. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte als echter Untervertreter beschäftigt war, mithin zwischen den Parteien ein eigenständiges Handelsvertreterverhältnis bestand. Für das Verhältnis zwischen Untervertreter und Hauptvertreter gilt nichts anderes als für das Verhältnis zwischen Hauptvertreter und seinem Auftraggeber.
Der Provisionsanspruch des Untervertreters entsteht, sobald und soweit der Unternehmer (der Auftraggeber des Hauptvertreters, hier der Klägerin) das vom Untervertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat, § 87a Abs 1 S. 1 HGB. Er entfällt, wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer zahlt oder der Unternehmer, mag er auch seinerseits vom Kunden Zahlung erlangt haben, den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt, § 87a Abs 2 HGB (vgl. BGHZ 91, 370). Dem entspricht die Regelung im Finanzdienstleistungsvertrag zwischen den Parteien unter Ziff. 12.5.1.
Der Handelsvertreter kann gemäß § 87 c Abs. 2 HGB bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Im Einzelnen muss der Buchauszug alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann, also Umstände betreffend die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und Kunden. Gefordert ist ein €Spiegelbild€ der provisionsrelevanten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 87c Rn 15). Der Unternehmer schuldet den Buchauszug (anders als die Abrechnung selbst, Abs. 1) erst auf Verlangen des Handelsvertreters. § 87c Abs. 5 HGB macht die Regelung in Abs. 2 zwingend. Ein ausdrücklicher Verzicht auf die Rechte aus § 87 c HGB für die Vergangenheit ist aber möglich (Baumbach/Hopt, a.a.O., Rn 4, 29). Soweit ein Saldoanerkenntnis des Handelsvertreters vorliegt, ist der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nach § 87c HGB ausgeschlossen (Oetker, HGB, 2. Aufl. 2011, § 87c Rn 17 m.w.N.). Ein Saldoanerkenntnis stellt in der Regel einen Verzicht auf dem Handelsvertreter bekannte Einwendungen aus der früheren Zeit dar (BGHZ 56, 290).
Für die Zeit bis Ende 2009 hat das Landgericht zutreffend auf die Saldenanerkenntnisse des Beklagten abgestellt. An der Wirksamkeit dieser Erklärungen bestehen keine Zweifel; seinen - unsubstantiierten - Vortrag zu behauptetem Zwang zur Unterschriftsleistung hat der Beklagte nicht zum Anlass genommen, die Anfechtung der Erklärungen nach § 123 BGB zu erklären.
Der Wirksamkeit der Saldoanerkenntnisse steht auch nicht entgegen, dass die zugrundeliegenden Abrechnungen der Klägerin nicht hinreichend prüfbar wären. Zum einen sind formale Fehler der Abrechnungen nicht erkennbar, zum anderen hat der Beklagte derartiges auch nicht gerügt, obgleich er nach Ziff. 13.6. des Finanzdienstleistervertrages zu entsprechender Prüfung verpflichtet war. Als Handelsvertreter verfügte der Beklagte über ausreichende Geschäftserfahrung, um eine entsprechende Prüfung vorzunehmen. Für den von den Saldenanerkenntnissen nicht erfassten Zeitraum hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die entsprechenden Buchauszüge im Rechtsstreit vorgelegt worden sind; die hiergegen gerichteten Angriffe des Beklagten dringen mangels hinreichender Spezifizierung der vermeintlichen Unvollständigkeit nicht durch.
bb) Der Provisionsanspruch des Beklagten bestand auch gemäß § 87a Abs. 3 HGB fort. Nach dieser Vorschrift besteht auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtausführung nur, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (BGH NJW-RR 2005, 1196). Die Nichtausführung (Stornierung) eines Vertrages ist schon dann nicht vom Versicherungsunternehmen zu vertreten (§ 87a Abs. 3 S. 2 HGB), wenn es notleidende Verträge in dem gebotenen Umfang €nachbearbeitet€ hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden €Nachbearbeitung€ notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGH NJW 2011, 1590). Der Versicherer kann wahlweise entweder selbst Stornoabwehr betreiben oder dem Versicherungsvertreter durch zugangsbedürftige Stornomitteilung Gelegenheit geben, den notleidenden Vertrag selbst nachzubearbeiten (Stornogefahrmitteilungen).
Die Beweislast liegt für jeden einzelnen Versicherungsvertrag beim Versicherer. Der trotz Nichtausführung des Geschäfts Provision begehrende Handelsvertreter hat nur darzutun, dass die Nichtausführung feststeht. Der Unternehmer kann die Provisionspflicht nur abwenden durch den Nachweis, dass er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat (BGH BB 1989, 1077; Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl. 2012, § 87a Rn 30).
Im vorliegenden Fall hing demnach der Provisionsanspruch der Klägerin gegenüber dem jeweiligen Unternehmen davon ab, dass das Unternehmen entweder den Vertrag selbst nachbearbeitete oder der Klägerin Gelegenheit zur Nachbearbeitung einräumte, da der Vertrag andernfalls aus Gründen nicht ausgeführt worden wäre, den der Unternehmer zu vertreten hat. Der Beklagte wurde lediglich im Rahmen der Vertragsbeziehungen zwischen Hauptvertreter und Unternehmer tätig; seine Bemühungen beschränkten sich darauf, dem Hauptvertreter (Klägerin) bei der Erfüllung der von diesem gegenüber dem Unternehmer übernommenen Vertretungsaufgabe zuzuarbeiten (BGHZ 91, 370, Rz. 12).
Der Regelungszusammenhang des § 87a HGB gilt auch im Verhältnis von Haupt- und Untervertreter. In den Fällen der Nichtausführung des Vertrages kommt es nach § 87a Abs. 3 HGB darauf an, ob der Hauptvertreter die Umstände, auf denen die Nichtausführung beruht, zu vertreten hat (OLG Köln, VersR 2006, 71). Die Pflicht zur Nachbearbeitung besteht auch im mehrstufigen Vertretungsverhältnis, mit der Folge, dass die Klägerin vertragserhaltende Tätigkeiten entfalten musste. Da unstreitig mit dem Beklagten vereinbart war, dass dieser die Nachbearbeitung unmittelbar übernehme, musste die Klägerin diesem, sofern sie nicht selbst nachbearbeitete, hierzu € in Form der Übersendung von Stornogefahrmitteilungen € Gelegenheit geben.
Entschließt sich der Versicherer, der bei einem Versicherungsvertrag bestehenden Stornogefahr durch die Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Versicherungsvertreter entgegenzuwirken, und sendet er zu diesem Zweck eine Mitteilung, die diesen von ihrem Inhalt her in die Lage versetzt, seinerseits Stornogefahrabwehrmaßnahmen zu ergreifen, so rechtzeitig an den Versicherungsvertreter, dass bei normalem Verlauf mit deren rechtzeitigem Eingang zu rechnen ist, so ist er seiner Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maße nachgekommen (BGH NJW 2011, 1590).
Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Grundsätze ergibt sich in Bezug auf die noch streitgegenständlichen neun Vertragsverhältnisse folgendes:
· D€, V€ Ha..., LV 002325506, Provision 1.119,69 €, D€, V€ S€, SV 002263259, Provision 19,36 €, D€, V€ S€, LV 009676324, Provision 22,19 €:
In Bezug auf die vorstehenden Vertragsverhältnisse hat die Klägerin bewiesen, an den Beklagten per Briefpost so rechtzeitig Mitteilungen versandt zu haben, dass dieser in der Lage ist, Stornogefahrabwehrmaßnahmen zu ergreifen und, dass bei normalem Verlauf mit deren rechtzeitigem Eingang beim Beklagten zu rechnen war. Der hierzu vernommene Zeuge W€ hat bekundet, dass in diesen Fällen jeweils am 19. Juli 2010 eine Mitteilung postalisch an den Beklagten versandt worden ist und dies durch Vorlage einer entsprechenden Übersicht (Anlage zum Protokoll vom 27. September 2012) veranschaulicht. Es handele sich insoweit um die übliche Vorgehensweise nach Kündigung eines Vertretervertrages; der entsprechende Brief gehe im Rahmen eines geregelten Verfahrens in den Postausgang und werde dann postalisch versandt. Obgleich der Zeuge nicht persönlich mit der Postaufgabe der betreffenden Sendungen befasst war, steht bei dieser Sachlage zur Überzeugung des Senats mit Zweifeln Schweigen gebietender Gewissheit (§ 286 ZPO) fest, dass in diesen Vertragsverhältnissen Stornogefahrmitteilungen so rechtzeitig an die Privatanschrift des Beklagten per Post abgesandt worden sind, dass mit deren rechtzeitigem Eingang beim Beklagten zu rechnen war. Der Umstand, dass die Stornogefahrmitteilungen nicht unterschrieben waren, ist unschädlich, da Schriftform nicht vorgeschrieben ist.
· G€/V€ Ha..., LV 1407763952, Provision 257,52 € G€/V€ H€, LV 1341306462, Provision 1.116,93 €
In Bezug auf die vorgenannten Versicherungsverhältnisse bei der G€ Versicherung ist der Provisionsanspruch des Beklagten trotz Nichtdurchführung entfallen, weil der Beklagte die Verträge nach eigenem Bekunden selbst nachbearbeitet hat. Die Nichtausführung beruht demnach auf Umständen, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat.
· V€ S€, LV 1343423437, Provision 250,38 € H€ G€, V€ Sch€, LV 40010691962, Provision 582,10 € C€, V€ K€, LV 6396149 A, Provision 743,04 €
Hinsichtlich dieser Verträge ist der Klägerin der Nachweis der rechtzeitigen Absendung von Stornogefahrmitteilungen nicht gelungen. Der Zeuge W€ hat zwar bestätigt, dass insoweit Mitteilungen automatisch und maschinell (elektronisch) über das interne O€System abgesandt worden sind. Zu diesem System hatte aber unstreitig und auch nach Bekundung des Zeugen W€ nur ein Herr B€, die €Führungskraft€ des Beklagten, Zugang. Auch wenn der Beklagte Gelegenheit gehabt haben sollte, sich einen entsprechenden Zugang einrichten zu lassen, war er hierzu nicht verpflichtet; aus der reinen Absendung der Mitteilung an Herrn B€ kann deshalb nicht auf den Zugang beim Beklagten geschlossen werden. Soweit die Klägerin darauf verweist, die jeweilige Führungskraft habe in der Strukturorganisation die Handelsvertreter zur Nacharbeit anzuhalten, befreite sie dies nicht von dem Nachweis, dass Herr B€ den Beklagten über die einzelnen Stornogefahrmitteilungen informierte.
In Bezug auf diese Vertragsverhältnisse hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2005, Az. VIII ZR 237/04, Rz. 14) jedoch eigene Maßnahmen der Versicherungsunternehmen zur Stornoabwehr vorgetragen, die nach Art und Umfang ausreichend waren. Eine ausreichende Nachbearbeitung kann in der Versendung von Mahnschreiben an die Versicherungsnehmer nach Einstellung der Prämienzahlungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Einstellung der Prämienzahlung ergeben, bestehen, oder darin, dass in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Versicherungsnehmern schriftlich ein Gesprächsangebot unterbreitet und die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen bekundet wird (BGH a.a.O. Rz. 17).
Hinsichtlich des Vertrages LV 1343423437 hat das Versicherungsunternehmen den Versicherungsnehmer nach Zahlungseinstellung zweifach gemahnt, hinsichtlich des Vertrages LV 40010691962 ergibt sich die Nachbearbeitung aus dem mit Anlagenkonvolut K 17 vorgelegten Schreiben der H€-G€ AG vom 2. März 2010 (Bl. 63 d.A.). In Bezug auf den Vertrag LV 6396149 A gewährte die C€ Ltd. der Versicherungsnehmerin auf entsprechende Bitte mit Schreiben vom 14. April 2010 eine Beitragsherabsetzung (Anlagenkonvolut K 23, Bl. 136, 137 d.A.). Angesichts der vorgelegten Unterlagen bestreitet der Beklagte eigene Rettungsmaßnehmen der Versicherungsunternehmen nicht hinreichend substantiiert. Weitergehender Maßnahmen zur Stornoabwehr bedurfte es jedenfalls in Anbetracht der geringen Höhe der jeweils gefährdeten Provisionsansprüche nicht.
cc) Soweit der Beklagte im Berufungsrechtszug erstmals unter Bezugnahme auf eine Abrechnung der Klägerin vom 12. August 2011 meint, das ihn betreffende Verrechnungskonto weise einen Stand von 0,00 € aus, hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Agenturkonto aus der Zusammenfassung mehrerer Teilkonten der Partnergesellschaften bestehe, worüber jede monatliche Abrechnung informiere; der Kläger habe nur ein Teilkonto vorgelegt. Die vollständige Provisionsabrechnung 8/2011 legt sie als Anlage K 47 vor. Dem ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, insbesondere ist es unerheblich, dass im Finanzdienstleistungsvertrag von €einem Kontokorrentkonto€ die Rede ist, da dies Unterkonten nicht ausschließt.
dd) Aus den vorstehend genannten Gründen hat der Beklagte € ungeachtet des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen hierfür - keinen Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Stornogefahrmitteilungen, mit dem er gegen die Hauptforderung aufrechnen könnte.
3.
Der Streitwert für den Rechtsstreit 1. Instanz beträgt 8.152,44 € (= 5.516,59 € Klageforderung + 2.635,85 € Hilfsaufrechnung). Die (weitere) Hilfsaufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.489,21 € wegen unverdienter Provisionen bleibt bei der Streitwertbemessung außer Betracht. Da im zweiten Rechtszug die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 380,00 € und weiteren 378,00 € nicht angegriffen worden ist, beträgt der Streitwert für das Berufungsverfahren 7.394,44 €.
Nach § 45 Abs. 3 GKG erhöht sich im Falle der Hilfsaufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine rechtskraftfähige Entscheidung über sie ergeht. Bei einer Hilfsaufrechnung findet allerdings eine Streitwerterhöhung unter Berücksichtigung der auch im Gebührenstreitwertrecht angezeigten wirtschaftlichen Betrachtungsweise in den Fällen nicht statt, in denen die Ansprüche wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 506 zur Widerklage, § 19 Abs. 1 GKG a.F.; OLG Hamm, NZBau 2011, 495). Eine Zusammenrechnung hat grundsätzlich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine "wirtschaftliche Werthäufung" entsteht. Eine solche wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage liegt dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrages nach sich zieht (BGH a.a.O.).
Bei der danach auch im Fall der Hilfsaufrechnung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung sind der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung unverdienter Provisionen und der mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe wirtschaftlich identisch, da nicht beiden Ansprüchen zugleich stattgegeben werden könnte. Eine Addition beider Forderungen nach § 45 Abs. 3 GKG unterbleibt deshalb; der Streitwert der Klageforderung erhöht sich lediglich um die weiter zur Hilfsaufrechnung gestellte Forderung des Beklagten in Höhe von 2.635,85 €.
4.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
In erster Instanz unterliegt der Beklagte bei einem Streitwert von 8.152,44 € in Höhe von 7.505,06 € (4.869,21 € der Klageforderung + 2.635,85 € Hilfsaufrechnung), in zweiter Instanz unterliegt er bei einem Streitwert von 7.394,44 € in Höhe von 6.747,06 € (4.111,21 € Klageforderung + 2.635,85 € Hilfsaufrechnung).
5.
Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor.
Brandenburgisches OLG:
Urteil v. 10.01.2013
Az: 5 U 54/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/cb9f3d61d660/Brandenburgisches-OLG_Urteil_vom_10-Januar-2013_Az_5-U-54-11