Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 289/99
(BPatG: Beschluss v. 12.12.2000, Az.: 24 W (pat) 289/99)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Für die nachstehend wiedergegebene IR-Marke 675 303 siehe Abb. 1 am Endewird in der Bundesrepublik Deutschland die Schutzbewilligung begehrt für die Waren
"Preparations pour blanchir et autres substances pour lessiver; preparations pour nettoyer; polir, degraisser et abraser; savons; parfumerie, huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux; dentifrices."
Die Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der schutzsuchenden IR-Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland teilweise verweigert, nämlich für die Waren
"savons; parfumerie, huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux; dentifrices"
mit der Begründung, insoweit mangele es der Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft. "Green Tea" als der englische Begriff für "Grüner Tee" werde von entscheidungserheblichen Teilen des inländischen angesprochenen Verkehrs erkannt und als Sachhinweis auf einen wesentlichen Inhaltsstoff der damit gekennzeichneten Erzeugnisse aufgefaßt werden. Der hiergegen gerichteten Erinnerung hat die Markenstelle den Erfolg versagt, wobei als zusätzliche Begründung ausgeführt worden ist, daß "Green Tea" als Hinweis auf einen wesentlichen Inhaltsstoff auch freihaltungsbedürftig sei.
Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt.
Ihrer Ansicht nach darf der IR-Marke der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nicht vorenthalten werden. Die Marke erschöpfe sich aufgrund des fremdsprachigen Charakters der Wortfolge "Green Tea" und der eigentümlichen Schrift nicht in der unter Umständen beschreibenden und freihaltungsbedürftigen Angabe "Grüner Tee". Im übrigen sei mit der Vorschrift des § 23 Nr 2 MarkenG das Recht aus der Marke gegenüber einer beschreibenden Verwendung des Begriffs "Grüner Tee" hinreichend abgegrenzt. Schließlich erzeuge die Ursprungseintragung in Italien eine Indizwirkung gegen die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an der schutzsuchenden IR-Marke.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II Die Beschwerde ist unbegründet.
Zu Recht hat die Markenstelle für Klasse 3 IR der IR-Marke "Green Tea" für die Waren "savons; parfumerie; huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux; dentifrices" den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland gemäß §§ 107, 113, 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (iVm Art 5 Abs 1 MMA, Art 6 quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ) verweigert.
Nach der genannten Vorschrift des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung - unter anderem - der Beschaffenheit der Waren dienen können (vgl zB BGH GRUR 2000, 882, 883 mwRspr "Bücher für eine bessere Welt"). In einer solchen Angabe erschöpft sich die schutzsuchende IR-Marke mit ihrer Wortfolge "Green Tea" in der gewählten Schrift.
"Green Tea", also grüner Tee hat aufgrund seiner zahlreichen Inhaltsstoffe multifunktionelle Eigenschaften, die zu vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten auch im Bereich der Kosmetik führen (zu Einzelheiten vgl den dem angefochtenen Erstbeschluß beigefügten Aufsatz "Biologische und pharmakologische Wirkung des grünen Tees", SÖFW-Journal, 122. Jahrgang 7/96, S 468, 470 sowie die beiden dem Senatsschreiben vom 10. August 2000 beigefügten Artikel "Für Gesundheit und Schönheit: Grüner Tee", PARFÜMERIE AKTUELL 7/8 2000, S 62 f und "BODY & SOUL Kosmetik für Schönheit und Wohlbefinden", PARFÜMERIE AKTUELL 6/2000, S 40 f). Insoweit ist mittlerweile sogar von "Tee-Kosmetik" (zB von Claire Fisher, Betrix, Dior, Monteil) die Rede (vgl eine der Anlagen zum angefochtenen Erstbeschluß). Grüner Tee gelangt mithin nicht nur in dem Warenbereich der Reinigung und Pflege der Haut, der Haare und der Zähne zum Einsatz (vgl die Anlagen zu den angefochtenen Beschlüssen und zur Terminsladung des Senats); gefragt ist er auch als Inhaltsstoff in Parfüms und als Teesamenöl (vgl die oben erstgenannte Anlage zum Senatsschreiben vom 10. August 2000).
Bei dem Begriff "Grüner Tee" handelt es sich somit um die Bezeichnung eines wesentlichen Inhaltsstoffes der von der Schutzverweigerung erfaßten kosmetischen Erzeugnisse, der nach den zutreffenden Gründen des angefochtenen Erstbeschlusses vergleichbar ist mit Aloe Vera, Jojoba, Gingko biloba. "Grüner Tee" ist - wie sich aus den den angefochtenen Beschlüssen und der gerichtlichen Terminsladung beigefügten Verwendungsbeispielen ergibt - bereits derzeit in umfangreichem beschreibenden Gebrauch und muß daher dem Handelsverkehr zur ungehinderten beschreibenden Benutzung erhalten bleiben.
Dem kann die Markeninhaberin nicht entgegenhalten, daß sich die schutzsuchende IR-Marke von dem Begriff "Grüner Tee" durch Fremdsprachigkeit in Verbindung mit der gewählten Schrift in entscheidungserheblicher Weise abhebe. Zum einen ist auf dem Warengebiet der Kosmetik die Verwendung englischer Begriffe - neben französischen - seit langem branchenüblich (vgl BPatG Mitt 1970, 173). Zudem gehören hier die beiden Wörter "green" und "tea" zum englischen Grundwortschatz und sind mit den beiden entsprechenden deutschen Wörtern sprachverwandt, so daß das Allgemeinverständnis von "Green Tea" außer Frage steht (vgl dazu auch BGH GRUR 1998, 394, 396 "Active Line"). Dementsprechend verwendet die Firma Elizabeth Arden für eine Pflegeserie zusammen mit der Darstellung eines (Tee)Blattes den erläuternden Hinweis "Green Tea - Balsam und pure Frische für Körper, Geist und Seele" (vgl eine der Anlagen zu der erwähnten Terminsladung und die zweitgenannte Anlage zum Senatsschreiben vom 10. August 2000). Zum anderen handelt es sich bei der gewählten doppellinigen Schrift um eine gängige Schrifttype ohne jeglichen schutzbegründenden graphischen Überschuß. Dies ergibt sich allgemein aus den der Terminsladung beigefügten Schriftenverzeichnissen, aber auch konkret aus der dem angefochtenen Erinnerungsbeschluß anliegenden Abbildung einer Flasche mit der Aufschrift "IVOIRE DE BALMAIN" (vgl dazu auch BGH aaO "Active Line" mit dem nachfolgenden Hinweis der Schriftleitung auf den unveröffentlichten Beschluß des BGH vom 19. Juni 1997 I ZB 8/95, in dem es um die Freihaltungsbedürftigkeit von "Active Line" in einer schreibschriftartigen Gestaltung ging, welche vom BGH nicht als schutzbegründend angesehen worden ist).
Soweit sich die Markeninhaberin gegen ein Freihaltungsgebot an der schutzsuchenden IR-Marke darauf beruft, daß die Verwendung von "Green Tea" gemäß § 23 Nr 2 MarkenG den Mitbewerbern unbenommen bleibe, verkennt diese Argumentation den unterschiedlichen Regelungsgehalt des Schutzhindernisses des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG einerseits und der Schutzschranken des § 23 Nr 2 MarkenG andererseits. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG soll dem Freihaltungsbedürfnis an beschreibenden Angaben dadurch dienen, daß er bereits das Entstehen entsprechender ungerechtfertigter Monopolrechte verhindert. Dagegen enthält § 23 Nr 2 MarkenG lediglich eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber im Verletzungsprozeß gegenüber möglicherweise zu Unrecht eingetragener Marken. Soweit also eine angemeldete Marke im Eintragungsverfahren als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe festgestellt wird, steht ihr das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zwingend entgegen, das durch § 23 Nr 2 MarkenG nicht beseitigt werden kann. Die gegenteilige Betrachtungsweise, die im Hinblick auf die späteren Verteidigungsmöglichkeiten des § 23 MarkenG von vornherein ein Freihaltungsbedürfnis an beschreibenden Angaben verneint, würde eine dahingehende Prüfung im Eintragungsverfahren gegenstandslos machen, was weder mit § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG noch mit der zugrundeliegenden obligatorischen Vorschrift des Art 3 Abs 1 Buchst c) der Markenrechtsrichtlinie vom 21. Dezember 1988 in Einklang zu bringen wäre (vgl zu dieser Abgrenzung Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 79; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 8 Rdn 53).
Deshalb hat auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ausdrücklich hervorgehoben, daß die (§ 23 Nr 2 MarkenG zugrundeliegende) Vorschrift des Art 6 Abs 1 Buchst b der Markenrechtsrichtlinie "keinen ausschlaggebenden Einfluß" auf die Auslegung des Eintragungsverbots beschreibender Angaben hat (EuGH GRUR 1999, 723, 726 Tz 28 "Chiemsee"; vgl hierzu auch Ströbele, WRP 2000, 1028, 1031 mwNachw). Desgleichen wird vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt der entsprechenden Vorschrift des Art 12 Buchst b der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV) keine Bedeutung für die Prüfung der absoluten Schutzhindernisse des Art 7 Abs 1 GMV zugebilligt (vgl HABM, 1. Beschwerdekammer, HABM-ABl 2000, 1652, 1670 "eform"). Dementsprechend hat nun auch der Bundesgerichtshof klargestellt, daß § 23 Nr 2 MarkenG der Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses an beschreibenden Angaben nicht entgegenstehe, zumal das Eintragungsverbot des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG auch dazu diene, das Risiko für die Benutzer beschreibender Angaben und das von einer eingetragenen Marke ausgehende Einschüchterungspotential in Grenzen zu halten (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt").
Soweit schließlich die Markeninhaberin auf die Ursprungseintragung in Italien hinweist und in ihr eine Indizwirkung gegen die Freihaltung der IR-Marke sieht, ist dem entgegenzuhalten, daß gemäß § 113 Abs 1 Satz 1 MarkenG, der insoweit von der Ermächtigung des Art 5 Abs 1 Satz 1 MMA Gebrauch macht, die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG auch bei der Prüfung schutzsuchender IR-Marken unmittelbar anzuwenden sind. Sie dürfen allerdings nach Art 5 Abs 1 Satz 2 MMA nur innerhalb der Grenzen der Art 6bis, 6ter und 6quinquies PVÜ geltend gemacht werden. Somit sind lediglich bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften der §§ 3, 8 und 10 die "Prüfungsstandards" der genannten Bestimmungen der PVÜ zu berücksichtigen (vgl BPatG GRUR 1996, 408, 409 "COSA NOSTRA" mwNachw; Althammer/Ströbele, aaO, § 113 Rdn 4). Nachdem aber nunmehr von einer grundsätzlichen inhaltlichen Übereinstimmung des Markengesetzes mit der PVÜ auszugehen ist (vgl hierzu auch den 12. Erwägungsgrund zur Markenrechtsrichtlinie, GRUR Int 1989, 294), kann die Prüfung der schutzsuchenden IR-Marke auf die Notwendigkeit ihrer Freihaltung nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.
Dr. Ströbele Werner Dr. Schmitt Mr/Fa Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/24W(pat)289-99.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 12.12.2000
Az: 24 W (pat) 289/99
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