Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. September 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 322/02

(BPatG: Beschluss v. 10.09.2003, Az.: 32 W (pat) 322/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die Eintragung der am 10. April 2000 für Waren aus Papier oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten, Fotografien, Druckereierzeugnisse, Aufkleber (Stickers), Plakate, Schilder aus Papier oder Pappe, Wimpel oder Fahnen aus Papier; Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen; Organisation und Durchführung von Fest- und Tanzveranstaltungen, insbesondere in Verbindung mit kulturellen Aktivitäten zur Brauchtumspflegeangemeldeten Marke 300 27 669 RATTEKÖPP ist Widerspruch aus der Marke 300 25 760 (Anmeldetag 3. April 2000)

Stammdesch Ratteköpperhoben worden, die für die Dienstleistungen Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten Schutz genießt. Der Widerspruch richtet sich nur gegen die für die jüngere Marke registrierten Dienstleistungen in Klasse 41.

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 3. Juli 2002 dem Widerspruch stattgegeben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke, nämlich für die Dienstleistungen Organisation und Durchführung von Fest- und Tanzveranstaltungen, insbesondere in Verbindung mit kulturellen Aktivitäten zur Brauchtumspflege, angeordnet. Es bestehe die Gefahr, dass die sich gegenüberstehenden Marken gedanklich in Verbindung gebracht und unter diesem Gesichtspunkt verwechselt würden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein rechtserheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise den im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen eigentümlich und phantasievoll wirkenden Bestandteil Ratteköpp der Widerspruchsmarke als das eigentliche Betriebskennzeichen ansehen werde, nicht aber den trotz mundartlicher Abwandlung eher sprachüblich verwendeten Bestandteil Stammdesch. Die Annahme, dass es sich bei den jeweiligen Dienstleistungen um solche eines Personenkreises namens "Ratteköpp" handele, sei keinesfalls fernliegend.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er hält eine Verwechslungsgefahr nicht für gegeben. In der "Karnevals-Session 2002/2003" hätten die beiden jeweils hinter den Markeninhabern stehenden Gruppierungen eigenständig unter ihren jeweiligen Namen an den Karnevalsumzügen in Köln (Schull- und Veedelszög) im gegenseitigen Einvernehmen teilgenommen. Auch im Bereich organisierter Karnevalsveranstaltungen (z.B. Prunksitzungen) bestehe keine Verwechslungsgefahr, da solche weder durchgeführt worden, noch geplant seien. Er - der Markeninhaber - habe den Stammtisch namens "Ratteköpp" bereits im Jahre 1965 gegründet. Der wesentlich jüngere Widersprechende habe ihm diesen Namen "in offensichtlich arglistiger Absicht fortgenommen".

Eine Stellungnahme des Widersprechenden ist im Beschwerdeverfahren nicht zu den Akten gelangt.

II.

Die Beschwerde des Markeninhabers ist zulässig, aber nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

Die angegriffenen Dienstleistungen in Klasse 41 der jüngeren Marke umfassen Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten, für welche die Widerspruchsmarke Schutz genießt. Maßgeblich für die Beurteilung der Dienstleistungsidentität bzw Ähnlichkeit ist dabei ausschließlich die registrierte Fassung der Dienstleistungsverzeichnisse; dass der Markeninhaber seine Marke nur für Veranstaltungen im Rahmen des Kölner Karnevals und ob Karnevalsumzüge Fest- und Tanzveranstaltungen sind, ist daher ohne Belang.

Die Kennzeichnungskraft und der durch diese mitbestimmte Schutzumfang der Widerspruchsmarke sind mangels entgegenstehender Anhaltspunkte von Hause aus zumindest durchschnittlich.

Es besteht die Gefahr, dass die beiden Marken bei einer Verwendung für gleiche und ähnliche Dienstleistungen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und daher für Marken nur eines Unternehmens gehalten werden. Der angesprochene Verkehr wird zwar den ersten Wortbestandteil Stammdesch der Widerspruchsmarke nicht übersehen oder überhören und - weitgehend - auch den Sinngehalt dieses mundartlichen Ausdrucks (= Stammtisch) verstehen. Da aber das weitere Wortelement Ratteköpp, das auf eine Personengruppe (Rattenköpfe) hindeutet, mit der jüngeren Marke vollständig übereinstimmt - der Schreibweise ganz in Versalien kommt insoweit keine Bedeutung zu -, liegt für das Publikum die Annahme nahe, die jeweiligen Dienstleistungen stammten von demselben Anbieter wobei einmal der Name der Gruppe (Ratteköpp) und dann sein Stammtisch (Stammdesch Ratteköpp) als Marke gewählt wurde. Da vom Deutschen Patent- und Markenamt registrierte Marken in ganz Deutschland Schutz genießen, sind die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Verkehrskreise solche aus allen Teilen des Landes. Dass die Beteiligten selbst demgegenüber, wie vorgetragen, ihre Marken nur in einen räumlich und zeitlich eng begrenzten Rahmen einzusetzen beabsichtigen - nämlich im Kölner Karneval -, kann daher keine Berücksichtigung finden.

Darüber, ob der Widersprechende im Zeitpunkt der Anmeldung seiner Marke bösgläubig war, weil er dem Markeninhaber die Bezeichnung Ratteköpp in "arglistiger Weise fortgenommen" habe, ist im Widerspruchsverfahren nicht zu entscheiden, weil hier nur die in § 42 Abs. 2 MarkenG genannten Widerspruchsgründe berücksichtigt werden. Die Bösgläubigkeit gehört nicht dazu. Sie stellt demgegenüber einen eigenständigen Löschungsgrund dar, der gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4, § 54 MarkenG in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen ist. Das gilt auch für etwaige Ansprüche des Markeninhabers aus älteren nicht registrierten Rechten an der Bezeichnung Ratteköpp; insoweit ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben.

Gründe: für eine Kostenauferlegung (nach § 71 Abs. 1 MarkenG) sind nicht ersichtlich.

Winkler Sekretaruk Viereck Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.09.2003
Az: 32 W (pat) 322/02


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