Finanzgericht München:
Urteil vom 18. Juni 2015
Aktenzeichen: 13 K 1276/13
(FG München: Urteil v. 18.06.2015, Az.: 13 K 1276/13)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Besteuerung eines Gewinns aus dem Verkauf von Anteilen an der J. Holding AG (J.).
Die Kläger sind in Gütertrennung lebende Ehegatten, die zunächst entsprechend den Angaben in ihrer 1998 für das Streitjahr 1996 eingereichten Einkommensteuererklärung veranlagt wurden. Der Kläger zu 1) erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen wobei im Anhang zur Anlage KSO die zu versteuernden Einnahmen aus Aktien der J. mit 0 DM angegeben wurden. Zudem erklärte er steuerfreie Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit aus der Schweiz und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin zu 2) erklärte nur negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus ihrer Tierarztpraxis. Weiterhin erklärte sie auf der Anlage FW Schuldzinsen für das ihr gehörende Wohnhaus i. H. v. 38.519 DM, die zum Großteil auf ein Baudarlehen i. H. v. 600.000 DM entfallen.
Die Einkommensteuer 1996 wurde auf 15.286 DM festgesetzt. Die Festsetzung (Bescheid vom 4. August 1998) wurde bestandskräftig.
In der ersten Hälfte des Jahres 2001 ermittelte die Steuerfahndung gegen andere Aktionäre der J. und führte umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen durch. Am 8. August 2001 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung das Strafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1998 und 1999 ein und begann am 13. August 2001 beim Kläger zu 1) eine Fahndungsprüfung (Bericht vom 15. Oktober 2003). Die Steuerfahndung stellte fest, dass der Kläger zu 1) einer der Gründungsaktionäre der J. war und dem Vorstand ab 1993 angehörte. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug bei Gründung 1 Mio. DM. Der Kläger zu 1) war am Grundkapital zunächst mit 250.000 DM (25%) beteiligt. Die J. war nicht an der Börse notiert und hatte keine Aktien ausgegeben. Statt der Aktien wurden in unregelmäßigen Abständen jeweils Namenszwischenscheine erstellt, die die Mitgliedschaftsrechte auswiesen. Im Sommer 1994 erfolgte eine Kapitalerhöhung um 4 Mio. DM auf 5 Mio. DM (eingeteilt in 100.000 auf den Inhaber lautende Stammaktien zu je 50 DM, verbrieft durch Zwischenscheine), nach der der Kläger zu 1) nur noch mit 1,2 Mio. DM (24.000 Aktien, 24%) an der J. beteiligt war. Nach der Kapitalerhöhung war die Familie B. mit insgesamt 35,5% an der Gesellschaft beteiligt, wovon 24% (24.000 Aktien, 1.200.000 DM) von M. B. und 11,5% (11.500 Aktien, Nennwert 575.000 DM) von dessen Schwester K. gehalten wurden. Letztere soll das Aktienpaket von ihrem Vater Dr. B. übertragen bekommen haben, der zum Jahresende 1995 aus dem Aufsichtsrat der J. ausscheiden sollte. Die Beteiligungen waren in zwei Zwischenscheinen vom 30. September 1994 lautend auf M. B. bzw. Dr. B. verbrieft, die jeweils vom Kläger zu 1) als Vorstand und Dr. B. als Aufsichtsratsvorsitzendem unterzeichnet waren. Der Zwischenschein für M. B. war diesem mit Schreiben des Klägers zu 1) vom 16. Dezember 1994 übersandt worden und ging lt. handschriftlichem Vermerk am 27. Dezember 1994 bei ihm ein.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 1995 wandte sich der Kläger zu 1) an M. B. und bot an, das Aktienpaket der Familie B. für 55 DM pro Aktie käuflich zu erwerben. Dem Schreiben waren zwei im Wesentlichen gleichlautende, vom Kläger zu 1) entworfene und unterzeichnete Kaufvertragsangebote für die jeweils von M. und K. B. gehaltenen Beteiligungen am Aktienkapital der J. beigefügt. Im Kaufvertragsangebot an K. B. ist festgehalten, dass sie 11,5 % des Aktienkapitals der J. hält und die Aktien mit einem auf den Namen Dr. B. lautenden Zwischenscheins verbrieft sind. Das Angebot wurde am 11. Januar 1996 von M. B. und am 8. Januar 1996 von K. B. angenommen. Nach den Bestimmungen des Vertrags war der Kaufpreis von 1.320.000 DM bzw. 632.500 DM mit Annahme des Angebots fällig. Der jeweilige Zwischenschein war im Gegenzug zu übergeben. Auf dem Kaufvertragsangebot von M. B. wurde handschriftlich ergänzt, dass der Bilanzgewinn 1995 einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses, spätestens am 30. September 1996 anteilig zu vergüten ist.
Am 17. Januar 1996 wandte sich der Kläger zu 1) mit einem Schreiben an die C-Bank und teilte mit, dass er als Vorstand der J. gemeinsam mit deren Aufsichtsräten Herrn Bö. und Dr. S.-H. das Aktienpaket der Familie B. erworben habe. €Konkret€ würden die Aktien jeweils von den Frauen erworben. Zur Abwicklung erhalte er von Frau R. (der Lebensgefährtin von Herrn Bö.) 646.250 DM und Frau Dr. S.-H. 660.000 DM. Der Rest des Kaufpreises von 646.250 DM werde von ihm für seine Frau übernommen, weshalb er um Erhöhung seines Kreditrahmens bitte. Zur Erläuterung der Aktienverschiebung fügte er eine Tabelle bei, in der als neue Aktionäre lediglich die Klägerin zu 2) und Frau R. mit einer Beteiligung von jeweils 11,75 % (11.750 Aktien) aufgeführt sind und die Beteiligung des Ehepaars S.-H. von 5 % auf 17 % erhöht wurde, ohne dass eine Aufteilung zwischen den Ehegatten erfolgte.
Am 23. Januar 1996 überwies der Kläger zu 1) die vereinbarten Kaufpreise in Höhe von insgesamt 1.952.500 DM an M. B. und K. B., nachdem er zuvor von Frau R. und Herrn Bö. insgesamt 646.250 DM und von Herrn Dr. S.-H. (€Kauf 2% Aktien J.€) und dessen Eltern H. S. und K. S. (€Kauf 10% Aktien J.€) insgesamt 660.000 DM überwiesen bekommen hatte.
Die vom Kläger zu 1) beantragte Finanzierung wurde von C-Bank abgelehnt, worauf sich der Kläger zu 1) an die S-Bank wandte und von dieser einen Kredit erhielt. Nachdem die Kreditausreichung durch die S-Bank an den Kläger zu 1) erfolgt war, teilte er der Bank mit Fax vom 24. Januar 1996 mit, dass er sich nun entschlossen habe, die mit dem Kredit erworbenen Aktien an seine Frau zu verkaufen. Sie werde denselben Preis bezahlen, den auch er bezahlt habe. Gleichzeitig bat er um Einrichtung eines Kontos auf den Namen seiner Frau und Übertragung der Aktien und des Kredits auf sie. Er werde den Zwischenschein für sie hinterlegen, sobald dieser auf sie ausgestellt sei. Am 26. Februar 1996 wurde von der Klägerin zu 2) ein Antrag auf Kontoeröffnung an die S-Bank übersandt. Der mit Schreiben der S-Bank vom 25. März 1996 übersandte Darlehensvertrag über 650.000 DM wurde von der Klägerin zu 2) abgeschlossen. Als Sicherheit verpfändete der Kläger zu 1) sein Depot Nr. XXX bei der S-Bank. Mit Wert vom 1. April 1996 wurde ein Betrag in Höhe von 575.500 DM auf das Konto des Klägers zu 1) gebucht. Das Darlehen wurde durch eine Überweisung des Klägers zu 1) auf ein Konto der Klägerin zu 2) in Höhe von 500.000 DM mit Wert zum 30. Juni 1996 zurückgeführt (Kontoauszug vom 2. Juli 1996).
Am 16. Februar 1996 teilte der Kläger zu 1) dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden der J., Dr. F., mit, dass die Aktien der Familie B. von den Familien S., Herrn Bö. sowie von ihm übernommen worden seien, wobei Herr Bö. und er die Anteile jeweils durch ihre Frauen hätten erwerben lassen. Gleichzeitig übersandte er die Aktionärsliste vom 17. Januar 1996, die er auch an die C-Bank gesandt hatte, sowie die neu auszustellenden Zwischenscheine mit der Bitte um Gegenzeichnung. Herr Br. wird weder in dem Schreiben noch in der Aktionärsliste erwähnt.
Mit Datum vom 16. Februar 1996 wurde dem Kläger zu 1) von K. B. auch eine Kopie des auf ihren Vater lautenden Zwischenscheins übermittelt mit dem handschriftlichen Vermerk €in Ersatz des Originals retourniere ich die Kopie des Zwischenscheins. K. B.€. Der M. B. Ende 1994 vom Kläger zu 1) übersandte Zwischenschein vom 30. September 1994 wurde von diesem mit dem Vermerk €Mit besten Grüßen M. B.€ zurückgesandt und vom Kläger zu 1) handschriftlich mit dem Vermerk €entwertet€ versehen.
In der Folgezeit schloss der Kläger zu 1) mit Herrn Br. eine Vereinbarung, nach der letzterer 5% des Grundkapitals der J. (5.000 Aktien im Nennwert von 50 DM je Aktie) zu einem sofort fälligen Kaufpreis von 55 DM je Aktie zuzüglich anteiligem Bilanzgewinn 1995 (fällig nach Feststellung des Jahresabschlusses 1995) vom Kläger zu 1) als Verkäufer erwarb. Ferner wurde festgehalten, dass nach Einziehung der alten Zwischenscheine ein neuer Zwischenschein von der J. auf den Namen des Käufers ausgestellt werde. Am 26. Februar 1996 überwies Herr Br. 275.000 DM an den Kläger zu 1). Als Verwendungszweck war auf der Überweisung €Kaufpreis J. AG gem. sep. Vereinbarung€ angegeben. Eine gleichlautende Vereinbarung wurde auch zwischen Herrn Br. und Frau R. geschlossen, so dass Herr Br. insgesamt eine Beteiligung von 10 % erwarb.
Mit Kaufvertrag vom 14. März 1996 verkaufte der Kläger zu 1) 9.000 Aktien (Nennwert 450.000 DM) aus dem Bestand seiner Aktien für insgesamt 1.350.000 DM (Kaufpreis pro Aktie 150 DM) an K. H., der am 26. Januar 1996 seine Anteile an der M GmbH an die J. veräußert hatte (Verkaufspreis 19,5 Mio. DM). Neben dem Kläger zu 1) veräußerten auch Frau S.-H. und Herr Bö. insgesamt 11.000 Anteile an Herrn H..
Mit Datum vom 28. April 1996 wurde für die Klägerin zu 2) ein Zwischenschein über einen Anteil von 337.500 DM am Grundkapital der J. von 5.000.000 DM erteilt. Im April 1996 erfolgte eine Kapitalerhöhung der J. auf 10 Mio. DM, an der der Kläger zu 1) mit 24 % (1,2 Mio.) und die Klägerin zu 2) mit 6,75 % (337.500 DM) teilnahmen. Für den Kläger zu 1) wurde am 25. September 1996 ein neuer Zwischenschein über eine Beteiligung von 1.950.000 DM ausgestellt, nachdem er zuvor von der J. mit Schreiben vom 4. September 1996 aufgefordert worden war, den obsoleten alten Zwischenschein zurückzugeben bzw. zu erklären, dass dieser nicht mehr auffindbar sei und die Anteile weder abgetreten noch verpfändet seien. Handschriftlich hat der Kläger zu 1) auf diesem Schreiben am 23. September 1996 vermerkt, dass er mit diesem Vorgehen einverstanden ist.
Bei den Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung wurden gleichlautende auf November 1995 datierte als Treuhandvertrag bezeichnete Schriftstücke des Klägers zu 1) mit der Klägerin zu 2), mit Frau R., mit Herrn Br. und mit Frau S.-H. gefunden. Weiterhin wurden Bestätigungen vom 31. Juli 2001 der Klägerin zu 2) und des Herrn Br. aufgefunden, dass die Treuhandverträge so wie sie schriftlich abgefasst seien, die mündlichen Vereinbarungen vom November 1995 richtig und vollständig wiedergäben und in der Folgezeit ab dem Tag der mündlichen Vereinbarung von den Beteiligten auch tatsächlich wie vereinbart vollzogen worden seien. Von Herrn Br. wurde bestätigt, dass die Vereinbarung 11.750 Aktien zu einem Kaufpreis von 55 DM je Aktie umfasst habe. Auch die Klägerin zu 2) bestätigte, dass von ihr als Treugeberin der Erwerb von 11.750 Aktien der J. mit dem Kläger zu 1) als Treuhänder vereinbart worden sei. Ferner wurden eine weitere für die Klägerin zu 2) mit einem anderen Schriftbild entworfene, jedoch von ihr nicht unterzeichnete Bestätigung gleichen Datums gefunden, in der bestätigt werden sollte, dass die Treuhandvereinbarung 6.750 Aktien umfasst habe, sowie eine ebenfalls nicht unterschriebene Bestätigung für Frau S.-H., mit der bestätigt werden sollte, dass die Treuhandvereinbarung mit ihr 11.750 Aktien umfasst habe.
Die gleichlautenden als Treuhandvertrag bezeichneten Schriftstücke vom November 1995 enthalten folgende Regelungen:
€PräambelDer Treugeber will sich an der J. AG beteiligen und diesbezüglich Aktien im Nennwert von DM 50,- zu einem Kaufpreis von DM 55 je Aktie erwerben. Der Treugeber will aber nicht gegenüber dem derzeitigen Inhaber der Aktien in Erscheinung treten und bedient sich deshalb des Treuhänders zum Erwerb der Aktien. Der Treuhänder tritt gegenüber dem jetzigen Inhaber als Erwerber der Aktien auf und verpflichtet sich gegenüber dem Treugeber, die Aktien unverzüglich nach Erwerb auf ihn zu übertragen.
§ 1 TreuhandDer Treuhänder wird sämtliche Aktien der J. AG der Familie B. erwerben. Dies sind 35.500 Stück. Der Kaufpreis wird DM 55 je Aktie betragen. Die Aktien wird der Treuhänder anteilig für den Treugeber und für weitere Treugeber erwerben und diese treuhänderisch bis zur anteiligen Übertragung auf den Treugeber und die weiteren Treugeber halten.
§ 2 AufwendungsersatzSoweit dem Treuhänder Aufwendungen im Zusammenhang mit dem in § 1 beschriebenen Aktienerwerb entstehen, so kann er diesen gegenüber dem Treugeber ersetzt verlangen. Eine darüber hinaus gehende Vergütung steht dem Treuhänder nicht zu.
§ 3 Pflichten des Treuhänders, FreistellungDer Treuhänder ist verpflichtet, die Aktien unmittelbar nach Erhalt vom jetzigen Inhaber auf den Treugeber zu übertragen. Verzögert sich die Übertragung der Aktien auf den Treugeber aus unvorhersehbaren Gründen, so ist der Treuhänder verpflichtet, alle Gesellschaftsrechte, insbesondere das Stimmrecht nur gemäß zuvor einzuholender Weisung des Treugebers auszuüben. Die Erträge aus den Aktien sind an den Treugeber abzuführen. Der Treuhänder ist dem Treugeber zur Auskunft verpflichtet. Der Treugeber stellt den Treuhänder von allen Verpflichtungen frei, die ihm bei ordnungsgemäßer Führung der Treuhand aus dem Halten der Aktien entstehen.
§ 4 StimmrechtsvollmachtDer Treuhänder erteilt hiermit dem Treugeber Vollmacht, das Stimmrecht aus den Aktien bei Hauptversammlungen auszuüben. Soweit der Bevollmächtigte von dieser Vollmacht Gebrauch macht, ist der Treuhänder von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen. Die Vollmacht ist unwiderruflich, soweit dieser Vertrag besteht.
§ 5 Übertragung der TreuhänderstellungDer Treuhänder bedarf zur Übertragung einzelner oder aller Rechte aus diesem Vertrag der schriftlichen Zustimmung des Treugebers.
§ 6 Beendigung des TreuhandverhältnissesDas Treuhandverhältnis endet, sobald der Treuhänder die treuhänderisch gehaltenen Aktien auf den Treugeber überträgt.
Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht.€
Die Steuerfahndung kam zu dem Ergebnis, dass das behauptete Treuhandverhältnis zwischen dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) steuerlich nicht anzuerkennen sei und der Kläger zu 1) daher im Zeitpunkt des zivilrechtlichen Erwerbs der Anteile der Geschwister B. die Voraussetzungen der wesentlichen Beteiligung nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllt habe. Im Februar 2002 übersandte die Steuerfahndung dem damaligen steuerlichen Vertreter einen Berichtsentwurf vom Januar 2002 über die Prüfung, auf welchen ergänzend verwiesen wird. Darin werden u. a. Feststellungen zum Erwerb der J. Anteile im Jahr 1996 getroffen und die Erhöhung der Einkünfte aus § 17 EStG aus dem Verkauf an Herrn H. im Jahr 1996 berechnet (Seiten 2 und 14 des Berichts). Den bei dem Verkauf von 9.000 Aktien an Herrn H. erzielten Gewinn errechnete er mit 890.100 DM, wobei er von durchschnittlichen Anschaffungskosten in Höhe von 51,10 DM pro Aktie ausging. Der Beklagte (das Finanzamt) schloss sich der Ansicht der Steuerfahndung an und setzte die Einkommensteuer 1996 mit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuerbescheid vom 13. Januar 2004 auf 120.953,25 € (entspricht 236.564 DM) fest. Hierbei setzte es bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers zu 1) einen Veräußerungsgewinn von 890.100 DM an. Für das Jahr 1996 wurde ein Steuerstrafverfahren nicht eingeleitet, für die Jahre 1998 und 1999 wurden die eingeleiteten Steuerstrafverfahren gegen den Kläger zu 1) am 8. Dezember 2005 nach § 153a Abs. 1 StPO gegen eine Auflage in Höhe von 350.000 € und gegen die Klägerin zu 2) am 12. September 2005 nach § 153 StPO eingestellt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 13. Januar 2004 legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, dass der erzielte Veräußerungsgewinn steuerfrei sei, weil der Kläger zu 1) zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 25 % an der J. beteiligt gewesen sei. Der Kläger zu 1) habe die Anteile an der J. von den Geschwistern B. als Treuhänder für die namentlichen bekannten Treugeber, darunter seine Ehefrau, erworben. Die Treuhandvereinbarung mit seiner Ehefrau sei im November 1995 und damit vor dem treuhänderischen Erwerb am 8./11. Januar 1996 geschlossen worden. Sie sei auch vereinbarungsgemäß durchgeführt worden. Dies werde durch das Aktionärsbuch der J. dokumentiert, in dem sie als Inhaberin der von der Familie B. erworbenen 6.750 Aktien geführt werde. Auch der Erlös aus späteren Aktienverkäufen und die Dividendenausschüttung 1998 seien ihr zugeflossen. Zwar regle der Treuhandvertrag im Einzelnen nicht ausdrücklich, wie viele Anteile der Kläger zu 1) für seine Ehefrau erwerben sollte. Dies sei jedoch nicht notwendig gewesen, da zwischen allen Beteiligten längst Einvernehmen bestanden habe, wie viele Anteile jeder der Treugeber erwerben sollte. Unzutreffend sei, dass 11.750 Anteile für die Klägerin zu 2) erworben worden seien. Richtig sei vielmehr, dass hiervon 6.750 Anteile für die Klägerin zu 2) und 5.000 Anteile für Herrn Br. treuhänderisch erworben worden seien. Die vereinbarungsgemäße Durchführung der Treuhand werde auch dadurch dokumentiert, dass die Klägerin zu 2) zur Finanzierung Darlehen in Anspruch genommen habe und auch eigenes Vermögen (private Wertpapiere, Familienwohnheim zum Alleineigentum) habe. Die Bestätigungen vom 31. Juli 2001 seien für die tatsächliche Durchführung des Treuhandverhältnisses nicht erheblich, weil sie nachträglich erfolgt seien.
Herr Br. sei bis in das Jahr 1996 hinein Prokurist der CH AG gewesen, deren größter Einzelaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender Dr. B. gewesen sei. Der Kläger zu 1) und Herr Br. hätten in 1995, als ein Ausscheiden der Familie B. aus der J. bereits absehbar gewesen sei, dessen Aufnahme in den Vorstand und Gesellschafterkreis vereinbart. Hiervon hätte die Familie B. jedoch nichts erfahren dürfen, um einen Vertrauensbruch zwischen der Familie B. und den weiteren Gesellschaftern der J. zu vermeiden.
Mit Schreiben vom 3. Januar 2005 nahm das Finanzamt zu dem Einspruch Stellung und erklärte, dass es bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns davon ausgehe, dass der Kläger zu 1) sämtliche von den Geschwistern B. erworbenen Aktien an die angeblichen Treugeber zum selben Preis weiterveräußert habe, da anderenfalls bereits hierbei steuerpflichtige Gewinne entstanden wären. Am 14. März 1996 seien daher 9.000 Altaktien zu Anschaffungskosten von 50 DM pro Aktie verkauft worden, wodurch sich ein Veräußerungsgewinn von 900.000 DM ergebe. Gleichzeitig wies es gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hin.
In einer Besprechung beim Finanzamt am 21. Februar 2005 erläuterte der Kläger zu 1) persönlich, dass Herr Br. nicht die nötigen Eigenmittel zum Erwerb der ihm zugedachten Anteile gehabt habe und sich um eine Refinanzierung habe bemühen müssen. Die hierfür in Frage kommenden Banken hätten auch gute Beziehungen zur Familie B. gehabt. Um zu vermeiden, dass die Familie B. vorzeitig von seiner Beteiligung erfahre, habe er nicht den Treuhandvertrag, sondern den Kaufvertrag bei der Bank vorlegen sollen. Die von ihm und Herrn Bö. (bzw. Frau R.) für die Zwischenfinanzierung aufgewendeten Schuldzinsen seien Herrn Br., obwohl der Kläger zu 1) lt. Treuhandvertrag einen Aufwendungsersatzanspruch gehabt hätte, nicht weiterverrechnet worden, weil man Herrn Br. unbedingt als Vorstand habe gewinnen wollen und ihm als Anreiz über Finanzierungsprobleme habe hinweghelfen wollen.
Auf die Aufforderung des Finanzamts, bei den Erwerbern Auskünfte über die mündlichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger zu 1) und den Erwerbern Herrn, Frau R. und der Klägerin zu 2) einzuholen, erklärte der Kläger zu 1), es sei mündlich vereinbart worden, dass der Kläger zu 1) von den für Herrn Br. treuhänderisch zu erwerbenden 10.000 Aktien jeweils 5.000 Anteile auf seine Ehefrau und auf Frau R. übertragen sollte und zwar dergestalt, dass sie die Anteile nicht für sich selbst, sondern nunmehr ihrerseits treuhänderisch für Herrn Br. übernehmen sollten. Mit Frau S.-H. sei im November 1995 mündlich vereinbart worden, dass sie 12.000 Anteile nicht für sich, sondern ihrerseits wiederum treuhänderisch für Frau H. S. und Herrn K. S. jeweils 5.000 Anteile und für ihren Ehemann Dr. S.-H. 2.000 Anteile übernehmen sollte.
Weiterhin machten die Kläger geltend, dass bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen sei. Die verlängerte Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO komme nicht zur Anwendung, weil für das Streitjahr keine Steuerhinterziehung vorgelegen habe. Dass für den Veranlagungszeitraum 1996 die Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren geführt habe, belege, dass die Staatsanwaltschaft von der Steuerfreiheit des Gewinns aus dem Anteilsverkauf 1996 ausgegangen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 2007 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück und erhöhte die Einkommensteuer auf 122.258,07 € (entspricht 239.116 DM). Hierbei ging es von einem Veräußerungsgewinn des Klägers zu 1) in Höhe von 900.000 DM aus.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger tragen vor, dass die Herren Dr. B. und M. B. ihre Mitaktionäre im Sommer 1995 darüber informiert hätten, dass sie ihre Beteiligungen an der J. veräußern wollten. Im Rahmen der folgenden Diskussion über die Frage, wer die freiwerdenden Aktien übernehme könne, habe die Klägerin aus Gründen der vermögensmäßigen Absicherung den Wunsch geäußert, sich ebenfalls an der J. zu beteiligen. Als sich im Folgenden herauskristallisiert habe, dass das Aktienpaket neben der Klägerin zu 2) von den weiteren Neuaktionären Herrn Br., Frau R. , Herrn Dr. S.-H., Frau H. S. und Herrn K. S. übernommen werden sollte, sei der Kläger zu 1) beauftragt worden, den Aktienkauf insgesamt treuhänderisch für die Erwerber zu tätigen. Hierzu habe er mit den Erwerbern gleichlautende Treuhandverträge abgeschlossen.
Hintergrund der Abreden sei gewesen, dass der Kläger zu 1) zu den Herren Dr. B. und M. B. ein positives Verhältnis hatte und diesen nicht bekannt werden sollte, wer das Aktienpaket tatsächlich übernehmen würde. Dies habe in besonderem Maß für Herrn Br. gegolten, weil dieser aufgrund seiner Stellung als Prokurist einer weiteren AG, an der Dr. B. beteiligt war, befürchtete, dass ein vorzeitiges Bekanntwerden seiner Beteiligung an der J. zu einem nachhaltigen Dissens mit möglicherweise nachteiligen wirtschaftlichen Folgen (Verlust einer Tantieme) für ihn führen würde. Daher sei beabsichtigt gewesen, dass Frau R. und die Klägerin weitere Anteile im Umfang von jeweils 5 % treuhänderisch für Herrn Br. erwerben sollten.
Im Rahmen der Vertragsabwicklung mit den Geschwistern B. seien die Zwischenscheine lautend auf Dr. B. und M. B. nicht an den Kläger zu 1) übertragen worden; eine Indossierung der Zwischenscheine habe ebenfalls nicht stattgefunden.
Von dem Aktienpaket habe die Klägerin zu 2) 6.750 Aktien übernommen, darüber hinaus habe sie 5.000 Aktien treuhänderisch für Herrn Br. erworben. Der Kaufpreis habe sich für sie somit zunächst auf insgesamt 646.250 DM belaufen.
Der S-Bank sei der Treuhandvertrag des Klägers zu 1) für die Klägerin zu 2) zunächst nicht offengelegt worden, um den Sachverhalt nicht unnötig zu verkomplizieren und damit ggf. die Finanzierung zu gefährden. Schließlich hätte der Gesamtkaufpreis nun unverzüglich an die Geschwister B. geleistet werden müssen. Der Erwerb durch die Klägerin zu 2) sei der S-Bank mit Fax vom 24. Januar 1996 angezeigt worden. Der Anteilserwerb sei zunächst durch den Kläger zu 1) finanziert worden. Die Klägerin zu 2) habe die Finanzierung des Klägers zu 1) mittels eines Darlehens der S-Bank am 26. März 1996 abgelöst.
Da zum 17. Januar 1996 die Beteiligung von Herrn Br. noch nicht offenbart werden sollte, sei er in der Aufstellung der Aktionäre zunächst nicht aufgeführt. Daher sollte auch ein neuer Namenszwischenschein auf die Klägerin zu 2) über insgesamt 11.750 Anteile ausgestellt werden, also inklusive des Anteils von Herrn Br. von 5 %. Entgegen dem Schreiben des Klägers zu 1) an den Aufsichtsratsvorsitzenden der J. vom 16. Februar 1996 sei am 28. April 1996 ein Zwischenschein über lediglich 337.500 DM auf die Klägerin zu 2) ausgestellt worden. Für Herrn Br. sei zunächst kein neuer Zwischenschein ausgestellt worden. Dies sei erst am 29. September 1996 erfolgt, nachdem er an der Kapitalerhöhung im Umfang seiner bisherigen Beteiligungsquote von 10 % teilgenommen habe.
Die Kläger sind der Auffassung, dass der Kläger zu 1) zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 25 % an der J. beteiligt gewesen sei. Wegen der fehlenden Wesentlichkeit der Beteiligung des Klägers zu 1) nach § 17 EStG an der J. sei die einkommensteuerpflichtige Behandlung der Veräußerung eines Teils seiner Anteile an Herrn H. rechtswidrig.
Der Kläger zu 1) habe im Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb weder zivilrechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an allen bzw. einem Teil der Anteile begründet. Die Erwerber des Beteiligungspakets der Familie B. seien partiell deren unmittelbar nachfolgende zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümer mit der Ausgabe neuer Zwischenscheine durch die J. geworden. Die Zurechnung der Anteile der Klägerin zu 2) im Zeitraum von Mitte Januar bis Ende März 1996 zum Vermögen des Klägers zu 1) sei deshalb rechtswidrig.
Zwischenscheine seien Orderpapiere, die die Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft verbrieften. Bei Orderpapieren sei zur Übertragung des verbrieften Rechts die Übereignung der Urkunde durch Einigung und Übergabe (§§ 929 ff Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) erforderlich. Die beiden Zwischenscheine seien jedoch dem Kläger zu 1) weder übergeben worden noch seien diesbezüglich Besitzkonstitute vereinbart worden. Mangels Übereignung der Urkunden sei die Familie B. daher zunächst Eigentümer der Zwischenscheine geblieben und hätten auch ihre Mitgliedschaft in der AG behalten. Das zivilrechtliche Eigentum an den Zwischenscheinen sei damit erst durch Ausstellung neuer Zwischenscheine unmittelbar an die Erwerber übergegangen. Der Kläger zu 1) habe auch kein Anwartschaftsrecht am Beteiligungspaket der Familie B. erworben, da schuldrechtliche Ansprüche aus einem Kaufvertrag für die Begründung der Anwartschaft nicht ausreichten. Denn auch noch nach Abschluss des Kaufvertrags hätten die Geschwister B. über die Zwischenscheine verfügen können.
Der Kläger zu 1) habe auch kein wirtschaftliches Eigentum begründet; denn er sei nicht in der Lage gewesen, die Familie B. von der Einwirkung auf ihre Beteiligung auszuschließen, solange ihr zivilrechtliches Eigentum währte. Unstreitig sei, dass den Erwerbern und insbesondere auch der Klägerin zu 2) mit Ausstellung der neuen Zwischenscheine neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum gebührte. Da die Geschwister B. das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum an ihrem Beteiligungspaket erst mit Ausstellung neuer Zwischenscheine verloren hätten, bliebe für einen zwischengeschalteten Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Kläger zu 1) kein Raum.
Selbst wenn man annehme, dass der Kläger zu 1) das Beteiligungspaket von der Familie B. erworben habe, habe er im Rahmen seiner Stellung als Treuhänder i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO gehandelt. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften zeichne sich die Herrschaftsmacht des Berechtigten zunächst durch die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten aus, insbesondere durch das Stimm- und das Dividendenrecht. Nach den Treuhandvereinbarungen stand den Erwerbern und damit auch der Klägerin zu 2) die Weisungsbefugnis gegen den Kläger zu 1) hinsichtlich der Ausübung von Stimmrechten zu. Dass die Anzahl der für jeden Treugeber zu erwerbenden Aktien nicht genannt war, sei unerheblich. Jedenfalls bei Abschluss der Kaufverträge mit den Geschwistern B. sei klar gewesen, in welchem Umfang die einzelnen Erwerber Anteile erhalten sollten. Dass es in dem begrenzten Zeitraum bis Ende März seitens der Klägerin zu 2) möglicherweise zu keinen nennenswerten Weisungen an den Kläger zu 1) gekommen sei, liege wohl daran, dass schlicht keine Entscheidungen zu treffen gewesen seien.
Schließlich sei festzuhalten, dass die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) am 31. Dezember 2002 abgelaufen sei; eine Verlängerung aufgrund eines persönlich vorwerfbaren Verhaltens des Klägers zu 1) komme nicht in Betracht. Auch scheide eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO aus. In 2001 habe die Fahndungsprüfung für die Einkommensteuer der Jahre 1998 und 1999 begonnen. Eine Ausdehnung des Ermittlungsverfahrens auf das Jahr 1996 sei nicht erfolgt. Nur wegen des Ermittlungsverfahrens für die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 habe die Steuerfahndung dem Kläger zu 1) im Februar 2002 den Entwurf eines Fahndungsberichts übermittelt.
Die Kläger beantragen,den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 13. Januar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. März 2007 aufzuheben und die Einkommensteuer auf 15.286 DM festzusetzen,hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,die Klage abzuweisen,hilfsweise die Revision zuzulassen.
Es verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die Behauptung, der Kläger zu 1) habe kein zivilrechtliches Eigentum am Beteiligungspaket der Familie B. erlangt, weil ihm die Zwischenscheine nicht übergeben worden seien, stehe im Widerspruch zu den vertraglichen Vereinbarungen, wonach die Zwischenscheine nach Kaufpreiszahlung an den Kläger zu 1) zu übergeben waren. Da keine Hinweise auf einen nicht vertragsgemäßen Verlauf vorlägen, sei davon auszugehen, dass die Übereignung an den Kläger zu 1) stattgefunden habe. Mit der Erfüllung der Kaufverträge seien der Familie B. die veräußerten Anteile zivilrechtlich und wirtschaftlich nicht mehr zuzurechnen gewesen. Der Kläger zu 1) sei zivilrechtlicher Eigentümer geworden.
Die Familie B. habe ihre Mitgliedschaftsrechte nach Erfüllung der Kaufverträge offenbar auch nicht mehr ausgeübt. M. B. sollte nach dem Kaufvertrag folgerichtig nur noch einen Anteil am Bilanzgewinn des Jahres 1995 erhalten. Wäre das zivilrechtliche Eigentum erst mit Ausgabe der neuen Zwischenscheine im April und September 1996 auf den späteren Erwerber übergegangen, hätte ihm auch noch ein anteiliger Bilanzgewinn 1996 zugestanden. Im Übrigen zeige der Umstand, dass K. B. über die ihr von ihrem Vater überlassenen Anteile im eigenen Namen und für eigene Rechnung habe verfügen können, dass das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen nicht allein von einem auf den eigenen Namen lautenden Zwischenschein abhängig gewesen sei. Ferner seien Ende April 1996 für die Klägerin zu 2) und Frau R. neue Zwischenscheine ausgestellt worden. Die Zwischenscheine der Familie B. müssten zu diesem Zeitpunkt also bereits eingezogen worden sein, weil anderenfalls kaum neue Zwischenscheine über einen Teil der veräußerten Anteile ausgestellt worden wären. Es stelle sich dann die Frage, wem die Eigentumsrechte an den für Herrn Br. vorgesehenen Anteilen im Zeitraum 28. April bis 29. September 1996 zugestanden hätten, wenn das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum allein von den ausgestellten Zwischenscheinen abhängig gewesen wäre. Tatsächlich habe Herr Br. bereits vor der Ausstellung eines auf seinen Namen lautenden Zwischenscheins Aktionärsrechte ausgeübt, indem er an der Kapitalerhöhung im Mai 1996 im Umfang seiner bisherigen Beteiligungsquote teilgenommen habe.
Der Kläger zu 1) habe mit dem Verkauf von 5.000 Aktien an Herrn Br. über diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung wie ein zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer verfügt. Die zugrundeliegende Vereinbarung sei zwar nicht datiert, sie müsse jedoch vor der darin vereinbarten Überweisung des Kaufpreises Ende Februar 1996 geschlossen worden sein. Der Eigentumsübergang sollte unmittelbar mit Unterzeichnung der Vereinbarung erfolgen. Ein auf den Käufer lautender Zwischenschein sollte jedoch erst später nach Einziehung der alten Zwischenscheine erfolgen. Frühestens mit Erfüllung dieses Vertrags sei Herr Br. zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der veräußerten Aktien geworden. In der Zeit zwischen dem Erwerb von der Familie B. und der Weiterveräußerung seien die Anteile zivilrechtlich und wirtschaftlich dem Kläger zu 1) zuzurechnen, wodurch er eine wesentliche Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 EStG an der J. gehalten habe. Ein unmittelbarer Übergang der Anteile der Familie B. auf die späteren Erwerber habe nicht stattgefunden.
Im 1. Rechtszug wurden aufgrund des Beweisbeschlusses vom 26. Oktober 2010 Herr M. B. und Herr Br., ferner aufgrund des in der Sitzung vom 30. September 2010 gefassten Beweisbeschlusses Herr Bö. als Zeugen vernommen. Auf die Beweisbeschlüsse wird ergänzend verwiesen. In der mündlichen Verhandlung im 2. Rechtszug vom 18. Juni 2015 wurden die Vernehmungsprotokolle verlesen.
Auf die Revision der Kläger hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des Finanzgerichts München vom 30. November 2011 (13 K 1150/07) mit Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 2012 auf und hat die Sache an das Finanzgericht München zurückverwiesen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vortrags wird auf die Einspruchsentscheidung vom 12. März 2007, die vom Finanzamt vorgelegten Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Unterlagen und auf die Akten des Finanzgerichts im 1. Rechtszug (13 K 1150/07) Bezug genommen.
Mit Schreiben des Gerichts vom 24. März 2015 wurde der Klägervertreter nach § 79 FGO darauf hingewiesen, dass im Streitfall eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 AO in Betracht kommt. Auf den Berichtsentwurf des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Köln vom Januar 2002, übersandt an den damaligen Prozessbevollmächtigten im Februar 2002, sowie auf die Einspruchsentscheidung vom März 2007 wurde hingewiesen.
Es fand mündliche Verhandlung im 2. Rechtszug statt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 18. Juni 2015 wird ergänzend verwiesen.
Gründe
II. Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt ging zu Recht davon aus, dass der Kläger zu 1) innerhalb von fünf Jahren vor dem streitgegenständlichen Verkauf von Anteilen an der J. am 14. März 1996 wesentlich i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 4 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) an dieser Kapitalgesellschaft beteiligt war. Die Steuerpflicht der Veräußerung scheidet vorliegend nach Gesamtplangrundsätzen nicht deshalb aus, weil der Kläger zu 1) lediglich kurze Zeit die Wesentlichkeitsgrenze überschritt. Im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Einkommensteuerbescheids vom 13. Januar 2004 war die vierjährige Festsetzungsfrist aufgrund von § 171 Abs. 5 Abgabenordnung noch nicht abgelaufen, so dass es auf die Frage, ob sich die Festsetzungsfrist aufgrund einer Steuerhinterziehung verlängerte, nicht ankommt.
1. Gemäß § 17 Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt war. Nach der für das Streitjahr gültigen Fassung der Vorschrift ist eine wesentliche Beteiligung gegeben, wenn der Veräußerer zu mehr als einem Viertel mittelbar oder unmittelbar beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG). Das Bestehen einer Anwartschaft auf die Beteiligung ist ausreichend (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG). Voraussetzung für die Zurechnung einer (weiterveräußerten) Beteiligung i. S. d. § 17 EStG ist das (zumindest) wirtschaftliche Eigentum (Urteil des Bundesfinanzhofs € BFH € vom 5. Oktober 2011 IX R 57/10, Rz. 31, Bundessteuerblatt € BStBl € II 2012, 318).
1.1. Anteile an einer Kapitalgesellschaft werden regelmäßig durch Aktien verbrieft. Vor der Ausgabe der Aktien können den Aktionären auch sogenannte Zwischenscheine erteilt werden (§ 8 Abs. 4 AktG in der für das Streifjahr geltenden Fassung € a. F.). Zwischenscheine verbriefen das volle, durch Eintragung entstandene Mitgliedschaftsrecht bis zur endgültigen Ausgabe der Aktien vorläufig. Der Zweck von Zwischenscheinen ist es, den Aktionären schon vorher vorläufige verkehrsfähige Urkunden über ihr Mitgliedschaftsrecht ausstellen zu können (Dauner-Lieb in Kölner Kommentar, AktG, 3. Auflage, § 8 Rz. 53). Ein Zwischenschein muss gemäß § 10 Abs. 3 AktG auf den Namen des Berechtigten lauten. Es handelt sich bei auf den Namen lautenden Zwischenscheinen um geborene Orderpapieren, die wie Namensaktien zu behandeln (vgl. § 67 Abs. 4 AktG a. F.) und nach § 67 Abs. 1 AktG a. F. unter Angabe des Namens, Wohnort und Beruf des Inhabers in das Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen sind.
Die Zwischenscheine können wie die Namensaktien durch Indossament übergeben werden (§ 68 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 AktG a. F.). Möglich ist aber auch die Übertragung durch Abtretung des verbrieften Rechts (§§ 413, 398 ff. BGB). Nach Auffassung des KG Berlin (Urteil vom 20. Dezember 2002 14 U 5141/00, NJW-RR 2003, 542, juris) ist die Übertragung des Besitzes an der Namensaktie bei der Aktienübertragung durch Abtretung zusätzlich notwendig. Nach anderer Auffassung (vgl. u. a. Lutter/Drygala in Kölner Kommentar, AktG, 3. Auflage, § 68 Rz. 35) ist die Übergabe der Urkunde keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern zur Übertragung der Mitgliedschaft genügt die formlose Einigung; das Eigentum an der Urkunde folgt nach § 952 BGB.
1.2. Unter Zugrundelegung der vorgenannten Rechtsgrundsätze war der Kläger zu 1) innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor Veräußerung von Anteilen an Herrn H. im März 1996 zumindest zeitweise zu mehr als ein Viertel unmittelbar an der J. beteiligt, da er nach Überzeugung des Gerichts zumindest den Anteil von M. B. zivilrechtlich wirksam erworben hat. Unerheblich ist, ob die wesentliche Beteiligung noch im Zeitpunkt der Veräußerung der Anteile bestand. I.d.R. nicht maßgeblich ist auch, wie lange die wesentliche Beteiligung innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums bestand, so dass auch ein nur kurzfristiges Überschreiten der Wesentlichkeitsgrenze zu einer Steuerverstrickung der Anteile führen kann.
Der Kläger zu 1) war seit der Gründung der J. in 1992 zunächst mit 25 % und nach der Kapitalerhöhung in 1994 mit 24 % beteiligt. Aufgrund des Abtretungsvertrages mit M. B. erwarb der Kläger zu 1) zu seinen bisherigen Anteilen zumindest weitere Anteile i. H. v. 7,92 % an der J., da jedenfalls der geltend gemachte treuhänderische Erwerb für die Klägerin zu 2) sowie für Herrn Br. steuerlich nicht anzuerkennen ist (vgl. Tz. 1.4.). Somit hatte der Kläger zumindest zweitweise mit 31,92 % einen Anteil von mehr als ein Viertel unmittelbar an der J.
Gegenüber M. B. und K. B. trat der Kläger zu 1) als Erwerber im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf. Nach den Bestimmungen der vom Kläger zu 1) selbst entworfenen Kaufvereinbarungen waren die Zwischenscheine, in denen die Mitgliedschaftsrechte verbrieft waren, nach Zahlung des Kaufpreises an den Kläger zu 1) als den Erwerber zu übergeben.
Die Beteiligung von M. B. von 24 % ist zivilrechtlich zunächst anteilig auf den Kläger zu 1) übergegangen. Nach Überzeugung des Senats steht fest, dass zumindest der Zwischenschein von M. B. dem Kläger zu 1) übergeben bzw. übersandt worden war, als er sich am 16. Februar 1996 an den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. F. wandte und um Gegenzeichnung der neu auszustellenden Zwischenscheine bat. Denn Voraussetzung für die Ausstellung neuer Zwischenscheine war die Rückgabe der alten auf Dr. B und M. B. lautenden Zwischenscheine. Der auf M. B. lautende Zwischenschein wurde vom Kläger zu 1) selbst mit dem handschriftlichen Vermerk €entwertet€ versehen, nachdem er ihm €Mit besten Grüßen€ von M. B. übersandt worden war. Zwar konnte sich M. B. in seiner Zeugenaussage an den Zeitpunkt der Übergabe nicht mehr erinnern, was aufgrund des Zeitablaufs nicht verwunderlich ist. Er konnte sich jedoch zunächst auch weder an den Besitz eines Zwischenscheins noch daran erinnern, ob er jemals einen Zwischenschein übergeben habe. Dass der Zwischenschein entgegen dem Klagevortrag an den Kläger zu 1) übergeben wurde, steht jedoch aufgrund der vorliegenden Kopie mit dem vom Kläger zu 1) selbst angebrachten Vermerk €entwertet€ fest. Aus dem Umstand, dass der Kläger zu 1) nach Zahlung des Kaufpreises zu keinem Zeitpunkt die Übereignung des Zwischenscheins entsprechend den Kaufvereinbarungen angemahnt und ferner M. B. als Zeuge ausgesagt hat, er sei davon ausgegangen, dass er nach Zahlung des Kaufpreises keine Rechte gegenüber der J. mehr habe, steht nach Überzeugung des Senats fest, dass die Übereignung des Zwischenscheins von M. B. verbunden mit der konkludenten Abtretung der Mitgliedschaftsrechte entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Kläger zu 1) unmittelbar nach Zahlung des Kaufpreises Ende Januar / Anfang Februar 1996 erfolgte. Deshalb kann offen bleiben, ob auch zivilrechtlich der Besitzübergang des Zwischenscheins für die Übertragung der Mitgliedschaft überhaupt erforderlich war.
Der Kläger zu 1) erwarb somit zivilrechtlich von M. B. weitere Anteile an der J. in Höhe von mindestens 7,92 %. Dies ergibt sich daraus, dass nach dem Vortrag der Kläger vom gesamten Anteil der Familie B. an der J. i. H. v. 35,5 % ein Anteil von 11,75 % (rund 1/3) erworben werden sollte. Umgerechnet auf den Anteil des M. B. (24 %) entspricht dies einem weiteren Anteil von 7,92 % (rund 1/3 von 24%) an der J.. Zusammen mit seiner bestehenden Beteiligung von 24% überschritt der Kläger somit die Wesentlichkeitsgrenze.
Ob K. B. zivilrechtlich berechtigt war, Anteile i. H. v. 11,5 %, welche in einem auf den Namen ihres Vaters lautenden Zwischenscheins verbrieft waren, an den Kläger zu 1) zu veräußern, kann dahin gestellt bleiben, da bereits mit dem Erwerb der Anteile von M. B. die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG von 25 % überschritten wurde. Auf die Einvernahme der Zeugin K. B., zu der Frage, wann ihr der Original-Zwischenschein über den Anteil an der J. übergeben worden sei und warum sie erst zu einem späteren Zeitpunkt eine Kopie des Zwischenscheins an den Kläger retourniert habe, konnte daher verzichtet werden, da dies nicht entscheidungserheblich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH darf ein gestellter Beweisantrag u. a. dann unberücksichtigt bleiben, wenn es auf die Beweistatsache nach Auffassung des Gerichts € wie im Streitfall € nicht ankommt (BFH-Beschluss vom 12. Februar 2009 VII B 82/08, BFH/NV 2009, 970).
1.3. Die vom Kläger zu 1) erworbenen Anteile in Höhe von zumindest 7,92 % sind nicht abweichend von der zivilrechtlichen Inhaberschaft der Klägerin zu 2) und Herrn Br. nach § 39 Abs. 1 AO zuzurechnen.
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO sind zwar Wirtschaftsgüter im Rahmen fremdnütziger Treuhandverhältnisse dem Treugeber zuzurechnen. Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen (BFH-Urteile vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514; vom 14. Oktober 2003 VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620).
Ein derartiges Treuhandverhältnis liegt vor, wenn ein Gesellschafter oder Beteiligter an einer Kapitalgesellschaft als Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Die fiduziarische Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zuordnung des Rechts. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann € abgesehen von der im Streitfall nicht in Betracht kommenden Übertragungstreuhand € in Form der Erwerbstreuhand durch den Erwerb der Beteiligung seitens des Treuhänders für Rechnung und im Auftrag des Treugebers von einem Dritten (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620) oder als Vereinbarungstreuhand zustande kommen, wenn ein Gesellschafter mit einem Dritten als Treugeber vereinbart, seine Beteiligung künftig für diesen als Treuhänder zu halten.
Das Treuhandverhältnis muss auf ernst gemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (BFH-Urteile vom 25. April 2006 X R 57/04, BFH/NV 2006, 1819; in BFH/NV 2004, 620; in BStBl II 1998, 152, m. umf. N.). Eine fehlende vereinbarungsgemäße Durchführung stellt ein gewichtiges Indiz gegen die Ernstlichkeit einer Treuhandvereinbarung dar (BFH-Urteile vom 28. Februar 2001 I R 12/00, BStBl II 2001, 468; vom 4. Dezember 2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2003 I B 213/02, BFH/NV 2003, 1536; vom 11. März 2008 IV B 77/07, BFH/NV 2008, 1159).
Nach § 159 AO hat dabei derjenige, der behauptet, dass er Rechte, die auf seinen Namen lauten, oder Sachen, die er besitzt, nur als Treuhänder innehabe, nachzuweisen, wem die Rechte oder Sachen gehören, anderenfalls sind sie ihm regelmäßig zuzurechnen. Für die Anerkennung der Treuhandschaft erfordert die Rechtsprechung einen klaren und eindeutigen Nachweis (z. B. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1998 VIII R 61/96, BFH/NV 1999, 463, vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 159 AO Rz. 9).
Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen (grundlegend BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152). Aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen muss sich eindeutig ergeben, dass die mit der rechtlichen Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers in einem Maße eingeschränkt ist, dass die rechtliche Inhaberschaft als €leere Hülle€ erscheint. Wesentliches inhaltliches Kriterium für eine von der Zivilrechtslage abweichende Zurechnung des Wirtschaftsgutes ist daher die Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder und die damit korrespondierende Weisungsgebundenheit des Treuhänders gegenüber dem Treugeber. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen. Kann er dies auf Grund der getroffenen Absprachen nicht, so besteht kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis. Mit diesen Anforderungen geht einher, dass das Treuhandverhältnis im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart und dann auch vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sein muss. Zur konsequenten Durchführung einer Treuhandabrede gehören neben der Weisungsgebundenheit des Treuhänders, auch dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts und die klare Trennung von Eigenvermögen und Treugut.
Es muss zudem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan werden, dass dem als Treugeber Benannten die Rechte oder Sachen gehören. Zum Nachweis sind alle Beweismittel zugelassen, insbesondere ist die Vorlage entsprechender vertraglicher Vereinbarungen geeignet, den erforderlichen Nachweis zu erbringen; aber auch das tatsächliche Verhalten der Beteiligten ist heranzuziehen (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 159 AO Rz 9). Besonders strenge Anforderungen an den Nachweis eines Treuhandverhältnisses sind aufgrund der Notwendigkeit des Fremdvergleichs bei nahen Angehörigen zu stellen (BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VIII B 130/10 BFH/NV 2011, 1109 Tz. 3). Bleiben Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit oder der Ernsthaftigkeit der Treuhandabrede, so ist der erforderliche Nachweis nicht erbracht (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998 S. 152; vom 6. Oktober 2010 IX R 14/08, BStBl II 2010, 460). Für den Treuhandvertrag ist die Schriftform zwar nicht vorgeschrieben, Treugeber und Treuhänder können die Treuhandschaft auch durch mündliche Abrede treffen. Die bloße Behauptung einer mündlichen Treuhandabrede reicht für die steuerliche Anerkennung jedoch nicht. Vielmehr müssen für eine solche hinreichende Anhaltspunkte vorliegen.
Kommt der Steuerpflichtige seiner Nachweispflicht nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AO nicht nach, so werden die Rechte oder Sachen grundsätzlich dem Treuhänder zugerechnet.
1.4. Im Streitfall fehlt es nach Überzeugung des Senats an eindeutigen und klar nachweisbaren Treuhandvereinbarungen zwischen dem Kläger zu 1) als Treuhänder einerseits und Herrn Br. bzw. der Klägerin zu 2) als Treugeber andererseits.
1.4.1. Ein Treuhandvertrag zwischen dem Kläger zu 1) und Herrn Br. ist nicht nachgewiesen (§ 159 AO).
Es ist nicht nachgewiesen, dass im November 1995 eine mündliche Treuhandvereinbarung zwischen dem Kläger zu 1) und Herrn Br. geschlossen wurde, nach der der Kläger zu 1) für diesen Anteile an der J. in einer bestimmten Höhe treuhänderisch erwerben sollte.
Dies widerspricht dem Vortrag der Kläger, wonach die Klägerin zu 2) und nicht der Kläger zu 1) für Herrn Br. treuhänderisch 5.000 Aktien erwerben sollte. Zudem hat der Kläger zu 1) mit Herrn Br. im Februar 1996 einen Kaufvertrag über den Erwerb von 5.000 Aktien geschlossen, während die Vereinbarung nach dem Vortrag des Klägers zu 1) und der Zeugenaussage des Herrn Bö. angeblich eine 10%ige Beteiligung bzw. die vom Kläger zu 1) erstellte und von Herrn Br. unterzeichnete Bestätigung vom 31. Juni 2001 auch eine 11,75%ige Beteiligung umfasste. Eines Kaufvertrages hätte es jedoch nicht bedurft, wenn die Anteile Herrn Br. bereits aufgrund der zuvor vereinbarten Erwerbstreuhand wirtschaftlich zuzurechnen waren. Auch dass zeitgleich ein Kaufvertrag über ebenfalls 5.000 Anteile mit Frau R. geschlossen wurde, die unstreitig dieser zuzurechnen waren, spricht gegen die Annahme, dass bereits im November 1995 ein treuhänderischer Erwerb dieser Anteile vereinbart war.
Die für die Erstellung des Kaufvertrags vom Kläger zu 1) vorgebrachte Begründung, dies sei erfolgt, damit die Familie B. bei einer Vorlage des Treuhandvertrags bei der Bank nichts von dem Erwerb von Herrn Br. erfahre, erscheint nicht schlüssig, da einer Weitergabe von Informationen durch die Bank an Dritte das Bankgeheimnis entgegenstünde und außerdem der Erwerb auch dem Kaufvertrag zu entnehmen war.
Im Übrigen ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung verlesenen Zeugenaussage des Herrn Br., dass der Kauf im Wesentlichen von ihm mit Eigenmitteln gezahlt worden sei, was dem Vortrag der Kläger, Herr Br. habe nicht die nötigen Eigenmittel zum Erwerb der ihm zugedachten Akteien gehabt, jedoch widerspricht. Der Zeuge konnte nicht erklären, warum er einen Kaufvertrag neben dem behaupteten Treuhandvertrag geschlossen habe. Er erklärte ferner, die Verhandlungen über den Erwerb der Anteile mit dem Kläger zu 1) hätten im Frühjahr/Sommer 1996 stattgefunden. Erst auf Vorhalt der nachträglich erstellten Treuhandvereinbarung und der Bestätigung vom 31. Juli 2001, wonach die Treuhand im November 1995 vereinbart worden sei, gab er an, die Bestätigung sei zutreffend. Da die Bestätigung in einem anderen Punkt (treuhänderischer Erwerb von 11.750 Stück Aktien) jedoch falsch ist, denn Herr Br. erwarb vom Kläger zu 1) nur 5.000 Stück und insgesamt nur 10.000 Aktien und sollte nach Angaben des Klägers zu 1) und des Zeugen Bö. auch nur so viel erwerben, ist der Senat davon überzeugt, dass die Bestätigung in 2001 von Herrn Br. aus Gefälligkeit erteilt wurde, so dass ihr kein Beweiswert zukommt.
Soweit vom Kläger zu 1) vorgetragen wird, die Anteile von Herrn Br. seien von der Klägerin zu 2) treuhänderisch für diesen gehalten worden, fehlt es an einer nachweisbaren Treuhandvereinbarung mit der Klägerin zu 2). Herr Br. hat in seiner Zeugenaussage erklärt, dass er mit der Klägerin zu 2) selbst nie verhandelt habe, so dass eine Treuhandvereinbarung insoweit ausscheidet. Dass der Kläger zu 1) seine Treuhänderschaft bezüglich der für Herrn Br. nach seinem Vortrag bestimmten Anteile auf seine Ehefrau übertragen hat, ist durch keinerlei Unterlagen nachgewiesen und wäre im Übrigen durch die vorgelegte Treuhandvereinbarung, die nach Vortrag des Klägers zu 1) die mündlichen Vereinbarungen richtig und vollständig wiedergeben soll, nicht gedeckt. Dass der Kläger zu 1) bei der Veräußerung an Herrn Br. als Treuhänder für seine Frau auftrat, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Denn dies wird von den Klägern nicht vorgetragen und würde auch deren Vortrag widersprechen, die von der Klägerin zu 2) erworbene Beteiligung habe nicht 11,75%, sondern 6,75% betragen. Darüber hinaus wurde der Kaufpreis vom Kläger zu 1) für eigene Rechnung vereinnahmt und nicht an die Klägerin zu 2) weitergeleitet, so dass ein Handeln beim Verkauf der ihm zu diesem Zeitpunkt zivilrechtlich zuzurechnenden Anteile im fremden Interesse nicht klar erkennbar ist.
1.4.2. Hinsichtlich eines Treuhandvertrags zwischen dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) fehlt es nach Überzeugung des Senats ebenfalls an einer klaren im Vorhinein vereinbarten Erwerbstreuhand, die zudem einem Fremdvergleich nicht standhält. Die Einlassungen der Kläger zu einem Treuhandverhältnis sind widersprüchlich.
Da es sich bei den Ehegatten um nahe Angehörige i. S. d. § 15 AO handelt, sind am Nachweis besonders strenge Anforderungen zu stellen (BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VIII B 130/10, BFH/NV 2011, 1109).
Gegen die Anforderungen an einen zweifelsfreien Nachweis i. S. d. § 159 AO spricht, dass ein schriftlicher Treuhandvertrag zunächst nicht ausgefertigt wurde, vielmehr wurde ca. sechs Jahre später, am 31. Juli 2001, eine schriftliche Fassung einer Vereinbarung ausgefertigt, die im November 1995 getroffen worden sein soll. Nach dieser schriftlichen Fassung wollte die Treugeberin, die Klägerin zu 2), gegenüber dem damaligen Inhaber nicht als Erwerberin auftreten (vgl. Präambel). In der mündlichen Verhandlung trug die Klägerin zu 2) dagegen vor, dass sie nur deswegen nicht gegenüber der Familie B. auftrat, da der Kläger zu 1) auch für die weiteren Aktienerwerber aufgetreten sei.
Auch aus dem tatsächlichen Verhalten des Klägers zu 1) lässt sich das Vorliegen eines Treuhandvertrags nicht zweifelsfrei belegen. Hinsichtlich der Beschaffung des anteiligen Kaufpreises von 646.250 DM wurde nicht die Klägerin zu 2) selbst, sondern der Kläger zu 1) tätig. Aus dem Fax des Klägers zu 1) an die C-Bank vom 17. Januar 1996 ergibt sich, dass der Betrag vom Kläger zu 1) für die Klägerin zu 2) übernommen werden sollte. Dazu sollte der dem Kläger zu 1) zur Verfügung gestellte Kreditrahmen auf 650.000 DM erhöht werden. Zur Besicherung verpflichtete sich der Kläger zu 1) die von ihm bzw. der Klägerin zu 2) erworbenen Aktien bei der Bank zu deponieren. Nachdem eine Finanzierung über die C-Bank nicht zustande kam, erklärte er gegenüber der S-Bank mit Fax vom 24. Januar 1996, dass der Kläger zu 1) sich €nun entschlossen€ habe, die durch einen Kredit der S-Bank erworbenen Aktien an die Klägerin zu 2) zu verkaufen. Ein Verkauf wäre aber nicht erforderlich gewesen, wenn die Klägerin zu 2) bereits Anteilseignerin gewesen wäre. Das Vorbringen des Klägers zu 1), die Angaben in dem Schreiben an die S-Bank seien nicht richtig, denn der S-Bank war der Treuhandvertrag zunächst nicht offengelegt worden, um den Sachverhalt nicht unnötig zu verkomplizieren und damit ggf. die Finanzierung zu gefährden, ist nicht nachvollziehbar und ist nach Ansicht des Senats lediglich eine Schutzbehauptung.
Gegen eine klare im Vorhinein vereinbarte Treuhandabrede spricht zudem, dass die Höhe der zu erwerbenden Beteiligung unklar ist. Vom Kläger zu 1) wurden am 31. Juli 2001 zwei unterschiedliche Bestätigungen mit unterschiedlichen Schriftbildern für die Klägerin zu 2) erstellt, von denen allerdings nur eine € und zwar über einen Erwerb von 11.750 Aktien € von ihr unterzeichnet wurde. Die hierin enthaltene Bestätigung, dass 11.750 Stück Aktien für die Klägerin zu 2) treuhänderisch erworben werden sollten, sei jedoch nach dem Vortrag der Kläger falsch, was damit erklärt wird, dass die Bestätigung nachträglich erstellt wurde und deshalb unerheblich sei. Vielmehr sei die Bestätigung über einen treuhänderischen Erwerb von 6.750 Stück Aktien richtig. Diese Bestätigung wurde von der Klägerin zu 2) jedoch nicht unterzeichnet.
Nachdem der Kläger zu 1) zunächst einen Kaufpreis von 646.250 DM finanzierte, dies entspricht bei einem Preis von 55 DM pro Stück Aktie insgesamt 11.750 Stück Aktien, ist der Senat davon überzeugt, dass bei Erwerb der Anteile im Januar/Februar 1996 noch nicht endgültig feststand, in welcher Höhe die Klägerin zu 2) Anteile an der J. erwerben sollte. Zumal die Kontoeröffnung und der Darlehensvertrag der Klägerin zu 2) mit der S-Bank erst am 26. Februar 1996 bzw. 25. März 1996 erfolgte und damit nach Ausreichung des Darlehens durch die S-Bank an den Kläger zu 1) und der Zahlung des Kaufpreises an die Geschwister B. Zudem lautete der Kreditvertrag der Klägerin zu 2) über eine Summe von 650.000 DM, die nur bei einem Erwerb einer Beteiligung von 11,75 % erforderlich gewesen wäre.
Zwar soll nach Angaben der Kläger zwischen der Klägerin zu 2) und Herrn Br. eine Treuhandabrede zum Kauf von 5.000 Aktien bestanden haben, was aber dem weiteren Vortrag, dass zwischen dem Kläger zu 1) und Herrn Br. ein Treuhandvertrag vorgelegen habe, widerspricht. Aus dem Kaufvertrag mit Herrn Br. über 5.000 Stück Aktien ergibt sich zudem, dass der Kläger zu 1) als Verkäufer auftrat. Dieser Verkauf wäre wiederum von der Treuhandabrede zwischen dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) nicht abgedeckt, denn diese € läge sie tatsächlich vor € hätte nur den Erwerb, nicht aber auch die Veräußerung der Aktien umfasst.
Gegen eine zwischen den Klägern wirksam geschlossene Treuhandvereinbarung spricht zudem, dass diese nicht wie zwischen fremden Dritten durchgeführt wurde. Von den weiteren Erwerbern erhielt der Kläger zu 1) vor Zahlung des Kaufpreises an die Geschwister B. jeweils die anteilige Geldsumme (von Frau R. und Herrn Bö. insgesamt 646.250 DM, von Herrn Dr. S.-H. und dessen Eltern 660.000 DM). Hingegen hat der Kläger zu 1) von seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2) zur Zahlung des Kaufpreises kein Geld erhalten, sondern zunächst selbst ein Darlehen bei der S-Bank hierfür aufgenommen.
Ausgehend von diesen in sich widersprüchlichen Ausführungen zum Bestehen von Treuhandverhältnissen, stehen diese nicht zur Überzeugung des Senats fest und sind nicht gemäß § 159 Abs. 1 AO nachgewiesen. Es ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon auszugehen, dass der Kläger zu 1) zunächst die Anteile selbst erwarb und diese später an die Klägerin zu 2) und Herr Br. übertrug.
2. Die zeitweise Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze i. S. d. § 17 EStG ist im Streitfall auch nicht deshalb unerheblich, weil in dieser Zeit aufgrund eines verbindlichen Gesamtvertragskonzepts das wirtschaftliche Eigentum an Anteilen des Klägers abweichend von der zivilrechtlichen Rechtsinhaberschaft Dritten zuzurechnen wäre und so die Wesentlichkeitsgrenze nicht überschritten würde. Ein solches verbindliches Gesamtvertragskonzept lag nicht vor.
2.1. Eine wesentliche Beteiligung i. S. d. § 17 EStG ist dann nicht anzunehmen, wenn im Zuge von Anteilsübertragungen in mehreren Teilakten zwar vorübergehend die Beteiligungsgrenze des § 17 EStG überschritten wird, der Gesellschafter aber nach dem vertraglichen Gesamtkonzept im Ergebnis unterhalb dieser Grenze beteiligt sein soll. Voraussetzung für die Zurechnung einer (weiterveräußerten) Beteiligung i. S. d. § 17 EStG ist das (zumindest) wirtschaftliche Eigentum (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 2011 IX R 57/10, BStBl II 2012, 318).
Ein Gesamtplan ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans €künstlich€ zergliedert wird und den einzelnen Teilakten dabei nur insoweit Bedeutung zukommt, als sie die Erreichung des Endzustandes fördern. Dementsprechend ist ein Gesamtplan zu verneinen, wenn wirtschaftliche Gründe für die einzelnen Teilschritte vorliegen und es dem Steuerpflichtigen gerade auf die Konsequenzen dieser Teilschritte ankommt; die Teilschritte haben insoweit eine eigenständige Funktion (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 9. November 2011 X R 60/09, BStBl II 2012, 638).
Ob jemand (zumindest wirtschaftliches) Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil als Voraussetzung für dessen Veräußerung i. S. v. § 17 EStG hat, bestimmt sich nach der tatsächlichen Verfügungsbefugnis über eine Beteiligung.
Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil besitzt, wer(1) aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und(2) die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen (Verwaltungs- und Vermögens-) Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie(3) Risiko und Chance von Wertveränderungen auf ihn übergegangen sind.
Danach erlangt wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrecht, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 2011 IX R 57/10, BStBl II 2012, 318).
2.2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Streitfalls die dem Kläger zuzurechnenden Anteile nicht aufgrund eines verbindlichen Gesamtvertragskonzepts teilweise einem Dritten zuzurechnen. Zwar bezweifelt der Senat nicht, dass vor Erwerb der Beteiligungen der Familie B. Überlegungen angestellt wurden, bestimmte Personen neu als Gesellschafter aufzunehmen und die Beteiligungsstruktur der Gesellschafter ausgewogen zu gestalten. Dass verbindliche Vereinbarungen mit allen Beteiligten abgeschlossen wurden, die bereits vorab die Verfügungsbefugnisse über Anteile in einer Weise beschränkten, dass abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum die Anteile zuzurechnen sind und dadurch das Überschreiten der Wesentlichkeitsgrenze verhindert wurde, ist weder substantiiert dargelegt worden noch liegen hierfür Anhaltspunkte vor. Gegen ein verbindliches Gesamtvertragskonzept vor Erwerb der Anteile der Familie B. spricht nach Auffassung des Senats insbesondere der Geschehensablauf. Denn zunächst finanzierte der Kläger zu 1) den anteiligen Kaufpreis von 646.250 DM selbst und überwies den Gesamtkaufpreis am 23. Januar 1996 an die Geschwister B. Erst am 26. Februar 1996 bzw. 25. März 1996 erfolgten die Kontoeröffnung und der Abschluss des Darlehensvertrags der Klägerin zu 2) mit der S-Bank und damit nach Ausreichung des Darlehens durch die S-Bank an den Kläger zu 1) und der Zahlung des Kaufpreises an die Geschwister B..
Selbst der Wortlaut der Mitteilung des Klägers zu 1) an die S-Bank vom 24. Januar 1996, wonach der Kläger zu 1) sich €nun entschlossen€ hat, an die Klägerin zu 2) seine von der Familie B. erworbenen Aktien zu veräußern, widerspricht dem Vorliegen eines verbindlichen Gesamtkonzepts im Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile von der Familie B.
Besonders deutlich wird das Fehlen eines verbindlichen Gesamtkonzepts auch aufgrund der widersprüchlichen Übersichten vom 8. Januar 1996 und vom 17. Januar 1996 über die geplanten endgültigen Beteiligungsverhältnisse. Während die Übersicht vom 8. Januar 1996 für Herrn Br. einen Anteil von 10 %, für eine € bislang nicht erwähnte € Frau Bö. 7,75 %, für die Klägerin zu 2) 7,75 % und für Herrn S. 10 % der Anteile ausweist, enthält die an die C-Bank am 17. Januar 1996 übermittelte Aufstellung hingegen für Frau R. einen Anteil von 11,75 %, für die Klägerin zu 2) 11,75 % und für Frau S.-H. (12 %).
Daran ändert auch eine zwischen den Ehegatten H. geschlossene Treuhandvereinbarung € wovon dem Gericht in der mündlichen Verhandlung eine Kopie der ersten Seite (ohne Datum) vorgelegt wurde € aus der sich ergibt, dass die Aktionäre der J. ihm aufgrund des Verkaufs der Anteile an der M GmbH an die J. ein Aktienanteil von 20 % angeboten hätten, nichts. Denn daraus lässt sich nicht folgern, dass der Anteil des Klägers zu 1) nicht mehr als 25 % an der J. betragen sollte. Auch lässt sich hieraus nicht schließen, von wem Herr H. die Anteile an der J. erwerben sollte, folglich ob Herr H. überhaupt einen Teil der Anteile des Klägers zu 1) erhalten sollte. Vielmehr ergibt sich erst aus dem Kaufvertrag vom März 1996 wieviel Anteile Herr H. von den einzelnen Aktionären erworben hat.
2.3. Die Entscheidung des Senats steht nicht im Widerspruch zum vom BFH entschiedenen Streitfall vom 5. Oktober 2011 (IX R 57/10, BStBl II 2012, 318). Dort wurden im Rahmen eines einzigen Notartermins mehrere Anteilsübertragungen sowie eine Kapitalerhöhung vereinbart, die im Ergebnis zu einer Beteiligung der Kläger von genau 25% führen sollten und auch führten. Lediglich aus technischen Gründen wurde vor der abschließenden Kapitalerhöhung vorübergehend die maßgebliche Beteiligungsschwelle überschritten, ohne dass nach dem Willen der Vertragsbeteiligten wirtschaftliche Verfügungsbefugnis verbunden sein sollte. Der BFH entschied, dass der bloße technische Durchgangserwerb nicht ausreicht, um wirtschaftliches Eigentum an einem wesentlichen Anteil zu begründen.
Anders als im vom BFH entschiedenen Streitfall vom 5. Oktober 2011 (IX R 57/10, BStBl II 2012, 318,) bei dem die Revisionsklägerin zu keinem realen Zeitpunkt die tatsächliche Möglichkeit hatte, ihre aus einer wesentlichen Beteiligung von über 25 % resultierenden Rechte aufgrund des engen zeitlichen Ablaufs (Abschluss der gesamten notariellen Vereinbarungen in einem einzigen Notartermin) auszuüben, war es dem Kläger zu 1) durchaus möglich Rechte aus den Anteilen auszuüben, da zwischen Erwerb im Januar 1996 und Übertragung an die Ehefrau (Abschluss des Darlehensvertrages mit der S-Bank am 25. März 1996 und Ausstellung des Zwischenscheins am 28. April 1996) bzw. der Weiterveräußerung von 5.000 Aktien an Herrn Br. im Februar 1996 ausreichend Zeit war. Dass der Kläger zu 1) tatsächlich auch Rechte aus den von der Familie B. erworbenen Anteilen ausgeübt hat, zeigt sich insbesondere auch an der Veräußerung von 5.000 Aktien an Herrn Br., die sich vorliegend nicht bloß als technischer Durchgangserwerb darstellt. Aber selbst wenn der Kläger zu 1) keine Rechte ausgeübt hätte, so wäre nach Ansicht des Senats alleine ausreichend, dass er die Möglichkeit der Ausübung der Rechte hatte.
2.4. Nach § 76 Abs. 1 FGO hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise zu erheben (§ 81 Abs. 1 FGO). Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt oder das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten des betreffenden Beteiligten unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 24. März 2009, VII B 178/08, BFH/NV 2009, 1277 m. w. N.). Zudem brauchen Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken soll, regelmäßig dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahe zu legen (vgl. u. a. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2006 VIII B 48/05, BFH/NV 2007, 712).
2.4.1. Von den beantragten Vernehmungen von Frau R., Frau S.-H. und Herrn Rö. (weiterer Anteilseigner der J. zu 11,5 %) als Zeugen konnte das Gericht absehen, da die Kläger keine Tatsachen, die die Zeugen bekunden sollen, in substantiierter Form bezeichnet haben. Die Kläger haben beantragt, die Genannten jeweils als Zeugen zu vernehmen zum Beweis, unter welchen Beweggründen sie Anteile an der J. erworben haben, warum sie nicht selbst M. B. und / oder K. B. ein Kaufvertragsangebot unterbreitet haben und ab wann sie sich mit dem Kläger zu 1) darüber verständigt haben, in welchem Umfang und zu welchem Kaufpreis sie Anteile der J. erwerben würden. Dieser Beweisantrag ist auf die Ermittlung von Tatsachen gerichtet, da im Antrag nicht angegeben ist, welche konkreten Tatsachen durch welches Beweismittel nachgewiesen werden soll (Stapperfend in Gräber, FGO, § 76 Rz. 29).
Zudem ist die Vernehmung des Herrn Rö. nicht entscheidungserheblich, da Herr Rö. keine Anteile der Geschwister B. übernommen hat und nach Aktenlage auch nicht erkennbar ist, dass Herr Rö. in den Erwerb der Anteile der Familie B. involviert war.
Auch die Vernehmungen von Frau R. und von Frau Dr. S.-H. sind nicht entscheidungserheblich. Ihre Beweggründe für den Kauf der Aktien, des Umfangs und die Höhe des Kaufpreises ihres Anteilserwerbs lassen nur auf die Planungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile der Familie B. schließen. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Kläger zu 1) trotz zivilrechtlichen Eigentums aufgrund eines verbindlichen Gesamtplans kein wirtschaftliches Eigentum hatte. Im Übrigen wird vom Senat nicht in Zweifel gezogen, dass mit diesen Personen Treuhandverhältnisse bestanden.
2.4.2. Von den beantragten Vernehmungen von Herrn H., von Herrn Dr. S.-H. und Herrn Bö. als Zeugen konnte das Gericht ebenfalls absehen, da die Kläger auch insoweit keine Tatsachen, die die Zeugen bekunden sollen, in substantiierter Form benannt haben. Die Kläger haben beantragt, Herrn H. und Herrn Dr. S.-H. jeweils als Zeugen zu vernehmen zum Beweis, ob und ggf. ab wann ihnen Anteile an der J. angeboten worden seien und ob die Beteiligung an der J. im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile an der M GmbH gestanden habe. Letzterer Antrag wird dahingehend ausgelegt, dass unter Beweis gestellt werden soll, ob der Anteilserwerb an der J. im Zusammenhang mit dem Verkauf der M GmbH an die J. gestanden habe. Weiterhin haben die Kläger beantragt, Herrn Bö. als Zeugen zu vernehmen zum Beweis, ab wann er mit Herrn H. über den Anteilskauf M GmbH verhandelt habe, wann Herrn H. Anteile aus der J. AG angeboten und warum Herrn H. keine Aktien aus dem Paket der Familie B. angeboten worden seien.
Bislang wurde im Klageverfahren vorgetragen, dass der Erwerb der Anteile der Familie B. dadurch motiviert war, dass sich die Familie B. aus der J. zurückziehen wollte. Ein Zusammenhang mit dem Kauf der Anteile an der M GmbH wurde schriftsätzlich bislang nicht vorgetragen. Dennoch kann als wahr unterstellt werden, dass der Anteilskauf vom März 1996 des Herrn H., der seine Anteile an der M GmbH an die J. am 24. Januar 1996 veräußert hat, im Zusammenhang mit der Veräußerung der M GmbH stand. Deshalb kann auch als wahr unterstellt werden, dass ihm Anteile an der J. angeboten wurden. Da Frau S.-H. Anteile erworben hat, kann auch als wahr unterstellt werden, dass Herrn Dr. S.-H. als Aufsichtsrat der J. im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung durch die Familie B. Anteile angeboten wurden.
Nicht entscheidungserheblich ist, ab wann und mit wem Verhandlungen über den Anteilskauf an der M GmbH und über den Kauf der Anteile der Familie B. geführt wurden. Denn der Senat bezweifelt nicht, dass vor Erwerb der Beteiligungen B. Überlegungen angestellt wurden, bestimmte Personen neu als Gesellschafter aufzunehmen und die Beteiligungsstruktur der Gesellschafter ausgewogen zu gestalten.
3. Einer Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung vom 4. August 1998 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO stand vorliegend auch nicht die Festsetzungsverjährung entgegen.
Dass die Veräußerung der Aktien der J. durch den Kläger eine neue Tatsache darstellt, die dem Finanzamt nachträglich bekannt geworden ist, ist nicht zweifelhaft. Die Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO war auch noch möglich, da die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Es kann dahin gestellt bleiben, ob sich die reguläre Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO wegen einer Steuerhinterziehung zugunsten der Kläger auf zehn Jahre verlängerte, da die Voraussetzungen der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO vorliegen.
Dem Klägervertreter wurde mit Schreiben des Gerichts vom 24. März 2015 nach § 79 FGO der Hinweis erteilt, dass im Streitfall eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 AO in Betracht kommt.
3.1. Beginnen die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft nach § 171 Abs. 5 AO die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind.
Die Prüfung durch die Steuerfahndung bezieht sich nicht auf bestimmte Besteuerungszeiträume oder Steuerarten, sondern auf einzelne Besteuerungsgrundlagen. Der Umfang der Ablaufhemmung ergibt sich dementsprechend aus den tatsächlich durchgeführten Ermittlungen. Für die Beurteilung der Ablaufhemmung ist auf die konkreten Besteuerungsgrundlagen abzustellen, die Gegenstand der Ermittlungen waren, d. h. die Ablaufhemmung tritt somit hinsichtlich der Steuern ein, die sich aus Sachverhalten, die Gegenstand der Ermittlungen waren, ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2010 VIII B 2/10, BFH/NV 2010, 2001 m. w. N.; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 146; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 68).
Wird die Fahndungsprüfung nachträglich auf weitere Veranlagungszeiträume oder andere Steueransprüche bzw. € arten ausgedehnt, muss die formlose Ausweitung für den Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennbar sein (Paetsch in Beermann/Gosch, AO, § 171 Rz. 119 m. w. N.; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 68a).
3.2. Im Streitfall begann gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 1998 (Eingang der Einkommensteuererklärung 1996 am 11. Februar 1998). Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO wäre damit mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 beendet gewesen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist wurde jedoch durch die Ermittlungen der Steuerfahndung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Köln nach § 171 Abs. 5 AO gehemmt. Zwar wurde durch die Steuerfahndung am 8. August 2001 zunächst wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1998 und 1999 das Strafverfahren eingeleitet, aufgrund der Übermittlung des Berichtsentwurfs an den damaligen steuerlichen Vertreter im Februar 2002, in dem der streitgegenständliche Veräußerungsgewinn schon enthalten war, war für die Kläger erkennbar, dass auch die Aktienerwerbe und -verkäufe im Jahr 1996 der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen und damit auch das Veranlagungsjahr 1996 betroffen ist (siehe insbesondere Berichtsentwurf Seiten 2 ff. und 14). Die Ermittlungen der Steuerfahndung waren rechtmäßig und insbesondere von den Aufgaben- und Befugniszuweisungen in § 208 Abs. 1 AO gedeckt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
5. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.
FG München:
Urteil v. 18.06.2015
Az: 13 K 1276/13
Link zum Urteil:
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